- Maschinenpflug
Maschinenpflug (Kraftpflug, hierzu Tafel »Maschinenpflug I u. II«), ein von einer Betriebsmaschine (Dampf-, Petroleum-, Spiritus-, elektrischen Maschine) angetriebener Pflug. Die Größe der Pflugleistung findet beim Antrieb durch Zugtiere bald ihre Grenzen. Um sehr tief pflügen zu können, ist man bis zu einer Bespannung von 24 Paar Ochsen und 12 Paar Pferden gegangen. Hiermit sind große Übelstände verbunden, man versuchte daher die Dampfkraft für die Pflugarbeit auszunutzen und erzielte tieferes und breiteres, auch schnelleres Pflügen und damit Vergrößerung der geleisteten Arbeit, entsprechend größere Bodenbewegung, bessere Lockerung und Durchlüftung; die tägliche Arbeitszeit konnte verlängert werden, weil sie von der Anstrengung von Menschen und Tieren unabhängig wurde und bei künstlicher Beleuchtung fortgesetzt werden konnte.
Bei den Dampfpflügen fährt die Betriebsmaschine mit dem Bodenbearbeitungsgerät, verbunden oder getrennt, über den Acker, oder die Maschine steht während der Bearbeitung des Bodens still und setzt das Gerät durch eine geeignete Seiltransmission in Bewegung. Pflüge ersterer Art haben den Vorzug großer Einfachheit und Billigkeit, dagegen den Übelstand, daß stets die schwere Masse der Zugmaschine mit fortbewegt werden muß und dadurch einen großen Teil der Betriebskraft ohne Nutzleistung verbraucht; durch das Festpressen des Bodens wird der Widerstand beim Pflügen noch erhöht. Aus diesem Grund hat man dieses System, das in Amerika jetzt noch im Gebrauch ist, aufgegeben. Die bekanntesten Ausführungen waren die rotierenden Kultivatoren von Romaine (1855) und Usher (1849); bei erstern befanden sich die Grubber auf einer von der Maschine in Umdrehung versetzten Trommel, der Boden wurde in vollkommener Weise bis zu beträchtlicher Tiefe gelockert. Usher brachte vollständige Pflugsätze mit Kolter, Schar und Streichbrett am Umfang einer sich drehenden Trommel an, konnte jedoch keine Erfolge erzielen. Später wurden Versuche gemacht, das direkte Dampfpflugsystem als Dampfgrabemaschine zu verwenden, indem von der Lokomotive aus kräftige Spaten in hin und her gehende Bewegung versetzt wurden. Häufiger wird noch, auch in Frankreich, eine für sich bestehende Zuglokomotive und ein besonderes angehängtes Bodenbearbeitungsgerät benutzt.
Die zweite Gruppe von Dampfpflügen hat sich in der Praxis immer größere Verbreitung errungen. 1849 erfanden die Gebrüder Fisken in Hartlepool mit dem Dorfschmied Rodgers in Stockton on Tees den Balancierpflug und den Ankerwagen, und seit Anfang der 50er Jahre beschäftigten sich John Fowler, Smith-Woolston und James Howard mit der weitern Ausbildung des Dampfpflugs. Fowler führte auf der ersten Londoner Ausstellung 1851 seinen Drainpflug vor. Dieser Apparat wurde durch ein starkes Hanfseil von einem Göpel aus in Bewegung gesetzt (Göpetwindepflug). Statt des Pferdegöpels wurde dann bald eine Lokomobile, statt des Hanfseils ein Drahtseil benutzt, und nun war es nur noch erforderlich, die Anordnung der einzelnen Teile für den praktischen Gebrauch auszubilden.
In Deutschland arbeitete der erste Dampfpflug 1865 auf der Ausstellung in Köln, er wurde von Baron Hirsch für seine Güter in Bayern angekauft.
Die Ausstellung und Anordnung der Betriebsmaschine und der Seiltransmission kann auf verschiedene Weise erfolgen, die älteste ist das Howardsche oder Umkreisungssystem (round-about system, Textfig. 1). Es ist zu gleicher Zeit von Howard und einem Landwirt, Smith-Woolston, ausgebildet worden. Die Antriebsmaschine a steht außerhalb des zu bearbeitenden Ackerstückes und betreibt eine fahrbare Windevorrichtung b, die zwei Windetrommeln besitzt. Jede derselben kann durch Kuppelungen in und außer Betrieb gesetzt werden. Das Seil wird von den Trommeln durch Führungsrollen c, d, e und f geleitet. Die Rollen werden mittels Anker im Boden befestigt.
Wird von der Maschine die in der Zeichnung links befindliche Windetrommel in Bewegung gesetzt, so windet diese das Seil auf und zieht das Bodenbearbeitungsgerät g von e nach d, in der Richtung des Pfeiles. Bei d angelangt, wird diese Rolle um die doppelte Breite der gezogenen Furchen versetzt und die andre Seiltrommel in Betrieb gesetzt, die das Gerät g von d nach e zieht, während das demselben nachfolgende Seil von der jetzt lose auf ihrer Achse befindlichen linken Seiltrommel abgewickelt wird. Jetzt wird die Ankerrolle e um die doppelte Breite der gezogenen Furchen versetzt und so fortgearbeitet, bis das ganze von dem Seil umspannte Stück gepflügt ist. Zum Betrieb gehören: der Maschinenführer, ein Mann an der Winde, ein Mann auf dem Pflug und zwei Arbeiter an den Ankerrollen, außerdem 2–3 Jungen zur Beaufsichtigung der Seilträger. Beim Umstellen der Apparate auf ein neues Ackerstück werden die einzelnen Teile durch Spannvieh transportiert; die Ausstellung selbst nimmt bei mittelmäßig geübten Arbeitern etwa 2 Stunden Zeit in Anspruch. Man unterscheidet außerdem das Einmaschinensystem und das Zweimaschinensystem.
Beim Einmaschinensystem (Textfig. 2 und 3) stehen der Motor l und der Ankerwagen a, meist ein mit scharfen Rädern versehener Wagen, der mit einer Seilscheibe und einer Vorrichtung zum selbsttätigen Fortbewegen versehen ist, an den beiden Seiten des zu bearbeitenden Ackers; zwischen denselben wird das Gerät c durch das Seil hin und her gezogen.
Die Seilleitung geht von zwei an der Lokomotive angebrachten Windetrommeln über den Ankerwagen, alsdann entweder über die im Boden verankerte Rolle r, die nur selten versetzt zu werden braucht (Fig. 2), oder direkt zur andern Seiltrommel der Lokomotive zurück (Fig. 3). Abwechselnd rückt der Motor, bez. der Ankerwagen beim Anlangen des Geräts c um die doppelte Furchenbreite vor. Bei Fisken und Savard wird das Versetzen des Ankerwagens durch einen in das Seil eingeschalteten Anschlag oder durch eine Bremskuppelung eingeleitet. Das Ausheben der Anker zum Weiterfahren des Ankerwagens geschieht bei Brutschke durch eine Vorrichtung von der Pflugseilrolle aus.
Noch leichter zu bedienen ist der Ankerwagen von A. Bentzki in Graudenz, bei dem das senkrechte Einbringen und Lösen des hier spatenförmigen Ankers durch das Seil geschieht, während der Eckertsche Ankerwagen durch schräg nach vorwärts gehende Stützanker festgelegt wird, die durch Hand oder durch den Seilzug schräg gegen den Erdboden bewegt werden.
Das Zweimaschinensystem hat zurzeit die meiste Verbreitung. Hier steht auf jeder Seite des Ackerstückes, wie Textfig. 4 darstellt, je eine Lokomotive mit einer zumeist unter dem Kessel angebrachten Windetrommel (Tafel I, Fig. 2).
Das Seil wird von beiden Trommeln nach dem Gerät geführt, während dieses sich abwechselnd von der einen Maschine zur andern bewegt, so daß also diejenige Maschine, zu welcher der Pflug hingezogen wird, in Betrieb ist, die andre dagegen still steht. Nach dem Anlangen des Pfluges bei der arbeitenden Maschine fährt diese stets um die doppelte Breite der gezogenen Furchen vor, der gewendete Pflug wird in die neue Furchenreihe eingesteuert, worauf die an der andern Maschine befindliche Windetrommel eingerückt wird etc. Die Ausstellung der Gesamteinrichtung kann bei diesem System in kurzer Zeit bewerkstelligt werden; die Länge des Seils ist im Vergleich zu der bei den andern Systemen gering. Dieses System wird das Fowlersche genannt, da gerade diese Anordnung der genannten Fabrik, gestützt auf die Arbeiten von Eyth, die größte Verbreitung gefunden hat.
Den Übelstand, daß zwei große Betriebsmaschinen notwendig sind und nur immer die eine arbeitet, hat Howard dadurch abzuschwächen gesucht, daß in jedes Seiltrum ein Bodenbearbeitungsgerät eingeschaltet wird, so daß jede Lokomotive einmal das eine, dann das andre Gerät zu ziehen hat; beide Geräte laufen also in entgegengesetzter Richtung.
Um die Anschaffung eines Dampfpflugs nach dem Zweimaschinensystem zu erleichtern, hat R. Dolberg in Rostock die Benutzung zweier einfacher Lokomobilen vorgeschlagen; diese werden auf je einen Fahrrahmen aufgestellt, der an der einen Seite die Winde trägt und selbst durch je zwei Feldbahnwagen auf einem transportabeln Gleise durch Antrieb von der Lokomobile aus fahrbar ist. Der Preis stellt sich auf 15,350 Mk. außer den Lokomobilen; letztere müssen natürlich genügend stark sein.
Die meist verwendeten Lokomotiven sind entweder mit senkrechten oder mit wagerechten Seiltrommeln ausgestattet. Sie werden jetzt meist mit Compoundmaschinen ausgerüstet, um die umständliche Kohlen- und Speisewasserzufuhr möglichst gering zu erhalten. Von der Maschinenwelle wird die Bewegung einmal auf die großen Tragräder zum Zweck des Transports der Lokomotive, das andre Mal zum Pflügen auf die Windetrommel abgeleitet. Das Lenken der Lokomotive erfolgt, wie bei den Straßenlokomotiven, durch Steuern der Vorderräder. Tafel I, Fig. 3, zeigt eine 12pferdige Dampfpfluglokomotive mit stehender Seiltrommel und Lokomotivkessel von R. Sack in Leipzig-Plagwitz. Der Antrieb erfolgt hier direkt von der Kurbelwelle. Die Trommel ist mit auswechselbaren Zahnkränzen versehen. Man erspart also Kraft durch das Fehlen einer Vorgelegewelle mit Verzahnung. Meist ist eine Vorrichtung angebracht, die das gleichmäßige Auslaufen des Seils auf die Trommel regelt; diese Seilwickelvorrichtung wird an einer stehenden Trommel bei stark und verschieden geneigtem Gelände nicht so stark nach oben oder unten belastet oder gar beschädigt; auch das Seil wird nicht so stark beansprucht. Die Seiltrommeln sind mit selbsttätigen Bremsen versehen, um das Losewerden des leeren Seils zu vermeiden. Das Seil geht von der Trommel über eine unter dem Führerstand angeordnete Leitrolle. Kessel und Maschine sind so reichlich bemessen, daß sie beim Pflügen das Mehrfache ihrer normalen Arbeit leisten können. Die Kessel sind entweder ausziehbare Röhrenkessel oder Lokomotivkessel; letztere haben eine Feuerbüchse mit gewellter Decke, um Anker und Stehbolzen zu vermeiden. Die Entnahme des Dampfes erfolgt von der Mitte des Längskessels, um beim Bergabpflügen kein Wasser in den Zylinder zu bekommen. Auf aufgeweichtem Boden kann der Transport durch eine einfache Spülvorrichtung und ein ausgespanntes Hilfsseil unterstützt werden. Die Lokomotive kann auch zum Antrieb von Dreschmaschinen oder zum Lastenziehen Verwendung finden. Bei einer neuern Lokomotive mit stehendem Kessel von J. Fowler u. Komp. in Leeds ist, um der Trommel sowohl eine langsamere als auch eine schnellere Bewegung geben zu können, ein besonderes Vorgelege vorgesehen, und es werden die Zahnräder für den Antrieb der Fahrräder mit benutzt, dabei ist aber Vorsorge getroffen worden, daß der Fahrbetrieb und der Seilbetrieb nicht gleichzeitig eingerückt werden kann. Auch Charles Burrel a. Sons in Thetford bauen Lokomobilen mit senkrechter Trommel; die Verbundzylinder liegen hier zur Raumersparnis schräg übereinander, so daß die Kurbelwelle nur einmal gekröpft zu werden braucht. In Fig. 2 der Tafel I ist eine 20pferdige Lokomotive mit wagerechter Trommel für das Zweimaschinensystem von A. Ventzki in Graudenz abgebildet. Das Rohrbündel kann hier mit der kupfernen Feuerbüchse aus dem Kessel zum Zwecke der Reinigung herausgezogen werden. Nach Lösen der Verschraubung bei a können die Vorderräder mit dem Rauchkammerende, das dann durch einen Bock unterstützt wird, vorgefahren werden. Die beiden Kesselböden sind durch einen zweiteiligen, durch Keil nachziehbaren Anker versteift. Der Schieberkasten ist möglichst tief gelegt, was für das leichte Abfließen des mitgerissenen Kesselwassers beim Pflügen auf unebnem Boden wichtig ist. Die wagerechte Seiltrommel liegt unter dem Langkessel; ihr Antrieb erfolgt durch eine stehende Welle. Der Vorteil dieser Trommelanordnung liegt darin, daß das Zugseil nach fast allen Richtungen ohne Seilwenderollen, die viel Kraft verbrauchen und das Seil zu sehr beanspruchen, geführt werden kann.
Bodenbearbeitungsgeräte der Maschinenpflüge. Zur Dampfkultur verwendet man Pflüge, Grubber, Eggen, Walzen, ferner Spezialgeräte für bestimmte Zwecke, wie Drainage- oder Forstkulturpflüge, Entsteinungsmaschinen etc. Der fast allgemein angewendete Pflug ist der Balancier- oder Kipppflug (Tafel II, Fig. 1). In einem in der Mitte abbalancierten und drehbaren Gestell befinden sich auf jeder Seite schräg hintereinander 1–7 vollständige Pflugsätze, die also meist gleichzeitig eine Reihe von Furchen ziehen. Das Gestell ist derartig abbalanciert, daß das Senken der betreffenden Pflugseite, unterstützt durch das Übergewicht des Arbeiters, der auf der betreffenden Seite des Pfluges Platz nimmt, stattfindet, wodurch die andre Seite, welche die Pflugkörper für die Furchen nach entgegengesetzter Richtung trägt, schräg nach oben stehend, schwebend gehalten wird. Beim Pflügen muß aber die arbeitende Seite des Pfluges stets ein erhebliches Übergewicht gegenüber dem leergehenden haben, um zu verhindern, daß die arbeitenden Pflugkörper bei irgend welchen Widerständen aus dem Boden springen. Zu diesem Zweck macht man die Mittelgestelle, welche die Pflugkörper tragen, durch den Seilzug verschiebbar, indem man sie entweder auf der Radachse aufhängt oder von unten unterstützt. Der auf Tafel I, Fig. 1, dargestellte Kipppflug von John Fowler u. Komp., der mit 7 Pflugkörpern zum Flachpflügen ausgestattet ist, besitzt die erstere Art der sogen. Antibalancevorrichtung. Damit das Verschieben des Pflugrahmens parallel erfolgt, sitzen an dem Querbalken des Fahrrahmens Räder, die in je eine Führung c jedes Seitenbalkens des erstern Rahmens eingreifen. Das Seil greift in der Mitte des verschiebbaren Pflugrahmens an; die Größe des Verschiebens wird durch Ketten geregelt. Der auf einem der Sitze s sitzende Führer steuert durch das ihm zunächst befindliche Handrad a durch Lenken der großen Mittelräder den Pflug; die Furchentiefe wird durch Drehen der Schrauben b eingestellt.
Bei dem Kipppflug von A. Ventzki in Graudenz (Tafel II, Fig. 1) ist der Mittelrahmen von unten unterstützt und zwar durch zwei mittels einer Welle e starr miteinander verbundener Dreieckstücke d, deren obere Ecken den Pflugkörperrahmen h abwechselnd durch Warzen- oder Zahnsektoren f tragen, während die gabelförmigen untern Ecken sich auf die gekröpfte Radachse g stützen. Da hier keine Führungen notwendig sind, ist jede Reibung vermieden, und der Rahmen pendelt leicht und ohne zu ecken. Dabei ist die Einrichtung zweckmäßig so getroffen, daß in der Arbeitsstellung der jeweilige Stütz- oder Tragpunkt in der Zugrichtung vor der Radachse liegt, so daß der Pflug beim Aufhören des Seilzugs möglichst selbsttätig in seine Mittellage zurückkippt, ohne daß das Mittelgestell vorher zurückgezogen zu werden braucht.
In den letzten Jahren hat Fowler einen sogen. Umwendepflug für große Leistungen beim Flachpflügen eingeführt. Dieser wird nicht wie bei den Kipppflügen in senkrechter Ebene gekippt, sondern in wagerechter Richtung umgewendet, indem sich der parallelogrammartige Pflugrahmen durch den Seilzug für die verschiedene Arbeitsrichtung verschiebt, wobei gleichzeitig die auf Achsen sitzenden Pflugkörper derart gekehrt werden, daß sie nach der andern Richtung den Boden wenden.
An den Pflügen wird oft mittels eines Rahmens und Ketten eine Egge, Walze oder ein andres Gerät angehängt, um die gepflügte Furche weiter zu bearbeiten. Auf ähnliche Weise wird auch Fowlers Wendekultivator (Tafel II, Fig. 2) durch den Zug des Seils umgewendet. Die arbeitenden Werkzeuge werden je nach der Bodenbeschaffenheit und dem Zweck der Arbeit in verschiedener Gestalt und Anzahl angebracht.
Das Zweimaschinensystem zeichnet sich durch die große Leistung (s. unten), durch die einfachere Art der Ausstellung, durch geringere Seillänge, durch die Möglichkeit des schnellen Umsetzens der Gesamteinrichtung auf ein neues Ackerstück und endlich durch die geringere Abnutzung der Maschinen aus. Jede der beiden Maschinen ist nur die Hälfte der Arbeitszeit in Tätigkeit, während die Maschine des Einmaschinensystems ununterbrochen arbeitet. Der Führer kann demnach die Maschinen in den Pausen stetig revidieren, schmieren etc. Als Vorteil des Einmaschinensystems ist dagegen anzusehen: die geringern Anschaffungs- und Betriebskosten, die zweckmäßigere Ausnutzung der Betriebskraft, die geringern Gewichte und die geringere Kohlen- und Wasserzufuhr. Die allgemeine Verbreitung des Einmaschinensystems wird aber von der Schaffung eines leicht beweglichen und doch sicher feststellbaren Ankerwagens abhängen, eine Schwierigkeit, die durch die doppelte Inanspruchnahme desselben beim Zug über den Ankerwagen wesentlich erhöht wird.
Bei der Dampfbodenkultur kann man sogleich nach der Ernte mit dem Umbrechen der Stoppelfelder beginnen, also in einer Zeit, in der in den meisten Wirtschaften weder Arbeiter noch Spannvieh zum Pflügen zur Verfügung stehen; infolgedessen wird der Boden, da er unmittelbar nach der Ernte den wohltätigen Einflüssen der Atmosphäre offen gelegt wird, eine viel günstigere Beschaffenheit annehmen, als wenn er bis zum Spätherbst, wie dies sonst häufig der Fall ist, geschlossen liegt. Ferner wird das Festtreten des Bodens durch die breiten Hufe der Zugtiere vermieden. Vier Ochsen am Pflug verursachen z. B. bei gewöhnlicher Breite der Furchen etwa 400,000 Fußtritte auf 1 Hektar. Dabei liefert die Dampfkultur weitaus bessere Arbeit gegenüber dem Pflügen mit Spannvieh, und man erzielt bessere Durchlüftung des Bodens wegen der schnellern Bodenbewegung. Schließlich kann man mit Einführung des Dampfpflugs einen Teil des Spannviehs abschaffen. All dieses zusammen ergibt eine größere Erntesicherheit und höhere Ernteerträge. Einschließlich der Steuer und Fracht kostet der Fowlersche Apparat mit zwei Maschinen in Deutschland ca. 60,000 Mk. Man hat deshalb mehrfach auf genossenschaftliche Weise den Dampfpflug beschafft oder auch mit gutem Erfolg ein Mietsystem eingeführt, wobei der Vermieter sich die Kosten des Pflügens für 1 Hektar nach einem vereinbarten Satze zahlen läßt. Überall, wo sich Terrainschwierigkeiten ergeben, wo sich viele und große Steine im Boden befinden, wo Baumstämme nicht vollständig ausgerodet sind, auf sumpfigem Ackerland, auf sehr kleinen Parzellen, ist der Dampfpflug schwer zu gebrauchen. Seiner Benutzung müssen also bestimmte Meliorationsarbeiten vorangehen.
Leistung des Fowlerschen Dampfpflugs. 1) Einmaschinensystem mit zehnpferdiger Lokomotive. Tägliche Leistung:
2) Zweimaschinensystem mit Motoren von 16 Pferdekräften. Tägliche Leistung:
Bei der Vergleichung der Dampfkultur mit der Spannkultur müssen in erster Reihe die Ernteergebnisse in Betracht gezogen werden; denn die Schlußfrage lautet: was bringt ein Hektar mit Dampfkraft gepflügten Ackers im Vergleich zum Spannpflug? Diese Frage wird von der Praxis allgemein zugunsten des Dampfpflugs beantwortet, z. B. durch folgende Ergebnisse über die Ernteerträge der mit Dampf- und Spannkraft bearbeiteten Äcker:
Außer John Fowler u. Komp. in Leeds und Ch. Burrel a. Sons in Thetford fertigen in Deutschland Dampfpflüge: A. Heucke in Hausneindorf (Provinz Sachsen), Rudolf Sack in Leipzig-Plagwitz, A. Ventzki in Graudenz und J. Kemna in Breslau.
Die Versuche mit Petroleummotoren zum Antrieb von Pflügen sind nicht zum Abschluß gekommen, weil inzwischen erfolgreiche Bestrebungen mit Spiritus als Betriebsmaterial aufgetreten sind. In neuester Zeit sind denn auch Spirituspflüge mit der Lokomobile Gnom der Motorenfabrik Oberursel in Betrieb gekommen, ohne daß jedoch bis jetzt größere Erfahrungen hiermit gemacht worden 'sind. Größere Fortschritte haben zurzeit die elektrischen Pflüge gemacht. Günstig wirkt hierauf hauptsächlich eine billige Elektrizitätsquelle, wie es besonders bei vorhandenen Wasserkräften oft zutrifft. Nach einem ersten, nicht weiter verfolgten Versuch von Siemens u. Halske ist als erster praktisch gebrauchter der in Fig. 3 der Tafel II abgebildete elektrische Pflug von F. Zimmermann u. Komp. in Halle a. S. zu nennen. Hier ist der Elektromotor unmittelbar auf einen Kipppflug mit zwei Pflugkörpern gesetzt. Die Ankerrolle treibt durch ein Rädervorgelege eine Kettenrolle, auf der eine über das Feld gespannte, an den Enden durch Anker befestigte Kette aufgewickelt wird, so daß der Kipppflug beim Pflügen über das Feld nach Art der Kettenschiffahrt fortbewegt wird. Das Ein- und Ausschalten des Elektromotors und der Widerstände sowie das Steuern des Pfluges kann der Führer von seinem Sitz aus bequem bewirken. Die Stromzuleitung wird während des Hin- und Herbewegens des Pfluges durch Unterstützungswagen getragen. Der unmittelbare Angriff der Kraft, die Vermeidung des Arbeitsverlustes der Winde und des Seilwiderstandes, die leichte Beweglichkeit des Apparats und der billige Preis (etwa ein Drittel eines gesamten Dampfpflugs) bilden Vorzüge dieses Pfluges.
Bald tauchten elektrische Pflüge nach dem Zweimaschinensystem auf, z. B. von der Elektrizitäts-Gesellschaft vormals Schuckert u. Komp. in Nürnberg, Franz Schulte in Magdeburg u. a. Nicht nur der Ersatz der großen und schweren Dampflokomotiven wird hiermit erstrebt, sondern es soll besonders dem Landwirt Gelegenheit geboten werden, schon vorhandene Dampf- und Wasserkräfte mit Vorteil zum Pflügen auszunutzen. Auf jeder Seite des zu pflügenden Feldes steht ein Windewagen, zwischen denen der Pflug hin und her gezogen wird. Oberirdische Leitungen werden nach dem Felde hinaus gelegt, denen die Windewagen den Strom mittels Kabels entnehmen. Bei dem elektrischen Pfluge von H, Förster u. Sohn in Gorsdorf wird für jeden Elektromotor nur eine einzige Leitung zur Primärmaschine hingeführt, während die beiden Elektromotoren durch das zum Bewegen des Pfluges dienende Zugseil miteinander in elektrisch leitender Verbindung stehen. Um sowohl einen Kurzschluß als auch ein gleichzeitiges Arbeiten beider Motoren zu verhindern, ist bei jedem Motorführerstand ein Umschalter angebracht, dessen Schalthebel unter der Einwirkung zweier magnetischer Verriegelvorrichtungen steht.
Um die beiden Motorwagen unabhängig voneinander, allein im Anschluß an die zur Arbeitsstelle führende feste Leitung, ohne neue Hilfsleitung befördern und auch ohne die letztere arbeiten zu können, also um an Leitung zu sparen, hat C. Meißner in Friedrichsberg bei Berlin den einen Motorwagen mit der Hauptleitung und den zweiten mit dem ersten je durch ein Kabel für Hin- und Rückleitung derart verbunden, daß der elektrische Strom von der Hauptleitung durch das erste Kabel zum zweiten Kabel, also dem zweiten Motor zugeführt werden kann.
H. F. Eckert in Berlin-Friedrichsberg baut einen elektrischen Pflug nach dem Einmaschinensystem. Tafel II, Fig. 4, zeigt den Motor- oder Windewagen, der gegenüber einer Dampfpfluglokomotive sehr klein ausfällt. Die beiden Seiltrommeln sitzen auf einer liegenden Welle und werden durch eine Kuppelung ein- oder ausgerückt, gleichzeitig wird die lose Trommel gebremst. Durch Kegelräder können die Fahrräder angetrieben werden. Die elektrischen Maschinen, Apparate und Leitungen, der Pflug und die Winden kosten bei Schuckert u. Komp. 33,000 Mk.; 1 Morgen = 1/4 Hektar stellt sich etwa 30 cm tief nach dem Zweimaschinensystem elektrisch zu pflügen auf 6,15 Mk. Noch vorteilhafter arbeitete der nach dem Einmaschinensystem arbeitende elektrische Pflug von Brutschke unter Benutzung seines schon erwähnten Ankerwagens, indem sich die Kosten auf nur 4,40 Mk. stellten. Jedoch hängen diese Kosten, sowohl der Anlage als auch des Betriebes, zu sehr von den örtlichen Verhältnissen und der zu benutzenden Elektrizitätsquelle ab, um allgemein sichere Zahlen angeben zu können. Die Vorteile des elektrischen Pflügens sind nach Professor Strecker folgende: es können die wegen ihres geringen Gewichts leicht transportabeln Elektromotoren in ausreichender Stärke von 40–50 Pferdekräften benutzt werden, um bei völlig stoßfreiem Gang auch ganz schweren Boden zu bearbeiten; sie können bei jedem Steigungsverhältnis arbeiten; der elektrische Pflug ist nicht nur billiger in den Anlagekosten, sondern auch in den Betriebskosten; die Bedienung ist eine sehr einfache und wenig anstrengende; die Arbeitszeit kann verlängert werden, da das Feld auch noch gleichzeitig elektrisch beleuchtet werden kann; der Verbrauch der Elektrizität regelt sich selbständig nach den Kraftbedürfnissen; die lästige Anfuhr von Kohlen und Wasser nach dem Felde fällt fort, und durch dieselbe Anlage können z. B. auf dem Gutshofe noch andre landwirtschaftliche Maschinen betrieben, und der Hof sowie die Gebäude können gleichzeitig elektrisch beleuchtet werden.
Die deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft hat die elektrischen Pfluganlagen in Dahlwitz bei Hoppegarten (Einmaschinensystem Brutschke mit Dampfmaschinenanlage), in Marschwitz bei Deutsch-Lissa (dasselbe mit Turbine und Dampfmaschine) und in Sillium bei Derneburg in Hannover (Zweimaschinensystem Siemens u. Halske mit zwei Turbinen) untersucht und das Ergebnis in ihren Arbeiten, Heft 85: Untersuchungen elektrischer Pfluganlagen, von Ingenieur Schiller, veröffentlicht.
Nach statistischen Erhebungen von 1904 lassen weitaus die meisten Betriebe, die den M. anwenden, im Lohn pflügen. Am 1. April 1904 waren in Preußen 347 Dampfpflüge mit je 2 Lokomotiven, 47 mit je einer Lokomotive oder Lokomobile vorhanden. 218 Dampfpflüge stammten aus der Zeit vor 1892. Hieraus läßt sich berechnen, daß wenig über 1 Proz. des preußischen Ackerbodens mit Dampf gepflügt wird. Vgl. »Der Fowlersche Dampfpflug in seiner Konstruktion und Anwendung« (Berl. 1872); Perels, Handbuch des landwirtschaftlichen Maschinenwesens (2. Aufl., Jena 1880) und Die Dampfbodenkultur (Berl. 1870); Fritz, Handbuch der landwirtschaftlichen Maschinen (das. 1880); Wüst, Landwirtschaftliche Maschinenkunde (2. Aufl., das. 1889); Boysen und Wüst, Bericht über die Dampfpflugkonkurrenz zu Banteln (das. 1882); »Die Herrschaft Bèllye, ein ungarischer Großgrundbesitz Erzherzogs Albrecht« (Wien 1883).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.