Gerlach

Gerlach

Gerlach, 1) Leopold von, preuß. General, geb. 17. Sept. 1790 in Berlin, gest. 10. Jan. 1861, trat 1806 in die Armee, widmete sich dann dem Rechtsstudium, ward 1813 von neuem Soldat und nahm 1813 und 1814 im Gefolge Blüchers und 1815 im Generalstab an den Befreiungskriegen teil, wurde 1826 Adjutant des Prinzen Wilhelm von Preußen (Kaiser Wilhelm I.), trat damals auch in ein näheres Verhältnis zum Kronprinzen, dessen pietistische und konterrevolutionäre Ansichten er teilte, und ward 1838 Oberst und Chef des Generalstabs des 3. Armeekorps. Seit 1849 Generalleutnant und Generaladjutant des Königs, wirkte er als Haupt einer Kamarilla im Sinne kirchlicher und politischer Reaktion im Innern und der Unterordnung Preußens unter russischen Einfluß Seit 1859 war er General der Infanterie. Vgl »Denkwürdigkeiten aus dem Leben Leopolds v. G.« (hrsg. von seiner Tochter, Berl. 1891–92, 2 Bde.). »Briefwechsel des Generals L. v. G. mit dem Bundestagsgesandten Otto von Bismarck« (3. Aufl., das. 1893) und »Bismarcks Briefe an den General Leopold v. G.« (hrsg. von Kohl, Stuttg. 1896).

2) Franz Dorotheus, Philolog und Geschichtsforscher, geb. 18. Juli 1793 zu Wolfsbehringen im Gothaischen, gest. 31. Okt. 1876 in Basel, studierte Theologie und Philologie, ward Kollaborator am Gymnasium in Göttingen, 1817 Lehrer an der Kantonsschule zu Aarau und 1820 Professor an der Universität Basel. Seit 1835 zugleich Mitglied des Erziehungsrates, trat er 1875 in den Ruhestand. Unter seinen philologisch-kritischen Arbeiten sind die Ausgaben des Sallust mit Kommentar (Basel 1823–31, 3 Bde.; das. 1852, 2 Bde.; 1870, 1. Bd.), der »Germania« des Tacitus (das. 1835), der eine Übersetzung mit Kommentar (das. 1837) folgte, und die unter Mitwirkung Roths bearbeitete kritische Ausgabe des Nonius Marcellus (das. 1842) zu nennen. Von historischen Arbeiten veröffentlichte er außer dem mit Hottinger und Wackernagel unternommenen »Schweizerischen Museum für historische Wissenschaften« (Frauenfeld 1837–39, 3 Bde.) noch: »Historische Studien« (Bd. 1, Gotha 1841; Bd. 2 u. 3, Basel 1847–63), »Die Geschichte der Römer« (mit Bachofen, das. 1851, nur Bd. 1), »Die Geschichtschreiber der Römer bis auf Orosius« (Stuttg. 1855) sowie namentlich Biographien berühmter Römer (des ältern Scipio, Marius, Sulla, Cicero, des jüngern Cato), hielt aber an der Tradition in bezug auf die ältere römische Geschichte fest.

3) Ernst Ludwig von, preuß. Politiker, Bruder von G. 1), geb. 7. März 1795 in Berlin, gest. 18. Febr. 1877, machte 1813–15 die Kriege gegen Frankreich mit, trat in den Justizdienst, wurde 1823 Oberlandesgerichtsrat in Naumburg, 1829 Land- und Stadtgerichtsdirektor in Halle und 1835 Vizepräsident des Oberlandesgerichts in Frankfurt a. O., 1842 Geheimer Oberjustizrat, bald darauf Mitglied des Staatsrates und der Gesetzgebungskommission und 1844 Chefpräsident des Oberlandesgerichts zu Magdeburg. Bereits in Frankfurt war er Mitglied des Klubs in der Wilhelmsstraße, der sich die Rekonstruierung des christlich-germanischen Staates als Aufgabe gesetzt hatte, und Mitarbeiter des »Politischen Wochenblattes«, gründete 1849 mit andern die »Neue Preußische Zeitung« (»Kreuzzeitung«), deren Redaktion sein Verwandter Wagener übernahm, und schrieb für die monatliche oder vierteljährliche »Rundschau«, worin er eine pikante Übersicht über die Zeitereignisse im Sinne der ultrakonservativen, feudalen Richtung zu geben pflegte. Als Mitglied der Ersten Kammer seit 1849 zur äußersten Rechten haltend, führte er einen beharrlichen Kampf gegen den Konstitutionalismus und für die Herstellung mittelalterlicher Adelsprärogativen, war 1850 Mitglied des Erfurter Parlaments sowie 1851 und 1852–58 wieder Mitglied der Ersten Kammer. Beim Beginn der Regentschaft 1858 trat er von der Führung seiner Partei zurück, machte aber als Verfasser der »Rundschau« seine politischen Anschauungen noch immer geltend. Auch den Ereignissen von 1866 gegenüber an seinen legitimistischen Grundsätzen festhaltend,-mißbilligte er die Annexionen und den Ausschluß Österreichs in der Broschüre »Die Annexionen und der Norddeutsche Bund« (Berl. 1866). Im preußischen Landtag seit 1873 einer der heftigsten Gegner der neuen Kirchengesetze, bekämpfte er diese gegen Falk und Bismarck. Noch 1865 zum Wirklichen Geheimen Oberjustizrat befördert, wurde er 1874 wegen einer Flugschrift gegen die Regierung gerichtlich bestraft und erhielt seine Entlassung als Präsident in Magdeburg, wurde aber im Januar 1877 mit Unterstützung der Ultramontanen in Osnabrück zum Reichstagsabgeordneten gewählt. Er starb aber bald in Berlin infolge eines Unglücksfalles. Vgl. »Ernst Ludwig v. G. Aufzeichnungen aus seinem Leben und Wirken« (hrsg. von Jak. v. G., Schwerin 1903, 2 Bde.).

4) Otto von, theolog. Schriftsteller, jüngerer Bruder des vorigen, geb. 12. April 1801, gest. 24. Okt. 1849, wurde 1834 Prediger an der Elisabethkirche in Berlin, 1847 Hof- und Domprediger und Konsistorialrat, 1849 Honorarprofessor an der Universität. Unter seinen Schriften sind die Auswahl aus »Luthers Werken« (Berl. 1840–48, 24 Bde.), mit historischen Einleitungen, Anmerkungen und Registern, und »Die Heilige Schrift nach Luthers Übersetzung, mit Einleitungen und erklärenden Anmerkungen« (6. u. 8. Aufl., zuletzt Leipz. 1893, 6 Bde.), viel gebraucht. Im Auftrag Friedrich Wilhelms IV. studierte er in England die kirchlichen Einrichtungen, worüber er in den Schriften: »Über den religiösen Zustand der anglikanischen Kirche 1842« (Potsd. 1845) und »Die kirchliche Armenpflege, nach Chalmers« (das. 1847) Bericht erstattete. Seine »Predigten« erschienen Berlin 1850. Auch übersetzte G. mehrere Schriften Baxters. 5) Andreas Christian, Tierarzt, geb. 15. Mai 1811 in Wedderstedt bei Quedlinburg, gest. 29. Aug. 1877 in Berlin, studierte 1830–33 in Berlin, wurde 1845 Kreistierarzt in Halberstadt, 1846 Repetitor an der Tierarzneischule zu Berlin, 1848 Lehrer an derselben, 1859 Professor und Direktor der Tierarzneischule zu Hannover und 1870 Direktor der Tierarzneischule in Berlin, 1873 ordentliches Mitglied des Landesökonomiekollegiums und 1875 Mitglied der technischen Deputation für das Veterinärwesen. G. erwarb sich große organisatorische Verdienste um das Tierarzneischulwesen, er erlangte eine erhöhte Vorbildung der Studierenden und erweiterte den Unterricht besonders in der pathologischen Anatomie, Physiologie und Histologie. Auch lieferte er wichtige Arbeiten über Seuchen (Rinderpest), Parasiten (Trichinen) etc. und lenkte die Aufmerksamkeit auf die Untersuchung des Fleisches. Er schrieb: »Lehrbuch der allgemeinen Therapie der Haustiere« (Berl. 1853; 2. Aufl., das. 1868); »Krätze und Räude« (das. 1857); »Die Flechte des Rindes« (das. 1857); »Gerichtliche Tierheilkunde« (das. 1861, 2. Aufl. 1872); »Die Trichinen« (das. 1866); »Die Rinderpest« (das. 1867); »Maßregeln zur Verhütung der Rinderpest« (Halle 1872, 2. Aufl. 1875); »Die Fleischkost des Menschen« (Berl. 1875); in Gemeinschaft mit Leisering »Mitteilungen aus der tierärztlichen Praxis im preußischen Staat« (das. 1854–59). Als Fortsetzung des »Magazins für Tierheilkunde« gab er das »Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde« heraus. 1890 wurde ihm ein Erzstandbild in Berlin errichtet.


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