Lager [3]

Lager [3]

Lager, Maschinenteile, welche die Zapfen (s. d.) von Wellen, Achsen etc. so unterstützen, daß sie sich um ihre geometrische Achse drehen können. Entsprechend den Zapfen unterscheidet man Traglager für Tragzapfen, bei denen der Zapfendruck im wesentlichen senkrecht zur Zapfenachse gerichtet ist, und Stützlager für Stützzapfen, bei denen der Zapfendruck im wesentlichen in der Achsenrichtung wirkt.

Das einfachste Traglager besteht in einer zylindrischen Bohrung im Maschinengestell etc. (Augenlager). Besser wird in die entsprechend weitere Bohrung eine Büchse, d.h. ein Hohlzylinder aus geeignetem Material (Rotguß, Stahl), eingepreßt, die bei eingetretener Abnutzung erneuert werden kann. Ein vollkommen ausgebildetes L. besteht im wesentlichen aus dem Lagerkörper, den Lagerschalen und den nötigen Verbindungsteilen. Fig. 1 (S. 46) zeigt ein sogen. Stehlager, das auch wohl als Stirnlager, bez. Halslager bezeichnet wird, je nachdem die Welle am L. endigt oder noch weiter fortläuft. Die zeitweiligen Lagerschalen a, a aus Rotguß oder Gußeisen mit Weißmetallfutter (s. Figur), werden von dem Lagerkörper L und dem Lagerdeckel D, beide aus Gußeisen, aufgenommen, die durch die Schrauben d, d miteinander verbunden sind. Der Lagerdeckel trägt ein Schmiergefäß S, von dem aus das Schmiermaterial durch eine Bohrung in Deckel und oberer Lagerschale zu dem Zapfen gelangt.

Fig. 1. Stehlager.
Fig. 1. Stehlager.

Zum Zwecke der Verteilung des Schmiermaterials ist die Lauffläche der Lagerschalen mit Schmiernuten versehen. Die angegossene Schale t ist zur Aufnahme des ablaufenden Öles bestimmt.

Fig. 2 und 3. Seelers-Lager. Vorder- und Seitenansicht und Durchschnitt.
Fig. 2 und 3. Seelers-Lager. Vorder- und Seitenansicht und Durchschnitt.

Mittels der Schrauben e, e ist das L. auf seiner Unterlage befestigt. Wird das L. auf Mauerwerk montiert, dann kommt die gußeiserne Fundament- oder Sohlplatte F zur Verwendung, die durch die Ankerschrauben f, f mit dem Mauerwerk verbunden ist. Die beiden Lagerschalenhälften sitzen in der Trennungsfuge fest auseinander (s. Figur), oder sie sind durch Zwischenlagen aus Hartholz, Leder oder Blechen getrennt. Bei eingetretener Abnutzung müssen zwecks Nachstellung der Schalen diese an den Fugenflächen abgearbeitet, bez. die Zwischenlagen teilweise oder ganz entfernt werden.

Fig. 4. Hängelager.
Fig. 4. Hängelager.

Der Zapfendruck soll nie in eine Schalenfuge fallen, weil alsdann eine eingetretene Abnutzung durch Nachstellen der Schalen nicht ausgeglichen werden kann.

Das Sellers-Lager (nach Sellers in Amerika benannt, Fig. 2 und 3) besitzt verhältnismäßig sehr lange gußeiserne Lagerschalen, deren obere und untere kugelförmige Ansätze K1 und K2 in entsprechenden hohlkugelförmigen Vertiefungen im Lagerkörper und Lagerdeckel ruhen. Der gemeinschaftliche Mittelpunkt der sich berührenden Kugelflächen liegt in der Achse des Lagers. Infolge der hierdurch geschaffenen Beweglichkeit der Lagerschalen können sich diese in die Richtung der Welle selbsttätig einstellen, wodurch eine gleichmäßige Verteilung des Zapfendruckes über die ganze Länge der Lagerschale gesichert wird. Wegen der langen Lagerschalen ist der Flächendruck (d.h. der Druck auf die Flächeneinheit [1 qcm]) zwischen diesen und dem Zapfen gering, weshalb auch der Verbrauch an Schmiermaterial und die Abnutzung klein ausfällt.

Fig. 5. Konsollager.
Fig. 5. Konsollager.

Die obere Lagerschale besitzt zwei Talgnäpfe. Bei etwaiger Vernachlässigung der Ölschmierung und dadurch hervorgerufenem Warmlaufen des Lagers schmilzt der eingelegte Talg und dient dann als Schmiermittel. Mitunter sind außer den Kugelflächen oben und unten auch noch solche an beiden Seiten von Lagerschalen und -Körper vorhanden zur Aufnahme eines etwaigen starken Seitendruckes.

Fig. 4 zeigt ein Hängelager (Deckenlager) zum Befestigen an einer Decke od. dgl., Fig. 5 ein Konsollager zum Befestigen an einer Wand, einer Säule etc. Beide L. sind als Sellers-Lager ausgebildet. Die Lagerschalen sind in einem einseitig offenen Lagerkörper untergebracht und werden durch zwei kurze Schraubenspindeln S1 und S2 (Fig. 5) zusammengepreßt. Liegt die Befestigungsfläche des Lagers in größerer Entfernung unterhalb des Zapfens, so daß der Lagerkörper die Form eines zweibeinigen Gestelles annimmt, dann heißt das L. Bocklager. Soll ein L. in einer Mauer untergebracht werden, so geschieht dies meist mittels eines Mauerkastens (Fig. 6), der in die Mauer eingesetzt ist. – Eine wesentliche Vervollkommnung hinsichtlich der Zuführung des Schmiermittels bildet die Ringschmierung. Fig. 7 und 8 zeigen ein Ringschmierlager. Der Lagerkörper ist unten als Ölbehälter ausgebildet. In einem die Lagerung des Zapfens in zwei Teile trennenden ringförmigen Raume befindet sich der auf der Welle aufgeklemmte Ölring a, der unten in das Öl eintaucht.

Fig. 6. Lager mit Mauerkasten.
Fig. 6. Lager mit Mauerkasten.

Bei der Rotation wird das an diesem Ring anhaftende Öl nach oben in den Behälter c befördert, wo es die Zunge b abstreicht. Durch die beiden Löcher d, d und mehrere Schmiernuten in den Lagerschalen verteilt sich das Öl über die Lauffläche. Hierdurch wird eine ununterbrochene, reichliche Schmierung ohne Ölverlust bewirkt. Statt des auf der Welle festsitzenden Ringes werden auch ein oder zwei mit großem Spielraume lose auf der Welle hängende, weite Schmierringe benutzt, die durch die Reibung von der Welle mitgenommen werden.

Erfolgt der Zapfendruck abwechselnd nach verschiedenen Richtungen, wie z. B. bei den Kurbellagern liegender Dampfmaschinen, dann muß zum Ausgleich der entstehenden Abnutzung der Lagerschalen eine entsprechende Nachstellbarkeit derselben vorgesehen werden.

Fig. 7 und 8. Ringschmierlager. Längsschnitt und Querschnitt.
Fig. 7 und 8. Ringschmierlager. Längsschnitt und Querschnitt.

Fig. 9 zeigt ein solches Kurbellager mit vierteiliger Lagerschale.

Fig. 9. Kurbellager.
Fig. 9. Kurbellager.

Die Abnutzung in horizontaler Richtung wird durch Nachstellen der beiden seitlichen Lagerschalen mittels der Keile k, k und Schrauben S, S bewirkt, während die Abnutzung der untern Lagerschale durch Annäherung der obern nach Entfernung einiger Zwischenlagen auszugleichen ist.

Die gleitende Reibung zwischen Zapfen und Lagerfläche wird in rollende Reibung übergeführt bei den Rollen- und Kugellagern. Bei erstern ist der Zapfen von einer Anzahl zylindrischer Rollen umgeben, die in einem geeignet gestalteten Lagerkörper Stützung finden.

Fig. 10 und 11. Kugellager. Längsschnitt und Querschnitt.
Fig. 10 und 11. Kugellager. Längsschnitt und Querschnitt.

Fig. 10 u. 11 zeigen ein Kugellager (für Förderwagen geeignet). Auf der Welle sitzt ein Ring a, der außen mit einer ringsum laufenden, flachen Rinne versehen ist. Ein zweiter diesen umschließender Ring b, der innen eine ebensolche Rinne besitzt, ist in den Lagerkörper eingesetzt. Zwischen beiden Ringen rollen in den gegeneinander gekehrten Rinnen Kugeln c. Ringe und Kugeln sind aus gehärtetem Stahl. Kugellager brauchen sehr wenig Öl. Sie finden außer bei Fahrrädern und Automobilen neuerdings in zahlreichen Fällen mit gutem Erfolge Verwendung. – Sonderkonstruktionen von Traglagern bilden die Achsbüchsen der Eisenbahnfahrzeuge, die L. mancher Dampfturbinen, die aus Glas od. Edelsteinen bestehenden Lagerbüchsen in Uhren etc., ferner die Schneidenlager bei Wagen, die Rollenlager bei Brückenträgern.

Fig. 12. Spurlager.
Fig. 12. Spurlager.

Stützlager. Die einfachste, primitivste Stützung für den ebenen oder gewölbten Spurzapfen bildet die Spur, d.h. eine der Zapfenform angepaßte Vertiefung in einem Maschinenteil etc. Eine sorgfältigere Lagerung gewährt die Spurpfanne, eine an der einen Seite geschlossene Büchse aus Stahl oder Bronze, die in das Maschinengestell etc. eingesetzt ist. Ein vollständig ausgebildetes Spur- oder Fußlager zeigt Fig. 12. In einem gußeisernen Lagerkörper befindet sich die Spurplatte a, die den in der Richtung der Zapfenachse wirkenden Druck aufzunehmen hat. Sie besteht aus Stahl oder Bronze, ist an der Lauffläche mit Schmiernuten versehen und unten kugelig, damit sie sich nach der Druckfläche des Zapfens einstellen kann. Die Büchse b aus Rotguß ist zur Aufnahme seitlicher Kräfte bestimmt. Setzt sich die Welle durch das L. hindurch fort, so muß dem dann entstehenden ringförmigen Stützzapfen entsprechend das L. mit ringförmiger Lauffläche ausgebildet werden.

Fig. 13. Kammlager.
Fig. 13. Kammlager.

Eine Vereinigung mehrerer ringförmiger Stützlager bildet das Kammlager (Fig. 13), das für starke Zapfendrucke sich eignet und hauptsächlich für die Schraubenwellen der Schraubendampfer benutzt wird. Die einzelnen Bunde a des Kammzapfens stützen sich gegen die in dem Lagerkörper festgehaltenen Ringe b aus Bronze. Für die Druckflächen ist außer Bronze auch Weißmetall geeignet.

Eigenartige Stützlagerkonstruktionen finden sich bei den Turbinenwellen. Bisweilen wird hier bei starker Zapfenbelastung das Öl den auseinander gleitenden Flächen durch eine Pumpe unter Druck zugeführt. Man hat auch versucht, die Turbinenwelle an ihrem untern Ende in einen Zylinder dicht einzuschließen, in den Wasser eingepreßt wird. Hierdurch wird die Vertikalbelastung der Welle ganz oder teilweise von dem eingeschlossenen Druckwasser aufgenommen und damit das über Wasser vorhandene Stützlager erheblich entlastet. Für L., die unter Wasser angeordnet sind, so daß die Laufflächen ständig bespült werden, hat sich als Lagermaterial Pockholz gut bewährt. Die Ausbildung der Stützlager als Kugellager gestaltet sich weniger günstig als bei den Traglagern.

Infolge der Reibung zwischen Zapfen und L. wird Wärme erzeugt. Damit ein unzulässiges Warm- oder Heißlaufen dieser Teile nicht eintritt, muß die Wärmeentwickelung innerhalb gewisser Grenzen bleiben und eine Abführung der erzeugten Wärme stattfinden. Diese Forderungen werden befriedigt durch die Wahl eines geeigneten Lagermaterials, durch möglichste Glätte der auseinander gleitenden, bez. rollenden Flächen, durch ausreichende Schmierung mit zweckentsprechenden Schmiermitteln, durch die Wärmeabführung begünstigende Formgebung des Lagers und nötigenfalls durch Anordnung einer Wasserkühlung. Vgl. Reuleaux, Der Konstrukteur (4. Aufl., Braunschw. 1899); Bach, Die Maschinenelemente (9. Aufl., Stuttg. 1903, 2 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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