Absonderung [1]

Absonderung [1]

Absonderung (naturwissenschaftlich). 1) In der Geologie (hierzu Tafel »Absonderung der massigen Gesteine«) die Zerklüftung oder Trennung der Gesteinsmassen, wie sie sowohl bei den geschichteten (s. Schichtung) als bei den massigen Gesteinen auftritt. Bei den erstern ist die A. teils durch die Art ihrer Entstehung (s. Gesteine) bedingt, teils eine Folge des spätern Austrocknens der aus dem Wasser abgesetzten Lagen; bei den massigen, aus feurig-flüssigem Zustand erstarrten Gesteinen hat sie sich bei dem Erstarren derselben gebildet, wobei es aber noch unentschieden ist, ob durch Kontraktion, welche die Silikatgesteine bei dem Übergang aus dem flüssigen in den festen Aggregatzustand erfahren haben mögen, oder, wie manche Geologen glauben (vgl. Lang, Parallelfaserung und Säulenabsonderung, Stuttg. 1875), infolge des innern Drucks, der sich bei der Verfestigung und der dabei stattgefundenen Volumenvergrößerung der Silikatgesteine in diesen entwickelt haben müsse. (Näheres j. Text auf Rückseite der beifolgenden Tafel.) – 2) In der Mineralogie ungebräuchlicher Name für Sekretion (s. Konkretionen und Mandelstein).

3) Im Pflanzenreich sind unter den Organen des Absonderungsgewebes Drüsen, gangförmige, mit absondernden Zellen (Sekretionszellen) ausgekleidete Hohlkanäle (Sekretgänge) und Exkretbehälter, d.h. einzelne oder zu Gruppen vereinigte, mit bestimmten Stoffen angefüllte Zellen, zu unterscheiden. Die Drüsen treten auf der Oberfläche der Pflanzen (Hautdrüsen) oder im innern Gewebe derselben (innere Drüsen) auf; im erstern Fall erscheinen sie als klebrige Hautflächen des Stengels, z. B. bei Viscaria, der dann als Leimrute für auskriechende Insekten dient, oder sie bilden auf den Zähnen der Laubblätter im Knospenzustand engbegrenzte Flecke, deren A. die jungen Knospenteile mit einem schützenden Überzug versieht. Oft entstehen durch haarförmige Aussackungen der Oberhautzellen sehr verschieden gestaltete Drüsenhaare, Zotten oder Schuppen, die teils klebrige oder zuckerhaltige Stoffe, teils ätherische Öle absondern. Der Geruch vieler Pflanzenteile verdankt derartigen Drüsen seine Entstehung. Die als Leimzotten (Kolleteren) bezeichneten Drüsen der Knospenschuppen überziehen dieselben mit einer Schleim-, Harz- oder Gummischicht und schützen die zarten, eingeschlossenen Blattteile dadurch vor dem Einfluß der Kälte oder der Verdunstung. Zuckerabsondernde Drüsen bilden Anlockungsmittel für Insekten; besonders die innerhalb der Blüten angebrachten, honigabsondernden Stellen, die Nektarien (s. d.), sind von großer Bedeutung für die Blütenbestäubung (s. d.); doch kommen auch außerhalb der Blüte stehende Honigdrüsen vor. Die Drüsen der »insektenfressenden Pflanzen« (s. d.) besitzen besondere Einrichtungen zum Fang und zur Verdauung kleiner Tiere. Die Spitzen mancher Laubblätter, z. B. von Calla aethiopica, die Blattzähne von Fuchsia u.a. sondern Wasser in Tropfenform ab; in der Regel tritt hierbei das Wasser aus Wasserspalten, d.h. großen, nicht luftführenden Spaltöffnungen, aus. Auch der Honig mancher Nektarien wird durch Spaltöffnungen (Saftventile) ausgeschieden. Ähnliche Bildungen sind auch die kalkabsondernden Drüsen bei manchen Arten von Saxifraga. – Die innern Drüsen sondern in der Regel ätherische Ole oder Harz ab und finden sich häufig in lederartigen Blättern sowie in der Schale vieler aromatischer Früchte. Die schlauchförmigen Sekretionsorgane (Sekretschläuche) bilden im Innern der Pflanze blind endende, isolierte oder netzartig zusammenhängende Röhren, deren Wand von den Sekretionszellen umgeben wird, und die Harz, Öl, Schleim oder Gummi enthalten. Sehr verbreitet sind unter andern die Harzgänge bei den Nadelhölzern, deren Blätter und Zweige in mannigfachster Art von ihnen durchzogen werden. Das ausfließende Harz schützt bei Verletzungen die Wundstellen vor Luftzutritt. In den Exkretbehältern sammeln sich ebenfalls Auswurfstoffe, in andern Fällen auch Baumaterialien der Pflanze an; sie enthalten Schleim (Schleimbehälter) bei den Kakteen, Malvazeen u.a., Harz oder Öl (Harz- und Ölbehälter) bei den Zingiberazeen, Piperazeen, Laurazeen, bei der Aloe, Gummi (Gummigänge) bei Cykadazeen, Sterkuliazeen u.a., ferner Gerbstoff (Gerbstoffschläuche) und endlich auch Kristalle von oxalsaurem Kalk (Kristallschläuche). Letzterer tritt in Form von quadratischen oder monoklinen Einzelkristallen, als Kristallsand, in Bündeln langer, nadelförmig dünner Kristalle (Raphiden) oder in morgensternartigen Drusen auf. Biologisch dienen Gerbstoffe, Raphiden und andre Exkrete bei zahlreichen Pflanzen als Schutzmittel gegen Schneckenfraß. Krankhafte A. sind der Harzfluß (s. d.) und der Gummifluß (s. d.).

4) In der Physiologie versteht man unter A. (Sekretion) die Bildung und Ausscheidung von Flüssigkeiten (Sekreten), sei es, daß diese Ausscheidung nach außen (Schweiß, Tränen) oder in eine der Körperhöhlen erfolgt (Magensaft, Galle). Die A. von Blutbestandteilen in die serösen Höhlen (Herzbeutel, Bauchhöhle etc.) hat man früher auch als Transsudation, ihre Produkte (Perikardial-, Pleura-, Peritonealflüssigkeit) als Transsudate bezeichnet, indem man sich vorstellte, daß hier die Blutflüssigkeit durch die Gefäßwände gewissermaßen hindurchschwitze, filtriere oder diffundiere. Indes dürfte zwischen diesen Absonderungen und den eigentlichen Sekretionen ein prinzipieller Unterschied nicht mehr anzuerkennen sein. Die Absonderungen im engern Sinn (Sekrete) sind die Produkte besonderer Absonderungsapparate. Sie enthalten neben dem aus dem Blut stammenden Wasser eigentümliche Stoffe, die sich durch chemische Prozesse bilden. Letztere verlaufen oft unter Wärmebildung in den absondernden Zellen, die je nach der Art des Organs zur Bildung spezifischer Sekretstoffe befähigt sind. Bei gewissen Absonderungen, wie z. B. in den Geschlechtsdrüsen, entstehen neue Formelemente (Ei und Samenkörperchen) als Umwandlungsprodukte der Drüsenzellen. Bei manchen Sekreten gehen die spezifischen Bestandteile aus einem Zerfall von Drüsenzellen hervor (Milch, Hauttalg etc.). Die einfachsten Absonderungsvorrichtungen bilden die mit Blutkapillaren und einer einfachen Zellschicht versehenen serösen Häute, welche die oben erwähnten Höhlenflüssigkeiten liefern. In andern ist die sezernierende Fläche durch Einstülpungen, in manchen durch Ausstülpungen vergrößert. Eine eingestülpte sezernierende Fläche bildet eine Drüse, eine ausgestülpte eine Zotte; erstere sind außerordentlich verbreitet, letztere finden sich in den Synovialhäuten. Die Sekretion vieler Drüsen steht unter dem Einfluß des Nervensystems. Dieser kann bewirken: a) eine Veränderung des Blutstromes in den Absonderungsorganen durch Erweiterung oder Verengerung der Blutgefäße; b) eine Anregung der in der Drüse verlaufenden chemischen Prozesse. Veränderungen der ersten Art kommen durch Vermittelung der Gefäßnerven (s. Blutbewegung) zu stande. während die andern an die Tätigkeit spezifisch sekretorischer Nervenfasern (Absonderungsnerven) gebunden sind, die direkt an die Drüsenzellen treten. Die Absonderungen dienen teils der Verdauung, wie der Speichel, der Magensaft, der pankreatische Saft, die Galle, teils führen sie die beim Stoffwechsel für den tierischen Haushalt unbrauchbar, ja schädlich gewordenen Stoffe fort (Harn, Schweiß), teils vermehren sie die Beweglichkeit der Organe, wie der Schleim der Bindehaut des Auges, die Gelenkflüssigkeiten, oder sie schützen die innere und äußere Oberfläche des Körpers vor schädlichen Einwirkungen, wie der Schleim der Schleimhäute, der Hauttalg, teils dienen sie zur Erhaltung der Art, wie der tierische Same und das Ei. Über innere A. s. Innere Sekretion.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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