- Drainage
Drainage (n. d. engl. to drain, spr. drēn, »ableiten«) ist die Befreiung nassen und versumpften Bodens von seiner überschüssigen Nässe durch unterirdische Leitungen. Dieses Verfahren war schon im Altertum (Columella, II, 2, 9), wenn auch in äußerst primitiver Form, in Anwendung. Die landwirtschaftlichen Schriftsteller des Mittelalters erwähnen es nicht. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrh. fanden in England verdeckte Leitungen zur Trockenlegung des Bodens vielfach Anwendung. 1755 veröffentlichte Anderson eine Schrift über die D. von Sumpfland; wenige Jahre später wurden von Elkington umfassende Drainagen in der Grafschaft Warwick und später in andern Grafschaften ausgeführt. 1795 bewilligte das Parlament dem letztern eine Nationalbelohnung von 1000 Pfd. Sterl. für seine Verdienste um die Ausbildung der D. Die unterirdischen Kanäle (Sickerkanäle) wurden mit Steinen (Steindrains) oder Reisig (Faschinendrains) oder Rasenziegeln (Erddrains) locker ausgefüllt und mit Erde bedeckt. Späterhin benutzte man zur Bildung des Hohlraums in den gedeckten Abzügen (Fontanellen, Sickerdohlen) Steinplatten, Mauersteine oder Dachziegel. Epochemachend für die Verbreitung der D. war die Erfindung der Drainröhrenpresse (s. Mauersteine) durch Whitehead (1845–48), die billige zylindrische Tonröhren lieferte. Seitdem fand die D. weiteste Anwendung, zunächst in England, dessen schwerer Tonboden fast durchgängig der Trockenlegung bedurfte, und dessen Regierung die D. durch Gewährung von Subventionen und Darlehen ausgiebig förderte. Auch in Frankreich und Belgien, in Deutschland und Österreich wurde die Einführung der D. durch Staatshilfe, auch durch die Rentenbanken unterstützt. Wesentliche Förderung erfuhr die D. namentlich auf kleinern Besitzungen durch die neuern wasserrechtlichen Bestimmungen, betreffend die Bildung von Wassergenossenschaften mit zwangsweiser Einbeziehung der Grundstücke einer widersprechenden Minderheit. Die D. ist am Platz auf allen Böden, die an stauender Nässe leiden, von denen das Wasser nicht rechtzeitig durch ober- oder unterirdischen Abfluß sowie durch Verdunstung entfernt werden kann. Man hat früher wiederholt vorgeschlagen, auch nicht drainagebedürftigen Boden zu drainieren, um die Durchlüftung zu befördern; derartige Luftdrains sind indes zwecklos, da in durchlässigem Sandboden, in dem das auffallende Tagewasser ungehindert versinkt, ohnedies eine vollkommene Durchlüftung des Bodens bis zur Tiefe des eindringenden Tagewassers erzielt wird.
Zu einem Drainsystem gehören zweierlei Gruppen von Röhren, Saugdrains und Sammeldrains. Die Sauger (Seitendrains) sollen dem Boden das Wasser unmittelbar entziehen, während die Sammler das Wasser einer größern Anzahl von Saugdrains aufnehmen und eventuell durch einen Hauptdrain oder direkt in den Vorflutgraben leiten. Zuweilen werden noch Kopfdrains am obern Rande des zu drainierenden Grundstückes annähernd in der Richtung der Schichtenlinien gelegt, um das von höhern Lagen herabfließende Grundwasser abzufangen. Die Röhren für Saugdrains erhalten einen lichten Durchmesser von 30–50 m, für Sammeldrains von 50–160 mm. Die Länge der einzelnen Rohrstücke beträgt gewöhnlich 0,3 m, nur bei den größern Sammeldrains bisweilen 0,5 m. Die Saugdrains liegen tunlichst parallel (Paralleldrainage) im stärksten Gefälle des Terrains (Längsdrainage) oder im quelligen Terrain mit wasserführenden Schichten in der Gefällsrichtung und bei mehr als 0,37 Proz. Gefälle quer zum Gefälle (Quer-, Horizontal-, Schrägdrainage). Die Gestaltung der Bodenoberfläche und die Lage des Vorflutgrabens bilden alsdann die Grundlage für die Anordnung der einzelnen aus Sammlern und zugehörigen Saugern bestehenden Drainsysteme. Die Rohre werden in der Tiefe von 1 m bei Wiesenboden und 1,25 m bei Ackerboden verlegt und zwar mit möglichst ebenen Stirnflächen dicht aneinander gestoßen. Muffen, kurze, über die Stoßfugen gelegte Rohrstücke, benutzt man nur ausnahmsweise, wenn das Rohr auf eine bestimmte Strecke gegen das Einwachsen von Wurzeln von Bäumen oder Sträuchern gesichert werden muß. Das Wasser gelangt durch den sehr geringen Zwischenraum der Stoßfugen in die Rohre, und zwar durch die seinen Risse, die sich beim Eindringen des Wassers in den Boden bilden und sich infolge des Eindringens der Luft, des Abtrocknens und Zusammenziehens des Bodens allmählich bis zu den Drainzügen fortsetzen. Bei zu geringer Tieflage der Drainzüge dringen leicht Wurzeln in die Rohre ein, auch können sie durch Frost Schaden leiden. Man überschreitet auch nicht gern diese Tiefe, da hierbei die Herstellungskosten für die Gräben zu hoch ausfallen. Nur wenn die Ursache der Versumpfung Grundwasser ist, das sich in größerer Tiefe befindet, müssen die Drainzüge bis in die wasserleitende Schicht hineingelegt werden. Innerhalb gewisser Grenzen nimmt das Entwässerungsgebiet eines Drainstranges mit der Tiefe zu, so daß die Entfernung der Stränge und ihre Tiefenlage in direktem Zusammenhang stehen. Nach Gerhardt beträgt bei 1,25 m Tieflage der Röhren die Entfernung der Drainstränge in flachen Lagen bis 1: 270 Gefälle bei Längsdrainage und in mittlern und steilen Lagen über 1: 270 Gefälle bei Querdrainage in:
Für Wiesen kann die Entfernung ca. 20 Proz. größer genommen werden. Die Weite der Rohre, namentlich diejenige der Sammeldrains, muß in dem Maß vermehrt werden, wie der Strang das Wasser einer größern Fläche aufzunehmen und fortzuleiten hat. Die Bestimmung der Rohrweite geht demnach von der Festsetzung der abzuführenden Wassermenge aus, nach der mit Rücksicht auf die Leitungsfähigkeit eines Rohres von bestimmtem Durchmesser und Gefälle seine Länge, bez. die Stelle bestimmt wird, an der eine größere Rohrnummer zu wählen ist. Die Lehrbücher der D. enthalten entsprechende, Formeln und Tabellen.
Ausführung. Geräte.
Die Ausführung einer D. beginnt mit der Herstellung des Drainplans auf Grund einer Vermessung und Nivellierung des Terrains. Zur Herstellung der Gräben benutzt man verschiedene Spaten, Pickel hauen oder Fußpickel zum Lockern sehr harten, namentlich steinigen Bodens, und die Hohlkelle (Schwanenhals) zur Herstellung einer glatten, der äußern Rohrform entsprechend abgerundeten Sohle. In sehr steinigem Boden benutzt man zur Ebnung der Sohle den Sohlenstampfer mit halbrunder unterer Fläche. Drainpflüge zur Herstellung oder wenigstens zum ersten Öffnen der Gräben gewähren keinerlei Vorteile. Auch mechanische Vorrichtungen zum Legen der Rohre, im unmittelbaren Anschluß an das Herstellen der Gräben, haben keine Verbreitung gefunden. Das Legen der Rohre erfolgt mittels des Legehakens, bestehend aus einer eisernen Stange mit Bund, an die sich im Winkel von etwa 80° ein hinlänglich langer Stiel ansetzt. Zur Verbindung der Saug- und Sammeldrains legt man entweder das Saugrohr über das Sammelrohr, schlägt in beide korrespondierende Löcher und verschließt das Ende des Saugrohrs mit einem Bruchstein und einer Tonkappe, oder man verwendet dazu D-förmige Verbindungsstücke oder aus Beton hergestellte Kreuzstücke. Die Ausmündungen der Sammeldrains in den Vorflutgraben werden zuweilen durch Frost, durch das Einstürzen der Grabenwände oder andre Ursachen zerstört oder die Röhrenstränge durch Hineinkriechen von Tieren, z. B. von Fröschen, verstopft. Man sucht deshalb die Anzahl der Ausläufe tunlichst zu vermindern und läßt das Rohr etwa 25 cm aus der Grabenwand hervorstehend frei ausmünden, so daß Tiere nicht zu der Ausmündung gelangen können. Um dem Rohr ein sicheres Widerlager zu geben, läßt man das Endrohr auf einer gemauerten Wand aus Ziegelsteinen ruhen. Diese bildet einen Teil der Wand des Vorflutgrabens und kann in geeigneter Weise abgeböscht werden.
Die Abbildung zeigt einen der Praxis entnommenen Längsdrainageplan. Wie die in punktierten Linien (2–10) angegebenen Schichtenlinien ersehen lassen, handelt es sich um ein schwach schluchtartiges Gelände, es hat eine Größe von 20 Hektar; die Schichtenlinien haben 1 m Abstand. Das Terrain wurde früher als Teichbecken benutzt; der Wegdamm b begrenzt es. Die Speisung des ehemaligen Teiches erfolgte durch den Bach c d e f g h i. Das Wasser staute bei starken Niederschlägen bei g an und setzte das ganze Becken unter Wasser. Zunächst wurde der Bach durch Geradelegung der Strecke d g reguliert und vertieft und alsdann die Fläche drainiert, wie die Figur zeigt. Die Stränge liegen je nach der Bindigkeit des Bodens. in 12–15 m Entfernung, in den Wiesen 1 m, in den Äckern 1,25 m tief; an den Kreuzungsstellen der Sammeldrains mit dem offenen Flutgraben und dem Bach bei e wurden die Rohre durch Muffen mit Zementdichtung abgeschlossen.
Die Kosten der D. stellen sich je nach der Schwierigkeit bei der Vorflutbeschaffung, der Entfernung der Saugdrains voneinander, der Schwierigkeit bei der Grabenarbeit etc. sehr verschieden.
Sie können demnach nur auf Grund spezieller Voranschläge ermittelt werden. Im Durchschnitt und zwar unter der Voraussetzung, daß keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten zu überwinden sind, stellen sich die Kosten für 1 Hektar auf 100–200 Mk., bei schwieriger Grabenarbeit und hohen Arbeitslöhnen bis auf 300 Mk.
Der Erfolg der D. tritt in der Regel deutlich hervor. Er wird beschleunigt durch gründliches Tiefpflügen. Künstliche Dungmittel, die bei nassem Boden leinen oder nur sehr beschränkten Nutzen gewähren, können nach der Drainierung erfolgreich angewendet werden. Der Boden wird wärmer, wodurch die Vegetation sich schneller, sicherer und ertragreicher entwickelt; die Unkräuter vergehen, da ihr Gedeihen zumeist an das Vorhandensein stagnierenden Wassers geknüpft ist. Die chemische Zusammensetzung des Bodens ändert sich vorteilhaft durch Einwirkung der Luft, die jetzt ungehinderten Zutritt zu dem Untergrund erhält. Die tiefe Lockerung gestattet Eindringen der Pflanzenwurzeln zu größerer Tiefe; Auffrieren des Bodens und viele Krankheiten der Kulturgewächse verschwinden nach erfolgter Trockenlegung. Ferner wird durch die D. eine ebene Bestellung der Felder ermöglicht, und die Beete werden überflüssig, mithin kann der Boden überall gleich tief bearbeitet und allen Pflanzen ein gleichmäßiger Standort angewiesen werden. Die Erträge werden erheblich, oft auf das Doppelte und Dreifache der frühern gesteigert, ihre Unsicherheit hört auf, und die Früchte zeigen erheblich bessere Qualität. Wo in ganz vereinzelten Fällen diese Tatsache nicht bestätigt wurde, ist die Schuld entweder in der Unangemessenheit der D. für die betreffenden Verhältnisse oder in fehlerhafter Anlage zu suchen. Vgl. Vincent, Die D., deren Theorie und Praxis (6. Aufl., Leipz. 1882); Derselbe, Bewässerung und Entwässerung der Äcker und Wiesen (3. Aufl., das. 1890); Perels, Handbuch des landwirtschaftlichen Wasserbaues (2. Aufl., Berl. 1884); Merl, Neue Theorie der Bodenentwässerung (Ansbach 1890); Gerhardt, Umgestaltung der Drainagebauten von Längsdrainagen zu Querdrainagen (Berl. 1891); Kreuter, Handbuch der D. (3. Aufl., Wien 1887); Vogler, Grundlehren der Kulturtechnik (1. Bd., 3. Aufl., Berl. 1903; 2. Bd., 2. Aufl., das. 1898); Dünkelberg, Kulturtechnik (Braunschw. 1883); Zajiček, Der Landwirt als Kulturingenieur (2. Aufl., Berl. 1902); Nielsen, Tafeln zur Bestimmung der Drainröhrenweite (Braunschw. 1901); Kresnik, Hilfstafel zur Verfassung von Drainageplänen (Wien 1893); Kopp, Anleitung zur D. (Frauenfeld 1897); Kopecky, Die Bodenuntersuchung zum Zwecke der Drainagearbeiten (Prag 1901). – Unter D. versteht man auch die Trockenlegung von Baugrund und die Städtereinigung durch Kanäle. In der Chirurgie nennt man D. das Einlegen von Kautschukröhrchen mit kleinen seitlichen Öffnungen in Wunden zur Ableitung des Eiters unter dem Verband.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.