- Igel [1]
Igel (Erinaccus L.), Säugetiergattung aus der Ordnung der Insektenfresser und der Familie der I. (Erinaceidae), gedrungen gebaute Tiere mit nicht sehr langem Kopf, zu einem Rüssel ausgezogener Schnauze, mäßig großen Augen und Ohren, kurzen, dicken Beinen, plumpen, fünfzehigen, stark bekrallten Füßen, kurzem Schwanz und einem Pelz mit kurzen Stacheln auf dem Rücken. Der gemeine I. (Erinaceus europaeus L., s. Tafel »Insektenfresser I«, Fig. 1), 25–30 cm lang, mit 2,5 cm langem Schwanz, 12–15 cm hoch, ist im Gesicht weiß- oder rotgelb behaart, mit schwarzen Schnurren, am Hals und Bauch hell rotgelblich, grau oder weißgrau; die Stacheln sind gefurcht, gelblich, in der Mitte und an der Spitze dunkelbraun. Der I. findet sich in ganz Europa mit Ausnahme der kältesten Länder, besonders zahlreich in Rußland, in den Alpen einzeln bis 2000 m, auch im größten Teil von Nordasien; er lebt im Gebirge und in der Ebene, in Wäldern, Auen, Feldern und Gärten, wo er hohle Bäume, Hecken, Mist- oder Laubhaufen, Mauerlöcher etc. als Schlupfwinkel findet, gräbt sich auch selbst eine etwa 30 cm tiefe Höhle mit zwei Ausgängen und polstert sein Lager mit Blättern, Stroh und Heu aus. Er lebt einzeln, höchstens mit dem Weibchen zusammen, zeigt sich wenig bei Tag und sichert sich auf seinem Weg, auf dem ihm fortwährend Speichel aus Mund und Nase trieft, durch beständiges Wittern. In Gefahr rollt er sich zu einer Kugel zusammen, die nach allen Seiten von emporgesträubten Stacheln starrt, so daß er gegen Angriffe ziemlich sicher ist. Beim Begießen mit Wasser oder beim Anblasen mit Tabaksrauch rollt er sich sofort auf. Sein Gesicht ist schwach, sein Gehör aber vortrefflich ausgebildet, er ist sehr scheu und furchtsam, aber ein gewandter Jäger; bei Tage schläft er, in der Dämmerung geht er auf die Jagd und erbeutet besonders Insekten, Regenwürmer, Nacktschnecken, Wald- und Feldmäuse, Frösche, Blindschleichen, Nattern, auch kleine Vögel und selbst Junge von größern; außerdem frißt er Obst. Er bewältigt Kreuzottern, ohne daß ihm deren Bisse schaden, und frißt Spanische Fliegen, die bei andern Tieren fürchterliche Schmerzen hervorrufen. Auch gegen andre tierische Gifte ist er immun, und gegen Blausäure soll er wenig empfindlich sein. Der I. paart sich von Ende März bis Anfang Juni; nach sieben Wochen wirft das Weibchen in einem wohl ausgefütterten Lager 3–6, selten mehr Junge, die im zweiten Sommer fortpflanzungsfähig werden. Zum Winter schleppt er Stroh, Heu, Laub und Moos zusammen, indem er sich darauf wälzt und es auf seine Stacheln spießt, und bereitet aus diesen Materialien einen wirren Haufen, in dem er bis März sehr tiefen Winterschlaf hält. Er ist leicht zähmbar und zur Mäusejagd zu benutzen sowie zur Vertilgung der Küchenschaben. Sein bisamartiger Geruch und das nächtliche Poltern machen ihn aber zu einem lästigen Hausgenossen. Seine Hauptfeinde sind Füchse und Uhus. Sein Fleisch wird von Zigeunern gegessen, früher war es in Spanien während der Fasten gebräuchlich; man benutzte sonst auch mehrere Teile des Igels als Arzneimittel. Den alten Römern diente die Stachelhaut des Igels zum Karden der wollenen Tücher und als Hechel; sie bildete einen sehr bedeutenden Handelsartikel. Jetzt wird sie in manchen Gegenden auf sehr beliebte Sportmützen verarbeitet. Das nützliche Tier sollte überall geschont werden, ist aber infolge abergläubischer Vorstellungen manchen Verfolgungen ausgesetzt.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.