- Hasse
Hasse, 1) Johann Adolf, Komponist, getauft 25. März 1699 in Bergedorf bei Hamburg, gest. 16. Dez. 1783 in Venedig, begann seine Laufbahn als Opernsänger in Hamburg (1718) und Braunschweig, wo die von ihm komponierte Oper »Antiochus« mit Beifall zur Ausführung gelangte (1721). 1722 ging er nach Italien, studierte unter Porpora und Scarlatti in Neapel und brachte dort bereits seit 1723 neue Opern zur Ausführung, die ihn schnell berühmt machten. 1727 siedelte er nach Venedig über, vermählte sich 1730 mit der berühmten Sängerin Faustina Bordoni und wurde 1731 für die neu zu eröffnende Italienische Oper in Dresden gewonnen. Zwar führte er im Winter 1731 in Dresden seine »Cleofide« auf, doch wurde er als Kapellmeister erst 1734 nach dem Tod August des Starken angestellt. In der Zwischenzeit feierte das Paar in Italien Triumphe, und auch in der Folge bis 1740 war H. wiederholt mit längerm Urlaub in Italien, während Faustina zu hohem Ansehen am Hofe gelangte. 1750 wurde er zum Oberkapellmeister ernannt. 1751 trat Faustina mit vollem Gehalt von der Bühne zurück, 1763 wurden beide ohne Pension entlassen und siedelten zunächst nach Wien über, wo H. noch einige Opern für den Hof schrieb, und dann nach Venedig. Die Zahl der Opern und Serenaden übersteigt 70; daneben hat er viele Oratorien sowie Kirchenmusik (fünf Tedeums, Requiem für August den Starken, Messen, Miserere etc.) und Instrumentalsachen in großer Zahl geschrieben (die Dresdener Bibliothek bewahrt eine große Zahl seiner Werke, obgleich 1760 beim Bombardement Dresdens durch die Preußen vieles verbrannte). Wenn auch Hasses Opern schon gegenüber denen Händels und Glucks einen schweren Stand hatten und heute gänzlich vergessen sind, so bedarf es doch noch der Untersuchung, inwieweit H. um die Herausbildung des neuen Stils der deutschen Instrumentalkomposition persönliche Verdienste hat und eins der Übergangsglieder zu der Kunst Mozarts und Haydns bildet. Vgl. K. Mennicke, J. A. H. (Sammelbände der Internationalen Musikgesellschaft, Leipzig 1904). – Seine Gattin Faustina, geborne Bordoni, geb. 1700 in Venedig, gest. daselbst 4. Nov. 1781, war Schülerin Gasparinis, trat in ihrem 16. Jahr zum erstenmal in Venedig auf, gastierte dann als Opernsängerin in Florenz, wurde 1724 mit 15,000 Gulden Gage nach Wien und bald darauf mit 2000 Pfd. Sterl. von Händel nach London engagiert, von wo sie 1727 nach Venedig zurückging. Vgl. Kandler, Cenni storico-critici intorno alla vita etc. del ... Adolfo Hasse (1820) und Niggli, Faustina Bordoni-H. (Leipz. 1880).
2) Karl Ewald, Mediziner, geb. 23. Juni 1810 in Dresden, gest. Ende September 1902 in Hannover, studierte an der medizinisch-chirurgischen Akademie daselbst, in Leipzig, Paris und Wien, habilitierte sich 1836 in Leipzig und wurde daselbst 1839 außerordentlicher Professor, 1844 Professor der medizinischen Klinik und Pathologie in Zürich, 1852 in Heidelberg und 1856 in Göttingen. 1879 zog er sich nach Hameln, später nach Hannover zurück. H. war einer der ersten, die auf planmäßiges Studium der pathologischen Anatomie drängten, er hat wesentlich mit dazu beigetragen, gegenüber der naturphilosophisch-dogmatischen Richtung der Heilkunst einer rationellern, auf unbefangener Beobachtung beruhenden Methode zum Siege zu verhelfen. Auf dem Gebiete der Gehirn- und der Nervenkrankheiten war er eine der hervorragendsten Autoritäten. Er schrieb: »Anatomische Beschreibung der Krankheiten der Zirkulations- und Respirationsorgane« (Leipz. 1841, engl. 1846) und »Krankheiten des Nervensystems« (Erlang. 1855, 2. Aufl. 1868); außerdem »Erinnerungen aus meinem Leben« (2. Aufl., Leipz. 1902). Vgl. Obst, Karl Ewald H., der Nestor der deutschen Kliniker (Hamb. 1900).
3) Karl, Anatom, geb. 17. Okt. 1841 zu Tönning in Schleswig, studierte in Göttingen und Kiel, wurde 1864 Prosektor in Kiel, 1867 in Würzburg und 1873 Professor in Breslau. Er schrieb: »Anatomische Studien« (Leipz. 1870–73, 4 Hefte); »Das natürliche System der Elasmobranchier« (Jena 1879–82, Nachtrag 1885); »Morphologie und Heilkunde« (2. Aufl., Leipz. 1880); »Beiträge zur allgemeinen Stammesgeschichte der Wirbeltiere« (Jena 1883); »Die Formen des menschlichen Körpers und die Formveränderungen bei der Atmung« (das. 1888–90) und u. d. T.: »Kunststudien« (das. 1882–94, 5 Hefte) auch eine Reihe kunsthistorischer Untersuchungen: »Die Venus von Milo«, »Die Verklärung Christi von Raffael« u. a., ferner »Roger van Brügge, der Meister von Flemalle« (Straßb. 1904). Auch gab er einen »Handatlas der sensibeln und motorischen Gebiete der Hirn- und Rückenmarksnerven« heraus (Wiesbad. 1895).
4) Ernst, deutscher Politiker, geb. 14. Febr. 1846 zu Leulitz bei Wurzen, trat 1866 bei Ausbruch des Krieges in das sächsische Heer, studierte nach dem Friedensschluß in Leipzig zunächst Theologie, dann Nationalökonomie, Rechts- und Staatswissenschaften und leitete, seit 1868 zugleich Adjutant des neugegründeten Landwehrbezirkskommandos, 1870 die Mobilmachung im Bezirk. Als Premierleutnant und Kompagnieführer bei Brie-sur-Marne verwundet, war H. als Regimentsadjutant bei der Demobilmachung des Regiments bis 1873 tätig, studierte, im Winter 1874/75 nach Berlin beurlaubt, unter Ernst Engel Statistik, erhielt 1875 die erbetene Entlassung und ist seitdem Vorstand des Statistischen Amts der Stadt Leipzig. Seit 1885 habilitiert und 1886 außerordentlicher Professor, liest H. Statistik und Kolonialpolitik; er gehört dem Vorstand der Deutschen Kolonialgesellschaft und andrer nationaler Vereinigungen an, ist seit 1893 geschäftsführender Vorsitzender des Alldeutschen Verbandes (s. d.) und war 1893 bis zum Jahr 1903, wo er dem Sozialdemokraten unterlag, Mitglied des Reichstags, in dem er sich der nationalliberalen Fraktion anschloß. Besonders tätig war er auf dem Gebiete der Kolonialpolitik. H. veröffentlichte: »Die Stadt Leipzig und ihre Umgebung« (Leipz. 1878); »Geschichte der Leipziger Messen« (das. 1885); »Die Wohnungsverhältnisse der ärmern Volksklassen in Leipzig« (das. 1886); »Kolonien und Kolonialpolitik« (im »Handwörterbuch der Staatswissenschaften«); »Die Leipziger Kanalfrage« (Leipz. 1892); »Die Organisation der amtlichen Statistik« (das. 1888); »Deutsche Weltpolitik« (Münch. 1897); »Das Deutsche Reich als Nationalstaat« (das. 1904) u. a.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.