Schultze

Schultze

Schultze, 1) Max, Anatom, geb. 25. März 1825 zu Freiburg i. Br., gest. 16. Jan. 1874 in Bonn, Sohn des Anatomen Karl August Sigismund S. (geb. 1. Okt. 1795 in Halle, gest. 28. Mai 1877 in Jena), studierte seit 1845 in Greifswald und Berlin und habilitierte sich 1850 als Privatdozent in Greifswald. Seit 1848 beschäftigte er sich mit den Turbellarien, schrieb eine Monographie über dieselben (Greifsw. 1851), ging 1853 nach Italien und veröffentlichte das epochemachende Werk »Über den Organismus der Polythalamien« (Leipz. 1854). 1854 wurde er außerordentlicher Professor in Halle und begann hier seine Arbeiten über die Endigungsweise der Nerven in den Sinnesorganen, in denen er sich auch als Erfinder fruchtbarer Methoden zeigte. 1859 ging er nach Bonn, wo unter seiner Leitung das neue Anatomiegebäude errichtet wurde. Er arbeitete über den Bau der Netzhaut, der Nasenschleimhaut, benutzte 1860 einen Ausflug nach Paris und Holland zur Aufklärung der Natur der Hyalonemen, widmete sich aber hauptsächlich der Reform des Zellenbegriffs und sprach in seiner bahnbrechenden Arbeit: »Über Muskelkörperchen und das, was man eine Zelle zu nennen habe« (1861) zuerst aus, daß die Membran nicht notwendig zu dem Begriff der Zelle gehöre. Er lieferte auch wichtige Arbeiten über die Interzellularsubstanz und über die Bewegungen des Protoplasmas und der farblosen Blutkörperchen. Er schrieb noch: »Beiträge zur Kenntnis der Landplanarien« (Halle 1857); »Zur Kenntnis der elektrischen Organe der Fische« (das. 1858); »Die Hyalonemen« (Bonn 1860); »Das Protoplasma der Rhizopoden und der Pflanzenzellen« (Leipz. 1863); »Observationes de ovorum ranarum segmentatione« (Bonn 1863); »Über den gelben Fleck der Retina« (das. 1866); »Zur Anatomie und Physiologie der Retina« (das. 1867); »Untersuchungen über die zusammengesetzten Augen der Krebse und Insekten« (das. 1868); »Observationes de structura cellularum fibrarumque nervearum« (das. 1868). 1865 begründete er das »Archiv für mikroskopische Anatomie« (fortgesetzt von La Valette Saint-George und Waldeyer).

2) Bernhard Sigismund, Gynäkolog, Bruder des vorigen, geb. 29. Dez. 1827 zu Freiburg i. Br., studierte 1847–51 in Greifswald und Berlin, habilitierte sich 1852 in Greifswald, ging 1854 als Assistent der geburtshilflichen Klinik nach Berlin, habilitierte sich daselbst und wurde 1858 Professor der Geburtshilfe und Gynäkologie sowie Direktor des Entbindungsinstituts in Jena. 1903 trat er in den Ruhestand. Er veröffentlichte: »Lehrbuch der Hebammenkunst« (Leipz. 1860, 13. Aufl. 1904); »Wandtafeln zur Schwangerschafts- und Geburtskunde« (2. Aufl., Jena 1888–1892); »Der Scheintod Neugeborner« (das. 1870); »Die Pathologie und Therapie der Lageveränderungen der Gebärmutter« (Berl. 1881); »Unser Hebammenwesen und das Kindbettfieber« (Leipz. 1884) u. a.

3) August Sigismund, Rechtslehrer, Bruder des vorigen, geb. 28. April 1833 in Greifswald, Professor an der Universität Straßburg, schrieb: »Die Verleitung zum falschen Eid« (Berl. 1870); »Die sogen. Neben intervention im Zivilprozeß« (das. 1880); »Das deutsche Konkursrecht in seinen juristischen Grundlagen« (das. 1880); »Privatrecht und Prozeß in ihrer Wechselbeziehung« (Bd. 1, Freiburg 1883); »Zivilprozeßrechtsfälle ohne Entscheidungen« (Jena 1891).

4) Fritz, Philosoph, geb. 7. Mai 1846 zu Celle in Hannover, studierte in Jena, Göttingen und München Philosophie und betrieb dabei naturwissenschaftliche Studien, habilitierte sich 1871 an der Universität Jena als Privatdozent, wurde 1875 daselbst außerordentlicher Professor und 1876 ordentlicher Professor der Philosophie am Polytechnikum in Dresden, wo ihm 1879 zugleich die Professur für Pädagogik übertragen wurde. Er schrieb: »Die Tierseele« (Leipz. 1868); »Der Fetischismus« (das. 1871); »Geschichte der Philosophie der Renaissance« (Bd. 1: »Georgios Gemistos Plethon«, Jena 1874); »Kant und Darwin« (das. 1875); »Über das Verhältnis der griechischen Naturphilosophie zur modernen Naturwissenschaft« (im »Kosmos«, Leipz. 1877–78); »Philosophie der Naturwissenschaft« (das. 1882, 2 Bde.); »Die Grundgedanken des Materialismus« (das. 1881); »Stammbaum der Philosophie« (Jena 1890; 2. Aufl., Leipz. 1899); »Vergleichende Seelenkunde« (1. Bd., Leipz. 1892–97, 2 Tle.); »Deutsche Erziehung« (das. 1892); »Der Zeitgeist in Deutschland« (das. 1893); »Psychologie der Naturvölker« (das. 1900); »Credo und Spera. Bausteine zu einer kritischen Welterkenntnis« (das. 1906). Er gehört seiner Richtung nach zu den Neukantianern. Von Huxleys Reden und Aufsätzen veranstaltete er eine deutsche Ausgabe (Berl. 1877), ebenso von H. Spencers »Die Erziehung« (5. Aufl., Sachsa 1905).

5) Viktor, Theolog und Archäolog, geb. 13. Dez. 1851 in Fürstenberg (Waldeck), studierte in Basel, Straßburg, Jena und Göttingen Theologie, lag darauf mehrere Jahre in Italien archäologischen und kunstgeschichtlichen Studien, insbes. der Katakombenforschung, ob, habilitierte sich 1879 in Leipzig und wurde 1884 außerordentlicher, 1888 ordentlicher Professor der Theologie in Greifswald. Er schrieb: »Die Katakomben von San Gennaro dei Poveri in Neapel« (Jena 1877); »Archäologische Studien über altchristliche Monumente« (Wien 1880); »Die Katakomben. Die altchristlichen Grabstätten, ihre Geschichte und ihre Monumente« (Leipz. 1882); »Das evangelische Kirchengebäude« (das. 1886); »Geschichte des Untergangs des griechisch-römischen Heidentums« (Jena 4887–91, 2 Bde.); »Das Kloster San Marco in Florenz« (Leipz. 1888); »Die altchristlichen Bildwerke und die wissenschaftliche Forschung« (das. 1889); »Archäologie der altchristlichen Kunst« (Münch. 1895); »Waldeckische Reformationsgeschichte« (Leipz. 1903) u. a.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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