Fuchs [1]

Fuchs [1]

Fuchs (Rotfuchs, Canis Vulpes L., s. Tafel »Raubtiere III«, Fig. 1), Raubtier aus der Gattung Hund (Canis L.), von Hunden, Wölfen und Schakalen durch den gestreckten Leib, den verlängerten Schädel, die spitze Schnauze, die senkrecht stehende elliptische Pupille, die niedern Läufe, den langen, buschigen Schwanz und besonders auch durch geistige Fähigkeiten und die Lebensweise unterschieden. Er ist 90 cm lang, mit 40 cm langem Schwanz, 35–38 cm hoch, 7–10 kg schwer. Auf der Mitte der obern Schwanzhälfte befindet sich eine von schwarzen Haaren bedeckte Drüse (Viole), deren Absonderung meist sehr unangenehm riecht. Der dichte, lang- und weichhaarige Balg ist fahl gräulichrot, auf der Oberseite rost- oder gelbrot, an Stirn, Schultern und Hinterteil des Rückens weiß überlaufen, an Lippen, Wangen und Kehle weiß, an Brust und Bauch aschgrau, an den Weichen weißgrau, an Ohren und Zehen schwarz; der Schwanz ist gelbrot, schwärzlich. überlaufen mit weißer Spitze. Am schönsten und größten ist der F. im Norden; je weiter nach Süden, und namentlich in flachen, sumpfigen Gegenden, wird er kleiner, schwächlicher und weniger rot. Überall paßt sich der Balg in seiner Färbung dem Boden an. Der Rotfuchs lebt weitverbreitet in Europa, in Nordafrika, West- und Nordasien und in Nordamerika. In manchen Gegenden ist er sehr häufig, aber auch unter sehr ungünstigen Verhältnissen fehlt er nie ganz. Er lebt paarweise in tiefen Höhlen im Geklüft, zwischen Wurzeln und an andern günstigen Stellen, die in einen geräumigen Kessel von 1 m Durchmesser münden, gräbt aber den Bau nicht gern selbst, sondern bezieht verlassene Dachsbaue oder nistet sich bei dem Dachs ein, ohne, wie gefabelt worden ist, diesen durch Absetzen seiner Losung zu vertreiben. Der Bau hat nicht selten einen Umfang von 15 m; in ganz ebenen Gegenden liegt der Kessel oft dicht unter der Oberfläche. Neben dem Hauptbau benutzt der F. noch kleinere Notbaue, in die er bei Gefahr flüchtet. Bei ungünstiger Witterung, im heißen Sommer, in der Paarungszeit und solange die Füchsin kleine Junge hat, weilt der F. im Bau, sonst aber schweift er umher und ruht im Dickicht, im Rohr, Getreide etc. Er ist körperlich und geistig ungemein begabt, äußerst vorsichtig, berechnend, erfinderisch und entschlossen, von großem Gedächtnis und Ortssinn. Im allgemeinen zieht der F. in der Dunkelheit auf Raub aus, an stillen Orten aber, im Hochsommer und im strengen Winter bei hohem Schnee, streicht er auch tagsüber umher. Seine Spur zeigt untenstehende Abbildung, auch Tafel »Fährten und Spuren«, Fig. 7. Er frißt Mäuse, Käfer, Wespen, Bienen, Heuschrecken, Raupen, Regenwürmer, sodann Fische, Krebse, Hafen, Kaninchen, Reh- und Hirschkälbchen, kranke Rehe, brütende Vögel, Hausgeflügel, selbst Schwäne. In Gärten raubt er Obst. Auch geht er Aas zu jeder Jahreszeit an und verschont selbst seinesgleichen nicht. Er raubt nie in der Umgebung seines Baues und geht sehr schwer in Fallen. Wo er sich sicher weiß, und oft in dringendster Gefahr ist er unverschämt frech, und wo er es irgend vermag, tötet er viel mehr, als er fressen kann. Er ist ungesellig, und selbst das Pärchen trennt sich nach der Ranzzeit wieder.

Spur des Fuchses.
Spur des Fuchses.

Seine Stimme ist ein kurzes Gekläff, das mit einem stärkern und höhern Kreischen endet; doch vernimmt man sie beim erwachsenen F. nur zur Zeit der Paarung, vor stürmischem Wetter, bei Gewitter und bei großer Kälte. Die Ranzzeit währt von Ende Januar bis März; die Begattung erfolgt wohl meist im Bau, in dem man dann oft mehrere Füchse bei einer Fehe (Füchsin) findet. Ende April oder Anfang Mai wirft die Füchsin im Bau 3–12, am häufigsten 4–7 Junge, die zehn Tage blind sind und von der Alten mit großer Zärtlichkeit behandelt und anfangs auch von dem F., später besonders von der Füchsin reichlich mit lebenden Mäusen, Fröschen, Käfern, Vögeln versorgt werden. In den Röhren findet man auch Reste von Hafen, Rehkälbern, Hühnern, Enten etc. Im Juli beginnen die Jungen bereits auf eigne Hand oder in Begleitung der Alten zu jagen. Ende Juli verlassen sie mit der Mutter den Bau gänzlich, und im Spätherbst trennen sie sich auch von letzterer. Jung eingefangene Füchse lassen sich gut zähmen und an Hundekost gewöhnen, bleiben aber immer räuberisch und müssen an der Kette gehalten werden. Der F. erreicht ein Alter von 12–15 Jahren; er teilt fast alle Krankheiten des Hundes und wird auch von der Tollwut befallen. Der Wolf frißt ihn, und Hunde zerreißen ihn wenigstens; der Habicht greift junge Füchse und der Steinadler auch erwachsene an. Auf Flur und Feld bringt der F. mehr Nutzen als Schaden, wegen seiner Schädlichkeit für den Wildstand aber wird er lebhaft verfolgt; doch ist er wegen seiner sprichwörtlich gewordenen List schwer zu jagen.

Die Jagd wird in mannigfacher Weise geübt. Zunächst gräbt man die jungen und alten Füchse, wenn man sie bei Spürschnee, vorzugsweise zur Ranzzeit. in den Bauen eingespürt hat. Hat man recht scharfe Dachshunde, so wird der F. von diesen aus dem Bau getrieben (gesprengt, er springt) und von dem Jäger, der sich ohne Geräusch so angestellt hat, daß er die Röhren beschießen kann, erlegt. Außerdem wird der F. auf der Treibjagd, bei der er bestimmte Gänge (Fuchspässe) einzuhalten und oft schon, sobald die Treiber laut werden, anzulaufen pflegt, geschossen. Auch legt man in der Erde Schießhütten so an, daß das hervorragende Dach einem Rasenhügel gleicht, und bringt im Winter Luder in schußmäßige Entfernung. In mondhellen Nächten erlegt dann der in der Hütte verborgene Jäger den das Luder besuchenden F. aus dem angebrachten Schießloch. Bemerkt man einen F., der auf dem Feld oder in jungen Schlägen maust, und kann man sich, ohne von ihm vorher gewahrt worden zu sein, verdeckt aufstellen, so reizt man ihn, indem man das Quieken der Maus, den Klagelaut einer gefangenen Drossel oder das Quäken des Hafen nachahmt, und lockt ihn dadurch oft bis auf schußmäßige Entfernung heran. Junge Füchse kann man leicht erlegen, wenn man sich an warmen Tagen in der Nähe des Baues aufstellt, aus dem sie zum Spielen herauskommen. In England bildet die Jagd mit einer besonders dazu abgerichteten Meute von Fuchshunden einen sehr beliebten Sport. Außerdem wird der F. mit Windhunden gehetzt, die ihn bald überholen und fangen, sowie auf der Jagd mit Bracken (laut jagenden Hunden), die ihn vor die Schützen treiben, geschossen. Das Fuchsprellen war ehemals ein rohes Vergnügen und bestand im Emporschnellen eines Netzes in dem Moment, wo ein gefangener F. darüber hinweglief. Den meisten Abbruch kann man den Füchsen durch den Fang in Eisen, Fallen und Gruben tun (s. Falle, Fallgrube und Fuchsgrube); das Vergiften mit Strychninbrocken ist unweidmännisch und gefährlich. Gefangene Füchse tötet man durch einen Schlag auf die Nase. Vgl. Dombrowsky, Der F., monographischer Beitrag zur Jagdzoologie (Wien 1883); »Der F., seine Jagd und sein Fang«, von Lederstrumpf (2. Aufl., Neudamm 1894); Göler v. Ravensburg, Vom F. (Heidelb. 1895); Kilreynard, Fox-hunting (Lond. 1900).

Nutzen gewährt der F. durch die Vertilgung vieler Feldmäuse und besonders durch seinen Balg (s. Fuchsfelle), doch ist dieser nur von solchen Füchsen wertvoll, die in der Zeit von Mitte November bis Mitte März erlegt sind. Fuchsfleisch und Rückgrat, vorzüglich aber getrocknete Fuchsleber galten als spezifisches Mittel gegen Lungenkrankheit. Das Fuchsfett rühmt Dioskorides gegen Ohrenschmerz. Die Jäger nennen die heller gefärbten, die besonders weißliche Kehle, weißlichen Bauch und weiße Luntenspitze (Blume) haben, Bir k- oder Goldfüchse, die dunkel gefärbten, mit schwarzer Schwanzspitze und grauer Kehle, Brandfüchse.

Wagner unterscheidet folgende konstante Abarten des Fuchses, die aber von andern als eigne Arten aufgestellt werden: 1) den gemeinen F. (Vulpes vulgaris), fuchsrot mit weißem Bauch, weißer Schwanzspitze und schwärzlichen Beinen, und als weitere Abarten desselben: a) den Brandfuchs (Canis Alopex L.), fuchsrot mit Schwarz gemischt, mit schwarzer Schwanzspitze; b) den Kreuzfuchs (Vulpes crucigera Briss.), fuchsrot, auf dem Rücken mit schwarzem Kreuz, mit schwarzem Bauch und schwarzer Kehle, im Winter blaugrau (daher Blaufuchs genannt), in Rußland; c) den Schwarzfuchs (V. nigra Pall.). ganz oder halb schwarz, mit weißer Schwanzspitze; d) den Weißfuchs (V. alba Pall.), fast ganz weiß; 2) den schwarzbäuchigen F. (Canis melanogaster Bonap.), unten schwarz, mit etwas kürzern Ohren und etwas längerer Schnauze, in Italien; 3) den Nilfuchs (C. niloticus Geogr.), grau fahlrot, an den Seiten gräulich, an Unterhals, Bauch und Brust braunschwarz, mit weißer Schwanzspitze, in Ägypten und Arabien; 4) den Rotfuchs (C. fulvus Desm.), goldig fuchsrot, unten weiß, an der Vorder- und Außenseite der Beine schwarz, mit weißer Schwanzspitze und etwas kürzern Ohren und kürzerer Schnauze, in den waldigen Pelzdistrikten Nordamerikas sehr häufig, und als weitere Abarten: a) den amerikanischen Kreuzfuchs (C. decussatus Geoffr.), dem obengenannten Kreuzfuchs entsprechend und in Amerika als Spielart des Rotfuchses geltend, und b) den Silber- oder Schwarzfuchs (C. argentatus Geoffr.). meist schwarz, weiß meliert, wie bereist, zuweilen auch ganz schwarz schimmernd, nur mit weißen Haarspitzen und weißem Schwanzende, im hohen Kaukasus, in Nordsibirien und Nordamerika. Als besondere Arten sind noch folgende hervorzuheben: der Eisfuchs (Polar-, Blau-, Steinfuchs, Isatis, C. Lagopus L., s. Tafel »Arktische Fauna«, Fig. 3), 63 cm lang, mit 32 cm langem Schwanz, kurzen Beinen, stumpfer, starker Schnauze, kurzen, rundlichen Ohren und sehr dichtem, langhaarigem, im Sommer oberseits felsen- oder erdfarbigem, unterseits weißem, im Winter vollständig weißem Balg. Die Färbung wechselt sehr stark; es kommen auch Eisfüchse mit eisblauem, bleigrauem oder braunem Winterpelz vor. Er bewohnt die Polargegenden der Alten und Neuen Welt südlich bis 60° nördl. Br., kommt nur in Sibirien, ausnahmsweise noch südlicher, vor, ist überall, wo er auftritt, gemein, besonders auf den Inseln, und gilt wegen seiner Dummdreistigkeit und Unverschämtheit als Landplage. Er jagt besonders Mäuse, Lemminge, aber auch Geflügel, nimmt mit allem vorlieb, was das Meer auswirft, frißt auch Aas und Unrat und vergräbt, wenn er Überfluß hat, einen Teil der Nahrung. Häufig tritt er in Gesellschaften auf, doch herrscht keine große Eintracht unter diesen. An Orten, wo er sich ganz sicher fühlt, gräbt er keine unterirdischen Baue. Die Füchsin wirft im Juni 9–12 Junge und liebt sie außerordentlich. Dem Eisfuchs wird des Pelzes halber eifrig nachgestellt, und er beginnt seltener zu werden. Auf den Alëuten und den Inseln der Küste von Maine hat man daher Fuchsfarmen oder Ranchos eingerichtet, die den Ertrag an Fellen erhöhen sollen. Auf einer der Pribylowinseln bietet man den Füchsen im Winter Leinsamen- und Hundekuchen sowie Robbenfleisch und hat auch die Zieselmaus eingebürgert. Besonders aber lockt man die Füchse durch Köder in einen abgeschlossenen Raum, prüft die einzelnen Tiere, läßt sämtliche Weibchen laufen, auf je drei Weibchen aber nur ein Männchen, um den F. an Polygamie zu gewöhnen. In der Gefangenschaft wird der Eisfuchs ziemlich zahm, bleibt aber reizbar. Der Korsak (Steppenfuchs, Kirsa, Kirassu, C. Corsac L.), 55 cm lang, mit 35 cm langem Schwanz, dem gemeinen F. in der Gestalt ganz ähnlich, nur etwas höher gestellt und kurzschwänziger, rotgelb im Sommer, bräunlichgelb oder weißfahl im Winter, mit oberseits fahlgelbem, unterseits am letzten Drittel und an der Spitze schwarzem Schwanz. Er bewohnt die Steppen von der Wolga und dem Kaspischen Meer bis zum Baikalsee, schweift weit nach Norden und Süden umher, ist sehr unstet, bewohnt keine Baue und scheint etwas geselliger zu sein als der Rotfuchs. Zur Jagd benutzen die Tataren Steinadler und Edelfalken. Der Kittfuchs (Grisfuchs, Grau- oder Silberfuchs, C. virginianus Erxl., C. cinereo-argentatus Erxl). 70 cm lang, mit 40 cm langem Schwanz, 30 cm hoch, oberseits gesprenkelt grau, unterseits hell rostgelb, mit dunklem Brustband, schwarzem Streifen auf den Vorderläufen und oberseits schwarzem, unterseits rostrotem Schwanz mit grauer Spitze, bewohnt den äußersten Nordwesten der Vereinigten Staaten und die angrenzenden Gebiete des britischen Nordamerika und gleicht in seiner Lebensweise wesentlich dem Rotfuchs.

Von keinem Tiere gibt es so viele bezeichnende Sprichwörter und Fabeln wie von dem F.; er überlistet alle Tiere und ist im indischen Mythus die Verkörperung des Abenddämmerungshimmels, sowohl seiner Farbe als seiner Schlauheit halber: die Stunde des Zwielichts ist die Zeit der Ungewißheiten und Täuschungen. Auch Griechen und Römer ergehen sich in unzähligen Betrachtungen über die Schlauheit und Falschheit des Fuchses. Im Mittelalter entwickelt sich die Fabel vom F. in größter Mannigfaltigkeit, und nun tritt der Priester als menschliche Verkörperung des Fuchses auf. Schon im 11. Jahrh. tauchten zwei satirische Gedichte: »Reinardus vulpes« und »Ysengrimus«, auf, und im 16. Jahrh. wurde Reinardus entschieden ein römischer F. Vgl. Reineke Fuchs.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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