Branntweinsteuer

Branntweinsteuer

Branntweinsteuer, eine in mehreren Ländern vorkommende indirekte Aufwandsteuer vom Branntweinverbrauch, die meist schon im 16. und 17. Jahrh. eingeführt wurde. Der Branntwein, mit seinem großen Alkoholgehalt in kleinern Mengen genossen, verträgt eine höhere Belastung der Mengeneinheit als das Bier, die übrigens auch sittlich erziehend wirken kann, indem sie dem Übergenuß, der zumal bei großem Fuselgehalte des Branntweins schädlich ist, entgegenwirkt. Die Steuer wird, da sie sich in kleinere Summen zerlegt, leicht getragen. Da der Branntwein als beliebtes Reizmittel in großem Umfang genossen wird, so kann die B. bei richtiger Veranlagung große Summen ertragen. Dagegen ist die eine fortgesetzte Aufsicht erheischende Erhebung der B. mit großen Schwierigkeiten verknüpft, teils deshalb, weil nicht allein die mannigfaltigsten Stoffe, sondern auch sehr verschiedene Fabrikationsmethoden bei der Branntweinbrennerei zur Anwendung kommen, teils auch, weil die Erzeugung in zahlreiche Betriebe zersplittert ist, vielfach als Nebenbetrieb andrer Wirtschaftszweige vorkommt und ebenso der Verkauf in einer großen Zahl von Verkaufsstätten, oft nur in kleinen Mengen, stattfindet. Die bei den meisten in der Praxis üblichen Besteuerungsmethoden mißliche Steuerrückvergütung wird dadurch erschwert, daß sie nicht allein bei der Ausfuhr, sondern auch vielfach bei Verwendung des Branntweins für technische Zwecke und zur Essigbereitung gewährt wird. Aus den genannten Gründen erweist sich auch eine Erhebungsform für sich allein als unzureichend; in mehreren Staaten werden darum mehrere Formen angewendet, die sich nach Art und Umfang der Brennereien richten. Im ganzen finden folgende Formen der Branntweinbesteuerung Anwendung:


1) Rohstoffen (Materialsteuern), unmittelbar bemessen nach Raum oder Gewicht der verbrauchten Materialien einschließlich des Malzes. Werden hierbei für die verschiedenen Gattungen von Rohstoffen je nach der vorausgesetzeten Alkoholausbeute verschiedene Steuersätze angewendet, so nähert sich die Steuer (Materialertragssteuer) der Fabrikatsteuer. Noch näher steht der letztern die Würzesteuer, die nach dem Zuckergehalte der Würze bemessen wird.

2) Die steuer nach der Leitungsfähigkeit von Werkvorrichtungen:

a) nach der für eine einmalige Verrichtung (Füllung) geschätzten Leistungsfähigkeit und nach der Zahl der Verrichtungen (Maischraum- oder Maischbüttensteuer),

b) nach der Leistungsfähigkeit der Brennapparate (Blasenzins oder -Steuer),

c) als Pauschalierungssteuer, wenn statt einer wirklichen Ermittelung nur eine Schätzung der Leistungsfähigkeit der Apparate ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Benutzung zu Grunde gelegt wird.

3) Fabrikatsteuern, gezahlt vom Fabrikanten für die durch Messung in den Sammelgefäßen oder durch Spiritusmeßapparate unmittelbar festgestellte Menge des Fabrikats.

4) Schanksteuer, erhoben vom Ausschank für die wirkliche Menge des ausgeschenkten Branntweins.

5) Abfindung (Fixation):

a) mit dem Brenner auf Grund einer angenommenen Erzeugungsmenge,

b) mit dem Ausschänker auf Grund einer angenommenen Ausschankmenge.

6) Lizenzen, erhoben von Fabrikanten und Verkäufern.

7) Branntweinmonopol (Branntweinregal), d.h. das ausschließliche Recht des Staates auf die Fabrikation oder den Verkauf von Branntwein.


Die Rohstoff-, Maischraum-, Maischbütten- oder Materialsteuer, die bei mehlhaltigen Stoffen die Steuer nach dem Raum des Maischbottichs, bei zuckerhaltigen nach der direkt zu ermittelnden Menge der verwendeten Stoffe auswirft, führt bei vorausgehender Deklaration der Pflichtigen zu eingehenden, oft lästigen Vorschriften über Zeit, Dauer und Umfang des Maischens. Wenn auch die für den Fiskus einfachere Kontrolle nicht so weit geht wie bei andern Methoden, so erstreckt sie sich doch meist über den ganzen Betrieb und kann dadurch für den Brenner sehr drückend werden. Die Belastung, die durch diese Steuer bewirkt wird, ist eine ungleichmäßige, weil sie die Verschiedenheit der Materialien und deren ungleiche Ergiebigkeit überhaupt nicht oder nicht genügend berücksichtigen kann. Die Betriebsstätten, die weniger ausbeutereiche Stoffe verarbeiten oder, wie beim Kleinbetrieb, weniger vollkommene Apparate verwenden, werden stärker getroffen als andre, insbes. als die begünstigten großen Brennereien. Die Besteuerungsform reizt zu selbst unwirtschaftlichem Dickmaischen an und kann, da mit industriellem Fortschritte die Steuerlast gemindert wird, dazu führen, daß solche Vorteile mit Opfern erkauft werden, die an und für sich nicht am Platze sind. Endlich ist die Rückvergütung, die bei der Ausfuhr oder bei für gewerbliche Zwecke erfolgender Denaturierung gewährt wird, schwer zu bemessen, wie es auch nicht leicht fällt, Steuer, Zoll und Übergangsabgabe in ein richtiges Verhältnis zueinander zu bringen.

Die Materialertragsteuer führt schon zu einer gleichmäßigern Besteuerung, ohne indessen der Verschiedenheit der Ausbeute je nach der Qualität und der Vollkommenheit der Apparate vollständig gerecht werden zu können. Die Blasensteuer (Blasenzins), die das wahrscheinliche Ergebnis an Alkohol nach den bei der Brennerei verwendeten Destillierapparaten (Blase, Kessel) berechnet, kann zwar die Leistungsfähigkeit, die mit jedem technischen Fortschritt zur Ausstellung neuer Rechnungsfaktoren zwingt, nicht aber auch die Qualität berücksichtigen. Die Würzesteuer oder Würzeertragsteuer erfaßt das steuerpflichtige Objekt vor der Destillation bei der Gärung der Würze, indem sie den Zuckergehalt derselben sowie die normale Alkoholausbeute mit Hilfe des Saccharimeters bestimmt. Dieselbe berücksichtigt somit die Qualität der Rohstoffe, nicht aber auch die durch Vollkommenheit der Destillierapparate bedingte Menge des ausgebrachten Alkohols. Auch belästigt und verteuert sie durch ihre Kontrollen und Proben den Betrieb. Die meisten dieser Übelstände werden durch die Fabrikatsteuer vermieden, welche die wirklich gewonnenen Erzeugnisse direkt mit Kontrollierung des ganzen Fabrikationsprozesses oder durch die denselben nicht weiter beschränkende Anwendung von besondern Spiritusmeßapparaten ermittelt. Ihre Anwendung ist freilich da erschwert, wo die Branntweinfabrikation in zahlreiche kleine Betriebe zersplittert ist. Gerade in diesem Fall hat man wegen der Schwierigkeit der Besteuerung zu dem summarischen Verfahren der auch bei großen Brennereien vorkommenden Abfindung für eine bestimmte Zeit seine Zuflucht genommen. Die Kontrolle beschränkt sich bei einer solchen, meist auf einer Verbindung der Materialertrag- mit der Blasensteuer beruhenden Fixation darauf, daß die Geräte nur während der Betriebszeit nicht verschlossen sind, und daß keine andern Materialien zur Verwendung kommen. Die vom Brennereibetrieb erhobenen Lizenzen sind zwar mit keinen Beschwerungen verknüpft, wenn sie in gleichen Sätzen erhoben werden; dagegen können sie keine hohen Erträge abwerfen. Werden die Sätze hingegen abgestuft, indem denselben die nach der Dauer des Brennens, nach dem Raumgehalte der Blasen, dem Umfang des Betriebs berechnete mutmaßliche Menge sowie die Stärke des Branntweins zu Grunde gelegt werden, so werden auch wieder weiter gehende Kontrollen des Betriebs erforderlich. Auch die vom Kleinverkauf, insbes. vom Ausschank, erhobenen Lizenzen dürfen schon wegen der Schwierigkeit der Kontrolle mäßige Sätze nicht übersteigen. Dieselben gar in vollständige Fabrikatsteuern umzuwandeln, ist bei einer großen Anzahl von Verkaufsstätten, weil zu überaus teurer, schwieriger und peinlicher Kontrolle führend, geradezu unmöglich. Bezüglich der Schanksteuer s.d.

In Deutschland hatte die Branntweinsteuergemeinschaft (Norddeutschland nebst Elsaß, Lothringen) bis 1887 eine Verbindung der Maischbütten- mit der Materialsteuer nebst Abfindung mit Fruchtbrennereien, Baden eine pauschalierte Blasensteuer, Bayern eine Verbindung der Maischbütten-, Material- und Fabrikatsteuer mit obligatorischer Abfindung für kleine und fakultativer für gewisse größere Brennereien, Württemberg früher Schanksteuer, seit 1865 Malzsteuer, seit 1885 eine Steuer, die sich an die norddeutsche und die bayrische anschloß. Durch Gesetz vom 24. Juni 1887 wurde eine neue Besteuerung eingeführt, die nunmehr auf ganz Deutschland ausgedehnt ist. Novellen zu diesem Gesetze sind 8. Juni 1891, 16. Juni 1895, 4. April 1898 und 7. Juli 1902 ergangen. Danach wird eine Verbrauchsabgabe von Branntwein erhoben, sobald derselbe aus der steuerlichen Kontrolle in den freien Verkehr tritt, zahlbar von demjenigen, der den Branntwein zur freien Verfügung erhält. Diese beträgt von einer Gesamtjahresmenge (Gesamtkontingent), die 4,5 Lit. reinen Alkohols auf den Kopf der Bevölkerung der frühern Branntweinsteuergemeinschaft (3 L. für die süddeutschen Staaten) gleichkommt, 0,50 Mk. für 1 L., von der darüber hinaus hergestellten Menge 0,70 Mk. Das Gesamtkontingent, das nach bestimmten Grundsätzen auf die einzelnen Brennereien verteilt wird, wird in jedem fünften Jahre für die folgenden 5 Betriebsjahre nach dem Durchschnitte der in vorhergegangenen 5 Jahren in den abgabepflichtigen Inlandsverbrauch übergegangenen Branntweinmenge festgesetzt. Das Gesamtkontingent für die Periode 1897/98–1901/1902 betrug 2,221,749 hl. Ebenso unterliegt der Betrag des niedrigern Abgabensatzes alle 5 Jahre der Revision. Der niedrigere Abgabensatz hat den Zweck, dem steuerpflichtigen Brenner eine Inlandsprämie von 20 Pf. für 1 L. Alkohol zu gewähren. Damit dies geschehe, muß die zu diesem Steuersatz herstellbare Branntweinmenge hinter dem Trinkbedarf des Inlandes zurückbleiben. Diese Prämie hat eine besondere Sicherung erhalten durch die laut Beschlüssen des Bundesrats eingeführten Berechtigungsscheine, wonach Kontingentsbranntwein auf Antrag des Brenners mit einer Verbrauchsabgabe von 70 statt 50 Pf. abgefertigt und dem Brenner ein Berechtigungsschein gegeben wird, der auf den Unterschied zwischen dem höhern und niedrigern Abgabensatz lautet und zur Zahlung auf fällige B. verwendet werden kann. Behufs Ermittelung der steuerpflichtigen Branntweinmenge sind in den Brennereien Sammelgefäße oder Siemenssche automatische Spiritusmeßapparate aufgestellt. Neben der Verbrauchsabgabe wird die Maischbottich- oder die Materialsteuer, bez. ein Zuschlag und ein weiterer Zuschlag zur Verbrauchsabgabe (Brennsteuer) erhoben. a) Die Maischbottichsteuer wird nur noch in den landwirtschaftlichen Brennereien erhoben (früher auch in Melassebrennereien). Sie beträgt 1,31 Mk. für 1 hl des Rauminhalts der Maischbottiche und für jede Einmaischung. In Brennereien, die nur während der Zeit vom 16. Sept. bis 15. Juli nicht länger als 81/2 Monate betrieben werden, wird, wenn die tägliche Bemaischung nicht mehr als 1050, bez. 1500, bez. 3000 L. Bottichraum beträgt, die Steuer nur zu 6/10, 8/10 und 9/10 des normalen Steuersatzes erhoben. Für Brennereien, die in einem Betriebsjahr nicht mehr als 1500 hl Bottichraum bemaischen, kann Abfindung eintreten. b) Die Materialsteuer, die nur in Materialbrennereien erhoben wird, beträgt 25 Pf. für Obst- und Weintreber, 35 für Kernobst, 45 für Beerenfrüchte, 50 für Brauereiabfälle, Hefenbrühe, gepreßte Weinhefe und Wurzeln, 85 für Trauben- und Obstwein, flüssige Weinhefe und Steinobst vom Hektoliter Material. Für Materialbrennereien und solche, die die Abfälle der Biererzeugung verarbeiten, kann gleichfalls Abfindung eintreten. c) Der Zuschlag zur Verbrauchsabgabe ist von den gewerblichen Brennereien mit 20 Pf. für 1 L. reinen Alkohols zu entrichten; solche Brennereien mehliger Stoffe jedoch, die bereits vor 1. April 1887 bestanden haben und täglich nicht mehr als 10,000, bez. 20,000 L. Bottichraum bemaischen, genießen für den Umfang des vor 1. April 1887 geübten Betriebs eine Ermäßigung von 4, bez. 2 Pf. für das Liter. Auf Antrag sind auch landwirtschaftliche und Materialbrennereien von der Erhebung der Maischbottich- und Materialsteuer frei zu lassen. Sie haben dafür bestimmte Zuschläge zu entrichten, die bei den landwirtschaftlichen Brennereien je nach der Größe der Produktion und der Zeitdauer, in der sie mit oder ohne Hefe arbeiten, zwischen 10 und 20 Pf., bei Materialbrennereien je nach der Größe zwischen 4 und 20 Pf. betragen. d) Der besondere Zuschlag zur Verbrauchsabgabe (Brennsteuer) endlich hat den Zweck, die Überlegenheit der Großbetriebe einzuschränken. Die Brennsteuer ist Staffelsteuer und trifft alle Betriebe, die mehr als 200 hl Alkohol jährlich erzeugen. Die Steuer beträgt zwischen 2 und 6,50 Mk. vom Hektoliter. Für gewisse Brennereien (die nur Getreide verarbeitenden, Genossenschaftsbrennereien etc.) treten Ermäßigungen ein. Aus dem Erträgnis der Brennsteuer sind im Betriebsjahr 1902/1903 diejenigen Beträge an die Reichskasse zu erstatten, die dieselbe über die Gesamteinnahme aus der Brennsteuer hinaus an Vergütungen gewährt hat. Außerdem ist in denjenigen Fällen, in denen bei der Ausfuhr von Branntwein oder mit solchem hergestellten Fabrikaten ein Erlaß oder eine Vergütung der Verbrauchsabgabe eintritt, der Betrag von 6 Mk. für jedes Hektoliter reinen Branntweins, auch wenn er der Brennsteuer nicht unterlegen hat, zu erstatten. Der Vergütungssatz unterliegt einer jährlichen Revision durch den Bundesrat. Endlich wird der Bundesrat durch die jüngste Novelle ermächtigt, besondere Bestimmungen über den Kleinhandel mit Spiritus zu erlassen. Die Erzeugung von Branntwein betrug 1900/1901: 4,051,860 hl, von denen 2402, 8 Mill. hl in den inländischen Konsum gelangten. 14,6 Mill. hl wurden eingeführt, so daß der Konsum 4,3 L. pro Kopf der Bevölkerung betrug. Der Nettoertrag der Branntweinsteuer einschließlich Zoll stellte sich auf 155,1 Mill. Mk. (= 2,74 pro Kopf), davon Verbrauchsabgabe mit Zuschlag 130,6, Maischbottich- und Materialsteuer 22,5, Zoll 3,3 Mill. Mk.

Österreich hatte nach den Gesetzen vom 27. Juni 1878 und 19. Mai 1884 die Produktenbesteuerung auf Grundlage eines Kontrollmeßapparats, die Pauschalierung, und zwar nach der Leistungsfähigkeit des Maischraumes, bez. der Brennvorrichtung, dann die Abfindung. Nach dem Gesetz vom 20. Juni 1888, ergänzt durch die kaiserlichen Verordnungen vom 17. und 19. Juli 1899, ist ein der deutschen B. ähnliches System eingeführt worden mit Kontingentierung und doppelten Verbrauchsabgabesätzen. Es wird eine Verbrauchsabgabe von 70 und 90 Kronen für 1 hl Alkohol erhoben; das Kontingent wird jeder Brennerei für je 4 Jahre zugewiesen. Die landwirtschaftlichen Brennereien genießen besondere Begünstigungen; Preßhefebrennereien haben einen Zuschlag von 5 Kr. für 1 hl erzeugten Alkohols zu zahlen. Die kleinern Brennereien und die Qualitätsbrennereien zahlen eine sofort zu entrichtende Produktionsabgabe von 70 Kr. für 1 hl. Für die Ausfuhrprämien ist ein Fonds von 2 Mill. Kr. geschaffen, aus dem für den unversteuert ausgeführten Branntwein eine Prämie bis zu höchstens 10 Kr. für 1 hl gewährt wird. Durch ein neues Gesetz vom 8. Juli 1901 ist aber die Produktionsabgabe von 70 auf 90 Kr., die niedrigere Konsumabgabe von 70 auf 90, die höhere von 90 auf 110 Kr., die Abgaberückvergütung auf 45 Kr. für 1 hl erhöht worden. Ein Teil der durch diese Erhöhung anfallenden Mehrerträge wird nach bestimmten Prozentsätzen auf die einzelnen Landesfonds überwiesen. Österreich bildet mit Ungarn und Bosnien-Herzegowina ein Steuergebiet; bei Versendungen von einem Staatsgebiet in das andre wird von dem empfangenden eine Abgabevergütung gewährt.

Eine Fabrikatsteuer haben Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland, Rumänien, Spanien, die Niederlande, Belgien und die Vereinigten Staaten. In einigen Teilen der Vereinigten Staaten (z. B. Maine) sind im Interesse von Gesundheit und Sittlichkeit Fabrikation und Verkauf von Branntwein verschiedenen polizeilichen Beschränkungen unterworfen. In Italien besteht eine Verbindung der Blasenpauschalierungssteuer mit einer Fabrikatsteuer nach den Angaben des Meßapparats. Portugal hat eine B. erst seit 1888, und zwar ursprünglich eine Verbindung von Blasenzins mit Fabrikatsteuer, jetzt eine reine Fabrikatsteuer. Frankreich erhebt Eingangssteuern in Städten, Lizenzen von Kleinverkäufern und Brennern, Fabrikatsteuern beim Austritte der Produkte aus den Niederlagen der Produzenten und Denaturationsabgaben von zum menschlichen Genuß unbrauchbar gemachtem Branntwein. England hat eine nach Menge und Qualität der Maischwürze bestimmte Würzesteuer. Die Kontrolle ist eine strenge und peinliche; kleine Brennereien sind verboten, dann sind bestimmte Vorschriften über die Lage der Fabriken zu beobachten. Kein Fabrikant darf gleichzeitig für den inländischen Verbrauch und für die Ausfuhr arbeiten. Dazu kommen noch bedeutende Lizenzsteuern der Spiritusverkäufer und Brenner.

Das Branntweinmonopol besteht in der Schweiz, in Rußland und in Serbien. In der Schweiz ist es durch Gesetz vom 23. Dez. 1886 ins Leben gerufen worden. Dieses Gesetz ist durch ein weiteres vom 29. Juni 1900 ergänzt worden. Danach hat der Bund das ausschließliche Recht zur Erzeugung und Einfuhr von Branntwein aus Stoffen, deren Verarbeitung der Bundesgesetzgebung unterstellt ist (Getreide, Kartoffeln, Rüben, Zucker, Melasse), und die Pflicht, für genügende Reinigung des Trinkbranntweins zu sorgen. Die Herstellung von Spirituosen aus einheimischem Obst, Beeren etc. ist freies Gewerbe geblieben. Soweit der Bedarf durch inländische Produktion (jetzt annähernd ein Vierten des Landesbedarfs an Sprit und Spiritus, in maximo 30,000 hl absoluten Alkohols für das Kalenderjahr) gedeckt werden soll, überträgt der Bund die Lieferungen an Private, und zwar in Losen von mindestens 150 und höchstens 1000 hl absoluten Alkohols zu 120–150 Fr. für 1 hl. Die Einfuhr von Qualitätsspirituosen ist gegen eine Monopolabgabe von 80 Fr. für 100 kg nebst Einfuhrzoll Privaten freigegeben. Die Brennereibesitzer werden für den Minderwert, den ihre Gebäude und Einrichtungen durch Einführung des Monopols erleiden, entschädigt. Die finanziellen Erträgnisse (1899: 6,6 Mill. Fr. netto) sind nicht sehr erheblich, was mit der durch die erhöhte Belastung des Branntweins bewirkten und übrigens auch beabsichtigten Verminderung des Konsums zusammenhängt. Der Reinertrag wird unter die Kantone verteilt, die 10 Proz. desselben zur Bekämpfung des Alkoholismus zu verwenden haben. Serbien hat seit 1894 das Branntweinmonopol. Rußland hatte das Monopol schon seit dem 17. Jahrh. für Großrußland, seit 1849 auch für Kleinrußland, Polen und die baltischen Provinzen in der Form des Handelsmonopols, und übte es vorzugsweise durch Verpachtung aus. Seit 1. Jan. 1863 ist es durch eine Fabrikatsteuer ersetzt und die Fabrikation freigegeben worden. Seit 1. Jan. 1895 ist aber zunächst in den 4 östlichen Gouvernements, mit 1. Juli 1896 in 9, mit 1. Juli 1897 in 7, mit 1. Jan. 1898 in 15, mit 1. Juli 1900 in 8, mit 1. Juli 1901 in 20 weitern Gouvernements und im Gebiete des Turgai (Mittelasien), mithin im ganzen europäischen Rußland (mit Ausnahme des größten Teils des Kaukasus und Finnlands) das Monopol, und zwar in der Form des Vollhandelsmonopols eingeführt worden. Danach ist (Gesetz vom 6. Juni 1894) der Verkauf von Spiritus, Branntwein und Branntweinfabrikaten für den lokalen Bedarf ausschließliches Recht der Krone. Die Einfuhr von Spiritus etc. seitens Privatpersonen zu eignem Gebrauch in Mengen von mehr als 1/10 Wedro (1,23 Lit.) ist verboten. Nach Gesetz vom 12. Juni 1900 wird der erforderliche Spiritus von Privatfabriken erzeugt und von diesen seitens der Monopolverwaltung nach festgesetzten Preisen gekauft. Die Krone kann nur in speziellen Fällen die Spirituserzeugung selbst übernehmen. Die Reinigung des Spiritus und die Zubereitung von Trinkbranntwein findet teils in Kronfabriken, teils in Privatfabriken statt, wobei die letztern den Spiritus von der Monopolverwaltung zu einem bestimmten Preise zu laufen haben. Der Verkauf von Spiritus etc. findet nur in den Kronbranntweinbuden und -Fabriken und in solchen Privatanstalten statt, deren Besitzer staatlich mit dem Verkauf betraut sind. Branntwein und Spiritus werden nur in gereinigtem Zustand in einer Mindeststärke von 40 Proz. zu amtlich vorgeschriebenen Preisen und in versiegelten Gefäßen abgegeben. Nur einzelne Privatanstalten (Restaurationen etc.) erhalten das Recht, den Branntwein aus unversiegelten Gefäßen zu verkaufen. Ein Hauptzweck bei Einführung des Monopols war die Einschränkung des Alkoholmißbrauches.

Vgl. J. Wolf, Die B. (Tübing. 1884); Derselbe, Die B. von 1884–1886 und von 1887–1889 (im »Finanzarchiv«, 1887 und 1890); Doenecke, Die B. – Ausführungsbestimmungen (Berl. 1901, 3 Bde.); Kotze, Reichsgesetz, betr. die Besteuerung des Branntweins in der durch das Abänderungsgesetz vom Juli 1902 bedingten Fassung (das. 1902); Behrend, Die Novelle von 1902 etc. (das. 1902). Für Österreich: Bernatzik, Gesetze und Verordnungen über die Besteuerung des Branntweins (2. Aufl., Wien 1900). Vgl. ferner Laves, Die Entwickelung der Brennerei und die Branntweinbesteuerung in Deutschland (Leipz. 1888); Getz, Das Branntweinmonopol als Besteuerungsform (Jena 1897); Antziferoff, Das Branntweinmonopol in Rußland (in den »Jahrbüchern für Nationalökonomie etc.«, das. 1901); Artikel »B.« im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«, Bd. 2 (2. Aufl., das. 1899) und im »Österreichischen Staatswörterbuch«, Bd. 1 (Wien 1895).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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