- Condé [2]
Condé (spr. kong-), altes und berühmtes Geschlecht im Hennegau, dessen Stammsitz die Stadt C. (s. oben) war. Gottfried von C. (um 1200) war Stammvater der Freiherren von C., die aber schon 1391 mit Johann ausstarben. Eine Hälfte der Herrschaft C. besaßen zu Gottfrieds Zeiten die Herren von Avesnes; durch Maria Avesnes, Gräfin von Blois (gest. 1241), kam sie an Hugo von Châtillon, Grafen von Saint-Pol. Eine Urenkelin derselben, Johanna, Frau auf C., heiratete 1335 Jakob I. von Bourbon, Grafen von La Marche (gest. 1361), und ward Stammutter des Hauses Bourbon. Ihr zweiter Sohn, Ludwig von Bourbon, Graf von Vendôme, erhielt die Herrschaft C., wovon sein Urenkel Ludwig von Bourbon den fürstlichen Titel annahm; derselbe begründete den C. genannten Seitenzweig des Hauses Bourbon. Vgl. Herzog von Aumale, Histoire des princes de C. (Par. 1869–95, 7 Bde.).
1) Ludwig I. von Bourbon, Prinz von, jüngster Sohn Karls von Bourbon, Herzogs von Vendôme, Bruder des Königs Anton von Navarra, geb. 7. Mai 1530 in Vendôme, gest. 13. März 1569, kämpfte 1549–58 gegen die Spanier und die Engländer. Beim Ausbruch der Religionskriege, in denen sich zugleich die Häuser Bourbon und Guise bekriegten, stellte sich C. mit Coligny an die Spitze der Hugenotten. Da er bei der Verschwörung von Amboise, welche die Gefangennahme des Königs zum Zweck hatte, beteiligt war, wurde er 30. Okt. 1560 in Orléans verhaftet und zum Tode verurteilt, aber durch den Tod Franz' II. gerettet. Er trat seitdem offen an die Spitze der Hugenotten und eröffnete den Krieg 1562 mit Wegnahme von Orléans, Rouen und andern Städten. Am 19. Dez. 1562 bei Dreux von dem Herzog von Guise geschlagen und gefangen genommen, ging er den ungünstigen Frieden von Amboise (19. März 1563) ein, um sich die Freiheit und damit die Rückkehr zu seinen Vergnügungen und Ausschweifungen zu erkaufen. Durch die zweideutige Haltung der Katharina von Medici sah C. sich aber bald zu neuen Feindseligkeiten gedrängt (1567) und belagerte nach der Schlacht bei St.-Denis (10. Nov.) mit deutschen Hilfstruppen Chartres, worauf 23. März 1568 zu Longjumeau abermals Friedegeschlossen wurde. Schon Ende 1568 standen sich die Parteien wieder in Waffen gegenüber. Am 13. März 1569 wurden die Hugenotten unter Condés Anführung von dem vom Herzog von Anjou befehligten katholischen Heer bei Jarnac geschlagen. C. selbst wurde verwundet, gefangen und von Montesquiou, dem Anführer der Schweizergarde, niedergeschossen. Er war zweimal vermählt, zuerst mit Eleonore de Roye, einer Nichte Colignys (geb. 1535, gest. 23. Juli 1564), die Mutter von acht Kindern wurde und ihren Gemahl hauptsächlich zum Ausharren für die Hugenotten bewog (vgl. Delaborde, Éléonore de Roye, princesse de C., Par. 1876; Pannier, Éléonore de Roye, princesse de C., das. 1901), dann mit Franziska von Orléans, des Franz von Orléans und der Jakobine von Rohan Tochter, die ihm drei Söhne schenkte u. 11. Juni 1601 starb. Vgl. »Memoires de Louis de Bourbon, prince de C.« (Straßb. 1589, 3 Bde.; Par. 1743, 6 Bde.).
2) Heinrich I., Prinz von, Herzog von Enghien, geb. 29. Dez. 1552 in La Ferté-sous-Jouarre, gest. 5. März 1588, ältester Sohn des vorigen, focht an der Seite des Admirals Coligny und seines Vetters Heinrich von Navarra 1570 bei Arnay-le-Duc; aus der Metzelei der Pariser Bluthochzeit rettete ihn nur der Übertritt zur katholischen Kirche. Nach dem Tode Karls IX. trat er zum Calvinismus zurück, warb in Deutschland und England Truppen, trat an die Spitze der Hugenotten und erzwang 1576 von dem Hofe für die Reformierten Gewissensfreiheit und unbeschränkte öffentliche Religionsübung; 1577 aber brach der Krieg wieder aus. Unterdes hatte sich der König von Navarra mit dem Hofe versöhnt, wodurch auch C. 1580 zur Niederlegung der Waffen genötigt wurde. Aber 1585 stand er wieder in Waffen und entschied mit seiner schweren Reiterei die Schlacht bei Coutras (20. Sept. 1587). Er starb plötzlich in St.-Jean d'Angely.
3) Heinrich II., Prinz von, Herzog von Enghien, Sohn des vorigen und seiner zweiten Gemahlin, Charlotte de la Trémouille, geb. 1. Sept. 1588 nach seines Vaters Tod in St.-Jean d'Angely, gest. 26. Dez. 1646 in Paris. Er kam 1595 an den Hof, wurde als eventueller Thronfolger anerkannt und in der katholischen Religion erzogen. Am 17. Mai 1609 vermählte sich C. mit der schönen Charlotte Margarete von Montmorency; als König Heinrich IV. aber seiner Gattin nachstellte, entfloh er mit ihr nach Belgien und nach Mailand. Erst nach Heinrichs IV. Ermordung zog er 16. Juli 1610 feierlich in Paris ein. Marschall d'Aneres wachsender Einfluß kränkte ihn so, daß er im Juli 1615 zu den Waffen griff, bis er 1. Sept. 1616 verhaftet und nach der Bastille, dann nach Vincennes gebracht wurde. Am 16. Okt. 1619 durch Luynes befreit, war er von nun an ein treuer Diener des Königshauses und focht wiederholt gegen die Reformierten. 1635 erhielt er zu dem Gouvernement von Burgund das von Lothringen, befehligte 1636 die zur Eroberung von Hochburgund bestimmte Armee und focht 1638 an der spanischen Grenze. Vgl. Henrard, Henri IV et la princesse de C. (Brüssel 1885).
4) Ludwig II. von Bourbon, Prinz von, der große C. genannt, Sohn des vorigen, einer der größten Feldherren seines Jahrhunderts, geb. 8. Sept. 1621 in Paris, gest. 11. Dez. 1686 in Fontainebleau, führte bis zum Tode seines Vaters den Titel eines Herzogs von Enghien. Er schlug die Spanier bei Rocroi 1643 und nahm Diedenhofen, eilte 1644 Turenne zu Hilfe nach Süddeutschland, kämpfte gegen den bayrischen General Mercy in der dreitägigen unentschiedenen Schlacht bei Freiburg i. Br. (3.–5. Aug. 1644) und 3. Aug. 1645 bei Allersheim unweit Nördlingen. 1646 kommandierte er in den Niederlanden gegen die Spanier und eroberte Dünkirchen. Der Tod seines Vaters machte ihn zum Haupt seines Hauses und nächst dem Herzog von Orléans zum ersten Mann Frankreichs. 1648 gewann er in den Niederlanden die Schlacht bei Lens 20. Aug., worauf er durch die Unruhen der Fronde nach Frankreich zurückgerufen wurde. Dort stellte er sich zuerst auf die Seite des Hofes. Als er sich aber mit den Häuptern der Fronde überwarf und zugleich Mazarin zu stürzen drohte, verbanden sich diese gegen C. und ließen ihn 18. Jan. 1650 mit seinem Bruder, dem Prinzen Conti, und seinem Schwager, dem Herzog von Longueville, verhaften und nach Vincennes abführen. Allein bald bewaffnete sich der Hochadel für C., Parlament und Fronde traten auf dessen Seite, und Mazarin mußte das Reich verlassen. C. wurde befreit, vermochte sich aber den Intrigen der Königin-Mutter und des Kardinals Retz gegenüber nicht zu behaupten. Er verbündete sich mit den Spaniern, behauptete sich 2. Juli 1652 gegen einen Angriff Turennes im Besitz von Paris, verließ es aber 13. Okt., da das Volk von ihm abfiel, und trat als Generalissimus in spanische Dienste; indes die Eifersucht der spanischen Befehlshaber liest ihn gegen Turenne die Schlacht auf den Dünen (11. Juni 1658) verlieren. Er erhielt in dem 1659 mit Spanien geschlossenen Frieden zwar völlige Verzeihung und Wiedereinsetzung in die frühern Würden, jedoch erst 1668 wieder ein selbständiges Kommando. Er eroberte die Franche-Comté und befehligte, als 1672 Ludwig XIV. Holland angriff, ein Korps von 30,000 Mann, nahm 4. Juni Wesel und bewerkstelligte 12. Juni den berühmten Rheinübergang, wobei er verwundet wurde. Am 11. Aug. 1674 siegte er über die verbündeten Spanier, Österreicher und Holländer bei Seneffe und erhielt 1675 nach Turennes Tode den Oberbefehl am Oberrhein; doch zwang ihn Podagra, vom Kriegsschauplatz abzutreten, worauf er sich auf seinen Landsitz zu Chantilly zurückzog. Vgl. La Coste, Histoire de Louis de Bourbon II du nom, prince de C. (Köln 1695; 3. Ausg., Haag 1738); Desormeaux, Histoire de Louis de Bourbon (Par. 1766–68, 4 Bde.); »Essai sur la vie du grand C. par Louis Joseph de Bourbon, son quatrième descendant« (Lond. 1806, s. unten 6); Fitzpatrick, Great C. and the period of the Fronde (2. Aufl., das. 1874).
5) Ludwig Heinrich, Prinz von, Herzog von Bourbon und von Enghien (unter dem Namen Heinrich von Bourbon bekannt), Urenkel des vorigen, Sohn Ludwigs III. von C., geb. 18. Aug. 1692, gest. 27. Jan. 1740 in Chantilly, Großhofmeister des königlichen Hauses und Gouverneur von Burgund, wurde nach Ludwigs XIV. Tode Präsident des Kriegsrats, 1718 Generalleutnant und erhielt die Oberaufsicht über die Erziehung des jungen Königs. Nach dem Tode des Herzogs von Orléans, 2. Dez. 1723, wurde er Premierminister, als welcher er in der innern und äußern Politik eine törichte Reaktion gegen alle Bestrebungen Orléans' unternahm. Seine Unfähigkeit und Gewissenlosigkeit hatten 11. Juni 1726 seine Verbannung auf das Landgut Chantilly und seine Ersetzung durch Fleury zur Folge. In seiner Muße beschäftigte er sich mit naturwissenschaftlichen Studien.
6) Ludwig Joseph von Bourbon, Prinz von, Sohn des vorigen und der Prinzessin Karoline von Hessen-Rheinfels, geb. 9. Aug. 1736, gest. 13. Mai 1818 in Chantilly, nahm an dem Feldzug von 1757 mit Auszeichnung teil und siegte 30. Aug. 1762 unweit Friedberg über den Erbprinzen von Braunschweig. Er lebte meist in Chantilly, wo er eine gelehrte Gesellschaft um sich versammelte. Die Revolution vertrieb ihn schon 1789 aus Frankreich; er bildete 1792 in Koblenz eine Emigrantenarmee, die sich dem verbündeten Heer bei dem Einfall in Frankreich anschloß. Nach dem Frieden von Campo Formio 1797 trat C. in russische Dienste und focht 1799 unter Suworow in der Schweiz gegen die französische Republik. Den Feldzug von 1800 machte er unter österreichischen Fahnen mit, ward aber durch den Lüneviller Frieden genötigt, sein Korps aufzulösen, und ging nach England, wo er in Zurückgezogenheit lebte. Am 4. Mai 1814 kehrte er nach Paris zurück und wurde mit Ehren überhäuft. Er erbaute das Palais Bourbon, in dem die Deputiertenkammer tagt. C. schrieb: »Essai sur la vie du grand C.« (Lond. 1806). Vgl. Chamballand, Vie de Louis Joseph, duc de C. (Par. 1819–20, 2 Bde.); Bittard des Portes, Histoire de l'armée de C. 1791–1801 (das. 1896).
7) Ludwig Heinrich Joseph, Prinz von, Sohn des vorigen, geb. 13. April 1756, gest. 29. Aug. 1830, führte ein wildes und ausschweifendes Leben. Er unternahm 1782 mit dem Grafen von Artois die Belagerung von Gibraltar und ward Marschall. Später kämpfte er mit Auszeichnung in den Reihen der Emigrierten. Von 1800–1814 lebte er in England, nach seiner Rückkehr nach Frankreich größtenteils in Chantilly mit der Frau seines Adjutanten Barons Feuchères, Sophie Dawes, geborner Clarke, einer englischen gemeinen Abenteuerin. Nach dem Sturz Karls X. huldigte C. dem König Ludwig Philipp. Bald darauf wurde er in seinem Palast in St.-Leu an einem Fensterladen seines Schlafzimmers erhängt gefunden; kurz vorher hatte er seinen Paten, den Herzog von Aumale, vierten Sohn Ludwig Philipps, zum Haupterben seines unermeßlichen Vermögens eingesetzt und der Baronin Feuchères 2 Mill. Frank und zwei seiner Güter vermacht. Es ist ungewiß, ob er durch Selbstmord oder durch ein Verbrechen geendet hat. Mit dem Prinzen erlosch das Geschlecht C.; seine rechtmäßige Gemahlin Louise Marie Therese von Orléans starb 10. Jan. 1822 in Paris. Des Herzogs von Aumale ältester Sohn, Ludwig (geb. 1845, gest. 1866), führte auch den Titel eines Prinzen von C. Vgl. Billault de Gerainville, Histoire de Louis Philippe, Bd. 3 (Par. 1875).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.