Atmung

Atmung

Zur genauem Untersuchung der physiologischen Leistungen der Atmungsorgane sind eigne Methoden und Vorrichtungen ausgebildet worden, die teils die nähere Bestimmung der in die Lungen aufgenommenen Luftmengen und deren chemische Analyse ermöglichen, teils der graphischen Darstellung (Selbstregistrierung) der mechanischen Vorgänge am Atmungsapparat gewidmet sind.

1. Spirometer.
1. Spirometer.

Das Spirometer (griech., Atemmesser) ist ein von Hutchinson angegebener Apparat, der dazu dient, das Luftquantum zu bestimmen, das beim Atmen aus den Lungen entweicht (Spirometrie). Das Spirometer stimmt im Prinzip mit dem gewöhnlichen Gasometer überein. Die durch einen Schlauch (Fig. 1) unter die Glocke des Gasometers geleitete ausgeatmete Luft hebt die durch Gegengewichte im Gleichgewicht gehaltene Glocke und kann direkt an einer Skala gemessen werden. Man ermittelt mit Hilfe des Spirometers die sogen.

Vitalkapazität, d.h. diejenige Luft menge, die nach einer möglichst tiefen Einatmung durch eine möglichst kräftige Ausatmung aus den Lungen herausbefördert werden kann. Aus der Größe dieses Luftquantums, das im Mittel beim erwachsenen Mann etwa 4 Lit. beträgt, kann man Schlüsse auf die volle oder nur teilweise Funktionsfähigkeit der Lungen ziehen.

Wenn die Glocke des Spirometers mit einer Schreibvorrichtung versehen wird, die auf einem sich drehenden, mit angerußtem Papier überzogenen Zylinder zeichnet, kann man es in einen graphischen Apparat verwandeln, der die hin und her geatmeten Luftmengen selbsttätig registriert (Spirograph, Aëroplethysmograph). Neuerdings verwendet man übrigens zu denselben Zwecken wie das Spirometer auch Gasuhren; auch sie können zur graphischen Registrierung eingerichtet werden.

Das Pneumatometer (griech., Atmungsmesser) ist ein Instrument zur Messung der individuell sehr verschiedenen und durch Krankheiten der Brust veränderlichen Muskelkraft der Einatmung und Ausatmung. Es besteht nach Waldenburg aus einer der Nasen- und Mundöffnung luftdicht anzupassenden Maske, die vermittelst eines Gummischlauches mit einem Quecksilbermanometer verbunden ist. Das von einer Skala abzulesende jeweilige Sinken des Quecksilbers bei dem Einatmen, das Steigen desselben bei dem Ausatmen bestimmt die Größe der Muskelleistung.

Respirationsapparate dienen zur Ermittelung der in längern oder kürzern Zeiträumen und unter bestimmten Verhältnissen vom tierischen Organismus verbrauchten und gebildeten Gasmengen. Hauptsächlich handelt es sich dabei um den durch die Atmung aufgenommenen Sauerstoff und die durch sie ausgeschiedene Kohlensäure. Die wichtigsten und genauesten Bestimmungen dieser Art sind mittels des Apparates von Regnault und Reiset (neuerdings von Pflüger und dessen Schülern verbessert) und mit Hilfe des Pettenkoferschen Respirationsapparates gemacht worden. Mit letzterm konnten zum erstenmal exakte Bestimmungen an Menschen angestellt werden. Die Versuchsperson befindet sich hier während der 24 stündigen oder noch langem Beobachtungszeit in einem geräumigen Kabinett, in dem sie essen, schlafen, arbeiten etc. kann. Die Luft dieses Raumes wird fortwährend abgesaugt und durch frische ersetzt; die abgesaugte wird gemessen und an gemessenen Stichproben analytisch untersucht. In neuester Zeit haben Sondén u. Tigerstedt einen ähnlichen Apparat konstruiert und benutzt, dessen Atmungskammer 100 cbm Inhalt hat, während der Raum des Pettenkoferschen Apparates nur 12,7 cbm betrug.

2. Pettenkofers Respirationsapparat.
2. Pettenkofers Respirationsapparat.

Fig. 2 gibt die Einrichtung des Pettenkoferschen Respirationsapparates in der Modifikation wieder, wie sie im physiologischen Laboratorium von Oxford benutzt wird. Die Richtung des der geräumigen Atmungskammer zugeführten und von ihr weggeführten Luftstroms ist durch Pfeile kenntlich gemacht, ebenso der Weg der von beiden Strömen entnommenen und zur Analyse benutzten Zweigströme.

3. Respirationsapparat von Geppert u. Zuntz.
3. Respirationsapparat von Geppert u. Zuntz.

Die große Gasuhr G mißt die Größe der Gesamtventilation, die beiden kleinen (g1 und g2) die der abgezweigten Luftmengen. Die mit s bezeichneten Gefäße enthalten mit Schwefelsäure getränkte Bimssteinstücke und dienen zur Trocknung der Luft; die beiden Gefäße n sind mit Natronkalk beschickt u. haben die Aufgabe, die Kohlensäure zu absorbieren. Ihre Gewichtszunahme zeigt die Menge des absorbierten Gases an.

Für Untersuchungen, die sich auf kürzere Zeit erstrecken (Nachweis der Gaswechselgröße beim Marschieren, Radfahren, Bergsteigen etc.), wird neuerdings zumeist der Apparat von Geppertu. Zuntz benutzt. Fig. 3 stellt ihn und die Art seiner Anwendung dar. Die untersuchte Person, hier ein feldmarschmäßig ausgerüsteter Soldat, atmet dabei bei geschlossener Nase durch ein Mundstück, das mit einem die Ein- und Ausatmungsluft voneinander trennenden Paar von Ventilen (einem Inspirations- und einem Exspirationsventil) verbunden ist.

4. Ventilgehäuse.
4. Ventilgehäuse.

Die ausgeatmete Luft entweicht in einen Gasmesser, der von der Versuchsperson auf dem Rücken getragen wird, und der die Gesamtmenge der während der Versuchsdauer abgegebenen Exspirationsluft anzeigt. Ein bestimmter Bruchteil derselben wird durch eine Nebenleitung abgezweigt und zur analytischen Untersuchung auf Sauerstoff- u. Kohlensäuregehalt aufgefangen. In Fig. 4 ist das Ventilgehäuse dieses Apparats dargestellt; am Boden desselben erkennt man das (doppelte) Einatmungsventil, an der Seite die Ventilklappe für die Exspiration.

Eine Reihe von Apparaten dient der graphischen Registrierung der Atembewegungen. Für die mechanische Analyse der letztern ist es nämlich erforderlich, den zeitlichen Ablauf der Veränderungen zu kennen, denen die Ausdehnung des Brustkorbes während der Aus- und Einatmung unterliegt, sowie den der Spannungsänderungen gewisser Atmungsmuskeln.

5. Pneumograph von Marey.
5. Pneumograph von Marey.

Eine durch Selbstregistrierung gewonnene graphische Darstellung (Atmungskurve) belehrt über Frequenz und Tiefe der Atembewegungen und läßt Änderungen derselben sowie der normalen Form der Brustkorbbewegungen leicht erkennen. Beim Menschen verwendet man zu diesen Zwecken Pneumographen und Stethographen.

Fig. 5 gibt den Pneumograph von Marey wieder, der, mit Hilfe der beweglichen Arme a und a' sowie der Bänder bb und b'b' um den Brustkasten befestigt, dessen Ausdehnung bei der Einatmung und seine Verkleinerung bei der Ausatmung wiedergibt. k ist eine Aufnahmekapsel (s. Text zur Tafel Hämodynamische Apparate bei Artikel Blutbewegung); sie wird durch einen Schlauch mit einer Schreibkapsel (s. ebendaselbst) verbunden. Durch die Thoraxvergrößerung wird die Kapsel k komprimiert, und die Schreibkapsel registriert dann mittels des mit ihr verbundenen Schreibhebels den Grad und Nachlaß der Kompression auf einem rotierenden Zylinder; p ist eine Stahlplatte, die der Bewegung einen elastischen Widerstand bietet.

Fig. 6 ist der Zirkelstethograph von P. Bert; seine Aufnahmekapsel k, die wieder mit einer Schreibkapsel verbunden wird, registriert durch diese die Veränderungen, die irgend ein Thoraxdurchmesser bei der Atmung erfährt. Die Kapsel und die ihre Widerlager darstellende, am zweiten Zirkelarm befestigte Gegenplatte p werden auf zwei diametrale Punkte des Brustkorbes aufgesetzt; r ist ein Gummiring, der bei der Verkleinerung des Brustkorbes während der Ausatmung die Zirkelarme wieder in ihre Anfangsstellung zurückführt.

6. Zirkelstethograph von Bert.
6. Zirkelstethograph von Bert.

Der Phrenograph ist ein von Rosenthal angegebener Apparat zur graphischen Registrierung der vom Zwerchfell, dem wichtigsten Einatmungsmuskel, ausgeführten Bewegungen. Dieser Apparat ist nur bei Tieren anwendbar.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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