Siegmund

Siegmund

Siegmund (Sigmund, Sigismund), 1) römischer Kaiser, zweiter Sohn Kaiser Karls IV. von dessen vierter Gemahlin, Elisabeth von Pommern, geb. 15. Febr. 1368, gest. 9. Dez. 1437 in Znaim, erhielt 1378 die Mark Brandenburg. Seine Verlobung (1379) mit Maria, der Erbtochter Ludwigs d. Gr. von Ungarn und Polen, verschaffte ihm nur die Erbfolge in Ungarn, denn die Polen erkannten ihn nach Ludwigs Tode (1382) nicht als König an. Ludwigs Witwe Elisabeth zögerte auch mit der Vermählung Marias mit S. und gab erst ihre Zustimmung, als 1385 Karl von Durazzo Ungarn an sich zu reißen drohte, um Siegmunds Hilfe zu gewinnen, der, um die Mittel zum Feldzug zu beschaffen, die Marken verpfändete. Nach Karls (1386) und Elisabeths (1387) Ermordung ward S. als König anerkannt und gekrönt, hatte aber nach Marias Tode (1395) von neuem mit Empörungen zu kämpfen, die er blutig unterdrückte, und ward zeitweise von den Großen in Hast gehalten. 4396 an der Spitze eines Kreuzheeres gegen die Türken bei Nikopoli (28. Sept.) geschlagen und nur mit Mühe persönlich gerettet, war er 1402–04 Verweser von Böhmen für seinen Bruder Wenzel. In Ungarn, wo er 1403 seine Herrschaft wieder hergestellt hatte, sorgte er für eine neue Verwaltung. stellte den Frieden im Innern her, eroberte Bosnien und Dalmatien und unterwarf Serbien. Nach dem Tode Kaiser Ruprechts von der Pfalz (1410) bewarb er sich um die Kaiserkrone, erhielt nach dem Tode seines Nebenbuhlers Jabst von Mähren (17. Jan. 1411) auch die übrigen Stimmen und ward, nachdem er Wenzel zum Verzicht bewogen, 21. Juli 1411 endgültig gewählt. Als König von Ungarn 1411–13 in einen Krieg mit Venedig verwickelt, erschien er erst 1414 in Deutschland und wurde 8. Nov. zu Aachen gekrönt. Zur Beseitigung der Kirchenspaltung veranstaltete er das Konstanzer Konzil (s. d.), auf dem er als Haupt der Christenheit, namentlich im Anfang, eine höchst einflußreiche Rolle spielte. Er setzte den Verzicht des Papstes Johann XXIII. und, als dieser floh, seine Absetzung durch, demütigte dessen Bundesgenossen Friedrich von Österreich und unterstützte die Reformbestrebungen der Konzilsmehrheit. Auf dem gleichzeitig 1415 versammelten Reichstag verlieh er Brandenburg dem Burggrafen Friedrich von Nürnberg, der es leit 1411 als Statthalter verwaltet hatte; die feierliche Belehnung folgte 1417. Um die spanischen Könige für den Anschluß an das Konzil zu gewinnen und zwischen Frankreich und England Frieden zu stiften, unternahm er 1415–17 eine lange Reise nach Südfrankreich, Burgund und England, erreichte aber nur den ersten Zweck. Während seiner Abwesenheit gewann die papistische Partei auf dem Konzil so die Oberhand, daß er, zurückgekehrt, die Wahl eines neuen Papstes vor der Reform der Kirche nicht hindern konnte. Auch die erstrebte Reichsreform scheiterte. Die Erhebung der Hussiten (s. d.) nach Wenzels Tod 1419 verwickelte ihn in einen langen, aufreibenden und unglücklichen Krieg, der ihn an der Vollendung seiner Pläne hinderte. 1423 belehnte er Friedrich den Streitbaren von Meißen mit Sachsen. Noch während des Hussitenkrieges zog er 1431 nach Italien, ward 25. Nov. d. J. in Mailand mit der lombardischen, 31. Mai 1433 in Rom mit der Kaiserkrone gekrönt, stiftete darauf zwischen dem Papst und dem Baseler Konzil einen kurzen Frieden und erlangte 1436 kurz vor seinem Tod endlich auch seine Anerkennung als König von Böhmen. Er war in zweiter Ehe mit Barbara von Cilli vermählt und hatte von dieser eine Tochter, Elisabeth. Sein Äußeres zeigte Majestät, verbunden mit Anmut. Er redete sechs Sprachen, war leutselig, ritterlichen Sinnes und freigebig, hatte Verständnis für die Aufgaben seiner Stellung, entbehrte aber durchaus der Beharrlichkeit. In den wichtigsten Augenblicken vergaß er seine Pflicht und in seiner steten Geldverlegenheit verschmähte er die niedrigsten Mittel nicht, um sich seinen Verpflichtungen zu entziehen oder seine Kasse wieder zu sullen. Mit ihm erlosch das Haus der Luxemburger. Erbe der Länder Siegmunds sowie der Kaiserwürde war sein Schwiegersohn Albrecht, Erzherzog von Österreich, als Kaiser Albrecht II. Vgl. als gleichzeitige Quelle: »Das Leben König Siegmunds« von E. Windecke (hrsg. von Altmann, Berl. 1893; übersetzt von Hagen, Leipz. 1886); ferner: Aschbach, Geschichte Kaiser Siegmunds (Hamb. 1838–45, 4 Bde.); Bezold, König S. und die Reichskriege gegen die Hussiten (Münch. 1872–77, 3 Bde.); Schroller, Die Wahl Siegmunds zum römischen König (Bresl. 1875); Quidde, Die Wahl Siegmunds (Götting. 1881); Wendt, Der deutsche Reichstag unter König S. (Bresl. 1889); Lenz, König S. und Heinrich V. von England (Berl. 1874); Finke, König Siegmunds reichsstädtische Politik 1410–1418 (Bocholt 1880); Goeller, König Sigismunds Kirchenpolitik 1404–1413 (Freiburg 1902); Beckmann, Der Kampf Kaiser Siegmunds gegen die werdende Weltmacht der Osmanen 1392–1437 (Gotha 1902); Brandenburg, König S. und Kurfürst Friedrich I. von Brandenburg (Berl. 1891); »Deutsche Reichstagsakten« (Bd. 7–12, hrsg. von Kerler, Herre und Beckmann, Gotha 1878–1901); »Regesta Imperii« XI. (hrsg. von Altmann, Innsbr. 1896). – Im Volke wurde S. als Förderer der Reichsreform betrachtet, und dies kommt in dem Titel der anonymen Reformschrift »Reformation des Kaisers S.« (hrsg. von Böhm, Leipz. 1875), die aber mit seiner Person nicht das mindeste zu tun hat, zum Ausdruck. Diese Schrift, spätestens 1439 vollendet, hat wahrscheinlich den Augsburger Stadtschreiber Valentin Eber, nicht, wie man früher annahm, einen Geistlichen zum Verfasser; sie zerfällt in die Reformation des geistlichen Standes und die des weltlichen Standes und zeichnet sich durch eine mönchsfeindliche Tendenz aus, während das Programm der Reichsreform in einem den Reichsstädten förderlichen Sinn entwickelt wird.

[Könige von Polen.] 2) S. (Zygmunt) I., der Alte oder der Große, aus dem Jagellonischen Hause, jüngster Sohn Kasimirs IV., geb. 1466, gest. 1. April 1548, folgte seinem Bruder Alexander (1506) auf dem Thron von Polen und Litauen. Er löste viele der verpfändeten königlichen Einkünfte und Güter wieder ein, führte mit den Russen 1508 erfolgreich Krieg, besiegte eine Empörung der Walachen (1509) sowie die Tataren (1512) und (1514) nochmals die Russen bei Beresow, verlor aber 1519 eine Schlacht gegen die Tataren. Die Russen und der Hochmeister Albrecht von Brandenburg erhoben daher zugleich die Waffen gegen Polen. Der Krieg endete mit dem Vertrage zu Krakau (8. April 1525), wo Albrecht Ostpreußen als der Krone Polen lehnspflichtiges, erbliches Herzogtum empfing. Mit den Russen schloß S. einen Waffenstillstand; ein Bündnis mit der Pforte nötigte die Tataren, Frieden zu halten. 1525 fiel Masowien nach dem Erlöschen des piastischen Stammes an die Krone zurück. 1533 ward der Krieg mit Rußland erneuert, und S. siegte 1534 bei Starodup. Für Ackerbau, Gewerbe und die Wissenschaften tat S. viel. In erster Ehe mit Barbara Zápolya vermählt, ehelichte er nach deren Tode 1518 Bona Sforza, die ihm außer S. II. 1519 eine Tochter Isabella gebar, die 1540–59 Ungarn beherrschte.

3) S. II. August, der letzte Jagellone, Sohn des vorigen, geb. 1. Aug. 1520, gest. 14. Juli 1572, wurde 18. Okt. 1529 zum Großfürsten von Litauen und 18. Dez. zum künftigen König von Polen erwählt. 1544 übernahm er die Regierung von Litauen. Nach dem Tode seiner ersten Gemahlin, Isabella von Österreich. heiratete er insgeheim 1546 Barbara Radziwill, die Witwe des Woiwoden von Trocki. Daher rief ihn der Vater nach Polen zurück und überließ ihm 1547 Masowien und 1548 Westpreußen. Am 1. April 1548 ward er König von Polen und erwirkte die Krönung seiner Gemahlin. Unter ihm drang die Reformation in Polen ein. Der Landmeister des Deutschen Ordens, Gotthard Kettler, nahm von ihm Kurland als Herzogtum zu Lehen, während Livland polnische Provinz wurde. Zur Abwehr der Einfälle der Russen und Tataren errichtete S. 1561 einen stehenden Truppenkordon, wegen der Besoldung aus einem Viertel der königlichen Einkünfte Quartianer genannt. Doch nahm Zar Iwan Wasiljewitsch 15. Febr. 1563 Polozk und erzwang 1568 einen Waffenstillstand. Um sich von seiner kinderlosen Gemahl in zu scheiden, schmeichelte S. den Katholiken, nahm 1564 die Beschlüsse des Tridentinischen Konzils an und vertrieb die Socinianer. Er heiratete in dritter Ehe die verwitwete Herzogin Katharina von Mantua, erhielt aber keine Erben. Unter S. wurde auf dem Reichstag zu Lublin 1569 Litauen völlig mit Polen vereinigt.

4) S. III., Sohn des Königs Johann III. von Schweden und der polnischen Prinzessin Katharina, einer Schwester Siegmunds II. August, geb. 20. Juni 1566 im Gefängnis zu Gripsholm, gest. 30. April 1632 in Warschau, wurde katholisch erzogen und nach dem Tode Stephan Báthoris durch den Einfluß der Zamojskis zum König von Polen erwählt (19. Aug. 1587) und in Krakau gekrönt (27. Dez.). Er beschränkte bald die Gewalt des Kronfeldherrn Zamojski. Eidbrüchig. verfolgte er die Protestanten. Durch den Tod seines Vaters (19. Okt. 1592) erbte er Schweden und ward 19. Febr. 1594 dort gekrönt. In Polen machte er sich durch Neigung zu deutschen Sitten verhaßt, während in Schweden sich der Statthalter Herzog Karl von Södermanland Eingriffe in die königlichen Rechte erlaubte. Daher zog S. 1598 zum zweitenmal nach Schweden, wurde aber von Karl bei Stängebrog geschlagen und kehrte unverrichteter Sache zurück, worauf Karl (IX.) 1604 zum König von Schweden erwählt wurde. Daraus entstand ein Krieg, in dem Gustav Adolf, der Sohn und Nachfolger Karls, Livland (1629) von Polen erwarb. In Polen zeigte sich S. eigenmächtig gegen die Großen, was 1606 einen gefährlichen Aufruhr erregte; doch rettete ihm der Feldherr Chodkjewiez die Krone. S. unterstützte die beiden falschen Demetrius (s. d. 5); doch erreichte er die Vereinigung Rußlands mit Polen nicht. S. war in erster Ehe mit Anna von Österreich, in zweiter mit deren Schwester Konstanze vermählt.

5) König der Burgunder, s. Gundobad.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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