- Karawane
Karawane (v. pers. karwân, kerwân, eigentlich kâr-bân, »Handelsschutz«), Benennung der Reisegesellschaften im Orient, wo die Unsicherheit das Alleinreisen unmöglich macht. Die Karawanen sind zumeist Handelskarawanen (s. Karawanenhandel); in den Pilgerkarawanen ziehen die Gläubigen aus allen Teilen der islamischen Welt nach Mekka, Kerbela und andern berühmten Wallfahrtsorten. An der Spitze der K. befindet sich der Kerwan-Baschi (Karawanenoberhaupt), in einigen Ländern vom Fürsten dazu ernannt und sogar mit dem jus gladii bekleidet. Karawanenstraße nennt man jeden sichern Handelsweg. Karawansereien sind die öffentlichen Gebäude in den Städten und an der Handelsstraße, in denen jene Reisegesellschaften mit ihren Pferden und Kamelen Unterkunft finden. In Städten bestehen sie zumeist aus viereckigen, oft mit Pracht aufgeführten, ein oder zwei Stock hohen Gebäuden, deren Zimmer in den obern Stockwerken auf rund um einen Hof laufende Galerien sich öffnen. In diesen Zimmern wohnen die Kaufleute mit ihrer Ware, während das Erdgeschoß und die Kellerräume von den Tieren eingenommen werden. In der Mitte einer derartigen Herberge befindet sich meist ein Wasserbassin zum Tränken der Tiere und zu den Waschungen vor dem Gebet. Die Karawansereien, in der Türkei gewöhnlich Chane (s. Chan) genannt, sind zumeist fromme Stiftungen reicher Kaufleute, hoher Würdenträger und fürstlicher Personen. In der Türkei haben sich in der Errichtung solcher Gebäude besonders hervorgetan: Sultan Murad I., Mohammed II., Soliman der Prächtige und Achmed IV.; in Persien Schah Abbas II. und dessen Mutter, in Mittelasien Abdullah Chan Scheibani. Vgl. Vambéry, Sittenbilder aus dem Morgenland (Berl. 1876).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.