Neusüdwales

Neusüdwales

Neusüdwales (New South Wales, spr. njū ßauth ŭēls), brit. Staat im östlichen Australien (s. Karte »Australien«), 804,576 qkm, mit seinen Dependenzen (Lord Howe-, Norfolk- u. Pitcairninsel, s. die Einzelartikel) aber 804,641 qkm groß. Die bedeutendsten Baien der meist steil abfallenden Küste sind: Twofoldbai, Jervisbai und Botanybai (s. d.), Port Jackson (s. d.), Brokenbai, Port Hunter und Port Stephens. Seiner Bodengestaltung nach zerfällt N. in drei Teile: den sehr fruchtbaren, 50–200 km breiten Küstenstreifen, das bis zum 151.° östl. L. reichende Tafelland und die großen Ebenen des Innern bis zur Grenze, den sogen. Riverinadistrikt. Meist am Rande des steil und tief durchfurchten Tafellandes zieht das Küstengebirge (Coast Range) hin, westlich davon die Große Scheidekette (Great Dividing Range), die aus sieben Hauptzweigen besteht: der Neuengland-, Liverpool-, Blauen, Cullarin-, Gourock-, Manerookette und den Australischen Alpen mit der Kosciuszkogruppe (s. d.) und dem höchsten Berg Australiens (Mount Townsend 2241 m). Innerhalb der Bergregion befinden sich große Ebenen, so die Liverpool- und Maneroo-Ebene (660 m ü. M.). Geologisch besteht der Küstenstrich aus sekundären Formationen, die im S. ausgedehnte, bis aus Meer herantretende Kohlenlager enthalten, das Tafelland besteht aus Granit, der von Trapp durchbrochen oder von Glimmerschiefer überdeckt ist und ebenfalls Kohle, noch mehr aber Gold und Zinn enthält, die westlichen Ebenen bestehen aus tertiären und neuern Formationen, an deren Stelle häufig in großer Ausdehnung Trapp tritt. Die bedeutendsten Flüsse finden wir im westlichen Teil, den der Murray mit seinen Nebenflüssen Darling, Murrumbidschi (s. die Einzelartikel), Lachlan und deren zahlreichen Zuflüssen durchzieht. Die Flüsse des Ostabhanges (Hawkesbury, Hunter, Clarence, s. die Einzelartikel) haben meist verschlammte Mündungen, sind zum Teil in ihrem Unterlauf mit kleinen Dampfern befahrbar, sehr schwankend in ihrem Wasserstand und richten durch Überschwemmungen oft große Verwüstungen auf ihren fruchtbaren Uferlandschaften an. Die größten Seen sind St. George und Bathurst. Das Klima gleicht dem Südeuropas: im Küstenstrich beträgt die Durchschnittstemperatur 19,4°, in den gebirgigen Teilen fällt das Thermometer unter Null, und Schnee und Eis sind häufig. Die Durchschnittstemperatur beträgt hier 12,5°, in den westlichen Ebenen dagegen 18° und erreicht zuweilen bis 50° im Schatten. Der Regenfall nimmt von der Küste nach dem Innern ab; in Sydney fallen 1265 mm, in Bathurst 534, am Darling 158 mm. In den westlichen Landschaften treten periodisch große Dürren, zuweilen aber auch gewaltige Überschwemmungen auf. Die Pflanzenwelt östlich des großen Tafellandes zeigt an manchen Stellen neben der Eukalyptusform auch Palmen (Corypha und Scaforthia), Farnbäume und eine baumartige Liliazee (Doryanthes). Im trocknen Westteil ist die Flora dürftig, aber artenreich in den weiten Gras- und Buschsteppen. Die Tierwelt ist die allgemeine Australiens (s. d., S. 170).

Die Bevölkerung wurde 1901 auf 1,359,943 (1904: 1,457,246) Seelen (713,896 männlich, 646,047 weiblich) berechnet, darunter 10,974 Chinesen, außerdem 7434 Ureinwohner. Der Überschuß der Einwanderung über die Auswanderung betrug 1902: 22,941 Seelen. Der Religion nach waren außer 286,911 Katholiken, 5484 Israeliten, 10,950 Buddhisten, Mohammedanern etc. sämtliche Einwohner Protestanten. Die deutschen Protestanten haben Kirchen und Pastoren. Das Unterrichtswesen hat in neuerer Zeit bedeutende Verbesserungen erfahren; 1901 zählte man 2745 Staatsschulen, 912 meist katholische Privatschulen, 5 Colleges und eine Universität in Sydney (s. d.), 4 Besserungs- und Gewerbeschulen und 6 Taubstummen-, Blinden- und Armenschulen. Für Ackerbau sind namentlich die Küstenstriche, die Gebirgstäler und der Westabhang der Scheidegebirge geeignet, während Wassermangel den Anbau im westlichen Teil verbietet. Hauptkulturen sind Weizen (1904/05: 1,775,995 Acres), Mais (195,394 Acres), Hafer, Gerste, Roggen, Hirse, Kartoffeln, Tabak Zuckerrohr, Wein, Orangen. Hinsichtlich der Viehzucht steht N. allen andern australischen Kolonien voran, aber infolge der Dürren schwanken die Zahlen sehr. Anfang 1904 zählte man 482,670 Pferde, 2,167,142 Rinder, 34,531,145 Schafe, 330,612 Schweine. Eine große Plage haben sich auch hier die Ansiedler durch die Einführung der Kaninchen geschaffen. Der Waldbestand im östlichen Bergland ist ansehnlich und gestattet eine Ausfuhr von Bau- und Möbelhölzern, der westliche ebene Teil ist dagegen oft ganz baumlos. Der Bergbau ist von großer Bedeutung; man förderte 1904 Silberbleierze für 2,065,540 Pfd. Sterl., Kohle für 1,994,952, Gold für 1,146,109, Kupfer für 420,387, Blei für 65,964 Pfd. Sterl., außerdem Zinn, Eisenerz, Antimon, Kobalt, Opale etc., so daß 1904 die Produktion aller Gruben 6,402,558 Pfd. Sterl. betrug. Die Gesamtproduktion betrug bis Ende 1900: Gold 48,740,533, Kohle 37,315,915, Silber und Silberblei 30,487,114, Zinn 10,849,238, Kupfer 8,093,657 Pfd. Sterl. Die Golderträge waren früher viel größer, der Silberertrag wurde erst seit der Entdeckung der reichen Lager von Broken Hill bedeutend. Kupfererz von sehr hohem Prozentsatz ist an mehreren Orten (Bourke) gefunden worden, Eisenerze werden zu Wallerawang gefördert, die Kohlenlager, die sich vom 29.–36.° südl. Br. zuweilen bis aus Meeresufer hinziehen, liefern jährlich steigende Mengen. Die bedeutendsten Gruben befinden sich bei Newcastle. Bei Hartley Vale fördert man Brandschiefer.

Die Industrie ist noch nicht bedeutend. Am nennenswertesten sind die Talgsiedereien, Schuhwerkfabriken, Ziegeleien, Brauereien, Brennereien, Gaswerke, Mahl- und Sägemühlen, Seifen- und Lichtefabriken, Zuckermühlen und Zuckerraffinerien, Tabak- und Wollzeugfabriken, Eisenwerke (Eskbank, Mittagong), Schiffswerften. Der Handel nimmt zum großen Teil seinen Weg über Victoria und Südaustralien; 1904 betrug die seewärtige Einfuhr 13,133,857 (deutsch: 819,267) Pfd. Sterl., die Ausfuhr 23,089,782 (deutsch: 2,271,025) Pfd. Sterl. Haupteinfuhrartikel sind Zeuge, Kleidungsstücke, Zucker, Eisenwaren, Maschinen, Spirituosen, Bier, Tee, Weizen und Mehl, Drogen, musikalische Instrumente, Bücher, Möbel u.a. Ausgeführt werden namentlich Wolle (7,632,211 Pfd. Sterl.), Silbererz (2,155,862), Kohle (1,273,034 Pfd. Sterl.), Gold, Zinn, Vieh, Fleischkonserven, Häute, Talg, Leder, Holz, Wein. Ein deutscher Generalkonsul und ein Vizekonsul residieren in Sydney, ein Vizekonsul in Newcastle. Es liefen 1902 in alle Häfen ein: 2508 Dampfer (72 deutsche) von 3,726,615 Ton. und 656 Segelschiffe (19 deutsche) von 663,471 T. Die bedeutendsten Häfen sind Sydney und Newcastle, dann Grafton (s. die Einzelartikel), Richmond River, Tweed River, Eden. Der Staat besitzt eine Handelsflotte von 523 Segelschiffen von 57,772 T. und 516 Dampfern von 71,953 T. Die erste Eisenbahn wurde 1855 eröffnet; 1903/04 standen im Betrieb 5411 km Staatsbahnen, die 1900/01: 29,261,324 Personen und 6,197,888 T. Güter beförderten; auf den (1904) 202 km langen Trambahnen wurden 139,669,459 Personen befördert. Die Telegraphenlinien hatten 1903 eine Länge von 23,166 km mit 100,350 km Drähten und (1902) 983 Ämtern, auf denen 3,638,591 Telegramme befördert wurden. Ein Kabel verbindet Botanybai mit Neuseeland. Die Post beförderte 1903 durch 5516 Beamte in 2228 Ämtern 92,238,211 Briefe und Postkarten und 37,900,840 Zeitungen. Der Gouverneur wird vom König auf fünf Jahre ernannt; ihm zur Seite steht ein aus 9 Mitgliedern bestehendes Ministerium. Das Oberhaus (Legislative Council) zählt 63 auf Lebenszeit von der Krone ernannte Mitglieder, das Unterhaus (Legislative Assembly) 90 von allen (männlichen und weiblichen) Staatsbürgern auf drei Jahre gewählte Mitglieder. Die Staatseinnahmen betrugen 1903/04: 11,248,328, die Ausgaben 11,319,887, die Staatsschuld, für Eisenbahnbauten, Wasserwerke u. dgl. aufgenommen, 80,033,581 Pfd. Sterl. Das Militär der Kolonie besteht aus 518 Regulären, 4591 Mann Miliz und 2469 Freiwilligen und Reserven, die Seemacht, außer der allgemeinen australischen Flotte, aus (1904) 381 Mann. Die Häfen von Sydney, Newcastle und Wollongong sind durch Batterien geschützt. Sydney ist Station der englischen Kriegsschiffe der australischen Flotte. Das Städtchen Dalgety (500 Einw.), im südöstlichsten Winkel von N., soll die Bundeshauptstadt Australiens werden. Über das Wappen der Kolonie vgl. Textbeilage zu den Tafeln »Wappen« (Australien). – Im J. 1788 als Verbrecherkolonie am Port Jackson begründet, umfaßte N. ursprünglich ganz Australien, obschon nur kleine Militärposten mit Sträflingen an der Stelle des heutigen Brisbane, in Port Essington in Nordaustralien und King Georgesund in Westaustralien angelegt wurden. Auch Tasmania und nominell Neuseeland waren ihm unterstellt. Allmählich lösten sich aber Victoria, Tasmania und Queensland los, und N. wurde auf seine jetzigen Grenzen beschränkt. Gouverneur ist seit 1902 Admiral Sir Harry Holtsworth Rawson. Vgl. Lang, Historical and statistical account of New South Wales (Lond. 1874, 2 Bde.); Liversidge, The minerals of New South Wales (das. 1888); Griffin, New South Wales, her commerce and resources (das. 1888); R. v. Lendenfeld, Australische Reise (2. Aufl., Innsbr. 1896); Barton, History of New South Wales: Governor Phillip, 1783–1789 (Lond. 1890); Becken. Jeffery, Admiral Phillip; founding of New South Wales (das. 1899); »Historical Records of New South Wales« (Sydney 1896, 4 Bde.); Coghlan, The wealth and progress of New South Wales (das., seit 1887, jährlich). Karten: Pittman, Geological Map of New South Wales, 1: 1,013,760 (das. 1893); Carruthers, New South Wales, 1: 506,880 (das. 1897, 9 Blatt).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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