- Fluor
Fluor Fl oder F, chemisch einfacher Körper, findet sich nicht im freien Zustand in der Natur, aber an Calcium gebunden als Flußspat, mit Natrium und Aluminium verbunden als Kryolith, außerdem im Amphibol, Topas, in natürlichen Phosphorsäuresalzen (besonders im Apatit und Phosphorit) und in sehr vielen andern Mineralien, in geringer Menge auch in Mineralwässern und im Meerwasser, in Pflanzenaschen, in den Knochen, im Email der Zähne, in der Milch. Es ist in reinem Zustand sehr schwer darzustellen, doch gelang es Moissan 1886, durch Elektrolyse von mit äußerster Sorgfalt getrocknetem Fluorwasserstoffgas das F. als schwach gelbgrünes Gas vom spez. Gew. 1,26 und von sehr unangenehmem chlorartigen Geruch zu erhalten. Durch starken Druck wird es bei sehr niedriger Temperatur zu ein er gelblichen Flüssigkeit vom spez. Gew. 1,14 verdichtet, die bei -187° siedet, bei -910° nicht erstarrt und bei dieser Temperatur auf Sauerstoff, Wasser und Quecksilber nicht reagiert, wohl aber auf Wasserstoff und Terpentinöl. Von Fluorwasserstoff völlig freies F. greift Glas nicht an. Bei 0° zersetzt F. Wasser unter Bildung von Fluorwasserstoff und Sauerstoff, der 14,39 Vol. Proz. Ozon enthält. Bei höherer Temperatur tritt viel weniger Ozon auf. F. verbindet sich mit den meisten Metalloiden bei gewöhnlicher Temperatur unter lebhafter Wärme- und Lichtentwickelung, noch energischer wirkt es auf die Metalle der Alkalien, der alkalischen Erden, auf Blei und Eisen. Magnesium, Aluminium, Mangan, Nickel, Silber verbrennen beim Erwärmen lebhaft in F.; Gold und Platin verbinden sich bei 300–400° mit F.; Sauerstoff, Stickstoff, Chlor, Argon verhalten sich indifferent gegen F. Chlorwasserstoff wird durch F. explosionsartig zersetzt, und organische Stoffe entzünden sich meist in F. Das Atomgewicht ist 19. Mit Chlor, Brom und Jod bildet F. eine natürliche Gruppe. Die Fluormetalle (Fluoride) haben mit den Chlormetallen große Ähnlichkeit. Sie sind meist leicht schmelzbar und ertragen hohe Temperatur. Die Fluoride der Alkalimetalle sind leicht löslich in Wasser, die der meisten übrigen Metalle sind unlöslich oder schwer löslich; doch ist Fluorsilber leicht löslich, während Brom-, Jod- und Chlorsilber unlöslich sind, und umgekehrt ist das Fluorcalcium unlöslich, während Chlor-, Brom- und Jodcalcium leicht löslich sind. Die Fluormetalle sind besonders charakterisiert durch die aus ihnen zu entwickelnde, das Glas ätzende Fluorwasserstoffsäure. Bildet ein und dasselbe Metall mehrere Verbindungen mit F., so nennt man die fluorärmere Fluorür, die fluorreichere Fluorid. Man benutzt von den Fluormetallen vielfach das in der Natur vorkommende Calciumfluorid (Flußspat), das Natriumaluminiumfluorid (Kryolith) und das Ammoniumfluorid. Das Auftreten eines Gases, das Glas ätzt, wenn man Flußspat mit Schwefelsäure erwärmt, war 1670 Schwankard in Nürnberg bekannt; unreine Fluorwasserstoffsäure erhielt Scheele 1771, genauer wurde sie von Scopoli (1784), Gay-Lussac und Thénard untersucht, aber erst Ampère zeigte 1810, daß sie die Wasserstoffverbindung eines eigentümlichen Elements ist. Vgl. Moissan, Le Fluor et ses composés (Par. 1900; deutsch von Zettel, Berl. 1900).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.