Granīt

Granīt

Granīt, ein massiges kristallinisches Gestein, aus Feldspat (weißem oder rötlichem, selten grünem Orthoklas und häufig daneben weißem, grauem oder grünlichem Oligoklas), Quarz und Glimmer (Biotit oder Muskovit) bestehend. Die Struktur ist körnig, zuweilen durch einzelne größere, ringsum ausgebildete Feldspate (vorwiegend Orthoklas, oft in Zwillingen) auch porphyrartig (Fichtelgebirge, Karlsbad te.; vgl. Tafel »Mineralien und Gesteine«, Fig. 13 u. 14, und Tafel »Gesteine«, Fig. 1). Als akzessorische Gemengteile finden sich Hornblende, Turmalin, Apatit und Magneteisen ziemlich häufig; seltener sind Augit, Granat, Cordierit, Beryll, Zinnerz, Flußspat; sekundär entstanden sind der oft recht häufige Epidot (Pistazit), der Pinit, der Andalusit. Als mittlere Werte zahlreicher Pauschanalysen lassen sich 71 Proz. Kieselsäure, 15 Proz. Tonerde, 3 Proz. Eisenoxyd und Eisenoxydul, 2 Proz. Kalkerde, 1 Proz. Magnesia, 5 Proz. Kali und 3 Proz. Natron angeben; nur in den seltenern Sodagraniten überwiegt das Natron über das Kali. Nach der Größe des Korns unterscheidet man grobkörnige (bei denen die Gemengteile etwa in nußgroßen und größern Körnern auftreten), mittelkörnige und feinkörnige Varietäten, anderseits, je nachdem von Glimmermineralien nur Biotit oder nur Muskovit oder beide vorhanden sind, Biotitgranit (Granitit), Muskovitgranit und G. im engern Sinn. Am weitesten verbreitet ist der Granitit (Baveno, Harz, Thüringer Wald etc.); er geht häufig durch Aufnahme von Hornblende unter gleichzeitigem Zurücktreten des Biotits und des Quarzes in Hornblendegranit (Amphibolgranit, Syenitgranit) und Syenit über (Vogesen, Odenwald, Böhmen). Zuweilen besitzt er nach Art des Kugeldiorits (s. d.) auch eine kugelige Struktur (Kugelgranit), zumal durch Anhäufung des Biotits in einzelnen konzentrisch verlaufenden Schalen (so bei Stockholm, in Finnland, in Sardinien etc.). Der G. im engern Sinne kommt seltener vor als der Granitit (Fichtelgebirge, Karlsbad, Lausitz), aber ebenso, wie jener, stockförmig, große, ausgedehnte Massive bildend. Stellt sich in ihm der Muskovit in dichten, sericitischen Massen ein, so entsteht der Protogingranit, nach dem Ort seines Hauptvorkommens auch Alpengranit genannt. Der Muskovitgranit tritt vorwiegend gangförmig in G., Gneis, Glimmerschiefer etc. auf (s. Gang, Fig. 4, S. 316). Seine wichtigsten Varietäten sind der Aplit (Granitello, Halbgranit), ein in der Regel feinkörniger und glimmerarmer G., der Pegmatit, ein sehr großkörniger G. (Riesengranit), in dem namentlich die Orthoklase und die Glimmertafeln metergroß werden können, und in dem an einzelnen Orten (Ural, Zwiesel und Aschaffenburg in Bayern) charakteristische Verwachsungen zwischen Quarz und Orthoklas vorkommen, die auf den Spaltungsstücken des letztern an hebräische Buchstaben erinnernde Zeichnungen hervorbringen (sogen. Schriftgranit). Der Turmalingranit steht dem Muskovitgranit sehr nahe; er ist gleichsam ein Muskovitgranit, der an Stelle des mehr zurücktretenden Muskovits Turmalin, oft in großer Menge, enthält. Der G. bildet in seinen verschiedenen Arten ein wichtiges Glied der archäischen Formationen; hier erscheint er außer in Stöcken und Gängen auch lagerartig den archäischen Schiefern eingeschaltet und zuweilen mit einer Neigung zu lagenweiser Anordnung der Bestandteile, wodurch eine gewisse Ähnlichkeit mit Gneis (s. d.) hervorgerufen wird (Granitgneis, Gneisgranit, s. Tafel »Absonderung der massigen Gesteine«, Fig. 1). Stockförmiger G., dessen eruptive Natur an den Einschlüssen fremdartiger Gesteinsmassen und daran, daß er Apophysen, oft mit echter Porphyrstruktur und Quarzporphyrgängen vergleichbar, in das Nebengestein entsendet und dieses im Kontakt mehr oder weniger stark verändert, sicher erkannt werden kann, findet sich weitverbreitet in den paläozoischen Formationen, scheint sich aber auch noch in der Jurazeit und selbst noch bis in die Tertiärperiode hinein (Elba, Kordilleren) gebildet zu haben. Durch die Verwitterung des Granits wird eine im frischen Gestein nicht bemerkbare Zerklüftung bloßgelegt, die bei weiterm Fortschreiten der Zersetzung zur Bildung von sogen. Wackel- oder Schaukelsteinen und zu Aufhäufungen von losen Blöcken (Felsenmeere, Teufelsmühlen) führt (s. Tafel »Absonderung der massigen Gesteine«, Text unter 5). Besonders häufig führt die Verwitterung zu einer mächtigen Ablagerung von Grus, der verkittet (regeneriert) als Arkose (s. d.) bezeichnet wird; nur selten werden durch vollständige Zersetzung und Ausschlämmung des Feldspats brauchbare Kaolinlager (Limoges in Frankreich, Aue bei Schneeberg in Sachsen, China) geliefert. Der aus dem G. entstehende Boden ist gut und reich an den wichtigsten Pflanzennährstoffen. Die Verbreitung des Granits ist sehr groß. Er setzt, gemeinsam mit Gneis, die höchsten und wichtigsten Gebirge der Erde (Alpen, Pyrenäen, Schottland, Skandinavien, Erzgebirge, Vogesen, Schwarzwald etc.) zusammen und bedeckt plateaubildend Tausende von Quadratkilometern (Lausitz, Böhmen, Auvergne, Afrika). Seine Berge haben häufig eine abgerundete, einem Kugelsegment entsprechende Form (vgl. Tafel »Bergformen«, Fig. 1). – Technische Verwendung hat der G. seit den ältesten Zeiten in Ägypten und Rom als Baumaterial und zur Herstellung von Denkmälern etc. gefunden. Später ging die Kunst der Granitverarbeitung verloren, und erst in neuerer Zeit hat man auch in Deutschland, namentlich in Berlin, wieder angefangen, G. zu Piedestalen, Säulen und in der Architektur zu benutzen. Nächst Sibirien und Finnland, wo Rußland prachtvolles Material gewinnt, das in den Petersburger Monumentalbauten Verwendung gefunden hat, besitzt (von Nubien abgesehen) besonders Schweden einen Reichtum an feinkörnigen, festen Grauiten vom zartesten Rosa bis Purpur, Hellgrau, Schwarzgrün, Grauviolett etc. Auch die erratischen Glocke hat man in Deutschland vielfach verwertet (Schale von 7 m Durchmesser vor dem Museum in Berlin) sowie den G. des Fichtelgebirges. Granite in Würfelform dienen zu Straßenpflastern, in Plattenform zu Trottoirs, ferner zu Gußsteinen, Zapfenlagern; großkörnige Varietäten liefern Glimmertafeln, und manche verwittern zu reiner Porzellanerde. Die Erzführung des Granits ist nicht bedeutend, immerhin sind die Zinnerze Sachsens, Cornwalls und Indiens (s. Greisen), manche Antimonerzporkommen (so Mazurka in Ungarn) und gewisse Goldvorkommnisse (Beresowsk etc.) an granitische Gesteine (z. B. Pegmatite, Aplite etc.) geknüpft. Vgl. vom Rath, Über den G. (Berl. 1878); Beier, Der G., seine Bestandteile, Gewinnung und Bearbeitung (das. 1891). In der Technik versteht man unter G. zuweilen auch den Granitmarmor, s. Marmor.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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