Kochherde

Kochherde

Kochherde und Kochmaschinen (hierzu Tafel »Kochherde und Kochmaschinen« mit Text), Vorrichtungen zum Kochen der Speisen, werden je nach landesüblichen Gewohnheiten, nach der Beschaffenheit des gebräuchlichen Brennmaterials und nach den besondern Anforderungen, denen die Vorrichtung genügen soll, sehr verschieden gebaut. Früher benutzte man einfache gemauerte Herde, auf denen das Feuer unter einem Dreifuß oder in einem Mauerloch unter eisernen Stangen, auf welche die Topfe gesetzt wurden, brannte. Der Rauch wurde durch einen Mantel aufgefangen und in die Esse abgeführt. Aber schon im 16. Jahrh. wurden eiserne Kochherde mit Kochlöchern in der (kupfernen) Platte vielfach privilegiert, und seit der Entwickelung des Eisengießereibetriebes und seitdem der Preis der Brennmaterialien stark gestiegen, ist die alte, wenig vorteilhafte Einrichtung immer mehr durch Kochmaschinen verdrängt worden, die zuerst in sehr einfacher Form als Sparherde auftraten. Sie erhielten für Steinkohlenfeuerung Roste, die eiserne Kochplatte wurde mit Öffnungen versehen, die durch Einlegen von Ringen auch zum Einhängen kleinerer Töpfe geeignet gemacht wurden, es kamen der Bratofen, der Wärmschrank und die Wasserblase hinzu, und in Frankreich baute man zuerst Maschinen mit nur einer Feuerung, die auch die Bratröhre heizte. Im allgemeinen liefern auch heute noch die Kochmaschinen, bei oft stark rauchender Feuerung, wenig genügende Ausnutzung der Wärme. Über die Konstruktion der Kochmaschinen s. den Text zur Tafel. Die Platten-o der Tafelherde, die in Haushaltungen und öffentlichen Anstalten weitverbreitet sind, werden oft noch vom Töpfer aus Backsteinen gebaut und erhalten eine eiserne Herdplatte, eine Umkleidung mit Kacheln, Marmor oder anderm Material, und zum Schutz gegen das Auseinandertreiben des Mauerwerks am obern Rande einen kräftigen Reif aus Eisen oder Messing. Diese Maschinen haben in der Regel für den Bratofen eine besondere Feuerung. Viel häufiger werden Plattenherde aus Schmiedeeisen konstruiert, und im westlichen Deutschland sind gußeiserne Herde gebräuchlich. Eiserne Herde nehmen wenig Raum ein, sind sehr leistungsfähig und dauerhaft und können unzerlegt transportiert werden. Man verkleidet die eisernen Herde auch mit Marmor-, Granit-, Schiefer-, Serpentin-, Glasplatten, Tonfliesen, emaillierten Eisenplatten u., so daß sie äußerlich den gemauerten, für die vielfach noch eine Vorliebe besteht, ganz ähnlich werden. In der Küche werden die Kochmaschinen an einer Wand oder frei in der Mitte des Raumes aufgestellt, wobei dann die Feuerungsgase unter dem Fußboden der Küche in die Esse abziehen. Der unbenutzte Innenraum der Maschine wird mit Backsteinen ausgemauert, das den Feuerraum umschließende Mauerwerk wird aus Schamotte hergestellt. Stets müssen die Wandungen der Kochmaschine durch Mauerwerk, Doppelwände etc. vor Erwärmung geschützt werden. Die Herdplatte wird entweder nur aus einem oder aus mehreren, bisweilen aus vielen Platten hergestellt. Große Platten springen leicht, und durch die klaffenden Sprünge tritt kalte Luft zur Flamme und beeinträchtigt die Heizwirkung. Dies geschieht aber auch bei weitgehender Teilung der Platte durch die zahlreichen Fugen, und deshalb sind Platten von 40–75 cm Breite am vorteilhaftesten. Unter der Platte verläuft der flache und breite Kanal für die Heizgase, welche die Platte so stark erhitzen, daß auf ihr gekocht werden kann. Bei andern Konstruktionen erhält die Platte Öffnungen zum Einhängen der Kochtöpfe. Bratöfen werden am besten von oben nach unten geheizt; um die zu früh wirkende Oberhitze abzuschwächen, bestreicht man den Bratofen mit einer dünnen Schamottelage. Bratofen und Wärmspind werden in der Regel aus Schmiedeeisen, die Wasserblase aus Kupfer hergestellt. Für die Konstruktion der Feuerung gelten die allgemeinen Regeln. Vorteilhaft schüttet man den Brennstoff durch eine Ringöffnung in die Platte auf den unter dieser Öffnung liegenden Rost; jedenfalls sollte der Verbrennungsraum so bemessen sein, daß kein Brennstoff neben dem Rost liegen bleiben kann. Für 1 qm nutzbare Herdplatte braucht man stündlich 4–5,5 kg Steinkohle und zu deren Verbrennung im Mittel 0,06 qm Rostfläche. Die Heizgase bestreichen zunächst die Kochplatte und werden dann an der der Feuerung entgegengesetzten Seite der Maschine abwärts geleitet, um die Brat- und Wärmröhre und den Wasserkessel zu erwärmen. Zu besserer Ausnutzung der Wärme wendet Lönholdt seine Sturzflammenfeuerung an; auch hat man Rauchverbrennungseinrichtungen bei Kochmaschinen einzuführen versucht. Bisweilen wird mit der Kochmaschine der Kessel für Warmwasserheizung verbunden (s. Heizung, S. 125).

Eigenartige Konstruktion besitzen die Grudeherde (vgl. Grude und Fig. 12 der beifolgenden Tafel). In Kasernen, Gefängnissen, öffentlichen Speiseanstalten, wo es darauf ankommt, große Mengen ein und derselben Speise zu bereiten, benutzt man Kesselherde ohne Kochplatte mit einem Kessel, dessen Inhalt durch direkte Feuerung, durch Dampf (Dampfkocheinrichtungen) oder durch warmes Wasser (Wasserbadkocheinrichtungen) erhitzt wird. Kesselherde versieht man in der Regel mit drei Kesseln von 500–1000 Lit. Inhalt: Gemüsekessel mit 1,2 L., Fleischkessel mit 0,6 L. und Wasserkessel mit 0,4 L. Inhalt für jede Person. Die Kessel werden aus Kupfer (auch verzinnt), Schmiedeeisen oder innen sauber abgedrehtem und poliertem Gußeisen hergestellt und entweder nur mit einem lose schließenden Deckel oder nach Art des Digestors luftdicht verschlossen. Die Kessel für direkte Feuerung werden so eingemauert, daß der Kesselboden den Feuerraum abschließt und nur an einer, meist dem Schürloch gegenüberliegenden Stelle eine Öffnung bleibt, durch welche die Feuerungsgase, nachdem sie den Kesselboden erwärmt haben, in die Feuerzüge eintreten, um auch die Seitenwandungen des Kessels zu bespülen. Diese Einrichtung ist wenig vorteilhaft, und da viele Speisen über direktem Feuer leicht anbrennen, so müssen sie beständig gerührt werden, und aus dem offenen Kessel entweicht dann viel Dampf in die Küche. Man hat deshalb statt des Mauerwerkes eine eiserne Ummantelung angewandt, ein Abzugsrohr für den Dampf und einen Sammeltopf für das Kondensationswasser, das als reines, heißes Wasser verwertet werden kann, angebracht oder den Dampf mittels eines Krümmers unter den Rost geleitet. Die geschlossenen Kessel versieht man, um das Anbrennen zu verhüten, mit einem siebartigen, aushebbaren Kocheinsatz und leitet den Dampf durch ein Ventilrohr entweder unter den Rost oder in das zu erwärmende Spülwasser, oder in einen Kondensator. Das Gewicht der Deckel wird, um sie leicht heben zu können, durch ein Gegengewicht ausgeglichen.

Bei den Dampfkocheinrichtungen unterscheidet man zwei Systeme, bei dem einen (Verfahren mit Heizdampf) wendet man doppelwandige Kessel an und leitet den Dampf zwischen die Wände. Hat der Dampf höhere Spannung, so kann man damit braten und alle Speisen bereiten, die einer höhern Temperatur bedürfen als die des kochenden Wassers; bei dem Verfahren mit Kochdampf leitet man den Dampf direkt in die Speisen. Der Dampfverbrauch ist bei dem ersten Verfahren verhältnismäßig gering, es genügt Dampf von 1,5 Atmosphäre Spannung, und man geht selten über 4 Atmosphären hinaus. Mit der Spannung steigt auch die Temperatur (4 Atmosphären = 145,5°), und das Kochen wird beschleunigt. Das Kondensationswasser findet in der Küche mannigfache Verwendung, wird aber häufig auch zum Baden benutzt. Zur Ableitung des Brodems bringt man besondere Ableitungsrohre an, die bisweilen in die Esse geleitet werden. Fehlt es an Zug, so wendet man einen Dampfstrahlapparat an, der vom Betriebskesseldampf gespeist wird. Die Dampfentwickler werden wie die der Niederdruckheizung gebaut, auch mit selbsttätiger Regelung des Luftzutritts zur Feuerung versehen. Bei neuern Einrichtungen wird der Dampfentwickler auf verschiedene Weise mit dem Kochapparat vereinigt. In ökonomischer Beziehung ist die Dampfkocheinrichtung besonders vorteilhaft, wenn zum Betrieb von Maschinen etc. ohnehin Dampf erzeugt wird und der Dampfentwickler für die Küche mit benutzt werden kann. Dies kann auch bei der Zentralheizung geschehen, aber im Sommer muß dann der Kochapparat besonders geheizt werden. Das Verfahren mit Kochdampf wird hauptsächlich zum Kochen von Kartoffeln und Gemüse benutzt und liefert sehr wohlschmeckende Speisen. Man bringt diese auf Schüsseln, in durchlöcherten Kasten oder in Körben aus verzinntem Eisendraht in luftdicht verschließbare Behälter und leitet Dampf ein. Übrigens wird auch, wie angedeutet, bei dem Verfahren mit Heizdampf bisweilen Dampf direkt zu den Speisen geleitet. Das Kochen mit Kochdampf gestattet nicht, Gemüse abzubrühen, auch kann der Wasserdampf aus den Rohren leicht Schmutzteile den Speisen zuführen. Die Wasserbadkocheinrichtungen, zu Anfang der 1880er Jahre durch Karl Becker in Deutschland eingeführt, gewähren sehr wesentliche Vorteile, die Speisen können auch ohne Einsatz niemals anbrennen, sie kochen sich konsistent und seimig, halten sich ohne weiteres Feuern lange Zeit warm, frisch und saftig und können niemals überkochen. Die Bedienung ist verhältnismäßig einfach und die Ausnutzung des Brennstoffes sehr befriedigend. Bei der neuern Becker-Ulmannschen Einrichtung enthält ein rechteckiger schmiedeeiserner Behälter so viele gußeiserne Kammern, als Kochkessel unterzubringen sind. Die Zwischenräume zwischen den Kammern u. dem schmiedeeisernen Behälter werden mit schlechten Wärmeleitern gefüllt. Die Kammern sind mit Wasser gefüllt, das durch eine Dampfschlange oder durch direktes Feuer erhitzt wird. In das Wasser hängt man die Kochtöpfe, die an den Rändern mit Wasserverschluß versehen sind. Neuere Massenkocheinrichtungen sind so konstruiert, daß sie beliebig als Heizdampf- oder als Wasserbadkocheinrichtungen betrieben werden können.

Mannigfache Vorteile gewährt das Kochen mit Gas, das unter vielen Verhältnissen auch billiger ist als das Kochen mit andern Brennmaterialien. Das mit Luft gemischte Leuchtgas brennt mit blauer, nicht rußender und geruchloser Flamme, die viel genauer regulierbar ist als irgend eine andre Feuerung und in dem Augenblick gelöscht werden kann, in dem der Zweck des Kochens erreicht ist. Man kocht mit großer Flamme an, stellt den Hahn, sobald die genügende Temperatur erreicht ist, zurück und kann nun die Speise mit dem geringsten Aufwand an Brennmaterial dauernd genau so heiß erhalten, wie erforderlich ist, um sie gar werden zu lassen. Dazu kommt, daß man jeden Augenblick über die größte Flamme verfügen, also auch eine Speise sehr viel schneller bereiten kann als auf gewöhnlichen Herden, die des Anfeuerns bedürfen. Petroleumkochöfen sind Gehäuse aus Schwarzblech mit einem oder mehreren Flachbrennern auf blechernem Petroleumkasten. Mit Glas verschlossene Schaulöcher dienen zur Beobachtung der Flammen. Übrigens kann man auf jeder Petroleumlampe kochen, wenn man sie mit einer Vorrichtung zum Tragen eines Kochgefäßes versieht. Petroleumkocher sind vorteilhaft bei kleinem Bedarf und beim Fehlen andrer geeigneter Kocheinrichtungen, die Brenner müssen aber sehr sorgfältig behandelt werden, da sie leicht rußen. Ein 51 mm breiter Docht bringt in 24 Minuten 1 Lit. Wasser von 11° mit einem Aufwand von 20 g Erdöl ins Kochen. Ein 68 mm breiter Docht leistet dasselbe mit gleichem Aufwand in 19 Minuten und zwei derartige Dochte unter demselben Gefäß gleichfalls mit zusammen 20 g Petroleum in 11 Minuten. Bei größern Flüssigkeitsmengen stellt sich der Aufwand für 1 Liter etwas geringer. Auch für den Betrieb mit Spiritus sind in neuester Zeit praktische Apparate konstruiert worden. Mit bestem Erfolg sind Apparate zum Kochen mit der durch einen elektrischen Strom erzeugten Wärme konstruiert worden. Zwar stellen sich die absoluten Kosten, die aufgewandt werden müssen, um das gleiche Wärmequantum mit Elektrizität anstatt mittels der Gasflamme zu erzeugen, höher, die relativen Kosten aber berechnen sich infolge der wesentlich bessern Ausnutzung in zweckmäßig konstruierten Kochapparaten wesentlich günstiger. Beim Gaskochherd geht ein sehr großer Teil der erzeugten Wärme an die Umgebung verloren; es werden nur 45–50 Proz. ausgenutzt, während durch den elektrischen Strom die Wärme im Kochgeschirr selbst erzeugt wird, wobei 88–90 Proz. ausgenutzt werden können. Die Kochgeschirre der Fabrik »Prometheus« in Frankfurt a. M. (Bockenheim), sind doppelwandig, bez. mit doppeltem Boden hergestellt, und auf den Außenwandungen des innern Gefäßes ist ein sehr dünner Streifen aus Edelmetall auf isolierendem Glimmer oder auf dem Email ausgebrannt. Geht der elektrische Strom durch den Edelmetallstreifen, so wird dieser erwärmt, die erzeugte Wärme kann sich aber nur dem Innengefäß mitteilen, während das umhüllende Außengefäß kühl bleibt, so daß keine Wärme durch Strahlung verloren geht. S. auch Kochkiste. Vgl. Körber, Allerlei Herde (Düsseld. 1898); Torriano-Williams, Das elektrische Heizen und Kochen (Auma 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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