Phoenix

Phoenix

Phoenix L. (Dattelpalme), Gattung der Palmen, Bäume mit hohem oder niedrigem, blattnarbigem Stamm oder stammlose Busche mit dichter Blattkrone, gefiederten Blättern mit linearen, an der Basis gefalteten Segmenten, deren untere oft stachelartig sind, büschelig verzweigtem, aus den Achseln der Blätter hervorbrechendem, 0,1–1 m langem Blütenkolben mit dunkelgelben oder gelbweißen, diözischen Blüten und runden oder länglichen, gelbbraunen Früchten mit länglich-oblongem, hornigem, bisweilen fehlschlagendem Samen. Von den elf Arten, die sich über Afrika, Arabien, Westasien im Gebiete des Euphrat und Tigris, durch Indien bis zu den Sundainseln und Kotschinchina verbreiten, sind die südlichsten P. reclinata Jacq. und P. spinosa Thonn., beide am Kap, die nördlichste die echte Dattelpalme (P. dactylifera L., s. Tafel »Nahrungspflanzen III«, Fig. 12), die sich von den Kanaren durch die Oasen der Sahara nach Arabien und dem südwestlichen Asien verbreitet, auch noch in Südeuropa wächst, am besten zwischen 19 und 35° nördl. Br. gedeiht und zur Ausbildung reifer Früchte einer mittlern Jahrestemperatur von 21–23° bedarf. Zu große Luftfeuchtigkeit ist ihr nachteilig. Der Regenfall soll 130 bis höchstens 215 mm im Jahr betragen. Die Dattelpalme ist ein wichtiger Kulturbaum Afrikas und Arabiens, für deren Landschaftsbilder er charakteristisch ist. Er wird aber in großer Zahl auch auf den Hyèrischen Inseln, bei Bordighera an der ligurischen Küste, in Spanien bei Elche und in Südkalifornien kultiviert. Am entwickeltsten ist die Kultur in Algerien und Tunesien. Die Dattelpalme wird 10–20 m hoch und gegen 100 Jahre alt; der etwa 60–100 cm dicke Stamm erhält durch die verdorrten, nicht abfallenden, niedergebeugten Blätter ein struppiges Aussehen, trägt am Gipfel eine schöne, dichte Krone von 3 m langen Blättern mit lineal-lanzettlichen Fiedern und durch Kultur genießbar gewordene Früchte, von denen man gegen 50 Varietäten unterscheidet. Die Datteln sind zylindrisch elliptisch bis eiförmig oder fast kugelig, bis über 5 cm lang, grün, gelbbraun bis braun, in Weichheit und Geschmack des Fleisches sehr verschieden. Die Dattelpalme läßt sich durch Wurzelschößlinge leicht fortpflanzen. Im 4. oder 5. Jahr beginnen die jungen Pflanzen zu tragen. Sie sind für Düngung und gute Bewässerung sehr empfänglich. Zur Erzielung reichlicher Früchte wendet man überall, wo Datteln kultiviert werden, seit dem Altertum künstliche Befruchtung an, indem man den männlichen Blütenkolben mit reifem Pollen aus der Scheide herausnimmt, zerteilt und die Stücke in die geöffnete Scheide der weiblichen Blüte hineinzwängt. Man macht aus ihren Blättern Besen und Bürsten und benutzt sie wie das Holz als Baumaterial. Große Mengen von Blättern werden frisch und getrocknet, zum Teil gebleicht, zu Schmuck und religiösem Kultus (beim christlichen Osterfest und jüdischen Laubhüttenfest) benutzt; die Mittelrippe der Blätter liefert Spazierstöcke, die Fasern, welche die Blattstiele verbinden (in der nördlichen Sahara Lisa), werden zu Seilen, Schnüren, Matten verarbeitet. Die Früchte sind Nahrungsmittel für Menschen und Tiere. Sie bestehen aus 10 Teilen Kern, 5 Teilen Schale und 85 Teilen Fruchtfleisch, und letzteres enthält 30 Proz. Wasser, 36 Proz. Zucker, 23,25 Proz. Eiweiß- und Extraktivstoffe, 8,5 Proz. Pektinkörper, 1,5 Proz. Zellulose und 0,75 Proz. Zitronensäure, Mineralstoffe und Kumarin, welch letzterm sie zum Teil ihren Wohlgeschmack verdanken. Man trocknet die Datteln an der Sonne und vergräbt sie zur Konservierung in Sand. Ihr Genuß wirkt sehr erhitzend, doch bilden sie das hauptsächlichste Nahrungsmittel ganzer Völkerschaften. Zu uns kommen größere, dunklere, auch fleischigere und süßere (Alexandriner) Datteln aus Ägypten, geringere aus Tunis; doch liefern auch Syrien und Algerien Datteln für den Handel. Man preßt die Früchte auch zusammen (Dattelbrot) und bereitet aus ihnen Sirup (Dattelhonig) und Branntwein. Durch Ausschneiden der innersten Blätter der Blattkrone gewinnt man einen trüben, süßlichen Saft, der schnell gärt und dann berauschend wirkt. Die jungen Gipfelknospen und Blütenkolben werden auch als Gemüse gegessen. Der Same dient wohl als Viehfutter, geröstet auch als Kaffeesurrogat. – Die ältesten Nachrichten kennen die Dattelpalme noch nicht als Fruchtbaum; sie ward dies vielleicht in den Ebenen am untern Euphrat und Tigris und verbreitete sich dann erst von dort nach Jericho, Phönikien etc. Die Dattelpalme gehört, wie das Kamel, dem Wüsten- und Oasenvolk der Semiten an, und durch beide hat dies Volk eine ganze Erdgegend bewohnbar gemacht. Der griechische Name der Dattelpalme, phoinix, zeigt sie als den aus Phönikien stammenden Baum, und nach der Odyssee stand die erste Palme auf Delos. Palmzweige dienten später als Siegeszeichen teils in Gestalt von Kränzen auf dem Haupte, teils als Zweige in den Händen, wie sie schon bei den Semiten als Zeichen des Lobes und Sieges und festlicher Freude benutzt worden waren. Vgl. Heilige Pflanzen. Später wurden immer häufiger Palmen bei den Heiligtümern und Ortschaften angepflanzt, auch erscheinen sie auf Vasenbildern als Attribut der Leto und des Apollon sowie auf Münzen. In Italien wuchs die Dattelpalme im 3. Jahrh. v. Chr.; doch kannte man sie vielleicht schon viel früher aus direktem Verkehr mit dem Süden. Die Frucht wurde jedenfalls erst später bekannt; ihr Name daktylos stammt aus dem Semitischen. Mit dem Hereinbrechen der Barbarei starben später die Palmbäume in den europäischen Mittelmeerländern ab, und erst durch die Araber wurden sie einzeln neu angepflanzt. in Spanien 756. Die Anlehnung des Christentums an die Bildersprache des Heiden- und Judentums veranlaßte die Anlage des großen Palmenhains von Bordighera. Man bindet dort im Hochsommer die Kronen zusammen, damit die eingeschlossenen jungen Blätter bleichen (Bild der himmlischen Reinheit), und versendet diese namentlich zum Osterfest nach Rom etc. Bei Elche in Südspanien, südwestlich von Alicante, steht ein Palmenhain von 70,000 Stämmen, der auch Früchte liefert. P. sylvestris Roxb., in Ost- und Hinterindien, wird bis 12 m hoch und unterscheidet sich von der Dattelpalme fast nur durch die kleinern ungenießbaren Früchte. Sie liefert Zucker (in Bengalen 100,000 Ztr.), den man aus dem durch Einschnitte unter der weichen Endknospe gewonnenen Saft bereitet. Ein Baum liefert jährlich 3,5–4 kg, ist aber nach 20 bis 25 Jahren erschöpft. Derselbe Saft vergärt leicht zu Palmwein (Tari), und aus diesem gewinnt man durch Destillation Arrak. P. farinifera Willd. wächst häufig in den bergigen Distrikten Vorderindiens auf trocknem, unfruchtbarem Sande. Der Stamm ist nur 30–60 cm hoch und so in den Blattscheiden versteckt, daß das Ganze einem dicken Busch gleicht. Aus den Blättchen werden Matten, aus den Blattstielen Körbe geflochten. Die mehlige Substanz, welche die aus weißen, ineinander verwobenen Fasern bestehende äußere Holzschicht des Stammes einschließt, dient in Zeiten des Mangels als Speise und wird zu einem dicken Brei (Kauji) eingekocht. Mit dieser Art dem Habitus nach sehr verwandt ist P. acaulis Roxb., die bei Bahar auf den hochgelegenen Ebenen nördlich vom Ganges und im Flachland von Birma wächst. Als Zierpflanze ist P. paludosa Roxb. zu empfehlen, die südlichste indische Art, die schöne, dichte Büschel bildet. Die Stämme niedrigerer Bäume dienen als Spazierstöcke, und die Eingebornen glauben damit die Schlangen von sich abhalten zu können. Die längern Stämme liefern Balken, die Blätter Dachstroh. Als Zimmerpflanzen eignen sich beispielsweise die südafrikanische P. reclinata Jacq., deren Früchte zu Dattelhonig verarbeitet und deren geröstete Samen als Kaffeesurrogat benutzt werden, und besonders auch P. canariensis hort. (s. Tafel »Blattpflanzen I«, Fig. 8), die in großen Mengen bei Bordighera herangezogen wird. Vgl. Th. Fischer, Die Dattelpalme (Ergänzungsheft Nr. 64 zu »Petermanns Mitteilungen«, Gotha 1881).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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