Bastĭan

Bastĭan

Bastĭan, 1) Adolf, berühmter Reisender und Ethnograph, geb. 26. Juni 1826 in Bremen, studierte in Berlin, Heidelberg, Prag, Jena und Würzburg und ging 1851 als Schiffsarzt nach Australien. Er durchstreifte hier die Goldbezirke und einen Teil des Innern, fuhr hierauf nach Neuseeland und von dort durch die Südsee nach Peru. Dann überstieg er die Anden, verweilte einige Zeit in Cuzco, bereiste Westindien, die Vereinigten Staaten und Mexiko und ging von Kalifornien nach China. Darauf besuchte er Hinterindien und den Malaiischen Archipel, befuhr nach längerm Aufenthalt in Kalkutta vier Monate lang auf einem kleinen Boote den Ganges und zog durch Dekhan nach Bombay. Von hier ging er zum Euphrat, besuchte die Ruinen von Babylon und Ninive, begab sich dann durch Syrien und Palästina nach Kairo, fuhr den Nil hinauf, ritt durch die Wüste nach Kosseïr am Roten Meer, schiffte nach Dschidda und schloß sich in Mocha einer Karawane an, die nach Aden zog. Darauf ging er nach Mauritius und über das Kap der Guten Hoffnung nach Loanda, besuchte die Königsstadt San Salvador, die seit zwei Jahrhunderten kein gebildeter Europäer betreten hatte, segelte längs der afrikanischen Küste nach der Insel Fernando Po, drang von dort in das Nigerdelta ein, bereiste Liberia, Sierra Leone und Senegambien und kehrte nach achtjähriger Abwesenheit nach Europa zurück, wo er noch Portugal, Spanien, die Türkei, Rußland, Schweden und Norwegen besuchte, ehe er nach Bremen heimkehrte. Hier widmete er sich der Bearbeitung des ungemein reichen Materials; aber schon 1861 trat er eine zweite, fünf Jahre dauernde Reise an. Von London ging er nach Madras, darauf nach Rangun, fuhr den Irawadi hinauf nach Mandalai und widmete sich ein Jahr lang dem Studium der Sprache und Literatur der Birmanen; dann studierte er in Bangkok Sprache und Literatur der Siamesen und wandte sich über Kambodscha und Saigon nach Singapur. 1864 und 1865 reiste er durch den Archipel nach Japan und zog von Peking durch die Mongolei und Sibirien nach dem Kaukasus. Nach seiner Rückkehr ließ sich B. in Berlin nieder, wo er, 1868 mit der Verwaltung der ethnographischen Abteilung der königlichen Museen betraut, 1869 sich als Dozent für Ethnologie an der Universität habilitierte und im Verein mit Virchow die »Zeitschrift für Ethnologie«, das Organ der Berliner anthropologischen Gesellschaft, begründete. Große Verdienste erwarb er sich um das Zustandekommen der Deutschen Gesellschaft für die Erforschung Innerafrikas, als deren Vorsitzender er 1873 an der afrikanischen Westküste die Einbruchsstation bei Tschintschotscho errichtete. Für die Zwecke des Museums reiste B. 1875–76 nach Peru und Ecuador, begab sich dann durch Kolumbien und Guatemala nach San Francisco und besuchte auf der Rückreise die Antillen. Im Sommer 1878 ging er durch Persien nach Indien, untersuchte Assam und verschiedene indische und ozeanische Inselgruppen und kehrte über Nordamerika und Westindien 1880 zurück. Nachdem er 1886 zum Geheimrat und Direktor des neubegründeten Museums für Völkerkunde ernannt worden war, unternahm er 1889–91 eine Forschungsreise, auf der zunächst die durch die Transkaspibahn erschlossenen Gebiete Zentralasiens und Indien untersucht, aber auch Australien und Afrika berührt wurden. Abermals nach Indien und dem Indischen Archipel ging eine neue Forschungsreise von 1896–97, auf der B. sich längere Zeit in Batavia aufhielt. Von allen diesen Reisen brachte B. umfangreiche Sammlungen für das ihm unterstellte Museum mit. Bei dem drohenden Untergang der Naturvölker war sein eifrigstes Bestreben, möglichst viel von ihrem Kulturbesitz noch in der letzten Stunde für die Wissenschaft zu retten. Von den äußerst zahlreichen Schriften Bastians, die voll tiefster Gelehrsamkeit sind und eine erdrückende Fülle von Stoff enthalten, ohne daß auf die Form der Darstellung Wert gelegt ist, seien erwähnt: »Ein Besuch in San Salvador, der Hauptstadt des Königreichs Kongo« (Brem. 1859); »Der Mensch in der Geschichte; zur Begründung einer psychologischen Weltanschauung« (Leipz. 1860, 3 Bde.); »Die Völker des östlichen Asien« (Bd. 1 u. 2, das. 1866; Bd. 3–6, Jena 1866–71); »Beiträge zur vergleichenden Psychologie« (Berl. 1868); »Das Beständige in den Menschenrassen und die Spielweite ihrer Veränderlichkeit« (das. 1868); die Vorträge »Mexiko«, »A. v. Humboldt« (1869); »Sprachvergleichende Studien, besonders auf dem Gebiete der indochinesischen Sprachen« (Leipz. 1870); »Die Weltauffassung der Buddhisten« (das. 1870); »Ethnologische Forschungen« (das. 1871–73, 2 Bde.); »Die Rechtsverhältnisse bei verschiedenen Völkern der Erde« (Berl. 1872); »Geographische und ethnologische Bilder« (das. 1872); »Offener Brief an Herrn Professor E. Haeckel« (das. 1874), worin B. als Gegner des extremen Darwinismus auftritt; »Die deutsche Expedition an der Loangoküste Afrikas« (Jena 1874–75, 2 Bde.); »Schöpfung oder Entstehung« (das. 1875); »Die. Vorstellungen von der Seele« (Berl. 1875); »Die Kulturländer des alten Amerika« (das. 1878–89, 3 Bde.); »Die heilige Sage der Polynesier« (Leipz. 1881); »Vorgeschichte der Ethnologie« (Berl. 1881); »Der Völkergedanke im Aufbau einer Wissenschaft vom Menschen« (1881); »Der Buddhismus in seiner Psychologie« (1882); »Zur naturwissenschaftlichen Behandlung der Psychologie« (1883); »Völkerstämme am Brahmaputra« (1883); »Inselgruppen in Ozeanien« (1883); »Zur Kenntnis Hawaiis« (1883); »Allgemeine Grundzüge der Ethnologie« (1884); »Religionsphilosophische Probleme« (1884); »Indonesien oder die Inseln des Malaiischen Archipels« (1884–94, 5 Bde.); »Der Fetisch an der Küste Guineas« (1885); »Die Welt in ihren Spiegelungen unter dem Wandel des Völkergedankens« (1887) nebst dem »Ethnologischen Bilderbuch« (1887); »Allerlei aus Volks- und Menschenkunde« (1888, 2 Bde.); »Über Klima und Akklimatisation« (1889); »Ideale Welten nach uranographischen Provinzen in Wort und Bild« (1892, 3 Bde.); »Zur Mythologie und Psychologie der Nigritier in Guinea« (1894); »Die samoanische Schöpfungssage und Anschließendes aus der Südsee« (1894); »Zur Lehre vom Menschen in ethnischer Anthropologie« (1895); »Die Denkschöpfung umgebender Welt aus kosmogonischen Vorstellungen in Kultur und Unkultur« (1896); »Lose Blätter aus Indien« (1897–99,7 Hefte); »Die Teilung der Erde und die Teilung Samoas« (1899); »Die mikronesischen Kolonien aus ethnologischen Gesichtspunkten« (1900); »Kulturhistorische Studien unter Rückbeziehung auf den Buddhismus« (1900); »Die wechselnden Phasen im geschichtlichen Sehkreis und ihre Rückwirkungen auf die Völkerkunde« (1900); »Die humanistischen Studien in ihrer Behandlungsweise nach komparativ-genetischer Methode auf naturwissenschaftlicher Unterlage« (1901); »Die Probleme humanistischer Fragestellungen und deren Beantwortungsweisen unter den Zeichen der Zeit« (1901); »Der Menschheitsgedanke durch Raum und Zeit« (1901, 2 Bde.), sämtlich in Berlin erschienen. Eine Zusammenstellung der Schriften Bastians veröffentlichte Schmeltz im »Internationalen Archiv für Ethnographie« (Leid. 1896). Vgl. Achelis, Adolf B. (Hamb. 1891).

2) Henry Charlton, Mediziner, geb. 26. April 1837 in Truro, wurde 1867 Professor der pathologischen Anatomie in London, 1868 Assistent am Hospital für Gelähmte und Epileptische, 1871 Arzt am Hospital der Universität und 1887 Professor der theoretischen und praktischen Medizin. B. gilt als Autorität auf dem Gebiete der Pathologie des Nervensystems. Er schrieb: »The modes of origin of lowest organisms« (Lond. 1871); »The beginnings of life« (1872, 2 Bde.); »Evolution and the origin of life« (1874); »Clinical lectures on the common forms of paralysis« (1875); »The brain as the organ of mind« (1880; deutsch: »Das Gehirn etc.«, Leipz. 1882, 2 Tle.); »Paralyses« (1886); »A treatise on aphasia and other speech defects« (1898; deutsch, Leipz. 1902); »Studies in heterogenesis« (1901).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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