- Aristeides
Aristeides (lat. Aristides), 1) athen. Staatsmann, Sohn des Lysimachos, geb. um 530 v. Chr., gest. 467, trat zuerst 509 öffentlich auf, indem er Kleisthenes bei Reform der Solonischen Verfassung beistand. In der Schlacht von Marathon (490) war er einer der Strategen, wurde für 489 zum ersten Archonten gewählt und gall als Haupt der konservativen Partei. Als solcher fürchtete er aber, daß durch die von Themistokles geplante Gründung einer Seemacht die festen Grundlagen des Staates erschüttert und der Kern desselben, die grundbesitzende Bevölkerung, durch die besitzlose Menge und Fremde verdrängt werden könne, und da der Gegensatz beider Männer das Gemeinwesen in Verwirrung zu bringen drohte, so wurde beschlossen, durch ein Scherbengericht zwischen ihnen zu entscheiden. Die Mehrheit sprach sich 483 für die Verbannung des A. aus. Von der Erlaubnis der Rückkehr, welche die Athener bei dem Verlassen ihrer Stadt allen Verbannten gewährten, machte er zwar keinen Gebrauch, aber als er von Ägina aus, wo er sich aufhielt, vor der Schlacht bei Salamis die Umzingelung der griechischen Flotte durch die Perser bemerkte, meldete er dies dem Themistokles und besetzte während der Schlacht die Insel Psyttaleia, wo er die persische Besatzung niedermachte. Neuen Ruhm gewann er 479 als Anführer der Athen er bei Platää und führte dann die athenische Flotte gegen die persische Küste, wobei es seiner Milde und Unparteilichkeit gelang, die Inseln und Städte des Ägäischen Meeres für den Anschluß an den Attischen Seebund zu gewinnen (477), den er im Auftrag des Volkes, ietzt ein Bundesgenosse des Themistokles, selbst einrichtete. So begründete er die athenische Hegemonie zur See. Er starb, schon bei Lebzeiten der Gerechte genannt, auf einer amtlichen Fahrt nach dem Schwarzen Meer und wurde in Athen auf Staatskosten bestattet; seine Tochter wurden vom Staat ausgestattet A.' Leben ist von Cornel ins Nepos und Plutarch beschriehen worden. Vgl. Vom Berg, Das Leben des A. (Götting. 1871).
2) A. aus Theben, griech. Maler, Zeitgenosse des Apelles, war Meister im Ausdruck menschlicher Empfindungen und Leidenschaften. Seine Arbeiten standen sehr hoch im Preise. Genannt werden eine Szene aus der Eroberung einer Stadt (ein Kind nach der Brust der sterbenden Mutter kriechend) und ein großes Schlachtenbild von 100 Figuren.
3) A., im 2. oder 1. Jahrh. v. Chr., verfaßte erotische Novellen, nach ihrem Schauplatz Milet »Milesiaca« (milesische Geschichten) betitelt, die als erste Anfänge des griechischen Prosaromans zu betrachten sind. Die dürftigen Bruchstücke in Müllers »Fragmenta historicorum graec.«, Bd. 4 (Par. 1851).
4) Christlicher Apologet des 2. Jahrh. Seine dem Kaiser Hadrian oder Antoninus Pius eingereichte, erst jüngst wieder aufgefundene Schutzschrift gipfelt in einer wertvollen Schilderung christlichen Glaubens und christlicher Sitten.
5) Publius Älius A., mit Beinamen Theodoros, griech. Rhetor, geb. 129 n. Chr. zu Adriani in Mysien, gest. um 189, Schüler des Herodes Atticus, machte teils zu seiner Ausbildung, teils zur Ausübung seiner Kunst weite Reisen, namentlich in Ägypten, und erwarb sich außerordentlichen Beifall. 155 von einer 17 Jahre dauernden Krankheit befallen, fand er Heilung durch eine ihm im Asklepiosheiligtum zu Pergamon in Traumgesichten offenbarte Kur, deren Geschichte er in seinen sechs »Heiligen Reden« erzählt. Als Smyrna, die Hauptstätte seiner Wirksamkeit, 177 durch ein Erdbeben zerstört war, erwirkte er durch seine Fürsprache von den Kaisern Mark Aurel und Commodus den Wiederaufbau. Da ihm die Gabe freier Rede versagt war, verlegte er den Schwerpunkt seiner Tätigkeit auf Abfassung schriftlicher Reden, durch die er den Ruhm des Klassikers unter den Sophisten gewann. Erhalten sind von ihm außer zwei theoretischen Schriften über politische und schlichte Rede (hrsg. in den »Rhetores graeci« von Walz und Spengel) und der Krankheitsgeschichte noch 49 Reden (hrsg. von Dindorf, Leipz. 1829, 3 Bde.; Hauptausg. von Keil, Berl. 1898 ff.), teils Lobreden auf Gottheiten und Städte, wie Athen, Rom und Smyrna, teils Deklamationen nach alten Mustern, wie Isokrates (Panathenaïkos), und über geschichtliche Themata aus der Zeit der griechischen Freiheit. Seine Darstellung ist meist frei von Schwulst und Übertreibung, durchaus korrekt und im Wortschatz sehr gewählt, in der Komposition meist von bewundernswürdiger Sorgfalt; aber rhetorische Technik und äußere Formgewandtheit ist ihm Hauptsache, hinter welcher der Inhalt trotz scheinbar tiefer Gelehrsamkeit und gedrungener Beweisführung weit zurückbleibt. Dabei tritt überall maßlose Eitelkeit und fast krankhafte Ruhmsucht hervor. Vgl. Baumgart, Älius A. als Repräsentant der sophistischen Rhetorik des 2. Jahrhunderts der Kaiserzeit (Leipz. 1874). Ob eine Statue im Vatikan mit Recht seinen Namen trägt, ist zweifelhaft.
6) A. Quintilianus, griech. Grammatiker, frühestens des 3. Jahrh. n. Chr., verfaßte eine Schrift (»De musica«, hrsg. von A. Jahn, Berl. 1882) in 3 Büchern, eine Kompilation, die Harmonik und Rhythmik besonders nach Aristoxenos, den ethischen Gehalt der Musik und ihrer Rhythmen und in pythagoreisch-platonischer Weise die Übereinstimmung der Intervallenverhältnisse der Musik mit der Harmonie des Universums behandelt. Vgl. Cäsar. Die Grundzüge der griechischen Rhythmik im Anschluß an A. (Marburg 1882).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.