- Wellington [2]
Wellington, Sir Arthur Wellesley, Herzog von W., Fürst von Waterloo, brit. Feldherr und Staatsmann, geb. 29. April 1769 in Dublin als dritter Sohn des Grafen von Mornington (s. Wellesley), gest. 14. Sept. 1852, erzogen in Eton und in der französischen Militärschule zu Angers, trat 1787 als Fähnrich in englische Dienste und kaufte 1793 die Oberstleutnantsstelle im 33. Infanterieregiment, mit dem er 1794 den Feldzug in Holland mitmachte und 1797 nach Ostindien ging, wo sein älterer Bruder. Richard (s. Wellesley), Generalgouverneur war. Hier avancierte er 1801 zum Generalmajor, wurde dann Gouverneur von Seringapatam und focht 1803 mit Glück gegen die Mahratthen. 1805 nach Europa zurückgekehrt, wurde er für Rye ins Unterhaus gewählt. nahm indessen nur selten an den Debatten teil. 1807 wurde er unter dem Ministerium Portland zum Staatssekretär von Irland ernannt, schloß sich aber bald der Expedition gegen Kopenhagen an, dessen Kapitulation er verhandelte. Dafür wurde er zum Generalleutnant erhoben und im Juli 1808 mit 10,000 Mann nach Portugal gesandt. Auf der Pyrenäischen Halbinsel begann seine eigentliche Feldherrnlaufbahn. Er schlug Junot bei Roliça und Vimeiro (17. und 21 Aug.), gab dann das Kommando an Dalrymple ab, erhielt aber im April 1809 den Oberbefehl über die verstärkten britischen sowie über die portugiesischen Truppen. Er nötigte Soult zum Rückzug, schlug ihn 16. Mai bei Oporto, drang über den Tajo nach Spanien vor und schlug 27. und 28. Juli, mit den Spaniern vereint, bei Talavera de la Reina die französischen Heere unter König Joseph, wofür er den Titel eines Barons Douro von Wellesley und Viscount W. von Talavera sowie von der portugiesischen Regentschaft den eines Marquis von Vimeiro erhielt. Die von den Spaniern verlorne Schlacht bei Almonacid und andre Unfälle bewogen ihn jedoch, den Rückzug nach Portugal anzutreten. Masséna, der ihm folgte, warf er 27. und 28. Sept. 1810 in der Schlacht bei Busaco und behauptete sich dann hinter den verschanzten Linien von Torres Vedras. Im September 1811 überschritt er abermals den Tajo, nahm Ciudad Rodrigo und Badajoz, siegte 22. Juli bei Salamanca und besetzte 12. Aug. Madrid. Im September wandte er sich gegen Burgos, fand aber so hartnäckigen Widerstand, daß er im Oktober den Rückzug antreten mußte. Gleichwohl erfolgten 3. Okt. 1812 seine Erhebung zum Marquis von W. und eine Dotation von 100,000 Pfd. Sterl., nachdem er eine gleiche Summe und den Titel Graf von W. sowie den spanischen Titel eines Herzogs von Ciudad Rodrigo schon im Februar d. J. erhalten hatte. Am Schluß des Feldzugs stand W. wieder auf portugiesischem Boden. Anfang 1813 mit dem Oberbefehl auch über die spanischen Truppen betraut, errang W. 21. Juni den glorreichen Sieg von Vittoria, wofür er zum englischen Feldmarschall und zum portugiesischen Herzog von Vittoria erhoben wurde. Hierauf eroberte er San Sebastian und 31. Okt. Pamplona, schlug im November Soult an der Nivelle und zwang ihn, sich nach Bayonne zurückzuziehen. 1814 nötigte er Soult zum Rückzug bis unter die Mauern von Toulouse, das nach einer letzten Schlacht 10. April in seine Hände fiel. Die Abdankung Napoleons machte den Feindseligkeiten ein Ende. Der englische Prinz-Regent verlieh W. 11. Mai 1814 die Würde eines Herzogs von W. und eines Marquis von Douro, und das Parlament bewilligte ihm nach seiner Ankunft in London (23. Juni) abermals 400,000 Pfd. Sterl. zum Ankauf von Ländereien. W. ging hierauf als außerordentlicher Gesandter nach Paris und trat 1. Febr. 1815 als britischer Bevollmächtigter auf dem Wiener Kongreß an Castlereaghs Stelle. Hier empfing er zuerst die Nachricht von Napoleons Landung, unterzeichnete die Achtserklärung gegen ihn und den Allianztraktat, kam 8. April in Brüssel an, übernahm den Oberbefehl über die britisch-hannoversch-holländisch-braunschweigischen Truppen und machte mit Blücher durch den Sieg bei Waterloo (s. d.) 18. Juni, der ihm vom König der Niederlande den Titel eines Fürsten von Waterloo eintrug, dem französischen Kaiserreich zum zweitenmal ein Ende; darauf marschierte er mit Blücher gegen Paris, wo er 5. Juli einzog, und erhielt nach dem Vertrag vom 20. Nov. 1815 das Oberkommando über die Besatzungstruppen der Verbündeten in Frankreich. Auch in dieser Stellung behauptete er sein leidenschaftsloses Wesen und enthielt sich jeder Einmischung in die Politik. Auf dem Aachener Kongreß 1818 beantragte er selbst die Zurückziehung des Okkupationsheeres; auch half er die Kontributionsfrage zugunsten Frankreichs entscheiden. 1822 vertrat er England auf dem Kongreß in Verona. Im Oberhaus und im Kabinett, dem er als Generalfeldzeugmeister angehörte, näherte er sich mehr und mehr den Grundsätzen des starrsten Toryismus. 1827 ward er zum Oberbefehlshaber der britischen Landmacht ernannt. Nach Goderichs Rücktritt übernahm er im Januar 1828 die Leitung des Ministeriums und umgab sich mit entschiedenen Tories, gab aber 1829 in der Frage der Emanzipation der Katholiken der öffentlichen Meinung nach und gewann auch die Zustimmung des Königs zu dieser Reform. Der Einfluß der Julirevolution auf die britische Nation und die Thronbesteigung Wilhelms IV. führten im November 1830 den Sturz seiner Verwaltung herbei. Vergebens widersetzte er sich nun der Parlamentsreform und andern Reformmaßregeln der Whigminister. Wenn er auch kein glänzendes Rednertalent besaß, so sicherten ihm doch sein persönliches Ansehen und die Klarheit und Bestimmtheit seines Ausdrucks großen Einfluß im Oberhaus. Nach der Entlassung der Whigs im November 1834 ergriff er mit Peel (s. d. 1) wiederum die Zügel der Regierung als Minister des Auswärtigen, doch mußte er schon bei Eröffnung der Session von 1835 zurücktreten. Als Peel nach dem Sturze der Whigs im September 1841 sein Ministerium bildete, trat W. aufs neue, ohne aber ein bestimmtes Departement zu übernehmen, in die Regierung ein und zog sich 1846 mit ihr zurück. Seine Leiche ward 18. Nov. 1852 mit königlichen Ehren in der St. Paulskirche beigesetzt. Schon bei Lebzeiten waren ihm Standbilder auf vielen öffentlichen Plätzen errichtet worden. W. war ein Mann von etwas mehr als mittlerer Größe, mager, knochig gebaut, von unverhältnismäßig langem Gesicht mit stark vortretender Römernase. Weder durch Genialität noch durch kühne Ideen ausgezeichnet, besaß er doch scharfen Verstand, eisernen Willen, leidenschaftslose Kälte und unerschütterliches Pflichtgefühl. – Sein Sohn Arthur Richard, geb. 3. Febr. 1807, zweiter Herzog von W., war Generalleutnant in der Armee und starb kinderlos 13. Aug. 1884 in Brighton. Dessen Neffe Henry Wellesley, geb. 5. April 1846, gest. 8. Juni 1900, dritter Herzog von W., war Oberst in der Artillerie. Ihm folgte als vierter Herzog von W. sein Bruder Arthur Charles Wellesley, geb. 15. März 1849, Oberst z. D. der Gardegrenadiere.
Vgl. die von Gurwood herausgegebenen »Despatches of the Duke of W. etc.« (Lond. 1836–38, 12 Bde.; neue Ausg. 1858, 8 Bde.; Supplemente 1858 bis 1872, 15 Bde.; Auswahl von Wood in 1 Bd., 1902), seine »Speeches in Parliament« (das. 1854, 2 Bde.), die »Notes of conversations with the Duke of W. by Ph. H. Earl of Stanhope« (das. 1889) und die »Letters of the Duke of W. to Miss J. 1834–1851« (hrsg. von Herrick, das. 1889), die Biographien von Bauer (Quedlinb. 1840, 6 Bde.), W. H. Maxwell (Lond. 1841, neue Ausg. 1882), Jackson und Scott (das. 1840, 2 Bde.), C. D. Yonge (das. 1860, 2 Bde.; neue Ausg. 1890), Gleigh (1862, neue Ausg. 1904), G. L. Browne (das. 1888), Brialmont (Par. 1856, 3 Bde.), Büdinger (Leipz. 1869), R. Pauli (im »Neuen Plutarch«, Bd. 6, das. 1879), Sir Herbert Maxwell (Lond. 1899, 2 Bde.; 6. Aufl. in 1 Bd. 1907), Morris (das. 1904) u. a.; Ellesmere, Personal reminiscences of the duke of W. (das. 1903); L. Butler, Wellington's operations in the Peninsula (das. 1904, 2 Bde.); C. W. Robinson, Wellington's campaigns (das. 1907), und die Literatur bei Artikel »Waterloo«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.