- Hadrĭan [2]
Hadrĭan (Adrian), Name von sechs Päpsten: 1) H. I., ein Römer, wurde 772 nach Stephans IV. Tode zum Papst erhoben. Von dem Langobardenkönig Desiderius bedrängt, rief er Karl d. Gr. um Beistand an, der 774 dem Langobardenreich ein Ende machte und dem Papste die Pippinsche Schenkung von 754 erneuerte. Abermals durch die Verbindung des Herzogs Arichis von Benevent mit den Griechen in Unteritalien bedrängt, rief er Karl wiederum zu Hilfe, der 781 aufs neue nach Italien zog, und salbte seine Söhne Pippin und Ludwig zu Königen. Als die Synode von Nicäa 787 den Bilderdienst in der Kirche wiederherstellte, geriet H. in Differenzen mit der fränkischen Kirche. Wiewohl er die Bilderverehrung auf der Synode zu Frankfurt 794 durch seinen Legaten befürwortet hatte, wurde sie doch von Karl in Übereinstimmung mit der fränkischen Geistlichkeit verworfen. H. starb 25. Dez. 795.
2) H. II., ein Römer, ward 14. Dez. 867 im Alter von 75 Jahren auf den Stuhl Petri erhoben. Kurz nach seiner Erhebung wurde Rom von dem Herzog Lambert von Spoleto überfallen und geplündert. 869 hielt H. eine Synode in Rom ab, welche die Beschlüsse der vom Patriarchen Photius berufenen Synode von Konstantinopel verdammte und Photius bannte; auch erwirkte er von einer neuen Versammlung in Konstantinopel die Bestätigung dieses Urteils. Den Aposteln Mährens, Konstantin und Methodius, gestattete H. die Liturgie in slawischer Sprache. Er starb Ende 872.
3) H. III., ebenfalls ein Römer, ward im Sommer 884 auf den päpstlichen Stuhl erhoben, starb aber schon 8. Juli 885 auf einer Reise nach Deutschland im Kloster Nonantula.
4) H. IV., ein Engländer, namens Nikolaus Breakspear, Sohn eines armen Geistlichen zu St. Albans, kam, nachdem er in Paris und Arles studiert hatte, als Klosterdiener in das Kloster St. Rufus bei Avignon, ward Abt daselbst, sodann vom Papst Eugen III. zum Kardinalbischof von Albano ernannt, organisierte als päpstlicher Legat die Kirche von Dänemark und Norwegen und bestieg nach Anastasius' IV. Tode 4. Dez. 1154 den päpstlichen Stuhl. Die Römer, die sich gegen ihn empörten und den republikanischen Reformprediger Arnold von Brescia (s. d.) nicht ausweisen wollten, zwang er durch Verhängung des Interdikts zur Unterwerfung. Als sich Friedrich I. Rom näherte, verlangte H. von ihm die Auslieferung Arnolds, und erst als er diese erreicht und der Kaiser ihm bei einer persönlichen Begegnung in Sutri den Steigbügel gehalten hatte, verstand er sich dazu, ihn nach Rom zu geleiten und 18. Juni 1155 zu krönen. Darauf ließ er Arnold hinrichten. Einen Feldzug gegen den von H. gebannten König Wilhelm I. von Sizilien unternahm der Kaiser nicht, und im Juni 1156 zwang Wilhelm den in Benevent eingeschlossenen Papst zur Lösung des Bannes und zum Frieden. Dadurch kam es zu einer Spannung zwischen H. und dem Kaiser, die bald offenkundig wurde. Die von Friedrich nicht geahndete Gefangennahme des Erzbischofs von Lund auf einer Reise in Deutschland nahm H. zum Anlaß, um ein vorwurfsvolles Schreiben an den Kaiser zu richten, worin er unter anderm die Kaiserkrone als Benefizium des Papstes bezeichnete. Gegen diesen Ausdruck, der auf Lehensabhängigkeit gedeutet werden konnte, protestierte Friedrich auf dem Reichstag zu Besançon 1157; ein Konflikt zwischen Kaiser und Papst schien bevorzustehen; da aber der deutsche Klerus sich auf Friedrichs Seite stellte, gab H. eine versöhnliche Erklärung ab. Darauf unternahm Friedrich 1158 seinen zweiten Zug nach Italien. Seine Erfolge und der Streit über die Mathildischen Güter riefen einen neuen Zwist mit dem Papst hervor, der mit den Lombarden und Wilhelm von Sizilien in Verbindung trat. Aber vor dem Ausbruch des offenen Kampfes starb H. 1. Sept. 1159. Vgl. Thatcher, Studies concerning Adrian IV. (Chicago 1903).
5) H. V., eigentlich Ottobuono, aus der Familie der Fieschi von Lavagna, war unter Innozenz IV. und Clemens IV. zweimal Legat in England und ward nach Innozenz' V. Tode 11. Juli 1276 auf den päpstlichen Stuhl erhoben, starb aber schon 18. Aug. d. J. in Viterbo.
6) H. VI., geb. 2. März 1459 in Utrecht, gest. 14. Sept. 1523, studierte in Löwen, wurde daselbst 1488 Lehrer der Philosophie, später auch der Theologie und zeichnete sich durch seine Gelehrsamkeit so sehr aus, daß ihn Kaiser Maximilian I. 1507 zum Lehrer seines Enkels, des nachmaligen Kaisers Karl V., berief, den er nach strengen Grundsätzen erzog. 1515 ging er als Gesandter nach Spanien, um Karls Erbansprüche auf die spanische Monarchie zu wahren, und wurde hier zum Bischof von Tortosa ernannt und an die Spitze der Inquisition gestellt. Seit 1517 Kardinal, übernahm er 1520, als Karl nach Deutschland abreiste, die Regentschaft Spaniens und wurde nach Leos X. Tode (1521) auf Empfehlung des Kaisers 9. Jan. 1522 zum Papst gewählt. Nachdem er im Kirchenstaat Ruhe und Ordnung hergestellt hatte, gedachte er nach dem Vorbild und nach den Ideen der spanischen Kirche eine Reformation der ganzen Kirche durchzuführen, vornehmlich die schlimmsten Übelstände: Simonie, Nepotismus und den Mißbrauch des Ablasses, abzustellen, gab jedoch, als er bei der römischen Geistlichkeit auf Schwierigkeiten stieß, diese Reformpläne wieder auf. Vergebens versuchte er die in Deutschland von der alten Kirche Abgefallenen in deren Schoß zurückzuführen; auch seine Bemühungen, gegen den Sultan Soliman zugunsten der Johanniter in Rhodos eine Unternehmung zuwege zu bringen, blieben ebenso erfolglos wie die, zwischen Karl V. und Franz I. von Frankreich den Frieden zu vermitteln. Kurz vor seinem Tode hatte er noch mit dem Kaiser ein Bündnis geschlossen. Der Haß der Römer gegen ihn, der zwischen Pius II. und Pius III. begraben wurde, sprach sich in dem Witzwort aus: »Hic jacet impius inter Pios«. Vgl. Gachard, Correspondance de Charles-Quint et d'Adrien VI (Brüssel 1859): H. Bauer, H. VI. (Heidelb. 1875); Höfler, Papst Adrian VI. (Wien 1880); Lepitre, Adrien VI (Par. 1880).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.