Stanley [2]

Stanley [2]

Stanley (spr. ßtännli), 1) Arthur Penrhyn, engl. Gelehrter, Sohn des Bischofs S. von Norwich, geb. 13. Dez. 1815, gest. 18. Juli 1881 in London, studierte Theologie in Oxford, wirkte hier von 1840 ab als Fellow am University College und wurde 1858 Professor der Kirchengeschichte. Daneben war er Kaplan des Bischofs von London und seit 1863 Dechant von Westminster. Vertreter einer milden Aufklärung innerhalb des Christentums, beteiligte er sich 1872 am Altkatholikenkongreß in Köln und wurde 1875 zum Lord-Rektor der Universität St. Andrews erhoben. Seine literarische Tätigkeit hatte er mit der oft ausgelegten Biographie seines Jugendlehrers Th. Arnold (1844, zuletzt 1904; deutsch, Potsd. 1846) begonnen. Es folgten unter andern: »Historical memorials of Canterbury« (1854 u. ö., zuletzt 1906); »Sinai and Palestine« (1856 u. ö., zuletzt 1905); »Lectures on the history of the Eastern Church« (1861, 5. Aufl. 1883); »Lectures on the history of the Jewish Church« (1862; 8. Aufl. 1884, 3 Bde; neue Ausg. 1906); »Scenes of the East« (1863), als Frucht einer zweiten Orientreise; »Historical memorials of Westminster Abbey« (5. Aufl. 1882); »Essays chiefly on questions of Church and State from 1850–1870« (1870, neue Aufl. 1884); »Christian institutions« (neueste Ausg. 1906) u. a. »Letters and verses« aus den Jahren 1829–82 gab Prothero heraus (1895). Vgl. Grace Oliver, Arthur Penrhyn S. (3. Aufl., Lond. 1885); Prothero, Life and correspondance of A. P. S. (das. 1893, 2 Bde.); Bryce, Studies in contemporary biography (das. 1903).

2) Henry Morton (eigentlich James Rowland), berühmter Afrikareisender, geb. 28. Jan. 1841 bei Denbigh in Wales, gest. 10. Mai 1904 in London, kam im Alter von drei Jahren ins Armenhaus von St. Asaph und ging dann mit 17 Jahren als Schiffsjunge nach New Orleans, wo er von einem Kaufmann, namens S., adoptiert wurde. Nach dem Tode seines Wohltäters trat er 1861 beim Ausbruch des Krieges in die Armee der Konföderierten, wurde aber gefangen genommen und der Marine der Vereinigten Staaten zugeteilt, in der er es bis zum Fähnrich brachte. Nach dem Frieden bereiste er 1865 als Zeitungsberichterstatter die Türkei, begleitete 1867–1868 als Korrespondent des »New York Herald« die englische Armee nach Abessinien, wohnte 1869 der Einweihung des Suezkanals bei, machte noch einen Abstecher nach Persien und Indien und übernahm dann im Auftrag von J. G. Bennett (s. d. 1), dem Besitzer des »New York Herald«, die Aufsuchung des seit längerer Zeit im Innern von Afrika verschollenen Livingstone. Im Januar 1871 langte S. in Sansibar an, von wo er mit etwa 200 Mann zum Tanganjikasee ausbrach. In Udschidschi traf S. im November mit Livingstone zusammen, erforschte mit ihm den Tanganjika und trat dann im März 1872 die Rückreise nach Europa an, wo sein Bericht über diese Reise, die gegen 200,000 Mk. gekostet hatte, das größte Aufsehen erregte. Darauf wohnte er 1873–74 dem Feldzug der Engländer gegen die Aschanti bei und unternahm dann auf Kosten des »New York Herald« und des Londoner »Daily Telegraph« eine neue Forschungsreise nach Innerafrika. Mit mehr als 300 Soldaten und Trägern verließ er im November 1874 Bagamoyo, erreichte im Februar 1875 den Victoria Nyanza, umfuhr den See und fand freundliche Aufnahme bei dem König Mtesa in Uganda. Nach einem Abstecher zum Albert Edward-See wandte er sich nach Süden, entdeckte den Kagera und gelangte im März 1876 wieder nach Udschidschi am Tanganjikasee, den er in einem tragbaren Boot in 51 Tagen umfuhr. Nun drang er nach W. vor und gelangte unter großen Gefahren nach Nyangwe, den äußersten von Livingstone und Cameron erreichten Ort am obern Lualaba-Kongo. Hier brachte er seine zusammengeschmolzene Expedition wieder auf 210 Bewaffnete und trat dann 5. Nov. 1876 mit 18 Kanus die gefahrvolle und denkwürdige Fahrt den Strom abwärts an, auf der er nach vielen Kämpfen mit den Eingebornen und Umgehung oder Durchschiffung zahlreicher Katarakte, wobei S. seinen treuen Diener Kalulu und seinen letzten weißen Gefährten, Francis Pocock, verlor, dem Hungertode nahe, 8. Aug. 1877 Boma an der Kongomündung erreichte. Damit hatte S. die Identität des Kongo mit dem Lualaba festgestellt und eine Wasserstraße ins Innere von Afrika von mehr als 4000 km Länge eröffnet. Der großartige Erfolg Stanleys führten ach der Zusammenkunft König Leopolds II. von Belgien mit dem Entdecker in Brüssel zur Gründung des Comité d'études du Haut-Congo, in dessen Auftrag S. 1879 wieder nach dem Kongo ging, längs des Stromes eine Reihe von Stationen anlegte, den großen Leopoldsee entdeckte und erst 1884 nach Europa zurückkehrte, wo er als technischer Kommissar der amerikanischen Union an der Kongokonferenz in Berlin teilnahm und in England die Bildung einer Gesellschaft zur Erbauung einer Eisenbahn von der Kongomündung zum Stanley Pool veranlaßte. Darauf übernahm S. die Führung einer mit Unterstützung der ägyptischen Regierung von englischen Kapitalisten ausgerüsteten Expedition zum Entsatz von Emin Pascha, warb in Sansibar Träger an, fuhr von dort um das Kap zum Kongo und traf hier 18. März mit 9 Europäern, 13 Somal, 61 Sudanesen und 620 Sansibariten ein. Außerdem schloß sich der arabische Sklavenhändler Tippu Tip, den S. zum Gouverneur vom obern Kongo ernannt hatte, mit 40 Mann an. Vier Dampfer und mehrere große Boote brachten die Expedition zur Mündung des Aruwimi und 18. Juni an die Jambujafälle desselben. Hier ließ S. unter Major Bartelot eine Nachhut von 207 Mann zurück, zog dann ostwärts längs des Aruwimi und seines Quellflusses, des Ituri, durch dichten Urwald und erreichte nach schweren Verlusten und entsetzlichen Leiden 14. Dez. den Albert Nyanza, wo er 29. April 1888 mit Emin und Casati zusammentraf, sie aber nicht bewegen konnte, mit ihm nach Europa zurückzukehren. Darauf ging S. zum Aruwimi zurück, um seine Nachhut abzuholen, erhielt aber unterwegs die Nachricht von der Ermordung Bartelots und traf nur noch 71 Mann lebend an. Inzwischen war in Wadelai eine Meuterei ausgebrochen, Emin von seinen Offizieren gefangen genommen, doch bald wieder freigegeben. Als S. nun zum Albert Nyanza zurückkehrte, war nach längern Unterhandlungen Emin bereit, ihm zu folgen. Mit einer 1500 Köpfe starken Karawane, darunter viele Weiber und Kinder, brachen S. und Emin 8. Mai 1889 nach Süden auf, folgten dem Semliki, der dabei als Ausfluß des Albert Edward-Sees erkannt wurde, zogen dann zum Victoria Nyanza und von dort durch das deutsche Schutzgebiet nach Bagamoyo, wo die Karawane, nur noch 750 Köpfe stark, 5. Dez. 1889 anlangte. Nach seiner Rückkehr ließ sich S. in England naturalisieren, wurde geadelt und war 1895–1901 Mitglied des Unterhauses. Unter den Afrikareisenden steht S. in erster Reihe. Aber wenn auch seine großartigen Erfolge allseitige Anerkennung gefunden haven, so ist er doch auch wegen seiner rücksichtslosen Behandlung der Eingebornen, seines Verhaltens gegen Emin Pascha und seiner Geringschätzung wissenschaftlicher Forschung vielfach angegriffen worden. Sein Bildnis s. Tafel »Afrikaforscher II«. Stanleys meist gleichzeitig in mehreren Sprachen veröffentlichten Reisewerke erschienen unter den Titeln: »How I found Livingstone« (Lond. 1872; deutsch, 3. Aufl., Leipz. 1891); »Coomassie and Magdala« (1874); »Through the dark continent« (1878, 2 Bde.; deutsch, 3. Aufl., Leipz. 1891); »The Congo and the founding of its free state« (1885, 2 Bde.; deutsch, 2. Aufl., das. 1887); »In darkest Africa« (1890, 2 Bde.; deutsch, 5. Aufl., das. 1891); »Emin Pascha and the rebellion at the Equator« (mit Jephson, 1890; deutsch, Leipz. 1891); »My dark companions and their strange stories« (1893); »My early travels and adventures in America and Asia« (1895, 2 Bde.); »Through South Africa« (1898). Vgl. Rowlands,Henry M. S., record of his life (Lond. 1872); Little, H. M. S., life, travels, and explorations (das. 1890); H. Jaeger, Die Stanleysche Expedition und ihre Auftraggeber (Hannov. 1891); G. Lindau, Stanleys sämtliche Reisen in Afrika für weitere Kreise bearbeitet (Berl. 1891); P. Reichard, Stanley (das. 1896); J. Jôubert, S. le roi des explorateurs (Antwerp. 1905).

3) Edward George, Lord, Sohn Frederick Arthur Stanleys, Grafen Derby (s. d. 3, S. 654), geb. 1865, trat 1885 als Leutnant in die Armee, war 1888–90 Adjutant seines Vaters als Generalgouverneurs von Kanada und saß 1892–1905 im Unterhaus. Er wurde 1895 zum Lord des Schatzamtes ernannt und fungierte 1899 in Südafrika als Zensor der Presse und Privatsekretär des Oberbefehlshabers Lord Roberts. Im November 1900 wurde er zum Finanzsekretär des Kriegsministeriums ernannt und war 5. Okt. 1903 bis Dezember 1905 Generalpostmeister.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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