Fischzucht

Fischzucht

Fischzucht (hierzu Tafel »Künstliche Fischzucht I u. II«), die Gesamtheit der Maßregeln zur Begünstigung der Fortpflanzung der Fische. Seit dem Mittelalter züchtet man Fische in Teichen (s. Teichwirtschaft), in denen für die Vermehrung und das Gedeihen der Fische ausgiebig gesorgt ist. Neben der Teichwirtschaft kommt aber die künstliche F. in Betracht, die hauptsächlich auf die im Winter laichenden Lachse, Forellen, Saiblinge, Maränen angewendet wird. Die Sommerlaicher haben sehr zahlreiche Eier, aus denen die Fischchen in wenigen Tagen ausschlüpfen, worauf sie schnell fähig werden, umherzuschwimmen und Nahrung zu suchen. Bei den Winterlaichern ist die Zahl der Eier viel geringer; ein 10–15pfündiger Lachs hat etwa 10,000, eine Forelle 500–2000 Eier, und deren Entwickelung erfordert bis zum Ausschlüpfen mehrere Monate, wonach die jungen Fischchen noch viele Wochen lang höchst unbehilflich sind. Es wird daher in der Natur nur ein sehr kleiner Teil der von einem Rogener abgelegten Eier zu schwimmfähigen Fischen, während die künstliche F. die große Mehrzahl aller entwickelungsfähigen Eier eines Fisches bis zu dieser Entwickelungsstufe bringt. Stephan Ludwig Jacobi aus Hohenhausen (Lippe-Detmold) übte nach langer Beobachtung des natürlichen Laichvorganges bei den Forellen die künstliche Befruchtung der Eier schon 1725 und veröffentlichte seine Entdeckung 1765 im »Hannöverschen Magazin«. Diese Anregung blieb ohne Folgen, als aber zu Ende der 1840er Jahre zwei Fischer in den Vogesen, Remy und Gehin in La Bresse, Erfolge mit der Vermehrung nutzbarer Fische erzielten, wurden sie vom Staat angestellt, um die Gewässer Frankreichs zu bevölkern. Der Pariser Embryolog Jean Victor Coste (s.d.) betrieb die Sache mit großem Eifer, und auf seine Veranlassung gründete Napoleon III. die Fischzuchtanstalt bei Hüningen im Elsaß.

Die künstliche F. zerfällt in die Gewinnung und Befruchtung der Eier, ihre Ausbreitung und die Pflege der jungen Fischchen bis zu ihrer Aussetzung. Die Eier der Fische werden mit wenigen Ausnahmen erst nach ihrem Austritt aus dem mütterlichen Körper im Wasser durch die Samenflüssigkeit des Männchens befruchtet. In der Laichzeit treten die Eier der reisen Weibchen bei ganz gelindem Druck auf den Bauch hervor; ebenso läßt sich beim Männchen die Samenflüssigkeit (Milch) durch sanftes Streichen des Bauches aus der, wie beim Rogener, hinter dem After gelegenen Geschlechtsöffnung entleeren. Zur künstlichen Befruchtung der Eier wird am vorteilhaftesten die nach Wraskij benannte trockne Methode, die auch von Jacobi schon beschrieben wurde, angewendet. Die Eier eines oder mehrerer Rogener werden in eine trockne Schale abgestrichen, mit der Milch eines oder mehrerer Männchen gemischt, mit den Fingern oder einer Federfahne vorsichtig umgerührt und dann mit Wasser übergossen, das die Temperatur des zur Speisung des Brutapparats benutzten Gewässers hat. Nach 5–10 Minuten wird das milchig getrübte Wasser abgegossen, und die Eier werden, nochmals abgespült, in den Brutapparat gelegt. Diese Methode liefert viel bessere Resultate als die nasse Methode, nach der Milch und Eier gleichzeitig oder nacheinander in Wasser abgestrichen wurden. Eier und Milch brauchen nicht von lebenden Fischen genommen zu werden, bei kühler Temperatur bleiben sie in den getöteten Tieren mehrere Tage lang vollkommen brauchbar. Da bei der natürlichen Laichablage der lachsartigen Fische immer ein sehr großer Teil der Eier unbefruchtet bleibt, bringt die künstliche Befruchtung allein schon großen Vorteil, wenn man die befruchteten Eier auf den natürlichen Laichstellen ausschüttet und letztere durch Absperren mit Gittern gegen Raubfische schützt. Viel besser ist es aber, die Eier in Brutapparaten unterzubringen. Die Jacobische Brutkiste (Tafel II, Fig. 1) ist ein flacher, mit Deckel verschließbarer Kasten von Holz, dessen Seitenwände teilweise durch Metallsiebe ersetzt sind, um das Wasser durchströmen zu lassen. Auf dem Boden der Kiste werden die Eier in einfacher Schicht auf einer Unterlage von Kies ausgebreitet. Die Kiste kann in Bächen oder Flüssen schwimmend aufgestellt oder auf den Boden versenkt werden. Der Kuffersche Bruttiegel, ein rundes, ringsum siebartig durchlöchertes Tongefäß, wird in kleinen Bächen auf den Grund gestellt; auch in ihm liegen die Eier gewöhnlich auf Kies. Diese Apparate sind nur anwendbar, wo man vor plötzlichen Hochwassern und starker Eisbildung sicher ist. Im allgemeinen ist es vorteilhafter, die Eier in frostfreien Räumen aufzustellen, in die das Wasser hineingeleitet wird. Solche Brutanstalten, in denen zur Aufnahme der Eier gewöhnlich andre als die erwähnten Apparate benutzt werden, können, sofern es sich nicht um sehr große Eiermengen handelt, überall, wo die Zuleitung guten Wassers möglich ist, mit geringen Mitteln eingerichtet werden. Zur Ausstellung der für 10,000 Lachs- oder Forelleneier erforderlichen Apparate genügen ein paar Quadratfuß in einem Keller, einem Viehstall, einer Meiereistube, aber selbst der Bau eigner Bruthäuser verursacht nur geringe Kosten, wenn man das Gebäude aus doppelten Holzwänden herstellt, deren Zwischenraum, um die Kälte abzuhalten, mit trocknem Moos, Torf, Stroh oder Sägespänen gefüllt ist.

Der älteste zur Aufnahme der Eier in geschlossenen Brutanstalten angewandte Apparat waren die Costeschen Kacheln (Tafel II, Fig. 3 u. 4), viereckige Kasten von gebranntem Ton, in denen die Eier auf einem beweglichen Glasrost gelagert wurden, und die, wie Fig. 2 zeigt, staffelförmig aufgestellt wurden, um mit einer geringen Wassermenge viele Kacheln zu speisen. Man hat diese Kacheln, da das Wasser über die Eier nur fortläuft, ohne sie allseitig zu umspülen, fast allgemein aufgegeben. Sehr empfehlenswert sind dagegen Bruttische (Fig. 5), d. h. lange, in Tischhöhe angebrachte Tröge von mehreren Metern Länge, 30 cm Breite und 15 cm Tiefe, die das Brutwasser der Länge nach durchströmt, und in denen die Eier auf viereckigen, aus verzinktem Drahtgewebe angefertigten Siebtellern mit 1 cm hohem Rand in einfacher Schicht liegen. Die Siebe müssen so aufgestellt werden, daß das Wasser über und unter ihnen fortfließt, die Eier also von allen Seiten umspült. Bei sehr reichlichem Wasserzufluß können die Siebe mehrfach übereinander gestellt werden. Eine solche Einrichtung ist sehr billig und zur Revision der Eier, dem Auslesen der abgestorbenen, wozu man sich am besten breiter Pinzetten bedient, am bequemsten. Wo es an Raum mangelt, kann man die Siebe, wie in dem Apparat von Holton (Fig. 6), übereinander in einem tiefen Kasten aufstellen, in den das Wasser von untenher einströmt. Natürlich müssen dann die Ränder der Siebe genau auseinander passen, damit nicht durch die Strömung Eier fortgeschwemmt werden. In kleinen und mittlern Brutanstalten sind die kalifornischen Apparate nach den Konstruktionen von v. dem Borne, Eckardt, Schuster (Fig. 7–9) am gebräuchlichsten. Sie bestehen aus zwei beweglich verbundenen Kasten, von denen der innere einen Siebboden hat und in den äußern so eingesetzt ist, daß alles in letztern von oben einströmende Wasser durch den Siebboden in den innern Kasten eindringen muß; durch eine Röhre oder offene Rinne im obern Rand läuft das Wasser wieder ab. Auf dem Siebboden können die Eier in 5–10facher Schicht gelagert werden, so daß ein Kasten von 30×20 cm Grundfläche 5–10,000 Forelleneier aufnehmen kann. Das Auslesen der abgestorbenen, an ihrer weißen, undurchsichtigen Farbe kenntlichen Eier ist auch in diesen Apparaten leicht, da die Eier, wenn man den innern Kasten vorsichtig hebt und dann schnell herabdrückt, durch die Strömung gehoben werden und sich umlagern, auch ohne Schaden mit der Hand oder einem Sieblöffel umgerührt werden können. Das Abschwimmen junger Fischchen, die schon ausgeschlüpft sind, wird in diesen Apparaten durch vorgestellte Sperrsiebe verhindert, oder man läßt sie in einen vorgestellten »Fangkasten« gelangen, in dem sie durch ein Sieb zurückgehalten werden. Der Übelstand, daß die Fischchen gegen das Sperrsieb der kalifornischen Tröge durch die Strömung angepreßt und vielfach beschädigt werden, ist bei einer von La Valette Saint-George angegebenen Modifikation des Apparats vermieden. Der äußere Kasten (Fig. 10) ist durch einen einige Zentimeter über dem Boden ringsum laufenden, 2 cm breiten Rand in eine kleine untere und eine größere obere Abteilung geteilt. Auf diesem Rande steht der Siebboden des innern Kastens fest auf. Das Brutwasser gelangt durch einen Trichter in die untere Abteilung des äußern Kastens, steigt durch Siebboden und Eier in den innern und verläßt diesen wieder durch eine breite, siebförmig durchlöcherte Zone der vier Seitenwände, um in die obere Abteilung des äußern Kastens zu treten und aus diesem abzufließen. Bei der bedeutenden Größe der Siebzone ist ein Andrücken von Fischchen, da nirgends eine starke Strömung stattfindet, unmöglich, ein eignes Sperrsieb und ein Fangkasten sind entbehrlich. Der Wilmotsche Trichter unterscheidet sich von den kalifornischen Apparaten nur durch die konische Form des innern, zur Aufnahme der Eier dienenden Kastens und die infolge der Kleinheit des Siebbodens etwas stärkere Strömung.

Die in sehr verschiedenen Formen konstruierten Selbstausleser (Fig. 11) sind nur für die 1–3 mm großen Eier der Coregonen geeignet, die gewöhnlich in sehr großer Menge gewonnen werden, und deren Kleinheit das Auslesen jedes toten Eies sehr beschwerlich machen würde. Für die größern und schweren Eier von Lachsen und Forellen sind sie nicht anwendbar. Sie erhalten die Eier durch eine starke aufsteigende Strömung in fortwährender langsamer Bewegung, wobei die abgestorbenen, spezifisch etwas leichtern an die Oberfläche kommen und durch zeitweise Verstärkung des Wasserzuflusses abgeschwemmt oder mittels eines Sieblöffels leicht entfernt werden können. Der Selbstausleser von v. dem Borne ist nach dem Prinzip des kalifornischen Apparats konstruiert. Der äußere Kasten ist 50 cm hoch, 20×20 cm weit, der innere von zylindrischer Form, 40 cm hoch und 10 cm weit. Solche Apparate können 50–100,000 Eier der größern Coregonenarten aufnehmen. Der Zufluß des Wassers muß mittels eines Hahnes genau so geregelt werden, daß die Eier bis einige Zentimeter unter dem Ausflußrohr schwebend erhalten werden; dann arbeitet der Apparat vortrefflich. Zum Auffangen etwa abschwimmender Fischchen ist ein Fangkasten erforderlich. Wo bei wenig Wasserverbrauch viel Eier ausgebrütet werden sollen, empfiehlt sich der Selbstausleser von Bade. Nach der Methode von Grimm werden die Eier unmittelbar nach der Abspülung auf eine weiche, wassergetränkte Baumwollenschicht gelegt, mit Baumwolle bedeckt und alle 2–3 Tage frisch mit Wasser bespritzt, so daß sie feucht bleiben. Bei einer Temperatur des Brutraums von 2,5° geht die Entwickel ung regelmäßig, wenn auch sehr langsam vor sich, und es verdirbt nicht leicht ein Ei. Bei höherer Temperatur (bis 12°) erfolgt das Ausschlüpfen viel schneller.

Wo ein regelmäßiger Wasserzufluß nicht herstellbar ist, können die Eier bis kurz vor dem Ausschlüpfen der Fischchen in dem Matherschen Eisbrutschrank (Fig. 12) gehalten werden. Derselbe enthält 10–15 ganz flache Schiebladen, deren Boden vielfach durchbrochen und mit Flanell belegt oder nur durch Aufnageln eines Flanellstückes auf den viereckigen Rahmen hergestellt ist. Auf diesen Schiebladen werden nun die Eier, am besten und gleichmäßigsten unter Wasser, ausgebreitet, so daß sie nur in einfacher Schicht liegen. Ein Rahmen von 30×30 cm kann 4000 Bachforellen- oder 10,000 Coregoneneier aufnehmen. Über die sämtlichen Schiebladen wird ein mit Eis oder Schnee gefüllter Kasten gestellt. Das abfließende Schmelzwasser genügt, um den Flanell so feucht zu erhalten, daß sich die Eier darauf sehr gut entwickeln. Steht der Apparat an einem kühlen Ort, so ist das Einlegen von neuem Eis nur alle 2–3 Tage einmal nötig. Das Auslesen der toten Eier ist sehr bequem. Einige Zeit vor dem Ausschlüpfen müssen die Eier natürlich in fließendes Wasser gebracht werden. In der ersten Zeit nach der Befruchtung sind die Eier gegen Erschütterungen sehr empfindlich und werden dadurch leicht getötet. An Laichgewinnungsorten, wo fließendes Wasser nicht zur Verfügung steht, ist daher die Anwendung der Eisbrutschränke sehr vorteilhaft, um einen zu frühzeitigen Transport der Eier zu vermeiden. Später, namentlich wenn erst die Augen als schwarze Punkte sichtbar werden, ist ihre Empfindlichkeit sehr viel geringer. Sie lassen sich dann, in feuchtes Moos oder Watte verpackt und durch eine starke Umhüllung mit schlechten Wärmeleitern gegen äußere Temperatureinflüsse geschützt, gefahrlos als gewöhnliche Postpakete versenden. Von der deutschen Postverwaltung wurden besondere Adressenformulare hergestellt, die einen Lachs in rotem Druck zeigen, und deren Anwendung den Sendungen vorsichtige Behandlung und schleunige Beförderung sichert. Zahlreiche Fischeiersendungen sind in bestem Zustand aus den Vereinigten Staaten nach Deutschland gelangt.

Das für die Brutanstalt benutzte Wasser muß kühl (am besten 0,5–5°), lufthaltig und klar sein; im übrigen ist es ganz gleichgültig, ob es aus Quellen, Bächen oder stehenden Gewässern stammt. Zu warmes und luftarmes Quellwasser kann durch eine längere oberirdische Leitung abgekühlt und mit Luft gesättigt, trübes Fluß- oder Teichwasser durch Filtration geklärt werden. Zu Filtern sind halb mit gewaschenem Kies oder mit Abfällen von Badeschwämmen gefüllte Fässer oder Kasten verwendbar. Das regelmäßige Auslesen der toten Eier und Fischchen ist erforderlich, weil sich auf ihnen eine Pilzbildung (Byssus) einfindet, die sich auch auf die gesunden Eier und Fischchen erstreckt und außerordentlichen Schaden anrichten kann. Beim Verlassen des Eies tragen die Fischchen noch einen großen Teil des Dotters in Gestalt eines rundlichen oder länglichen Sackes am Bauch (Dottersack, Nabelblase; Tafel I, Fig. 11–13), der sie durch seine Schwere noch längere Zeit ziemlich unbeweglich am Grunde hält und erst im Laufe von 4–6 Wochen allmählich aufgezehrt wird. Die Fischchen werden gleichzeitig beweglicher und bedürfen, wenn der ganze Dottersack verschwunden ist, der Aufnahme äußerer Nahrung. Sie müssen daher schon etwas vor dem völligen Schwunde des Dottersackes an geeigneten Stellen ausgesetzt werden, wo sie ihre Nahrung, die in kleinen Krustazeen, Insektenlarven etc. besteht, selber suchen können. Sehr günstig ist es, wenn man sie noch einige Monate in flachen, pflanzenreichen und von reichlichem Wasser durchströmten Teichen oder Gräben halten kann, ehe sie ganz in Freiheit gesetzt werden. Eine Versendung der jungen Fischchen in besondern Transportkannen, die bei sehr warmer Witterung mit Eis gekühlt werden können, ist auf weite Entfernungen hin zwar möglich, aber immer kostspielig, gefährlich und unsicher. Es empfiehlt sich daher sehr, an allen zu besetzenden Gewässern kleine Brutanstalten einzurichten, denen die Eier kurze Zeit vor dem Ausschlüpfen der Fischchen leicht und sicher zugeschickt werden können. Forellen (Tafel I, Fig. 6 u. 7) und Saiblinge (Fig. 3) lassen sich sehr gut in Teichen mit reichlichem Zufluß kühlen Wassers ausziehen und mästen, Lachse (Fig. 9) müssen möglichst früh in die Bäche gesetzt werden, da sie in geschlossenen Gewässern verkümmern und im Laufe des ersten oder zweiten Lebensjahres zum Meer ziehen müssen, von wo sie erst im geschlechtsreifen Alter zum Laichen in die Flüsse zurückkehren. Fischeier, die im Wasser an feste Gegenstände ankleben und, in größerer Zahl ins Wasser geschüttet, einen festen Klumpen bilden, muß man trocken befruchten und dann in seinem Strahl auf im Wasser liegende Wasserpflanzen schütten. Letztere legt man mit den anklebenden Eiern in schwimmende Weidenkörbe, durch deren Ritzen die jungen Fischchen bald ins freie Wasser gelangen. Man begnügt sich auch wohl, diese Fische das Laichgeschäft auf natürliche Weise in ablaßbaren Bassins, Teichen oder ähnlichen Behältern, deren Inhalt man in seiner Gewalt hat, vollziehen zu lassen und die gewonnene Fischbrut wie die künstlich erbrütete zu verwenden. Man pflegt die künstlich erbrüteten Fische den ersten Sommer in einem Teich oder ablaßbaren Graben zu ziehen und erst, wenn sie hier kräftig herangewachsen sind, in die freien Gewässer zu übertragen. Dies gilt besonders von der zarten kleinen Brut der Coregonen, die zu einer Zeit ausschlüpft, wo ihre Wohngewässer, die tiefen, großen Seen, noch mit Eis bedeckt sind.

Die Erfolge der künstlichen F. sind recht erheblich. Der Bestand an Lachsen im Rhein, in Ems, Weser, Elbe, Oder und Weichsel ist nachweisbar stark vermehrt worden, in den Rheinmündungen hat sich der Ertrag des Lachsfanges etwa verdoppelt. In Nordamerika sind infolge großartiger Aussetzungen von Lachsbrut Flüsse, in denen der Lachs fast gänzlich verschwunden war, fischreicher gemacht worden, als sie jemals waren. Auch mit der Meerforelle sind vorzügliche Resultate erzielt worden. Von der Bachforelle werden jährlich mehrere Millionen künstlich erbrüteter Jungfische zur Besetzung von Zuchtbächen und Teichen benutzt, um als 2–3jährige Fische zum Verbrauch ausgefischt zu werden. Die Bachforelle ist auch in Nordamerika eingeführt worden und hat sich gut akklimatisiert. Dafür hat Deutschland aus Amerika den Bachsaibling (Salmo fontinalis), der in stark strömenden kleinen Bächen sehr gut gedeiht, und die Regenbogenforelle (Trutta iridea) erhalten. Zwei andre Amerikaner, der Schwarzbarsch (Grystes nigricans) und der Forellenbarsch (G. salmonoides), sehr schnellwüchsige, widerstandsfähige und wohlschmeckende Sommerlaicher, sind ebenfalls in Deutschland eingeführt, während unser Karpfen in Nordamerika äußerst rasche Verbreitung und vorzügliche Wachstumsverhältnisse gefunden hat. Der Zander ist in die Gebiete des Rheins, der Ems und der Weser sowie in zahlreiche norddeutsche Seen, in denen er bisher fehlte, eingeführt worden. Sehr gute Resultate hat man auch mit Coregonen, dem Blaufelchen (Tafel I, Fig. 2) und mit dem nordamerikanischen Whitefisch (Fig. 4) erzielt. Ebenso werden Huchen (Fig. 8), Äsche (Fig. 1) und Stör (Fig. 10) gezüchtet. In Nordamerika ist der Shadfisch (Fig. 5) in schwimmenden, verankerten Brutkasten in Menge ausgebrütet worden. In einem Bruthaus in Wood's Hall werden jährlich mehrere Millionen Dorscheier erbrütet. Zu Arendal in Norwegen hat man aus 49 Mill. Dorscheiern 27,5 Mill. junge Dorsche erzielt und auch Butteier mit Erfolg erbrütet. Zahlreiche Gewässer, welche die Aalbrut auf ihrer Wanderung nicht erreicht, hat man mit solcher besetzt, die in den Mündungen des Po und der Flüsse der französischen Küste gefangen wurde; auch ist ein groß angelegter Versuch gemacht, das Donaugebiet mit Aalen zu besetzen. Man hat im obern Donaugebiet Weibchen ausgesetzt und eine große Anzahl erwachsener Aalmännchen aus der Nordsee ins Schwarze Meer gebracht.

Für die Hebung des Lachsbestandes in unsern Flüssen, die durch zahlreiche Wehre, Stauwerke, Mühlen etc. den früher in sie einwandernden Lachsen unzugänglich gemacht sind, ist die Anlage von Lachsleitern (Lachstreppen, Fischwegen, Fischpässen) ein dringendes Erfordernis. Durch derartige Vorrichtungen wird es dem Lachs möglich gemacht, an Wehren, die er ihrer Höhe wegen nicht überspringen kann, auf leichte Weise aus dem Unterwasser ins Oberwasser und zu seinen im Oberlauf der Flüsse gelegenen Laichstellen zu gelangen. Bei der Anlage solcher Lachsleitern wird entweder eine Reihe niedriger Wasserfälle in Treppenform angelegt mit Bassins auf jeder Stufe, in denen die Fische ausruhen, und aus deren jedem sie leicht in das nächsthöhere springen oder durch einen Einschnitt in der Wand schwimmen können, oder es wird die Gewalt des über eine geneigte Ebene herabströmenden Wassers durch Erzeugung von Gegenströmungen so geschwächt, daß die Cische imstande sind, gegen den Strom hinaufzuschwimmen. Nach beiden Systemen sind in Amerika und England zahlreiche, von den Lachsen stark benutzte Leitern angelegt, und auch in Deutschland beginnt man, nachdem einige Anlagen sich bewährt haben, dem Bau von Fischleitern eine größere Aufmerksamkeit zuzuwenden.

Sehr viel einfachere Einrichtungen erfordert es, um der jährlich in großen Schwärmen aus dem Meer in die Flüsse aufsteigenden Aalbrut (Montée) den Weg in den obern Lauf der Flüsse und die mit ihnen zusammenhängenden Seen zu bahnen. Solche Aalbrutleitern, die an jeder Wassermühle aufgestellt werden sollten, bestehen aus rohen hölzernen Rinnen, die in schräger Stellung aus dem Unterwasser ins Oberwasser führen, deren Boden mit Kies bedeckt ist, und durch die aus dem Oberwasser nur so viel Wasser herabrinnt, um den Kies naß zu erhalten. Die Aale steigen meistens nachts auf, nur bei trübem Wetter auch am Tag, und bei Rendsburg hat man die Rinnen oft von den Aalmassen, die sie nicht völlig fassen konnten, überquellen sehen. Je mehr jungen Aalen es möglich wird, in die obern Flußläufe und Seen zu gelangen, um so größer ist natürlich später der Aalfang bei den Mühlen, wenn sie erwachsen wieder dem Meer zuwandern, um zu laichen.

Vgl. Molin, Die rationelle Zucht der Süßwasserfische (Wien 1864); Fraas, Die künstliche Fischerzeugung (2. Aufl., Münch. 1854); K. Vogt, Die künstliche F. (2. Aufl., Leipz. 1875); H. Keller, Die Anlage der Fischwege (Berl. 1885); v. dem Borne, Handbuch der F. und Fischerei (mit Benecke und Dallmer, das. 1885); E. A. Schröder, Katechismus der künstlichen F. und der Teichwirtschaft (Leipz. 1889); Borgmann, Die Fischerei im Walde (Berl. 1892); v. dem Borne, Künstliche F. (4. Aufl., das. 1895); Biesenbach, Künstliche F. und Teichwirtschaft (Leipz. 1897); Bade, Die künstliche F. (Magdeb. 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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