Hensel

Hensel

Hensel, 1) Sophie Friederike, geborne Sparmann, Schauspielerin, geb. 1738 in Dresden, gest. 22. Nov. 1789 in Schleswig, bildete ihr Talent seit 1754 bei der Schuchschen Gesellschaft in Danzig aus, bei der damals auch Ekhof spielte, verheiratete sich 1755 mit dem Schauspieler J. Gottlieb H., von dem sie sich 1759 wieder trennte, und ging dann zur Ackermannschen Gesellschaft über, in der sie (auch während der durch Lessing berühmt gewordenen »Hamburger Entreprise« eines Nationaltheaters) als erste tragische Schauspielerin glänzte, aber auch durch ihre Rollensucht und Eitelkeit Spaltungen hervorrief. 1771–72 spielte sie in Wien, heiratete dann den Theaterdirektor Seyler, mit dem sie 1779–81 in Frankfurt und Mannheim auftrat, wirkte seit 1785 unter Schröder in Hamburg und zuletzt am Hoftheater in Schleswig. Das Höchste leistete sie in leidenschaftlichen und majestätischen tragischen Rollen.

2) Wilhelm, Maler, geb. 6. Juli 1794 in Trebbin, gest. 26. Nov. 1861 in Berlin, ward 1810 Zögling der königlichen Bauschule in Berlin, widmete sich aber bald, seiner Neigung folgend, der Malerei. Seine Studien wurden durch den Befreiungskrieg unterbrochen, den er als Freiwilliger mitmachte. Zweimaligen Aufenthalt in Paris benutzte er, die dortigen Kunstschätze kennen zu lernen. Seine Erfolge als Dichter mit den »Bundesblüten« (Berl. 1816) und dem Lustspiel »Ritter Hans« hätten ihn fast der Malerei abwendig gemacht. Durch Familienverhältnisse genötigt, mehr an Erwerb als an Ausbildung zu denken, malte und zeichnete er nun Bildnisse, fertigte Zeichnungen für Almanache und schuf unter anderm für einen Saal im Schauspielhaus in Berlin Darstellungen aus berühmten Tragikern und die auch durch den Stich bekannt gewordenen Gruppen zu dem Hoffestspiel »Lalla Rukh«. 1825 ging er mit königlicher Unterstützung nach Italien, wo er sich mit der Ausführung einer Kopie der Transfiguration von Raffael und mit einem großen Bild eigner Komposition, Christus und die Samariterin, beschäftigte. Aus dieser Zeit rührt auch seine Vittoria Caldoni von Albano her, wie sie von ihren Freundinnen Abschied nimmt, um ins Kloster zu gehen. 1828 kehrte H. nach Berlin zurück, wurde königlicher Hofmaler, Professor und Mitglied des Senats der Akademie. Seine künstlerische Tätigkeit wurde 1848 unterbrochen, indem er an die Spitze des bewaffneten Künstlerkorps trat und eifrig für die Organisation der konservativen Partei wirkte. Zu seinen Hauptwerken zählen: Christus in der Wüste, italienische Landleute am antiken Brunnen, Mirjam den Reigen der Jungfrauen eröffnend (1836), Christus vor Pilatus (1834, Garnisonkirche in Berlin), der Herzog von Braunschweig vor der Schlacht bei Quatrebras auf dem Ball zu Brüssel. Auch treffliche Zeichnungen in Stift und Sepia sowie Radierungen hat man von ihm; am bekanntesten sind die zu Tiecks »Genoveva« und »Phantasus«. Er hinterließ eine Sammlung von über 1000 Bleistiftbildnissen ausgezeichneter Zeitgenossen. – Seine Gattin Fanny, Sch wester von Felix Mendelssohn-Bartholdy, geb. 14. Nov. 1805 in Hamburg, gest. 14. Mai 1847 in Berlin, war eine ausgezeichnete Klavierspielerin und begabte Komponistin (Lieder ohne Worte, Lieder und ein Klaviertrio). Vgl. Sebastian Hensel (Sohn des vorigen, gest. 1898), Die Familie Mendelssohn 1729–1847 (12. Aufl., Berl. 1904, 2 Bde.); »Sebastian H. Ein Lebensbild aus Deutschlands Lehrjahren« (2. Aufl., das. 1903).

3) Luise, religiöse Dichterin, Schwester des vorigen, geb. 30. März 1798 zu Linum in Brandenburg, gest. 18. Dez. 1876 in Paderborn, siedelte nach dem Tode des Vaters mit ihrer Mutter 1809 nach Berlin über, wo sie 1816 die Bekanntschaft Klemens Brentanos machte, der in heftiger Leidenschaft für sie erglühte. Sie reichte ihm ihre Hand nicht, trug aber wesentlich zu der innern Wandlung des Dichters bei. Obgleich Protestantin, wußte sie doch Brentanos katholisches Bewußtsein wieder zu erwecken und trat auch selber 1818 zur katholischen Kirche über. 1819 ward sie Gesellschafterin bei einer Fürstin Salm, 1821 Lehrerin bei der Witwe des Grafen Friedrich Leopold von Stolberg; von 1833–37 lebte sie wieder in Berlin, danach bis 1840 zu Stift Neuburg im Hause der Gattin Fritz Schlossers, später in Köln, in Wiedenbrück bei Paderborn und zuletzt in Paderborn selbst. Ihre »Gedichte«, zuerst mit Gedichten ihrer Schwester Wilhelmine vereinigt (hrsg. von Kletke, Berl. 1858), zeichneten sich hauptsächlich durch den Geist milder, inniger und sehnsüchtiger Frömmigkeit aus; ihr Abendlied: »Müde bin ich, geh' zur Ruh'« zählt zu den Perlen der deutschen religiösen Lyrik. Einervollständigern Sammlung der »Lieder« (hrsg. von Schlüter, Paderb. 1869; 8. Aufl. 1898) folgten die »Briefe der Dichterin Luise H.« (das. 1878). Vgl. Reinkens, Luise H. und ihre Lieder (Bonn 1877, auf einer Selbstbiographie der Dichterin beruhend); Bartscher, Der innere Lebensgang der Dichterin Luise H. (Paderb. 1882); Binder, Luise H., ein Lebensbild (2. Aufl., Freiburg 1904). – Luisens jüngere Schwester, Wilhelmine H., geb. 13. Sept. 1802, gest. 4. Dez. 1893 in Charlottenburg, von 1851–76 Vorsteherin des Elisabethstifts in Pankow bei Berlin, seitdem in Charlottenburg wohnhaft, trat gleichfalls als Dichterin hervor, zuerst in der obenerwähnten, von Kletke herausgegebenen Sammlung, später mit »Gedichten« (hrsg. von Schlüter, Paderb. 1882).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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