- Schulze [2]
Schulze, 1) Gottlob Ernst, Philosoph, geb. 23. Aug. 1761 zu Heldrungen in Thüringen, gest. 11. Jan. 1833 in Göttingen, studierte in Wittenberg, wurde daselbst Privatdozent, 1788 ordentlicher Professor der Philosophie in Helmstedt und 1810 in Göttingen. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Änesidemus, oder über die Fundamente der von Reinhold gelieferten Elementarphilosophie« (Helmst. 1792), sein epochemachendes Hauptwerk, worin er gegen Kant dessen realistische Annahme der Dinge an sich für Selbstwiderspruch der Kritik und diese nur dann für konsequent erklärte, wenn sie die Unmöglichkeit derselben behaupte, eine Konsequenz, die Fichte zwei Jahre später (ohne von S. zu wissen) wirklich gezogen hat; ferner: »Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften« (das. 1814, 3. Ausg. 1824); »Psychische Anthropologie« (das. 1816, 3. Ausg. 1826). In leinen letzten Schriften vertauscht S. seinen anfänglichen skeptischen Standpunkt mit dem der Beobachtung der Bewußtseinstatsachen und nähert sich F. H. Jacobi (s. d. 2) und Fries (s. d. 1). Vgl. E. Fischer, Von G. E. S. zu Schopenhauer (Aarau 1901).
2) Friedrich August, als Romanschriftsteller unter dem Namen Friedrich Laun bekannt, geb. 1. Juni 1770 in Dresden, gest. daselbst 4. Sept. 1849, studierte in Leipzig, ward 1807 Sekretär bei der Landesökonomiedeputation und erhielt 1820 den Titel eines königlichen Kommissionsrates. Außer sehr vielen letls in Zeitschriften und Taschenbüchern, teils besonders erschienenen Erzählungen gab er mit Apel ein »Gespensterbuch« (Leipz. 1810–17, 6 Bde.), »Lustspiele« (Dresd. 1807) und »Gedichte« (Leipz. 1824, neue Aufl. 1828) heraus. Seine »Gesammelten Schriften« erschienen in 6 Bänden (mit Vorrede von L. Tieck, Stuttg. 1843). S. lieferte besonders in der komischen und naiven Gattung Anerkennenswertes (z. B. die Erzählung »Die Reise zur Hinrichtung«).
3) Johannes, preuß. Schulmann, geb. 15. Jan. 1786 in Brühl (Mecklenburg-Schwerin), gest. 20. Febr. 1869 in Berlin, studierte in Halle Theologie und Philologie. ward 1808 Professor am Gymnasium in Weim. ir, 1812 am Gymnasium in Hanau und im folgenden Jahre zum großherzoglichen Oberschulrat in Frankfurt ernannt. 1815 trat er als Konsistorial- und Schulrat bei dem Konsistorium in Koblenz in preußische Dienste und ward 1818 als vortragender Rat im Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten nach Berlin berufen. Er bearbeitete hier bis zum Tode des Ministers Altenstein (1840) die Angelegenheiten des höhern Schulwesens, dann die Universitätssachen und wurde 1849 Direktor der Unterrichtsabteilung; 1859 trat er als Wirklicher Geheimer Oberregierungsrat in den Ruhestand. Er veröffentlichte eine Sammlung seiner »Schulreden« (Leipz. 1819–30, 2 Bdchn.). Mit H. Meyer gab er Winckelmanns »Geschichte der Kun st des Altertums« (Dresd. 1809–15, 4 Bde.), allein später Hegels »Phänomenologie des Geistes« (2. Aufl., Berl. 1841) heraus. Vgl. Varrentrapp, J. S. und das höhere preußische Unterrichtswesen (Leipz. 1889); Paulsen, Geschichte des gelehrten Unterrichts, Bd. 2 (2. Aufl., das. 1896).
4) Ernst, Dichter, geb. 22. März 1789 in Celle, gest. daselbst 29. Juni 1817, widmete sich 1806 in Göttingen erst theologischen, dann ästhetischen und philologischen Studien und schrieb schon damals sein gewandtes, noch im Stil Wielands gehaltenes Gedicht »Psyche« (1819), habilitierte sich als Privatdozent und hielt Vorlesungen über alte Sprachen und schöne Literatur. Nachdem er 1814 an dem Feldzuge gegen Frankreich als hannoverscher Freiwilliger teilgenommen, kehrte er nach Göttingen zurück. Sein Tod wurde durch ein Brustleiden herbeigeführt, an dem er mehrere Jahre krankte. Sein romantisches Epos »Cäcilia« (in freien Wielandschen Stanzen, Leipz. 1818; 3. Aufl. 1849, 2 Bde.), zu dem ihn der Tod seiner Geliebten Cäcilie Tychsen (1812) Anlaß gab, ist bei entschiedener Unzulänglichkeit der Erzählung und Charakteristik durch einzelne glückliche Schilderungen und leichten, harmonischen Versbau ausgezeichnet. Während seiner Krankheit verfaßte er sein bestes Werk: »Die bezauberte Rose«, romantische Erzählung in drei Gesängen (in Oktaven, Leipz. 1818; 14. Aufl. 1887; Prachtausg. 1862), wofür ihm der in der »Urania« ausgesetzte Preis zuerkannt ward. Unter seinen »Vermischten Gedichten« (Leipz. 1820, 3 Aufl. 1852) befinden sich viele zarte Blüten deutscher Lyrik. Alle diese Werke erschienen in den nächsten Jahren nach dem frühen Tode des Dichters; so erklärt es sich auch, daß sie damals vielfach der Gegenstand einer übertriebenen Bewunderung wurden. Eine Gesamtausgabe besorgte Bouterwek (Leipz. 1818 bis 1820, 4 Bde.; 3. Aufl., mit Biographie des Dichters von H. Marggraff, das. 1855, 5 Bde.). Nachträge zur Biographie veröffentlichte E. Franzos in der »Deutschen Dichtung«, Bd. 11, 12, 16 u. 24 (Berl. 1892–98). Vgl. Silbermann, E. Schulzes ›Bezauberte Rose‹ (Berl. 1902).
5) Friedrich Gottlob, Nationalökonom und Landwirt, geb. 28. Jan. 1795 in Obergävernitz bei Meitzen, deshalb auch S.-Gävernitz genannt, gest. 3. Juli 1860 in Jena, besuchte Schulpforta, studierte in Leipzig und Jena, ward 1817 Oberverwalter der Kammergüter Oberweimar, Tiefurt und Rützendorf, habilitierte sich 1819 in Jena, ward 1821 zum Professor ernannt und gründete daselbst 1826 eine Anstalt zur Ausbildung angehender Landwirte und Kameralisten. 1832 folgte er einem Ruf nach Greifswald und gründete von dort aus 1834 in Eldena ebenfalls eine kameralistisch-ökonomische Lehranstalt, kehrte aber 1839 als Professor der Staatswirtschaft nach Jena zurück. wo er sofort wieder ein Landwirtschaftliches Institut eröffnete. 1842 pachtete er die Kammergüter Zwätzen und Lehesten zu Unterrichtszwecken und errichtete in Zwätzen eine Ackerbauschule für Bauernsöhne. 1867 wurde ihm in Jena ein Denkmal (von Drake modelliert) gesetzt. Unter seinen Schriften sind hervorzuheben: »Über Wesen und Studium der Wirtschaftswissenschaften« (Jena 1826); »Deutsche Blätter für Landwirtschaft und Nationalökonomie« (das. u. Leipz. 1843–59, 3 Bde.) und »Nationalökonomie oder Volkswirtschaftslehre, vornehmlich für Land-, Forst- und Staatswirte« (Leipz. 1856); ferner das von Emminghaus und Graf zur Lippe-Weißenfels herausgegebene »Lehrbuch der allgemeinen Landwirtschaft. Nach Schulzes System und unter Benutzung des handschriftlichen Nachlasses des Verstorbenen bearbeitet« (das. 1863). Vgl. Birnbaum, Friedr. Gottl. S. als Reformator der Landwirtschaftslehre (Frankf. 1860); Herm. Schulze, F. G. Schulze-Gävernitz, ein Lebensbild (neue Ausg., Heidelb. 1888).
6) Franz Eilhard, Zoolog, geb. 22. März 1840 in Eldena, studierte in Rostock und Bonn, habilitierte sich 1863 in Rostock für Anatomie, wurde 1865 daselbst Professor der vergleichenden Anatomie, dann der Zoologie und nahm an der Expedition des Dampfers Pommerania zur Erforschung der Ostsee teil. 1873 ging er als Professor der Zoologie nach Graz, 1884 als Professor und Direktor des Zoologischen Instituts nach Berlin. Er beschäftigte sich namentlich mit Anatomie und Entwickelungsgeschichte der niedern Tiere und lieferte epochemachende Arbeiten über die Seeschwämme, über die Hautsinnesorgane der Fische und Amphibien und über Cordylophora lacustris. Er schrieb noch: »Untersuchungen über den Bau und die Entwickelung der Spongien« (Leipz. 1875–81); »Zur Stammesgeschichte der Hexaktinelliden« (Berl. 1887); »Über die Bezeichnung der Spongiennadeln« (mit Lendenfeld, das. 1889); »Über die innern Kiemen der Batrachierlarven« (das. 1888 u. 1892); »Amerikanische Hexaktinelliden« (Jena 1899); »Hexaktinelliden des Indischen Ozeans« (Berl. 1894, 1895 u. 1900); »Beiträge zur Anatomie der Säugetierlungen« (das. 1906). Auch bearbeitete er für das Challengerwerk die Hexaktinelliden (1887, 2 Bde., u. 1904, 2 Bde.), für die Ergebnisse der deutschen Tiefsee-Expedition die Hexaktinelliden (Jena 1904) und die Xenophyophoren (das. 1905), die letztern auch für die Ergebnisse der Siboga-Expedition (Leiden 1906). Seit 1897 führt er die Generalredaktion des von der Deutschen Zoologischen Gesellschaft herausgegebenen Sammelwerts »Das Tierreich«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.