- Embryo
Embryo (griech., »Keim«; hierzu Tafel »Embryo: Die Entwickelung des Menschen I u. II«), in der Zoologie das junge Tier innerhalb des Eies oder Muttertiers, bei den Säugetieren auch Fötus (foetus, fetus, Frucht, Leibesfrucht) genannt. Die Entwickelung des Menschen im Ei gleicht im ganzen der der Säugetiere, abgesehen von einigen Abweichungen besonders zu Anfang und Ende der Schwangerschaft; sie dauert etwa 40 Wochen. Naturgemäß ist die Kenntnis von den nur äußerst schwer zu erlangenden frühen Stadien aus der ersten, zweiten und dritten Woche beim Menschen eine recht geringe, und man muß sich in dieser Hinsicht an die Säugetiere halten. Das etwa 0,2 mm messende menschliche Ei ist von einer ziemlich dicken Hülle (zona pellucida) umgeben; durch den Samen wird es im Eileiter befruchtet, und dort läuft auch wohl die Furchung ab. Diese hat beiden Säugetieren in der Regel zur Folge, daß der Inhalt des Eies sich in eine einschichtige Zellenblase (Keimblase) mit flüssigem Inhalt umwandelt, die an einer Stelle, dem sogen. Fruchthof, dem Ausgangspunkt der weitern Entwickelung, mehrschichtig ist. Von hier verbreiten sich über die ganze Keimblase zwei Zellschichten, das äußere Keimblatt (Ektoderm) und das innere (Entoderm); ferner verdickt sich im Fruchthof eine Stelle besonders, indem sich zwischen die beiden primären Keimblätter ein drittes, das mittlere (Mesoderm), hineinschiebt, das wahrscheinlich aus den Zellen des äußern Blattes entsteht. Die Verdickung geschieht in Form eines Streifens, des Primitivstreifens. In dessen Verlängerung bildet sich sodann auf der Keimscheibe von vorn nach hinten eine Furche, die Rückenfurche, die immer tiefer wird und sich zuletzt zu einem Rohr (dem Medullarrohr) schließt. Dieses rein ektodermale Gebilde wird als Anlage des Zentralnervensystems vorn zum Gehirn, im übrigen zum Rückenmark. Rechts und links von der Rückenfurche gliedert sich das mittlere Blatt des Fruchthofes in eine Reihe sogen. Urwirbel, die direkt mit den Wirbeln nichts zu tun haben, aus denen zwar auch die betreffenden Skeletteile, aber auch im übrigen wichtige mesodermale Teile, z. B. die Muskulatur, hervorgehen. Am Kopfteil des nun schon deutlich erkennbaren Embryos, der aber immer noch als eine flache Scheibe inmitten des Fruchthofes liegt, zeigen sich die ersten Spuren des Herzens als zwei henkelförmige hohle Verdickungen. Jede von ihnen entspricht einer Herzhälfte; später rücken sie, wenn der E. sich mehr abhebt, einander immer näher und verschmelzen endlich unter sich, wobei die Innenwände in Wegfall geraten. Alsdann ist das Herz ein Schlauch mit nur einer Kammer und nur einer Vorkammer und entsendet bereits die Hauptgefäße; später krümmt es sich und erhält im Innern die Scheidewände, die es in zwei vollkommen getrennte Kammern und zwei nur unvollständig geschiedene Vorkammern teilen (s. unten). Inzwischen hat sich der E. in seinem mittlern Teil (dem Rücken) stark gewölbt und vom Fruchthof abgehoben; zugleich bilden sich auch die Seitenteile mehr aus, und nur die Bauchseite ist noch wenig entwickelt. Das innere Keimblatt, das unmittelbar an den Dotter grenzt, hebt sich mit dem E. in die Höhe und gestaltet sich allmählich zu einem Rohr, das vorn und hinten geschlossen, dagegen auf der Bauchseite noch weit offen ist. Es wird zum Mitteldarm, aus dem später Leber, Lunge etc. hervorsprossen (s. unten). Je mehr sich nun der E. vom Dotter abhebt und auch auf der Bauchseite seine Wandungen erhält, desto mehr schnürt sich der Mitteldarm vom Dotter ab (Tafel I, Fig. 2 u. 3); bald kommt es so weit, daß der Dotter im Vergleich zum E. nur noch gering ist und als Dottersack oder Nabelblase (Fig. 4) durch einen Stiel (Dottergang oder Nabelgang) mit dem E. und speziell dessen Darm in Verb indung steht. Zuletzt bleibt nur noch eine kleine Stelle am Darm (Darmnabel) und entsprechend an der Bauchwandung (Hautnabel) übrig, an denen die Nabelblase vorragt.
Obwohl diese Vorgänge nur z. T. vom Menschen bekannt sind, zeigen die direkt beobachteten eine so große Übereinstimmung mit den betreffenden Stadien der Säugetierentwickelung, daß man Ähnliches auch für den Menschen annehmen darf. Eine noch sehr junge menschliche Fruchtblase von 12–13 Tagen (Fig. 1) war 5,5 mm groß und barg einen E. von 2,2 mm Länge; ein andres von 15–18 Tagen war schon über 13 mm groß und enthielt einen E. von 4,4 mm Länge mit C-förmig gekrümmtem Herz und Andeutungen von Kiemenspalten (s. unten) sowie breiter Verbindungsstelle mit dem Dottersack am Bauch. Gegen die Mitte der vierten Woche ist der E. etwa 11–13 mm lang, aber stark gekrümmt, so daß Kopf- und Schwanzende einander sehr nahe sind. Die Hauptorgane (Herz, Darm, Leber, Gehirn, Rückenmark) sind in der Anlage fertig, Gliedmaßen fehlen noch, das Hinterende erscheint schwanzartig verlängert. Jederseits am Halse liegen die vier sogen. Kiemenspalten, die in den vordern Teil des Darmes führen; zwischen ihnen liegen die Kiemenbogen (Fig. 4 u. 5). Die Kiemenspalten bleiben nur bei den niedern Wirbeltieren zeitlebens bestehen, schließen sich hingegen bei den höhern bis auf die erste, aus welcher der äußere Gehörgang und andre Teile des Ohres werden. Von den Kiemenbogen gestaltet sich der erste zur Grundlage des Unterkiefers sowie der Gehörknöchelchen, der zweite und dritte zum Zungenbein und den Bändern desselben.
Im zweiten Monat erreicht der E. eine Länge bis zu 35 mm, von denen der Kopf fast die Hälfte ausmacht (Fig. 6–8). Das Gesicht fängt an sich zu entwickeln, und auch die Sinnesorgane treten auf, die Augen als oberflächliche schwarze Punkte, die Nasenlöcher als flache Gruben, die Ohren als seichte Vertiefungen, der Mund als weite Spalte, in deren Grund man die Zunge als eine kleine Hervorragung wahrnimmt. Die Kiemenspalten sind fast ganz geschlossen und nur als Furchen kenntlich. Der Hals ist sehr kurz und der Rumpf so dünnwandig, daß Herz und Leber durchschimmern. Arme und Beine sind kurze Stümpfe mit Andeutungen der Finger und Zehen. Das Schwänzchen erreicht in der 5.–6. Woche seine größte Länge und enthält mehrere Wirbel (Fig. 7 u. 8 u. Tafel II, Fig. 3); später bildet es sich ganz zurück. Viel früher schon hat sich unterhalb des Nervenrohrs ein Knorpelstrang, die Rückensaite (chorda dorsalis), als Vorläufer des Rückgrats gebildet und haben die Urwirbel (s. oben) sowohl die Rückensaite als auch das Nervenrohr umwachsen, so daß beide Gebilde innerhalb derselben liegen; dann hat diese sogen. häutige Wirbelsäule sich in eine knorpelige umgewandelt (im Anfang des zweiten Monats), und nun (am Ende desselben) beginnt sie zu verknöchern. Dasselbe gilt vom Schädel und andern Knochen, während z. B. das Brustbein erst vom sechsten Monat ab verknöchert.
Von besonderer Wichtigkeit wird im dritten Monat die Ernährung des Embryos, die nicht mehr von dem bereits aufgezehrten Dotter besorgt wird. Die ursprüngliche Eihaut (zona pellucida) verschwindet nach Festsetzung des Eies in der Gebärmutter, und an ihre Stelle tritt eine vom E. selbst gebildete zellige Embryonalhülle; von dessen Vorder- und Hinterende erhebt sich nämlich je eine Hautfalte, die einander entgegenwachsen und nach ihrer Berührung miteinander verschmelzen. Auf diese Weise entstehen zwei Hüllen: eine innere, die nur den Rückenteil des Embryos umgibt und von seinem Körper ausgeht, das Amnion (Fig. 3 u. 4), und eine äußere, die E. und Dottersack einschließt, die seröse Hülle. Letztere liegt der Wand der Gebärmutter stets dicht an und streckt zottenartige Fortsätze in die Schleimhaut derselben hinein (s. Embryonalhüllen). Dies ist schon im Alter von 14 Tagen der Fall. Zugleich wächst bei den höhern Wirbeltieren aus der Wand des Mitteldarms ein Bläschen hervor, die Allantois, das rasch größer wird und sich an die seröse Hülle anlegt. Hier wachst es von innen ganz an derselben hin und dringt auch in ihre Zotten ein. Bald erstrecken sich Gefäße auf die Allantois und von dieser in die Zotten der serösen Hülle, die nunmehr Chorion genannt wird (Fig. 3 u. Tafel II, Fig. 1). In der Wand der Gebärmutter entstehen da, wo die Zotten ded Chorions sich in sie hinein senken, weite Blutgefäße mit dünner Wandung; so kann das embryonale Blut, das dort gleichfalls in zarthäutigen Bahnen fließt, aus dem mütterlichen Nahrung und Sauerstoff aufnehmen sowie umbrauchbare Stoffe dahin abgeben, ohne daß beide Blutarten direkt ineinander übergehen. Die Verbindungsstelle des Embryos mit der Gebärmutter heißt Placenta oder Mutterkuchen (s. d.), der Stiel der Allantois nebst den Blutgefäßen derselben ist der Nabelstrang (s. Nabel); beide sind schon in der dritten Woche vorhanden. Mit dem E. wachsen Chorion und Amnion mächtig heran; letzteres hebt sich immer mehr rom E. ab und bildet um ihn eine mit Flüssigkeit (Liquor amnii, Fruchtwasser, s. d.) erfüllte Blase (Tafel II, Fig. 1), in der er, am Nabel strang aufgehängt, schwimmt.
Im dritten Monat erreicht der E. eine Länge von 6–7 cm und ein Gewicht von etwa 15 g (Fig. 4). Die Anlagen der Harn- und Geschlechtswerkzeuge sind zwar schon in der vierten Woche vorhanden, doch erkennt man die Nieren erst in der sechsten Wo Ehe deutlich, und auch Hoden und Eierstöcke lassen sich erst am Ende des zweiten Monats voneinander unterscheiden. Beide liegen anfangs ziemlich hoch im Bauch und rücken erst später abwärts, die Eierstöcke nur wenig, die Hoden jedoch (vom siebenten Monat an) aus dem Bauch heraus in den Hodensack. Die äußern Geschlechtsteile sind ebenfalls zunächst nicht verschieden, erst im dritten Monat läßt sich an ihnen das Geschlecht bestimmen. Der anfangs gerade und infolge davon sehr kurze Darm hat schon in der fünften Woche eine Schleife zu bilden begonnen, die sodann infolge steter Verlängerung 5–6 Windungen erfährt. Die als Ausstülpung des Vorderdarms entstehende Lunge stellt später zwei Säckchen dar, die durch einen kurzen unpaaren Gang in den Schlund münden. Ihre weitere Ausbildung dauert fast bis zum Ende der Schwangerschaft. Die Leber entsteht als Ausstülpung des Mitteldarms und ist bereits im dritten Monat so stark gewachsen, daß sie fast den ganzen Unterleib ausfüllt. Die Gallenblase ist schon vom zweiten Monat an vorhanden, ohne zunächst Galle aufzunehmen, die bereits im dritten Monat produziert wird, jedoch erst im sechsten sich in der Gallenblase findet. Die Bauchspeicheldrüse bildet sich in der vierten Woche, die Milz im zweiten Monat. Die Speicheldrüsen entstehen im zweiten Monat und bilden sich sehr bald völlig aus.
Im vierten Monat, an dessen Ende der E. 10–12 cm lang und 150 g schwer ist, bedeckt sich der Kopf mit dünnem Flaum und gewinnt das Gesicht menschlichen Ausdruck. Im fünften Monat ist der E. 23–28 cm lang und 180–300 g schwer (Fig. 2). Die Haut verliert ihre Durchsichtigkeit und überzieht sich allmählich mit einer käseartigen Schmiere (vernix caseosa); die Haare fangen an, sowohl am Kopf als auch am übrigen Körper (Wollhaar) zu wachsen; die Nägel werden hornartig. Im sechsten Monat beträgt die Länge des Embryos 25–32 cm, sein Gewicht 700–1000 g. Er schwimmt noch frei im Fruchtwasser und macht die ersten Bewegungen. Er kann jetzt lebend geboren werden, atmen, wimmern und sich selbst einige Zeit bewegen, geht jedoch sehr bald zu Grunde. Der Kopf ist nach unverhältnismäßig groß, die Pupille noch durch eine Haut verschlossen. Im siebenten Monat, wo er 33–36 cm lang und 1–1,5 kg schwer ist, kann er geboren und bisweilen auch schon lebend erhalten werden. Im achten Monat beträgt seine Länge 36–39 cm, sein Gewicht 1,5–2 kg. Die Augenlider sind geöffnet, die Hornhaut ist durchsichtig und die Pupille offen. Im neunten Monat ist er gegen 40–42 cm lang und 2,5–3 kg schwer, im zehnten Monat 42–45 cm lang und 3–3,5 kg schwer. Die Wollhaare verschwinden, die bisher rote Haut ist dicht und weißrötlich, die Kopfhaare verlängern sich, die Nägel werden fest. Außen ist er mit jener käseartigen Schmiere überzogen, im Darmkanal findet sich Kindspech, in der Gallenblase Galle, in der Harnblase Harn.
Durchschnitt durch den Körper des menschlichen Fötus: Verlauf der Nabelgefäße. Ad = Aorta descendens (Körperschlagader), Ah = Arteria hypogastrica (innere Beckenarterie), Aie = Arteria iliaca externa (äußere Beckenarterie), Dv A = Ductus venosus Arantii, Vci = Vena cava inferior (untere Hohlvene), Vp = Vena portae (Pfortader), Vu = Vena umbilicalis (Nabelvene).Bei einer regelmäßigen Schwangerschaft hat er nun innerhalb der Gebärmutter folgende Lage: der Kopf ist nach unten gegen den Muttermund gekehrt, das Kinn gegen die Brust gedrückt, die Beine sind mit den Knieen an den Bauch angezogen, die Arme kreuzen sich entweder auf der Brust oder sind an sie angedrückt, so daß die Hände dem Gesicht anliegen. In frühern Monaten wechselt der E. seine Lage oft, solange er noch frei im Fruchtwasser schwimmen kann; namentlich hängt eine Zeitlang der schwere Kopf nach unten. Vom fünften Monat ab macht er auch einzelne Bewegungen (Stöße mit den Armen und Beinen etc.), die durch den Mutterleib hindurch hörbar werden.
Der menschliche E. (Fötus) ist besonders durch den fötalen Kreislauf ausgezeichnet (s. Textfigur). Das Herz liegt anfangs weit vorn und rückt erst allmählich in die Brust. Es besteht im zweiten Monat aus zwei Kammern und nur einer Vorkammer; letztere zerfällt im dritten Monat durch eine Scheidewand in zwei Abteilungen, die jedoch durch ein großes Loch (foramen ovale) in der Scheidewand verbunden sind. Unterdessen bildeten sich die Hauptgefäße aus, und jetzt treibt die linke Herzkammer das Blut, wie beim Menschen nach der Geburt, in die große Körperschlagader (Aorta) und deren Äste. Von diesen verlaufen zwei ansehnliche, die Nabelarterien (s. Abbildung), durch den Nabel hindurch im Nabelstrang zum Mutterkuchen; hier findet der Gasaustausch mit dem mütterlichen Blut, also die fötale Atmung statt, und dann leitet die Nabelvene das sauerstoffreich gewordene (arterielle) Blut in die Bauchhöhle des Embryos zurück. Hier ergießt sie ihr Blut fast ganz in die Leber und nur zu einem kleinen Teil durch den ductus venosus Arantii direkt in die untere Hohlvene. Gleichfalls gelangt in diese das Blut aus der Pfortader (die vom Darm herkommt und in den ductus Arantii mündet) und aus der Leber selbst; somit führt diese Hohlvene sowohl arterielles als auch venöses (sauerstoffarmes) Blut und schafft es in die rechte Vorkammer, in die auch das Blut aus der obern Hohlvene eintritt. Von der rechten Vorkammer strömt das gemischte Blut teils durch das foramen ovale in die linke Vorkammer (und von da in die linke Herzkammer, womit es also den Kreislauf beendet hat), teils in die rechte Herzkammer. Diese treibt es in die Lungenschlagader, jedoch tritt es aus dieser nur in geringer Menge zur Lunge, die ja noch nicht atmet, dagegen vorwiegend mittels des ductus arteriosus Botalli direkt in die Aorta. Das gemischte Blut, das die Lunge empfängt, fließt, wie auch später, zur linken Vorkammer. Somit ist der Lungenkreislauf beim Fötus noch fast bedeutungslos und wird durch den Placentarkreislauf ersetzt. Beim Neugebornen erfolgt hierin eine völlige Umwälzung, indem der Blutstrom durch den Nabelstrang plötzlich aufhört und die Lungenatmung einsetzt. Im Laufe von 8–14 Tagen schließen sich die Reste der Nabelarterien und werden zu zwei Strängen (den sogen. seitlichen Bändern der Harnblase); auch die Nabelvene wird solid (sogen. rundes Leberband); ebenso gehen der ductus venosus Arantii und ductus arteriosus Botalli ein, und es schließt sich, wenn auch viel langsamer, das foramen ovale in der Scheidewand der beiden Vorkammern; der normale Kreislauf ist hergestellt (s. Blutbewegung). Der im Körper des Kindes verbleibende Teil der Allantois wird zur Harnblase und zum Harnstrang (s. Allantois). Vgl. Kölliker, Entwickelungsgeschichte des Menschen und der höhern Tiere (2. Aufl., Leipz. 1879); Preyer, Spezielle Physiologie des Embryos (das. 1885); His, Anatomie menschlicher Embryonen (das. 1880–85, 3 Hefte); Duval, Atlas d'embryologie (Par. 1888); Bonnet, Grundriß der Entwickelungsgeschichte der Haussäugetiere (Berl. 1891); Prenant, Éléments d'embryologie de l'homme et des vertébrés (Par. 1890); Marshall, Vertebrate embryology (Lond. 1892); Minot, Entwickelungsgeschichte des Menschen (deutsch, Leipz. 1894); O. Schultze, Grundriß der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Säugetiere (das. 1897); O. Hertwig, Lehrbuch der Entwickelungsgeschichte des Menschen und der Wirbeltiere (7. Aufl., Jena 1902).
Krankheiten des Embryos. Der E. kann im Mutterleib trotz seiner verborgenen Lage durch mancherlei äußere Schädlichkeiten betroffen werden und auch anderweitig erkranken. Diese Fötalkrankheiten sind z. T. wahre Mißbildungen, für welche die veranlassenden Ursachen nur selten mit einiger Sicherheit genauer anzugeben sind. In der Regel handelt es sich um eine Bildunashemmung, d.h. Stillstand in der Entwickelung des Keimes in dieser oder jener Richtung, oder es wächst ein Teil doppelt aus etc. In andern Fällen wird die Entwickelung mechanisch gestört, z. B. bei den sogen. Selbstamputationen des Embryos. Sie kommen dadurch zustande, daß sogen. amniotische Bänder, d.h. auf krankhaftem Wege neugebildete Gewebsstränge, sich um einzelne Glieder des Embryos herumlegen, diese Glieder zusammenschnüren und zum Absterben und Abfallen bringen; es wird dann ein sonst vielleicht wohlgebildetes Kind geboren, dem ein Fuß, ein Arm, einige Finger fehlen. Der E. kann auch dadurch erkranken, daß ein Ansteckungsstoff aus dem mütterlichen Körper in den seinigen übergeht; dies ist der Fall bei Scharlach, Pocken, Syphilis etc. Auch unabhängig vom mütterlichen Organismus können sich Fötalkrankheiten entwickeln, z. B. die Hirn- und Rückenmarkswassersucht, Klappenfehler des Herzens etc. Solche Krankheiten töten zwar in der Regel nicht den E., führen aber häufig kurz nach der Geburt zum Tode.
Über die rechtlichen Beziehungen s. Leibesfrucht.
Der Pflanzenembryo.
In der Botanik ist E. ein infolge eines Geschlechtsaktes aus der weiblichen Zelle (Eizelle) hervorgegangener mehrzelliger Körper, der den Anfang einer neuen Generation darstellt, aber noch von der vorhergehenden Generation, welche die Geschlechtsorgane entwickelte, getragen und ernährt wird, um später, bisweilen nach einer Ruheperiode, sich selbständig zur neuen Generation weiter zu entwickeln. Bei den mit Geschlechtsorganen versehenen Thallophyten trennt sich die befruchtete Eizelle bald von der Mutterpflanze und wachst unmittelbar zu einem neuen Thallus aus. Erst von den Moosen an aufwärts durch alle Klassen des Gewächsreiches ist ein E. zu finden, doch sind die Teile der Pflanzen, an denen er erzeugt wird, und die Bildungen, welche die aus ihm hervorgehende Generation darstellt, je nach Klassen verschieden (vgl. die Artikel: »Moose«, »Farne«, »Phanerogamen« und »Geschlechtsorgane der Pflanzen«). Bei den Phanerogamen nimmt der E. meist eine zusammengesetzte Organisation an: er stellt die Anlage der zukünftigen Pflanze in ihren Hauptteilen dar; in dieser Form bildet er den Keim (Keimling), der in allen reisen und normal gebildeten Samen vorhanden ist (vgl. Same). Die Bildung des Embryos bei den Blütenpflanzen beginnt nach der Befruchtung, d.h. nach Verschmelzung des männlichen Zellkerns mit dem weiblichen, mit der Umkleidung des Eies im Embryosack (s. d.) durch eine Zellstoffhaut. Die so gebildete Zelle erzeugt in einer bei Gymnospermen und Angiospermen verschiedenen Weise einen schlauchförmigen Zellkörper, den Embryoträger, der jedoch in einzelnen Fallen, z. B. bei den Grafern, auch fehlen kann, indem die Eizelle durch fortgesetzte Teilungen direkt in den E. übergeht. Bei vielen Dikotylen wird die oberste, kugelig abgerundete Zelle des Embryoträgers zur Mutterzelle des Embryos, sie teilt sich zunächst durch meridional und äquatorial gerichtete Wände in vier Quadranten oder acht Oktanten, die sich dann durch weitere, bei den verschiedenen Embryonen vielfach variierende Teilungen meist in äußere Schalen- oder Hautzellen und innere Binnenzellen scheiden. Unter lebhafter Zellvermehrung vergrößert sich der aus der Urzelle des Keimes hervorgegangene Gewebekörper allmählich. Bei den Monokotylen wächst sein Scheitelteil direkt zu dem terminal stehenden ersten Bl an oder Kotyledon aus, an dessen Seite der Stammscheitel in einer Spalte (Kotyledonarspalte) angelegt wird. Am E. der Dikotylen dagegen treten gleichzeitig zwei umfangreiche Höcker als Anlage der spätern Kotyledonen auf, zwischen denen die Vegetationsspitze des Stengels erscheint. Am hintern, dem Embryoträger zugekehrten Ende des Embryos liegt zwischen diesem und dem Träger ursprünglich eine einzige Zelle, die Hypophyse, die durch weitere Teilungen das Gewebe der Wurzelspitze und die erste Schicht der Wurzelhaube erzeugt. Der ausgewachsene E. mancher Blütenpflanzen besitzt außer der Wurzelanlage und den Kotyledonen nur einen nackten Stammvegetationspunkt; öfters trägt letzterer einige Blattanlagen (die Plumula), wie bei der Bohne. Bei Schmarotzerpflanzen, wie Cuscuta, Orobanche, Rafflesia, Balanophora, Monotropa, ferner bei Utricularia, bei Arten von Juncus und auch bei den Orchideen bleibt jedoch der E. ein rundliches, wenigzelliges Körperchen, das noch keine Gliederung in Stamm, Blatt und Wurzel erkennen läßt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.