Spiegelung

Spiegelung

Spiegelung, regelmäßige Zurückwerfung (Reflexion) des Lichtes. Fällt ein Lichtstrahl fn (Fig. 1, S. 734) auf einen Spiegel ss' (jede glatte Fläche), so wird ein Teil desselben in ganz bestimmter Richtung nd von der Fläche in den vor ihr befindlichen Raum zurückgeworfen. Die auf der spiegelnden Fläche in dem Punkte n, wo der einfallende Strahl sie trifft, errichtete Senkrechte heißt das Einfallslot. Die durch den einfallenden Strahl und das Einfallslot gelegte Ebene (die Ebene der Zeichnung), die senkrecht auf der spiegelnden Fläche steht, heißt die Einfallsebene; sie wird, weil sie stets auch den zurückgeworfenen Strahl enthält, auch Zurückwerfungs- oder Reflexionsebene genannt.

Fig. 1. Zurückwerfung des Lichtes.
Fig. 1. Zurückwerfung des Lichtes.

Die Richtungen des einfallenden und des zurückgeworfenen Strahles werden bestimmt durch den Einfallswinkel (Inzi-denzwinkel) i und den Zurückwerfungswinkel (Reflexionswinkel) r, die jeder dieser Strahlen mit dem Einfallslot bildet. Der Zurückwerfungswinkel ist stets dem Einfallswinkel gleich. Ein auf einen Spiegel senkrecht auffallender Strahl (pn) wird in sich selbst (nach np) zurückgeworfen.

Fig. 2. Entstehung des Bildpunktes bei einem ebenen Spiegel.
Fig. 2. Entstehung des Bildpunktes bei einem ebenen Spiegel.

Aus diesem Gesetz folgt unmittelbar, daß alle Strahlen (lr, lr'... Fig. 2), die, von einem hellen Punkt l ausgehend, auf einen ebenen Spiegel (Planspiegel) treffen, von demselben so zurückgeworfen werden (rs, r's'...), als kämen sie von einem Punkt l, der auf der von dem Lichtpunkt aus auf den Spiegel gezogenen Senkrechten lpl' ebenso weit hinter der spiegelnden Ebene liegt, wie der Lichtpunkt l vor derselben. Ein Auge, das sich vor dem Spiegel (z. B. in s') befindet, empfängt daher die zurückgeworfenen Strahlen gerade so, als ob der Punkt l', von dem sie auszugehen scheinen, selbst ein heller Punkt wäre; es sieht in (d. h. hinter) dem Spiegel in der Richtung s'l' den Punkt l' als Bild des vor dem Spiegel befindlichen Punktes l. Jedem Punkt eines leuchtenden oder beleuchteten Gegenstandes entspricht in derselben Weise ein Bildpunkt hinter dem Spiegel, und aus der Gesamtheit aller Bildpunkte entsteht das Spiegelbild des Gegenstandes.

Da die zurückgeworfenen Strahlen von dem Bilde hinter einem Spiegel gerade so ausgehen wie von einem wirklich dort befindlichen Gegenstand, so kann jedes Spiegelbild einem zweiten Spiegel gegenüber wieder die Rolle eines Gegenstandes spielen; bei Anwendung zweier Spiegel, deren spiegelnde Flächen einander zugewendet sind, entstehen daher außer den beiden unmittelbaren Spiegelbildern (erster Ordnung) noch solche zweiter, dritter und höherer Ordnung, die aber wegen der Lichtverluste bei den wiederholten Zurückwerfungen immer lichtschwächer werden. Bringt man z. B. eine brennende Kerze zwischen zwei einander parallel gegenüberhängende Spiegel, so erblickt man in jedem eine unabsehbare Reihe von Kerzenflammen, die sich in unendlicher Ferne zu verlieren scheint. Die Zahl der Bilder wird eine begrenzte, wenn die beiden Spiegel einen Winkel miteinander bilden (Winkelspiegel, Fig. 3).

Fig. 3. Winkelspiegel.
Fig. 3. Winkelspiegel.

Die Spiegel MN und RN liefern von dem zwischen ihnen befindlichen Gegenstand A die Bilder erster Ordnung B und B1. Indem das Bild B hinter dem ersten Spiegel seine Strahlen dem zweiten Spiegel zusendet, entwirft dieser ein Bild zweiter Ordnung C1 und ebenso der erste Spiegel ein Bild C des Bildes B1. Damit ist aber für den in der Zeichnung angenommenen Winkel von 72° die Anzahl der Bilder erschöpft. Ein zwischen die Spiegel blickendes Auge O sieht die Bilder nebst dem Gegenstand auf einem um den Kreuzungspunkt der beiden Spiegel beschriebenen Kreis regelmäßig angeordnet, und zwar trifft auf jeden Winkelraum, der dem Winkel der beiden Spiegel gleich ist, je ein Bild. Das Auge O sieht daher den Gegenstand so vielmal, als dieser Winkel in dem ganzen Umfang enthalten ist. Auf die regelmäßige Anordnung der Bilder der Winkelspiegel gründet sich die Wirkung des Kaleidoskops (s. d.).

Eine kugelförmig gekrümmte Schale, die auf ihrer Innenseite glatt poliert ist, bildet einen Hohlspiegel (Konkavspiegel, Sammelspiegel). Der Mittelpunkt der Hohlkugel, von der die Schale ein Abschnitt ist, heißt der Krümmungsmittelpunkt oder geometrische Mittelpunkt und jede durch ihn gezogene gerade Linie eine Achse desselben; unter ihnen wird diejenige, welche die Schale in ihrem mittelsten tiefsten Punkte (dem optischen Mittelpunkte des Spiegels) trifft, als Hauptachse bezeichnet.

Fig. 4. Brennpunkt eines Hohlspiegels.
Fig. 4. Brennpunkt eines Hohlspiegels.

Jeder längs einer Achse sich fortpflanzende Strahl (Achsenstrahl) trifft senkrecht auf den Spiegel und wird daher in sich selbst zurückgeworfen. Läßt man ein Bündel paralleler Sonnenstrahlen (Fig. 4) auf einen Hohlspiegel fallen, so werden sie in Form eines Lichtkegels zurückgeworfen, dessen Spitze F vor dem Spiegel auf der mit den einfallen den Strahlen parallelen Achse liegt. Dieser Punkt F, durch den sämtliche auf den Spiegel parallel mit der Achse treffende Strahlen hindurchgehen, heißt der zu dieser Achse gehörige Brennpunkt. Auf einem Papierblättchen, das man an seine Stelle bringt, erscheint er als weißer Fleck von blendender Helligkeit, bis das Papier unter der kräftigen Wärmewirkung der vereinigten Strahlen Feuer fängt. Wegen dieser Wirkung nennt man den Hohlspiegel auch Brennspiegel. Der Brennpunkt liegt auf jeder Achse gerade in der Mitte zwischen dem Spiegel und dessen Krümmungsmittelpunkt, oder die Brennweite ist die Hälfte des Kugelhalbmessers.

Fig. 5. Reeller Bildpunkt.
Fig. 5. Reeller Bildpunkt.

Jeder Strahl, der nicht durch den Kugelmittelpunkt (C, Fig. 4) geht, trifft schräg auf die Spiegelfläche und wird so zurückgeworfen, daß er mit dem an seinem Einfallspunkt auf der Spiegelfläche errichteten Einfallslot beiderseits gleiche Winkel bildet. Das Einfallslot ist aber jedesmal der vom Krümmungsmittelpunkt zum Einfallspunkt gezogene Kugelhalbmesser.

Die Kugelhalbmesser, d. h. Einfallslote, sind in demselben Maße stärker zur Achse geneigt, als die Punkte des Spiegels, zu denen sie gehören, weiter von der Achse abstehen. Deshalb muß auch jeder mit der Achse parallele Strahl in dem Maße stärker gegen die Achse zu aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt werden, als er weiter entfernt von der Achse auf den Spiegel trifft. Aus diesem Verhalten erklärt es sich, warum sämtliche auf den Hohlspiegel parallel zur Achse treffende Strahlen nach der Zurückwerfung durch ein und denselben Punkt gehen müssen Befindet sich im Brennpunkt F eine Lichtquelle, so werden ihre auf den Spiegel treffenden Strahlen, indem sie dieselben Wege in entgegengesetzter Richtung einschlagen, parallel zu der Achse zurückgeworfen. Fällt von einem Lichtpunkt a (Fig. 5), der zwischen dem Brennpunkt F und dem Kugelmittelpunkt C liegt, ein Strahlenbüschel auf den Spiegel, so treffen die einzelnen Strahlen jetzt minder schräg auf den Spiegel, als wenn sie aus dem Brennpunkt kämen, und werden daher auch weniger stark von der Achse weggelenkt; sie laufen daher nach der Zurückwerfung nicht mit der Achse parallel, sondern schneiden sie jenseit des Mittelpunktes C und zwar, da ihre Ablenkung um so größer ist, je weiter der getroffene Spiegelpunkt von der Achse absteht, in einem einzigen Punkt A, den man das Bild des Punktes a nennt. Bringt man nach A einen Lichtpunkt, so müssen seine Strahlen, indem sie sich auf denselben Bahnen in entgegengesetzter Richtung bewegen, im Punkt a zusammentreffen.

Fig. 6. Virtueller Bildpunkt.
Fig. 6. Virtueller Bildpunkt.

Die Punkte a und A gehören also in der Weise zusammen, daß jeder das Bild des andern ist, und heißen deshalb zusammengehörige oder konjugierte Punkte. Ist ein Lichtpunkt (A, Fig. 6) um weniger als die Brennweite F vom Spiegel entfernt, so vermag dieser die zu stark auseinander fahrenden Strahlen nicht mehr in einem vor dem Spiegel gelegenen Punkt zu vereinigen, sondern die zurückgeworfenen Strahlen gehen jetzt auseinander, jedoch so, als ob sie von einem hinter dem Spiegel gelegenen Punkt a ausgingen. Da umgekehrt Strahlen, die nach dem hinter dem Spiegel gelegenen Punkt a hinzielen, im Punkt A vor dem Spiegel vereinigt werden, so sind auch in diesem Falle die Punkte A und a als zusammengehörige (konjugierte) zu betrachten.

Da jedem Punkt eines leuchtenden oder beleuchteten Gegenstandes, der sich vor einem Hohlspiegel befindet. ein auf der zugehörigen Achse gelegener Bildpunkt entspricht, so entsteht aus der Gruppierung sämtlicher Bildpunkte ein Bild des Gegenstandes. Befindet sich z. B. ein Gegenstand AB (Fig. 7) zwischen dem Brennpunkt F und dem Krümmungsmittelpunkt C, so liegt das Bild des Punktes B auf der Achse BC in b, dasjenige des Punktes A auf der Achse AC in a u. s. f. Es entsteht daher jenseit C ein umgekehrtes vergrößertes Bild ab. Wäre ab ein Gegenstand, der um mehr als die doppelte Brennweite vom Spiegel entfernt ist, so würde derselbe ein umgekehrtes verkleinertes Bild in AB zwischen dem Brennpunkt F und dem Kugelmittelpunkt C liefern. Man erkennt aus der Zeichnung, daß Bild und Gegenstand einander ähnlich sind, und daß ihre Größen sich zueinander verhalten wie ihre Abstände vom Spiegel. Je weiter sich der Gegenstand vom Spiegel entfernt, desto näher rückt sein Bild dem Brennpunkte. Das Bild eines unermeßlich weit entfernten Gegenstandes, z. B. eines Gestirns, entsteht im Brennpunkt selbst. Der helle Fleck im Brennpunkt eines Hohlspiegels, auf den man die Sonnenstrahlen fallen läßt (s. oben), ist eigentlich nichts andres als ein kleines Bild der Sonne.

Fig. 7. Entstehung eines reellen Bildes bei einem Hohlspiegel.
Fig. 7. Entstehung eines reellen Bildes bei einem Hohlspiegel.

Diese Bilder unterscheiden sich nun sehr wesentlich von den Bildern, welche die ebenen Spiegel liefern. Sie entstehen nämlich dadurch, daß die von einem jeden Punkte des Gegenstandes ausgehenden Strahlen in einem Punkt vor dem Spiegel wirklich vereinigt oder gesammelt werden; ein solches Bild kann daher auf einem Schirm aufgefangen werden und erscheint nach allen Seiten hin sichtbar, wie ein in den zartesten Farben ausgeführtes Gemälde. Bilder dieser Art nennt man deswegen wirkliche (reelle, objektive) oder Sammelbilder. Die Bilder der ebenen Spiegel dagegen entstehen durch Strahlen, die vor dem Spiegel auseinandergehen und sich zerstreuen, indem sie von hinter der Spiegelfläche liegenden Punkten auszugehen scheinen, und werden nur gesehen, wenn diese Strahlen unmittelbar in das Auge dringen. Sie werden daher scheinbare (virtuelle, subjektive) oder Zerstreuungsbilder genannt. Auch die objektiven Bilder der Sammelspiegel können ohne Auffangsschirm unmittelbar wahrgenommen werden, wenn man das Auge in den Weg der Strahlen bringt, die nach der Vereinigung von den Punkten des Bildes aus wieder auseinandergehen. Das Bild scheint alsdann vor dem Spiegel in der Luft zu schweben.

Sammelbilder liefert ein Hohlspiegel nur von Gegenständen, die um mehr als die Brennweite von ihm abstehen. Von einem dem Spiegel nähern Gegenstand (AB, Fig. 8) kann er, weil die von jedem Punkt kommenden Lichtstrahlen nach der Zurückwerfung auseinandergehen, nur noch ein scheinbares Bild (ab) entwerfen, das einem in den Spiegel blickenden Auge aufrecht hinter der Spiegelfläche und größer als der Gegenstand erscheint.

Fig. 8. Entstehung eines virtuellen Bildes bei einem Hohlspiegel.
Fig. 8. Entstehung eines virtuellen Bildes bei einem Hohlspiegel.

Die Figur zeigt den Gang der Lichtstrahlen im gegenwärtigen Falle. Wegen dieser vergrößernden Wirkung werden die Hohlspiegel auch Vergrößerungsspiegel genannt.

Jede auf der äußern gewölbten Seite polierte Kugelfläche bildet einen Konvexspiegel oder Zerstreuungsspiegel. Da ein solcher die von einem Punkt (B, Fig. 9) ausgehen den Strahlen stets so zurückwirft, daß sie von einem hinter dem Spiegel liegenden Punkt b noch stärker als vorher auseinandergehen, so kann derselbe von einem Gegenstand AB nur ein scheinbares oder Zerstreuungsbild ab liefern, das hinter dem Spiegel in aufrechter Stellung gesehen wird.

Fig. 9. Konvexspiegel.
Fig. 9. Konvexspiegel.

Da das Bild stets kleiner ist als der Gegenstand, so nennt man die Konvexspiegel auch Verkleinerungsspiegel und verwendet sie ihrer niedlichen Bilder wegen als Taschentoilettenspiegel. – Bezeichnet a die Entfernung des Lichtpunktes, b diejenige des Bildpunktes von einem Konkav- oder Konvexspiegel und F seine Brennweite, so gilt die Gleichung: 1/a+1/b = 1/f. Hieraus ergibt sich, wenn der Bildpunkt virtuell ist, die Größe b negativ; für Konvexspiegel ist die Brennweite F negativ zu nehmen, für Hohlspiegel positiv. Alles von den kugelförmig gekrümmten oder sphärischen Spiegeln bisher Gesagte gilt jedoch nur, wenn ihre Öffnung klein ist. Bei Hohlspiegeln von größerer Öffnung werden z. B. die parallel zur Achse in der Nähe des Randes auffallenden Strahlen nach einem Punkte der Achse gelenkt, der dem Spiegel näher liegt als der für die näher der Mitte auffallenden Strahlen gültige Brennpunkt, ein Fehler, der dadurch vermieden werden kann, daß man dem Spiegel eine parabolische Gestalt gibt. Man nennt daher diesen Fehler die »Abweichung wegen der Kugelgestalt« oder die sphärische Aberration. Die Lehre von der S. (Reflexion oder regelmäßigen Zurückwerfung) des Lichtes wird Katoptrik genannt.


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