Zeugdruckerei

Zeugdruckerei

Zeugdruckerei (Stoffdruckerei), die Kunst, farbige Muster auf Geweben nach den Prinzipien der Färberei durch Druck zu erzeugen (örtliche, topische Färberei). Zum Auftragen der Farben oder Beizen diente ursprünglich ein viereckiger Holzblock (Klotzdruck, Modeldruck). Man schneidet das Muster direkt in das harte Holz oder gibt die Umrisse der Figuren, da das Holz sich leicht abnutzt, durch eingeschlagene Drahtstifte und Blechstreifen an und füllt die Flächen zwischen den Konturen, die Farbe annehmen sollen, mit Filz oder Tuch aus. Häufig arbeitet man auch mit einem Abguß des Holzschnitts in Stereotypmetall. Das Gewebe wird auf einem mit Tuch überzogenen Tisch ausgebreitet, die Druckform mit Farbe versehen und dann auf das Zeug gebracht. Ein Schlag mit einem hölzernen Hammer auf die Rückseite des Blockes treibt die Farbe auf das Zeug. Eine Nachahmung der Handarbeit ist die Perrotine (benannt nach ihrem Erfinder), eine Druckmaschine, die mit flachen hölzernen Formen arbeitet, auf denen das Muster durch hervorragende Messingfiguren gebildet ist. Für jede Farbe ist eine Form vorhanden, und alle Formen drucken gleichzeitig. Das Zeug (meist Kattun, daher Kattundruckerei) ist auf einem gepolsterten Tisch ausgespannt, nach jedem Druck gehen die Formen zurück, werden mit Farbe versehen etc., während das Gewebe jedesmal um die Breite einer Form vorrückt. Statt des Holzblockes benutzt man auch hölzerne Walzen (Plombinen) mit erhabenen Mustern, welche die Farben von einem Tuch aufnehmen, durch Maschinen in Bewegung gesetzt werden und daher viel schneller als der Handdruck arbeiten. Gegenwärtig benutzt man fast nur die Walzendruckmaschine, in deren kupferne Walzen das Muster eingepreßt ist. Die Walzen werden durch andre, tuchüberzogene Walzen mit Farbe gespeist und durch elastische Stahlschneiden (Abstreichmesser) von aller an der Oberfläche haftenden Farbe befreit, so daß nur die in den das Muster bildenden Vertiefungen haftende Farbe durch starken Druck auf das Zeug übertragen wird. Man baut derartige Maschinen, die 3, 4, aber auch 20 Farben mit ebenso vielen Walzen drucken (Drei-, Vierfarbendruckmaschine etc.). Die auszudruckenden Farben und Beizen müssen eine gewisse Konsistenz besitzen, damit sie an der Form hinreichend haften und auf dem Gewebe nicht verlaufen, und werden deshalb mit Mehl, Stärkemehl, Dextrin, Gummi, Tragant, Salep, Leim, Pfeifenerde, schwefelsaurem Blei etc. versetzt. Im einfachsten Falle befestigt man Körperfarben, wie Ultramarin, Chromgelb, Chromgrün, Scherwolle. Metallpulver etc., mit einem Bindemittel, wie Eiweiß, Firnis etc., mechanisch auf der Faser. Bei Anwendung von Eiweiß wird das bedruckte Gewebe gedämpft, um das Eiweiß zum Gerinnen zu bringen und dadurch zu fixieren. Beim Argentindruck wird seines Zinnpulver mit ammoniakalischer Kaseinlösung ausgedruckt und nach dem Trocknen das graue Metallpulver auf der Glättmaschine mit silberähnlichem Glanz versehen. Die Körperfarben gehören zu den Tafel- oder Applikationsfarben (topischen Farben), die fertig gebildet auf das Zeug gedruckt werden (Tafeldruck). Lösliche Körperfarben werden auf der Faser unlöslich gemacht, so daß sie wie die ausgedruckten Körperfarben dem Waschen widerstehen. So versetzt man eine Rotholzabkochung mit einem Zinnpräparat, aus dem sich Zinnoxyd abscheidet, das sich auf der Faser fixiert und den Farbstoff aufnimmt. Häufig werden die Zeuge gebeizt, mit verdickten Farben bedruckt und dann gedämpft (Dampffarben), oder man trägt Farbstoff und Beize gemeinschaftlich auf und setzt einen Körper zu, der den Farblack (den der Farbstoff mit der Beize bildet) gelöst enthält oder die Bildung dieses Lackes bis zu der Operation des Dämpfens verhindert. Beim Dämpfen wird die Beize zer setzt, ihre Säure ausgetrieben und der unlösliche Rest auf die Faser fixiert. Bisweilen wird die Fixierung durch einen oxydierend wirkenden Körper (chromsaures Kali etc.) erreicht. Beim Dämpfen hängt man die Gewebe in geschlossenen Räumen so auf, daß sich die bedruckten Stellen nicht berühren, und leitet Hochdruck dampf ein, weil durch feuchten Dampf die Farben zerfließen würden.

Oft bedruckt man die weißen Gewebe mit der Beize, fixiert diese, trocknet und bringt das Gewebe dann in die Farbebrühe. Der Farbstoff schlägt sich nur auf die bedruckten Stellen nieder, während der Grund so wenig Farbe aufnimmt, daß er durch ein Seifen- oder Kleienbad oder durch schwaches Bleichen (Buntbleiche) wieder gereinigt werden kann (Kesselfarben, Krappfarben, Krappdruck). Man kann aber auch das Gewebe auf der Klotz- oder Grundiermaschine völlig mit Beize imprägnieren, trocknen und verschiedene Farben ausdrucken, oder man färbt das ganze Gewebe aus, um einen farbigen Grund zu erhalten, auf dem man durch Ausdrucken von Beizen und Ausfärben oder auf andre Weise Muster erzeugt (Klotzdruck).

Um auf farbigem Grund weiße Muster zu erhalten, bedruckt man das Gewebe vor dem Färben mit Reservagen (Schutz-, Deckpappen), welche die Aufnahme des Farbstoffs hindern. Als Reservagen dienen Wachs-, Harz-, Talg- und Paraffinmischungen, emulsionsähnliche Flüssigkeiten etc. Oder man druckt Kupfervitriol- oder Grünspanlösung mit Pfeifenton und Gummi (Weißpappe) auf und färbt dann in der Indigküpe. Das Indigblau wird nur an den nicht bedruckten Stellen auf der Faser fixiert, und nach dem Auswaschen erscheint das mit dem Kupfersalz gedruckte Muster weiß. Mischt man der Reservage Beize für einen Farbstoff bei, so kann man das Muster, nachdem das Gewebe die Indigküpe passiert hat, z. B. im Krapp- oder Waubad, färben (Lapisdruck). Weiße Muster auf farbigem Grund kann man auch durch Ätzbeizen oder Enlevagen erhalten. Erstere wirken auf die Beizen, letztere auf den Farbstoff. Die Ätzbeizen verbinden sich mit der Base der Beize und lösen sie von der Faser ab. Hierzu eignen sich Weinsäure, Zitronen-, Phosphor-, Arsensäure etc., auch Zinnchlorid und Zinnchlorür. Man druckt sie hinreichend verdickt auf das Gewebe, beizt letzteres auf der Klotzmaschine und färbt es aus. Das mit der Ätzbeize gedruckte Muster bleibt weiß. Als Enlevage benutzt man für Indigo Chromsäure oder Eisenchlorid oder ein Gemenge von rotem Blutlaugensalz mit Ätznatron (Mercers Flüssigkeit), für Türkischrot Chlor. Man bedruckt z. B. die türkischrot gefärbten Gewebe mit Weinsäure und passiert sie dann durch eine Chlorkalklösung. Das an den bedruckten sauren Stellen sich entwickelnde Chlor zerstört den roten Farbstoff. Enthalten die Enlevagen Beizen, so kann man die entfärbten Stellen anderweitig färben. Früher benutzte man zur Erzeugung blauer Figuren auf weißem Grunde den Fayencedruck. Man druckte gemahlenen Indigo mit Eisenvitriol auf das weiße Gewebe und reduzierte den Indigo durch abwechselnde Behandlung mit Eisenvitriollösung und Kalkwasser. Die erhaltene Lösung von Indigweiß dringt in das Gewebe ein, und bei Einwirkung der Luft fixiert sich dann neugebildetes Indigblau auf der Faser. Ähnlich ist das Schilderblau (Kasten-, Pinselblau), zu dessen Erzeugung man eine konzentrierte Küpe aus Auripigment und Ätznatron mit Gummi verdickt ausdruckt. Auf Türkischrot werden weiße Muster auch durch Bandanendruck hervorgebracht. Man legt das Gewebe in 12–14facher Lage zwischen zwei Bleiplatten, die an den dem Muster entsprechenden Stellen durchschnitten sind, preßt die Platten stark gegeneinander und läßt dann eine mit Schwefelsäure angesäuerte Chlorkalklösung hindurchsickern, die sich nur in den den Ausschnitten entsprechenden Bahnen bewegt und hier den Farbstoff zerstört.

Die angegebenen Methoden gelten zunächst für den Kattundruck. Leinendruck hat geringere Bedeutung. Beim Wolldruck werden hauptsächlich Tafel- und Dampffarben angewendet. Bei Golgasdruck wird die Wolle gebeizt und dann, wie beim Bandanendruck, zwischen durchbrochene Platten gebracht. Beim Berilldruck erzeugt man farbige erhabene Muster auf Wolle, indem man mit Stärke verdickte Tafelfarben heiß aufdruckt und das Verdickungsmittel nicht entfernt. Bei Seidendruckerei druckt man Tafelfarben auf, die man durch Dämpfen befestigt, oder man druckt verschiedene Beizen auf und färbt in der Farbebrühe. Beim Mandarinendruck bedruckt man mit Indigo gefärbte Seide mit einer Reservage aus Harz und Fett, taucht sie 2–3 Minuten in Salpetersäure von 50° und wäscht und kocht in einer mit Pottasche versetzten Seifenlösung. Die nicht reservierten Stellen werden durch die Salpetersäure gelb gefärbt.

Bei Anwendung von Teerfarben druckt man auf Kattun die verdickte Beize auf, befestigt sie und färbt aus, oder man klotzt die Beize auf oder mischt sie mit dem Farbstoff, verdickt, druckt die Mischung auf, trocknet und dämpft. Als Beize benutzt man Eiweiß, Kleber und Kaseinpräparate, Leim, gerbsauren Leim, Tannin, fette Öle, Olein- und Palmitinschwefelsäure, Schellacklösung etc. Man fällt auch den Teerfarbstoff mit Gerbsäure, löst den ausgewaschenen Niederschlag in Essigsäure, Alkohol oder Holzgeist, druckt die verdickte Lösung auf das gebeizte Zeug, dämpft und wäscht. Man kann auch mit zinnsaurem Natron beizen, eine mit Gummi verdickte Galläpfelabkochung ausdrucken, dämpfen, die Beize in einem Fixierungsbad befestigen und nun in essigsaurer Lösung des Farbstoffs ausfärben. Schließlich gibt man ein Bad mit angesäuertem Wasser oder ein Seifen- oder Kleienbad.

Der Farbendruck wird auch auf Garne angewandt (Garndruck). Namentlich bedruckt man die Kette (Kettendruck) während des Aufbäumens oder später und bedient sich dazu einer Vorrichtung zum richtigen Ausspannen der Kette (Kettendruckmaschine), bei der das schnelle Trocknen der Farbe durch ein Windrad oder durch Dampfheizung bewirkt wird. Der Kettendruck findet namentlich bei der Herstellung chinierter Zeuge und bei Teppichen Anwendung. Vgl. Lauber, Handbuch des Zeugdrucks (Leipz. 1901–1903, 3 Bde. in 4. und 2. Aufl.; Supplementband 1905); Laubers »Jahresbericht über die Fortschritte des Zeugdrucks« (das., seit 1908) und Literatur bei Artikel »Färberei«.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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