Götz [2]

Götz [2]

Götz (Goetz), 1) Johann Nikolaus, deutscher Dichter, geb. 9. Juli 1731 in Worms, gest. 4. Nov. 1781 in Winterburg, widmete sich in Halle dem Studium der Theologie und erhielt hier durch seine Freunde Uz und Gleim die erste Anregung zur Ausbildung seines poetischen Talents. Nachdem er einige Zeit Hauslehrer zu Forbach in Lothringen gewesen war und seine Zöglinge auf die Ritterakademie nach Lunéville begleitet hatte, wurde er 1747 Feldprediger bei dem Regiment Royal-Allemand, das er auf seinen Feldzügen nach Flandern und Brabant begleitete, 1749 Prediger zu Hornbach im Zweibrückischen, 1754 zu Meisenheim, 1761 zu Winterburg in der Grafschaft Sponheim. Unter den sogen. Anakreontikern zeichnete sich G. durch eine gewisse lebendige Sinnlichkeit sowie Reinheit und Anmut der Sprache aus. Mit Uz gemeinsam übersetzte er die Oden Anakreons in reimlosen Versen (Frankf. u. Leipz. 1746). Er sammelte seine Dichtungen u. d. T.: »Versuch eines Wormsers in Gedichten« (1745). Nach Götz' Tod veranstaltete Ramler eine Ausgabe seiner »Vermischten Gedichte« (Mannh. 1785). Einen Neudruck seiner »Gedichte ous den Jahren 1745–1765« veranstaltete Schüddekopf in den »Deutschen Literaturdenkmalen« (Stuttg. 1893), der auch »Briefe von und an J. N. G.« (Wolfenb. 1893) herausgab.

2) Ferdinand, Politiker und hochverdient um das deutsche Vereinsturnwesen, geb. 24. Mai 1826 in Leipzig, studierte Medizin, beteiligte sich früh an turnerischen und burschenschaftlichen Bestrebungen und nahm 1849 am Dresdener Maiaufstand teil. 1851 wurde er praktischer Arzt, erst in Geithain, seit 1855 in Lindenau bei Leipzig. 1858–63 leitete er die »Deutsche Turnzeitung«, seit 1860 ist er ununterbrochen im Ausschuß der deutschen Turnerschaft, war 1861–95 ihr Geschäftsführer und gab als solcher unter anderm das 3. statistische Jahrbuch (Leipz. 1871) und 1879–96 fünf Ausgaben des »Handbuches der deutschen Turnerschaft« (Leipz. u. Hof) heraus. Seit 1895 ist er Vorsitzender der deutschen Turnerschaft. Er ist Mitverfasser der Schrift »Bahnfrei, deutscher Turnerhumor« (2. Aufl., Hof 1877) und schrieb »Vom rechten Turnerleben« (Leipz. 1891). Eine Sammlung seiner »Aufsätze und Gedichte« gab Rud. Lion (Hof 1885) heraus. 1867–70 war G., der Fortschrittspartei am nächsten stehend, Mitglied des norddeutschen, 1887–90 des deutschen Reichstags, in diesem in der nationalliberalen Partei.

3) Theodor von, Maler, geb. 14. Dez. 1826 zu Lieschen in Schlesien, gest. 21. Juli 1892 in Dresden, bildete sich anfangs bei dem Genremaler Hantzsch in Dresden aus, gewann aber, nachdem er 1848 in das sächsische Heer eingetreten war, eine besondere Neigung für die Kriegsmalerei. Schon während des schleswig-holsteinischen Feldzugs von 1849 sammelte er Studien und Skizzen, zu größern Bildern begeisterten ihn aber erst die Kriege von 1864–71. Den deutsch-französischen Krieg machte er als Kommandeur eines sächsischen Jägerbataillons mit, und 1872 nahm er als Oberstleutnant seinen Abschied, um sich ausschließlich der Kunst und den Standesinteressen seiner Kunstgenossen in Dresden zu widmen. Seine durch Genauigkeit der militärischen Einzelheiten und durch Treue der Beobachtung ausgezeichneten, im Kolorit minder wirksamen Hauptwerke sind: das 2. Jägerbataillon beim Sturm auf die Düppler Schanzen, eine Episode aus der Schlacht bei Königgrätz, Szene aus der Schlacht bei Sedan (1875), Prinz Georg von Sachsen in der Schlacht bei St.-Privat (1876), das 2. preußische Garderegiment beim Sturm auf St.-Privat (1877, im Besitz des Offizierkorps des Regiments), das 1. sächsische Ulanenregiment Nr. 17 bei Douzy 31. Aug. 1870 (1881), Reiterkampf bei Marsla-Tour und Kronprinz Albert von Sachsen nach der Schlacht bei Beaumont vom Prinzen Georg beglückwünscht (1887, in der Dresdener Galerie). Er hat auch Sport- und Jagdbilder gemalt.

4) Hermann, Komponist, geb. 17. Dez. 1840 in Königsberg i. Pr., gest. 3. Dez. 1876 in Hottingen bei Zürich, erhielt zuerst geregelten Musikunterricht von L. Köhler in seiner Vaterstadt, woselbst er auch (1858) die Universität bezog, um Mathematik zu studieren. Bald jedoch wählte er die Musik als Lebensberuf und wurde 1860 Schüler des Sternschen Konservatoriums in Berlin. 1863 kam er als Organist nach Winterthur, nahm aber krankheitshalber vier Jahre später seinen Wohnsitz in Zürich. G. war eine echt musikalische, gemütvoll und poetisch angelegte Künstlernatur. Seine Oper »Der Widerspenstigen Zähmung« (nach Shakespeare) sowie seine Symphonie in F dur haben allgemeinen Beifall erlangt. Eine unvollendet hinterlassene zweite Oper: »Francesca von Rimini«, zu der er den Tert selbst schrieb, kam, beendet von Ernst Frank, 1877 in Mannheim u.a. O. zur Aufführung. Andre Werke von G. sind: »Nänie«, für Chor und Orchester, ein Violin- und ein Klavierkonzert, Frühlingsouvertüre, der 137. Psalm für Chor und Orchester, Klaviertrio (Op. 1), Klavierquartett (Op. 6), Klavierquintett (Op. 16), Lieder (Op. 3, 4, 12, 19), Männerchöre (Op. 20), gemischte Chöre (Op. 21), »Es liegt so abendstill der See« (Tenor, Männerchor und Orchester) und einige Klaviersachen (vierhändige Sonate).

5) Wilhelm, Geograph, geb. 27. Aug. 1844 zu Schnabelweid in Oberfranken, studierte 1861–65 Theologie und Philologie in Erlangen und Leipzig, wirkte 1867–74 als Gefängnisgeistlicher in Lichtenau und Sulzbach, darauf als Reallehrer in Kaiserslautern und München, wurde 1890 Professor an den königlich bayrischen Militärbildungsanstalten und 1899 Professor an der Technischen Hochschule in München. Er bereiste seit 1882 wiederholt die Nordhälfte der Balkanhalbinsel, 1897 und 1899 auch Rußland und schrieb: »Das Donaugebiet, mit Rücksicht auf seine Wasserstraßen nach den Hauptgesichtspunkten der wirtschaftlichen Geographie dargestellt« (Stuttg. 1882); »Die Verkehrswege im Dienste des Welthandels« (das. 1888); »Geographie für bayrische Mittelschulen« (mit S. Günther, 4. Aufl., Bamb. 1901); »Lehrbuch der wirtschaftlichen Geographie« (Stuttg. 1891); »Geographisch-historisches Handbuch von Bayern« (Münch. 1894–97, 2 Bde.); »Die Schiffahrt auf der obern Donau«, Denkschrift (Donauwörth 1901); »Länderkunde von Bayern« (in der Sammlung Göschen, Leipz. 1904); »Historische Geographie« (Wien 1904). Für die von Hauck besorgte neue Ausgabe von Herzogs »Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche« bearbeitete G. die Länder.

6) Hermann, Maler und Kunstgewerbelehrer, geb. 28. Sept. 1848 in Donaueschingen, gest. 29. Juli 1901 in Karlsruhe, wurde zuerst Lithograph und Dekorationsmaler in Karlsruhe, wo er zugleich die Technische Hochschule besuchte und dort bei A. Schrödter als Schüler eintrat. Nachdem er den Krieg von 1870/71 mitgemacht, malte er eine Zeitlang Schlachtenbilder und wurde dann 1872 Schüler von F. Keller an der Kunstschule in Karlsruhe. Darauf war er mehrere Jahre als Illustrator für die Goethe- und Schillerausgabe des Hallbergerschen Verlags tätig, und Mitte der 1870er Jahre begab er sich zu einem längern Studienaufenthalt nach Italien. 1878 wurde er von Rom als Professor an die Kunstgewerbeschule in Karlsruhe berufen, deren Direktor er 1882 wurde In dieser Stellung hat er eine umfassende Tätigkeit entfaltet, die sich auf die Förderung des gesamten badischen Kunstgewerbes erstreckte. Nachdem er zunächst die Neuorganisation der Kunstgewerbeschule vollzogen, begründete er 1885 den Kunstgewerbeverein und 1890 das Kunstgewerbemuseum in Karlsruhe. 1887 rief er eine deutsche Kunstschmiedeausstellung, 1892 eine deutsche Fächerausstellung ins Leben. G. hat zahlreiche Entwürfe für das Kunstgewerbe, besonders für Arbeiten in Edelmetall, geschaffen und sich auch in Entwürfen zu Dekorationen und sonstigen Anordnungen für öffentliche Feste und Festzüge als phantasievoller Künstler bewährt. Er schrieb: »Eine Orientreise« (Leipz. 1901).

7) Georg, Philolog, geb. 3. Nov. 1849 in Gompertshausen bei Heldburg in Sachsen-Meiningen, studierte 1870–73 in Leipzig, war dann Hauslehrer in Rußland und wurde 1875 Adjunkt an dem damals von der russischen Regierung in Leipzig unterhaltenen Seminar, 1877 zugleich Privatdozent daselbst, 1879 außerordentlicher und 1880 ordentlicher Professor in Jena. Von der großen Plautus-Ausgabe Ritschls lieferte G. mit Löwe Bearbeitungen der »Asinaria« (Leipz. 1881), des »Amphitruo« (1882) und des »Poenulus« (1884), allein des »Epidicus« (1878), »Curculio« (1879) und der »Aulularia« (1882) sowie Neubearbeitungen des »Mercator« (1883), »Stichus« (1883), der »Bacchides« (1886), des »Pseudolus« (1887) und des »Miles gloriosus« (1891); eine Textausgabe des Plautus besorgte er mit Fr. Schöll (Leipz. 1892–96). Außerdem gibt er ein auf neun Bande berechnetes »Corpus glossariorum latinorum« (bis jetzt Bd. 2–7, Leipz. 1888–1903) heraus.

8) Johannes, Bildhauer, geb 4. Okt. 1865 in Fürth, besuchte 1881–84 die Kunstgewerbeschule in Nürnberg, bildete sich dann 1884–85 auf der Kunstakademie in Berlin weiter und trat darauf in das Atelier von R. Begas, unter dessen Leitung er die Quadriga an der Nordseite der Halle am Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. in Berlin ausführte. Schon vorher hatte er sich durch Porträtbüsten und anmutige Werke der Kleinplastik, von denen eine Wasserträgerin für die Nationalgalerie angekauft wurde, bekannt gemacht. 1900 schuf er die Gruppe des Kurfürsten Joachim I. für die Siegesallee in Berlin und 1901 das Standbild der Königin Luise und das Gutenbergdenkmal für Magdeburg. Im Auftrage des Kaisers modellierte er die Standbilder der römischen Kaiser Antoninus Pius, Hadrian und Alexander Severus für den Bronzeguß zur Ausstellung auf der Saalburg. Zur Ausschmückung des Friedrichshains in Berlin führte er einen Brunnen mit Darstellungen aus deutschen Märchen aus

9) Leopold Karl, altkathol. Kirchenhistoriker. geb. 7. Okt. 1868 m Karlsruhe, wurde 1891 Pfarrverweser, dann Pfarrer der altkatholischen Gemeinde in Passau, 1900 Professor am altkatholisch-theologischen Seminar in Bonn, wo er zugleich das »Altkatholische Volksblatt« herausgibt, seit 1902 ist er außerordentlicher Professor in der philosophischen Fakultät. Er schrieb unter anderm: »Die Bußlehre Cyprians« (Königsberg 1895); »Die geschichtliche Stellung und Aufgabe des deutschen Altkatholizismus« (Leipz. 1896), »Geschichte der Slawenapostel Konstantinus (Cyrillus) und Methodius« (Gotha 1897); »Lazaristen und Jesuiten« (das. 1898); »Redemptoristen und Protestanten« (Gießen 1899); »Leo XIII., seine Weltanschauung u. seine Wirksamkeit quellenmäßig dargestellt« (Gotha 1899); »Jesuiten und Jesuitinnen. La société du Sacré Cœur« (das. 1900); »Franz Heinrich Reusch« (das. 1901); »Das Kiever Höhlenkloster als Kulturzentrum des vormongolischen Rußlands« (Passau 1904).

10) Johann, Graf von, s. Götzen.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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