Zweikampf

Zweikampf

Zweikampf (Kampfgericht, Duell, lat. Duellum, von duo, zwei), der zwischen zwei Personen nach herkömmlichen Regeln verabredete Kampf mit gleichen tödlichen Waffen zur Austragung eines Ehrenhandels. Derjenige der beiden Duellanten, der dem andern den Z. anträgt oder antragen läßt, ihn herausfordert oder herausfordern läßt, mit ihm »kontrahiert«, heißt der Herausforderer (Provokant); derjenige, der zum Z. aufgefordert wird, der Geforderte (Provokat). Nebenpersonen sind: die beiden Sekundanten, welche die Vermittler zwischen den Gegnern machen, die Wahl und Gleichheit der Waffen, Zeit und Ort des Duells verabreden, auf dem Kampfplatz den Raum, auf dem gekämpft werden soll (Mensur), bestimmen und darauf sehen, daß der Z. in der gehörigen Weise geschieht. Dazu kommen noch, wenigstens beim Studentenduell (s. Mensur), der Kartellträger, d. h. die Mittelsperson, welche die Ausforderung bewirkt, die Zeugen, welche die Waffen vor Beginn des Duells und zwischen den einzelnen Gängen halten und in den gehörigen Stand setzen, auch das Sitzen eines Hiebes oder Stoßes, oder das Geschehen eines Nachstoßes bezeugen u. dgl., und der Schiedszeuge oder Unparteiische, der dabei über etwaige Streitigkeiten entscheidet. Ein Arzt (in der Studentensprache »Paukdoktor« genannt) ist gewöhnlich anwesend, um die nötige ärztliche Hilfe zu leisten. Das Duell auf den Hieb geschieht bei Studenten mit Schlägern (s. Schlägermensur) oder Säbeln, bei Offizieren mit der bei ihrer Truppe üblichen Waffe. Die Sekundanten stehen dabei zur linken Seite ihrer Freunde und sind mit der gleichen Waffe wie die Duellanten versehen, mit denen sie nach manchen Duellherkommen gefährliche Hiebe nach der linken Seite des Freundes parieren können. Der Z. auf den Stich erfolgt in der Regel mit dreischneidigem Stoßdegen (Florett, Rapier), bei geschärftem Grad mit sogen. Parisiens mit kleinern Stichblättern. Der Z. auf den Schuß geschieht mit Pistolen und entweder a tempo, d. h. so, daß die Duellanten, auf der gewöhnlich 15 Schritt betragenden Mensur stehend, nach dem Kommando eines der Sekundanten gleichzeitig schießen, oder nach Ziel, wobei der Geforderte den ersten Schuß hat, dann aber einige Minuten auf der Mensur so lange bleiben muß, bis der andre geschossen hat. Beim »Schießen über den Mantel oder das Tuch« (Schnupftuch) wird die Mensur durch die gegenüberstehenden Zipfel eines Mantels oder Tuches bestimmt. Die Barrieren beim Schießen über den Mantel oder das Tuch (Schießen mit Avancieren) werden so gemacht, daß, wenn jeder Duellant an der seinigen steht, beide 5 Schritt voneinander entfernt sind. Beim Z. mit Pistolen sehen die Sekundanten darauf, daß ordentlich geladen wird; zum Schießen kommandiert der Sekundant des Beleidigten durch ein Zeichen oder durch Worte. Beim »Schießen aus dem Sack« sind beide Pistolen in einem Sack, jedoch nur eine geladen. Der Fordernde zieht eine davon zuerst, und beide drücken zugleich los. Das sogen. amerikanische Duell besteht darin, daß die beiden Gegner durch das Los bestimmen, wem von ihnen die Ehrenverpflichtung zufällt, sich binnen einer bestimmten Frist selbst zu töten. Es ist also kein Z. und daher auch nicht nach den über den Z. bestehenden Rechtsvorschriften zu behandeln (vgl. Berger, Das amerikanische Duell, Leipz. 1892). Gewöhnlich bestimmt der Fordernde die Waffe, muß aber auch gefährlichere Waffen annehmen. Nach dem Z. hat der Fordernde zu erklären, ob seine Ehre gesühnt sei und das Duell aufhören soll (Satisfaktion nehmen).

Der Z. war schon dem Altertum nicht fremd. Es treten uns z. B. Fälle entgegen, in denen langwierige Kriege, entscheidungslos hin und her schwankende Schlachten etc. durch ein Einzelgefecht der Feldherren beendet wurden. Von einem Z. im heutigen Sinne, d. h. als Mittel, eine Privatbeleidigung oder Ehrenverletzung auszugleichen, wußten aber die alten Völker nichts. Als solches wurzelt das Duell geschichtlich in dem germanischen Gottesurteil des gerichtlichen Zweikampfes (s. Ordalien). Freilich zeigte der mittelalterliche Z. noch nicht alle ausgebildeten Formen des spätern Duells, die sich erst in Spanien entwickelten; aber den Ordalien, Fehden, Rencontres lag bereits das Prinzip zugrunde, sich eine persönliche Genugtuung für eine erlittene Rechtsverletzung zu verschaffen. Dem Umstande, daß gewisse Klassen der bürgerlichen Gesellschaft (Adel, Offiziere, höhere Beamte, Studenten) eine besondere Standesehre für sich in Anspruch nehmen, ist es zuzuschreiben, daß sich die Sitte, nach andern die Unsitte, des Zweikampfes bis auf die Gegenwart erhalten hat. Zur Wahrung dieser Standesehre in den Augen der Standesgenossen ist die Forderung persönlicher Genugtuung notwendig, wofern diese besondere Ehre angetastet wird. Auf-diese tief eingewurzelte Anschauungsweise nimmt die Gesetzgebung Rücksicht, indem sie auf die vollendete oder versuchte Tötung oder Körperverletzung im Z. nicht die allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen anwendet, vielmehr das Duell wesentlich aus dem Gesichtspunkt eines eigenmächtigen Eingriffs in die staatliche Rechtsordnung straft. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (§ 201 ff.) unterscheidet zwischen einfachem und schwerem Z. Das einfache (regelrechte) Duell ist mit Beginn des Kampfes vollendet und wird ohne Rücksicht auf einen Erfolg mit Festungshaft von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Eine bei regelrechtem Z. zugefügte Körperverletzung wird nicht besonders bestraft; die Tötung des Gegners dagegen ist mit Festungshaft nicht unter drei, bez. nicht unter zwei Jahren bedroht, je nachdem vereinbart war oder nicht, daß das Duell den Tod des einen von beiden Duellanten herbeiführen solle. Beim schweren Z., d. h. wenn das Duell ohne Sekundanten stattgefunden hat, kann die vereinbarte Strafe um die Hälfte, jedoch nicht über zehn Jahre erhöht werden. Wenn die Tötung oder eine Körperverletzung mittels vorsätzlicher Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten Kampfregeln bewirkt worden ist, so greifen die allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tötung oder Körperverletzung Platz. Hinsichtlich der mitwirkenden Personen gelten zwar die allgemeinen Bestimmungen über Mittäter, Anstifter und Gehilfen; es sind jedoch die Sekundanten, die zugezogenen Zeugen, Ärzte und Wundärzte straflos, ebenso die Kartellträger, wenn sie ernstlich bemüht waren, den Z. zu verhindern. Wer einen andern zum Z. mit einem Dritten absichtlich, insonderheit durch Bezeigung oder Androhung von Verachtung anreizt, wird, falls das Duell stattgefunden hat, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Auch die Herausforderung zum Z. mit tödlichen Waffen sowie die Annahme einer solchen Herausforderung ist mit Strafe, und zwar mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bedroht, die bis zu drei Jahren steigen kann, wenn bei der Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Teilen das Leben verlieren soll, entweder ausgesprochen ist, oder aus der gewählten Art des Duells erhellt. Die Kartellträger, sofern sie nicht, wie oben erwähnt, bemüht waren, den Z. zu verhindern, werden mit Festung bis zu sechs Monaten bestraft. Wird das Duell vor Beginn freiwillig aufgegeben, so fällt die Strafe der Herausforderung, der Annahme derselben und die der Kartellträger weg. Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (§ 158 ff.) wird der Z. in dem Falle, daß keine Verwundung stattgefunden hat, mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahr, im Falle einer Verwundung mit Kerker von 1–5, bei sehr schwerer Verletzung mit schwerem Kerker von 5–10 und im Falle des Todes von 10–20 Jahren bestraft. Das deutsche Militärstrafgesetzbuch (§ 112) enthält bezüglich des Zweikampfes nur die Bestimmung, daß derjenige, der einen Vorgesetzten oder einen im Dienstrang Höhern aus dienstlicher Veranlassung zum Z. herausfordert, mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr und, wenn der Z. vollzogen wird, nicht unter drei Jahren bestraft werden soll. Zugleich ist auf Dienstentlassung zu erkennen. Den Vorgesetzten, der die Herausforderung annimmt oder den Z. vollzieht, treffen dieselben Strafen. Im übrigen gelten in dieser Hinsicht für Militärs die Vorschriften des allgemeinen Strafgesetzbuches. Hiernach sind also auch die Duelle der Offiziere strafbar, womit allerdings die in der deutschen Armee herrschende Auffassung, daß trotz der Ehrengerichte (s. d.) ein Z. unter Umständen für den Offizier aus dienstlichen Rücksichten geboten, und daß eine Ablehnung des Duells die Entlassung aus der Armee nach sich ziehen müsse, im Widerspruch steht. In der englischen Armee ist der Z. namentlich auf Betreiben des Prinzen Albert und des Herzogs von Wellington abgeschafft worden. Die Studentenpaukereien, bei denen gewisse Schutzvorrichtungen bestehen, wurden früher auf den deutschen Universitäten nur im Disziplinarweg geahndet. Das Reichsgericht hat jedoch auf Studentenmensuren mit scharfen Waffen die Vorschriften des Strafgesetzbuches für anwendbar erklärt. Die katholische Kirche bestraft alle Teilnehmer, auch die bloße Forderung, mit Exkommunikation und versagt dem im Z. Gefallenen das kirchliche Begräbnis. In der evangelischen Kirche fehlt es zumeist an einer landeskirchlichen Ordnung; vielfach findet nur ein stilles Begräbnis statt. Vgl. »Verhandlungen der 4. ordentlichen Generalsynode der evangelischen Landeskirche Preußens von 1897«, S. 431,1245 (Berl. 1898). Zur Verminderung und schließlichen Abschaffung hat sich eine Antiduell-Liga gegründet, die durch Verbesserung der Gesetze dieses Ziel zu erreichen sucht. Vgl. »Die konventionellen Gebräuche beim Z.« (4. Aufl., Berl. 1890); Hergsell, Duellkodex (2. Aufl., Wien 1897); Bolgar, Die Regeln des Duells (7. Aufl., das. 1903); Kufahl und Schmied-Kowarzik, Duellbuch; Geschichte des Zweikampfes etc. (Leipz. 1896); Blasel, Die Regeln des Zweikampfes (Wien 1901); Gneist, Der Z. und die germanische Ehre (Berl. 1848); v. Below, Das Duell und der germanische Ehrbegriff (Kassel 1896) und Das Duell in Deutschland. Geschichte und Gegenwart (2. Aufl., das. 1897), dagegen Geffcken, Fehde und Duell (Leipz. 1899); v. Boguslawski, Die Ehre und das Duell (2. Aufl., Berl. 1897) und Die Antiduellbewegung (das. 1902); Vorberg, Der Z. in Frankreich (Leipz. 1899) und Der Z. in dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (das. 1902); Liepmann, Duell und Ehre (Berl. 1904); Binding, Der Z. und das Gesetz (Leipz. 1905); Coulin, Der gerichtliche Z. im altfranzösischen Prozeß (Berl. 1906); Fehr, Der Z. (das. 1908); Kohut, Buch berühmter Duelle (2. Aufl., das. 1891); Levi und Galli, Bibliografia del duello (Mail. 1903).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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