Hopfen [1]

Hopfen [1]

Hopfen (Humulus L.), Gattung der Morazeen, ausdauernde Kräuter mit rechts windenden, von Klimmhaaren rauhen Stengeln, gegenständigen, herzförmigen oder drei- bis siebenlappigen Blättern, achselständigen, rispigen männlichen und ebenfalls achselständigen, aus trugdoldigen Blütenständen zusammengesetzten weiblichen Blütenkätzchen oder Zäpfchen. Zwei Arten. H. Lupulus L. (s. Tafel »Genußmittelpflanzen«, Fig. 1). Die Zahl der Gegenden, die qualitativ und quantitativ befriedigende Hopfenerträge liefern, ist verhältnismäßig gering. Früher wurde H. an sehr vielen Orten gebaut, seit Ausbildung des Verkehrswesens hat er sich aber auf einzelne Gegenden konzentriert, die besonders günstige Verhältnisse darbieten. H. verlangt eine gegen Süden offene, nach Norden und Osten geschützte Lage und leicht erwärmbaren, möglichst kalkhaltigen Boden mit durchlassendem Untergrund. Am besten gedeiht er auf Sandmergel und mildem Kalkmergel; man pflügt und düngt im Herbst, zieht gerade laufende Dämme von ca. 1 m Höhe und pflanzt die 12–18 cm langen Fechser (letztjährige Stammstücke von Fingerstärke und etwa 20 cm Länge mit 4–5 Augen), seltener Wurzelsechser (d. h. Fechser, die ein Jahr in Gartenland gestanden und sich bewurzelt haben), 1–1,25 m weit voneinander in 45 cm tiefe Löcher. Wenn die Pflanzen 50–60 cm lang sind, bindet man sie an Bohnenstangen, hält den Boden rein und füllt die Grube mit Kompost. Im Herbst erhält man einen kleinen Ertrag an Fruchtzapfen. Man schneidet dann die Ranken ab und belegt die Stöcke mit Dünger. Im nächsten Frühjahr beschneidet man die Stöcke, düngt, wenn nötig, setzt 7,5–8,5 m lange Stangen und bindet an jede drei Ranken, während man die übrigen abschneidet. Als Ersatz für die kostspieligen Stangenkulturen finden immer mehr die billigern Drahtanlagen Verwendung. Dieselben werden entweder in Gruppen (Pyramiden) oder in Reihen (Zeilen) hoch oder niedrig angelegt. Im erstern Falle werden an einer starken Stange die Leitdrähte von mehreren im Umkreis derselben stehenden Stöcken befestigt, im zweiten Falle werden von den Stöcken zum leichten Aushängen eingerichtete Leitdrähte senkrecht oder schief zu den parallel über den Hopfenreihen (bei niedern Anlagen über je zwei Reihen) laufenden Längsdrähten geführt. Der Schnitt des Hopfens soll möglichst frühzeitig im Frühjahr ausgeführt werden, da durch den späten Frühjahrsschnitt das Austreiben der Reben zu sehr verzögert wird. Die Vegetationsdauer vom Erscheinen der jungen Triebe beträgt beim Frühhopfen 105–120, beim Späthopfen 140–170 Tage. Man rechnet auf je 12 Jahre zwei gute Ernten zu 40 Ztr. pro Hektar, sechs mittlere zu 20 Ztr., vier schlechte zu 5 Ztr., durchschnittlich 12–15 Ztr. Eine der häufigsten Hopfenkrankheiten, der Rußtau, schwarze Brand oder die Schwärze (Fumago salicinia Jul.), wird am besten durch Bespritzen der Hopfenpflanzen früh und abends mit einer 1,5 proz. Lösung von Schmierseife mit etwas Tabakabsud bekämpft. Auch eine Blattlaus, der Hopfenspinner und der Hopfenkäfer richten bisweilen großen Schaden an.

Der H. findet seine hauptsächlichste Verwendung in der Bierbrauerei Er verleiht dem Bier den beliebten bittern und aromatischen Geschmack und erhöht die Haltbarkeit des Bieres, indem er namentlich die Entwickelung der Milchsäurebakterien hemmt. Er wirkt aber auch narkotisch, und zwar am übelsten ordinäre, früchtereiche Sorten. In einigen Gegenden werden die Fruchtzapfen des wilden Hopfens gesammelt; sonst aber benutzt man allgemein nur die kleinern (bis 2,5 cm langen) Zapfen des kultivierten Hopfens, bei dem die Samen nicht ausgebildet sind, der aber um so reicher ist an den die Blättchen der Zapfen wie ein goldgelber Staub bedeckenden Drüsen, dem wertvollsten Bestandteil des Hopfens. Man unterscheidet Rot- und Grünhopfen. Ersterer besitzt Ranken, die an der Sonnenseite rötlich gefärbt sind, er ist edler als der Grünhopfen und reist je nach der Gegend von Anfang August bis Mitte September (Frühhopfen) oder in der zweiten Hälfte des Septembers (Späthopfen). Der Frühhopfen ist die wertvollste Hopfensorte. Außerdem unterscheidet man den H. nach der Herkunft. Den vorzüglichsten H. liefert Böhmen (Saaz, Leitmeritz, Falkenau und Pilsen). Der bayrische H. (Spalt, Hersbruck, Lauf, Langenzenn, Neu stadt a. A., Höchstadt, Altdorf, Wolnzach) ist im allgemeinen kräftiger, aber weniger sein als der böhmische. Bedeutende Hopfenkulturen gibt es außerdem in Württemberg, Elsaß-Lothringen, Posen, Altmark, B. iden, in England, Belgien, Frankre. ch und Nordamerika. In Deutschland werden im ganzen rund 38,000 Hektar mit H. bebaut (davon in Bayern 24,374, Württemberg 5197, Elsaß-Lothringen 4269, Preußen 2191, Baden 1820 Hektar); vgl. die Karten »Landwirtschaft in Deutschland« (Bd. 4) und »Landwirtschaft in Österreich«. Guter H. ist hell gelbgrün, glänzend, spielt oft ins Rötliche, er zeigt sich beim Zerreiben recht harzig und klebrig und verbreitet ein reines Aroma; er ballt sich etwas beim Zusammendrücken und fühlt sich klebrig an. Er hält sich nur ein Jahr, verliert dann schnell an Gehalt und erteilt dem Bier unangenehmen Geruch. Die gepflückten Hopfendolden trocknet man auf Trocken boden, auf Horden oder Darren bei ca. 30°. Zur mehr als einjährigen Aufbewahrung des Hopfens wird er nach dem Trocknen mit hydraulischen Pressen in zerleg- oder unzerlegbare ausgepichte Kisten, Büchsen aus imprägnierter Pappe oder Blechbüchsen eingepreßt, die man durch Verlöten der Fugen luftdicht schließt. In diesen Büchsen nimmt der H. nur den 10. Teil des Raumes von ungepreßtem H. ein. Zur Konservierung schwefelt man den H. und erzielt dadurch, namentlich bei feuchterer Ware, große Haltbarkeit. Indes wird das Schwefeln auch zur Verschönerung minderwertiger Ware benutzt.

Als wirksame Bestandteile enthält H. ätherisches Hopfenöl, Harz, Bitterstoff und Gerbsäure, außerdem Gummi, Apfelsäure und Mineralstoffe. Auch enthält H. wohl ein Alkaloid, das als Träger der narkotischen Eigenschaften anzusehen ist. Das Hopfenharz ist in reinem Wasser schwer löslich, leichter in Wasser, das Gerbsäure, Gummi, Zucker und besonders Hopfenöl enthält; es schmeckt intensiv bitter, und ihm ist wohl die Mehrzahl derjenigen Wirkungen zuzuschreiben, um derentwillen man den H. verwendet. Man unterscheidet drei Harze, von denen aber nur zwei dem Bier den bittern Geschmack erteilen und Spaltpilzgärungen, besonders Milchsäuregärung, hemmen Das dritte Harz ist im Bier gelöst, aber wertlos. Bitterstoffe sind mehrfach aus dem H. abgeschieden worden, und Larmer hat eine kristallisierbare Hopfenbittersäure C32H50O7 erhalten, die in Alkohol löslich ist und leicht verharzt. Über Hopfenöl s. d. Man hat mehrfach versucht, die Hopfenbestandteile abzuscheiden, um haltbarere und gleichmäßigere Präparate zu gewinnen. Namentlich kommt durch Destillation gewonnenes Hopfenöl im Handel vor. Der von demselben befreite H. soll lange unverändert aufbewahrt werden können und dieselbe Wirkung haben wie frischer, wenn man das Hopfenöl in entsprechender Menge der Würze zusetzt. In Nordamerika benutzt man auch vielfach Hopfenextrakt, das aber den H. nicht vollständig ersetzen kann. In geringer Menge wird H. auch zur Darstellung von Met und Likören benutzt. Für medizinische Zwecke scheidet man die Drüsen des Hopfens durch Siebe ab und benutzt sie als Hopfenmehl, Lupulin (s. d.).

Die Hopfenkultur, die früher nur in Böhmen und einzelnen Bezirken Bayerns betrieben wurde, hat sich in den letzten Jahrzehnten zusammenhängend mit der Bierproduktion sehr verbre, tet. Im Deutschen Reich wurden 1903: 197,004 dz H. geerntet und zwar:

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1898 betrug die Ernte (in Tonnen):

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Die Ein- und Ausfuhr betrug im Deutschen Reich:

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Der H. war in Europa, lange bevor er in Kultur genommen wurde, verbreitet. Bei den Alten wird aber keine Pflanze erwähnt, deren Blüten einen angenehmen Zusatz zum Bier geben; auch die Denkmäler des Mittelalters, in denen das Bier und die Produkte südlicher Gärten oft genannt werden, erwähnen nirgends den H., und in manchen Ländern Europas tritt der Gebrauch, H. dem Bier zuzusetzen, erst gegen Ausgang des Mittelalters oder gar erst im Laufe des 16. Jahrh. auf. Dennoch werden in dem Palyptychon des Irmino, das in den ersten Jahren des 9. Jahrh. aufgesetzt ist, häufig Zinsabgaben von H. erwähnt. Auch in den Urkunden des Stiftes Freising kommen schon in der Mitte des 9. Jahrh. häufig Hopfengärten vor. Der H. war der Äbtissin Hildegard und dem Albertus Magnus bekannt; sein Anbau verbreitete sich so allgemein, daß er dem Sachsenspiegel, Schwabenspiegel etc. Anlaß zu ausdrücklichen Rechtsbestimmungen gab. In Schlesien, Brandenburg, Mecklenburg ist seit der Zeit, wo der H. uns näher bekannt wird, eine Hopfenabgabe gebräuchlich. In Norddeutschland, vorzüglich aber in Flandern, gab es schon früh mehrere wegen ihres Hopfenbiers berühmte Städte. Nach England kam (nach Hehn) der H nicht vor Heinrich VIII. und Eduard VI.-Über Verwendung, Surrogate etc. des Hopfens s. Bier, besonders S. 844 und 847.

Die zweite Art der Gattung Humulus, der japanische H. (H. japonicus Sieb. et Zucc.), mit tief 5–7spaltigen, gezahnten Blättern, in China, Japan und auf den benachbarten Inseln, besitzt keine Lupulindrüsen, wird aber bei uns wegen seines überaus schnellen Wachstums als Schlingpflanze kultiviert. Vgl. Stamm, Das Buch vom H. (Saaz 1854); Saher, Der praktische Hopfenbau und der Hopfenhandel (Frankf. a. O. 1860–62, 2 Tle.); Wirth, Der Hopfenbau (2. Aufl., Stuttg. 1878); Schöffl, Der Saazer Hopfenbau (3. Ausg., Leipz. 1904); Strebel, Handbuch des Hopfenbaus (Stuttg. 1887); Fruwirth, Hopfenbau und Hopfenbehandlung (Berl. 1888); Struve, Der Hopfenhandel (das. 1891); Braungart, Geschichtliches über den H. (Sonderabdruck aus der »Wochenschrift für Brauerei«, das. 1891); Behrens, Konservierung und Zusammensetzung des Hopfens (das. 1896); Groß, Der H. (Wien 1899); Braungart, Der H. aller hopfenbauenden Länder der Erde als Braumaterial (Münch. 1901); Zirngiebel, Die Feinde des Hopfens im Tier- und Pflanzenreich (Berl. 1902); Hopfenbaukarten von Carl und Homann (Mitteleuropa, Nürnb. 1875) und Boos (Bayern, Münch. 1898); »Beobachtungen über die Kultur des Hopfens« (hrsg. vom Deutschen Hopfenbauverein, Münch. 1881–87). »Allgemeine Brauer- und Hopfenzeitung« (Münch., seit 1860); »Brauer- und Hopfen-Revue« (»Saazer Hopfen- und Brauerei-Zeitung«).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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