Elemente [1]

Elemente [1]

Elemente sind die Ur- und Grundstoffe, aus denen die zusammengesetzten Körper bestehen, und in die sie zerlegt werden können, die aber selbst einer weitern Zerlegung nicht mehr fähig sind.

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Schon die alten Naturphilosophen von der ionischen Schule haben sich vielfach mit der Frage nach den Urstoffen beschäftigt und bald ein, bald mehrere C. als die letzten Bestandteile aller Dinge angenommen. Von größtem Einfluß auf die Naturanschauung vieler Jahrhunderte war die Lehre des Aristoteles von den vier Elementen: Wasser, Feuer, Luft und Erde, die durch Zweijochung der Grundeigenschaften aus dem völlig prädikatlosen Urstoff entstehen (s. Chemie, S. 912); sie haben sich im populären Sprachgebrauch bis in die neueste Zeit erhalten. Die Chemiker aber bemühten sich besonders im Zeitalter der Alchimie, die Aristotelische Lehre auszubilden, und es bezeichnete einen tiefgreifenden Umschwung, als man endlich alle Spekulationen aufgab und als E. solche Körper auffaßte, die durch keins der bekannten Mittel weiter zerlegt werden können. Diese Ansicht ist noch heute die herrschende; wenn man eine Reihe von Körpern als einfache oder E. bezeichnet, will man nur die Tatsache andeuten, daß es bisher nicht gelungen ist, jene Körper weiter zu zersetzen. Man kennt gegenwärtig etwa 80 solcher E., von denen aber nur etwa 14 allgemein verbreitet sind. Die Hauptmasse der Erdrinde besteht aus Gesteinen, die wesentlich aus nur 8 Elementen zusammengesetzt sind, und zwar enthalten diese Gesteine jene E. in folgenden Gewichtsverhältnissen:

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Außerdem ist Stickstoff (mit Sauerstoff) der Hauptbestandteil der Atmosphäre; Wasserstoff bildet mit Sauerstoff das Wasser, Kohlenstoff ist (mit Sauerstoff und Wasserstoff) der Hauptbestandteil der Pflanzen und Tiere und bildet mit Sauerstoff die Kohlensäure, von deren Salzen der kohlensaure Kalk mächtige Schichten der Erdrinde geliefert hat. Auch Schwefel, Phosphor und Chlor gehören zu den weitverbreiteten Elementen. Die meisten übrigen E. kommen nur an wenigen Orten und oft in geringen Mengen vor, auch finden sich nur wenige E. vorwiegend frei; die meisten treten in der Regel nur in Verbindungen auf und besitzen Eigenschaften, die ihre Existenz im freien Zustand in der Natur unmöglich machen. Mit den bisherigen Entdeckungen ist die Zahl der E. noch keineswegs erschöpft, immer noch werden neue E. entdeckt, doch gehören diese stets zu den sehr selten oder in sehr geringer Menge vorkommenden, und häufig haben sich angeblich neue E. bei genauerer Untersuchung als Mischungen erwiesen. Die Aufzählung auf S. 698 gibt eine Übersicht der E. mit ihren chemischen Symbolen und den für 1903 geltenden Atomgewichten, berechnet auf Sauerstoff mit dem Atomgewicht 16 oder auf Wasserstoff mit dem Atomgewicht 1. Die erstern Zahlen sind gegenwärtig die gebräuchlichsten (vgl. Atomismus).

Gewöhnlich teilte man die E. in Metalle und Nichtmetalle (Metalloide) und rechnete zu letztern die 17 E.: Wasserstoff, Chlor, Brom, Jod, Fluor, Sauerstoff, Schwefel, Selen, Tellur, Stickstoff, Phosphor, Arsen, Antimon, Wismut, Bor, Silicium und Kohlenstoff. Diese wie manche andre Einteilung, z. B. nach der Wertigkeit, leidet an Mißständen, die sie wenig befriedigend erscheinen lassen.

Zu einem natürlichen System der E. gelangt man nur unter Berücksichtigung der Atomgewichte, die gewisse wechselseitige Beziehungen deutlich zeigen. Die Annahme Prouts, der Wasserstoff, der das kleinste Atomgewicht hat, sei der einzige einfache Körper, und die Atomgewichte aller andern E. seien ganze Vielfache seines Atomgewichts, hat sich bei genauerer Bestimmung der Atomgewichte als irrig erwiesen. Dagegen zeigt sich eine Zunahme der Atomgewichte in fast gleichen Verhältnissen, wenn man die E. nach ihrer chemischen Natur in Gruppen zusammenstellt und innerhalb derselben nach der Größe der Atomgewichte ordnet; z. B.:

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Ordnet man sämtliche E. nach der Größe ihrer Atomgewichte, so sieht man beim Durchgehen der Reihe die Eigenschaften von Glied zu Glied sich ändern, bis bei einer gewissen Differenz der Atomgewichte die Eigenschaften mehr oder weniger vollständig, und zwar in derselben Reihenfolge, wiederkehren. Bricht man nun die Reihe bei solchen Wiederholungspunkten ab, so erhält man eine Anzahl von kürzern Reihen, die sich so nebeneinander stellen lassen, daß in den Horizontalreihen die E. nach der Größe der Atomgewichte aufeinanderfolgen, während in den Vertikalreihen die chemisch ähnlichen E. nach natürlichen Familien geordnet zusammenstehen. Die nebenstehende Tabelle enthält eine solche Anordnung, nach der die E. in acht Hauptgruppen zerfallen, von denen einige wieder Untergruppen bilden. Diese Einteilung der E auf der Basis des von Lothar Meyer und Mendelejew ausgebildeten periodischen Systems läßt erkennen, daß fast alle chemischen und physikalischen Eigenschaften der E. in einer direkten Abhängigkeit von der Größe ihrer Atomgewichte stehen, daß diese Eigenschaften periodische Funktionen der Atomgewichte sind.

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Hinsichtlich der physikalischen Eigenschaften tritt dies besonders hervor bei dem Atomvolumen (Quotient aus Atomgewicht und spezifischem Gewicht), der Dehnbarkeit, Schmelzbarkeit und Flüchtigkeit, dem spezifischen Brechungsvermögen, der spezifischen Wärme sowie der Leitungsfähigkeit für Wärme und Elektrizität. Bezüglich des chemischen Verhaltens zeigt sich eine Regelmäßigkeit in dem Wechsel zwischen elektropositiven und elektronegativen Elementen mit Zunahme des Atomgewichts. Die ersten Glieder aller Perioden bestehen aus positiven Elementen, in den darauffolgenden Reihen schwächt sich der basische Charakter mehr und mehr ab und geht allmählich in den elektronegativen, säurebildenden der Halogene über. Auch die Wertigkeit zeigt bei obiger Anordnung eine gewisse Regelmäßigkeit. Die Gruppe I umfaßt besonders die einwertigen Metalle, Gruppe II die zweiwertigen, Gruppe III die dreiwertigen und Gruppe IV die vierwertigen; dann sinkt die Wertigkeit wieder, indem Gruppe V dreiwertige, Gruppe VI besonders zweiwertige und Gruppe VII einwertige E. enthält. Eine noch größere Regelmäßigkeit waltet in der Zusammensetzung der Oxyde ob: die Quantität Sauerstoff, die von einem Atom der verschiedenen E. gebunden wird, wächst von Gruppe zu Gruppe um 0,5 Atom, um bei Gruppe VIII wieder zu sinken.

Diese Studien führten zur Richtigstellung von Atomgewichten in Fällen, wo, wie bei Molybdän und Uran, das bisher angenommene Atomgewicht keine richtige Einordnung des Elements in das System zuließ. Die Tabelle weist aber auch Lücken auf, die auf die Existenz noch nicht bekannter E. schließen lassen. Die Stellung dieser Lücken gestattete, die Eigenschaften der noch nicht bekannten E. vorauszusagen, und in drei Fällen, durch die Entdeckung des Galliums, des Scandiums und des Germaniums, haben sich diese Spekulationen als vollkommen begründet erwiesen. Befremdend war von Anfang an, daß der Wasserstoff im periodischen Gesetz keine Stellung fand. Man stellte ihn an die Spitze und nahm an, er bilde eine Familie oder Periode für sich. Auch einige andre E. bereiten Schwierigkeiten, und namentlich die Zerlegung der seltenen Erdmetalle bedroht den Bestand des Systems, in das auch die neu entdeckten Gase Argon, Helium etc. sich nicht einfügen lassen. Die durch das System nachgewiesenen Beziehungen erinnern an gewisse Verhältnisse der Kohlenstoffverbindungen. Wie diese, meist nur aus 2 oder 3 Elementen bestehend (Kohlenwasserstoffe, Alkohole etc.), bei gleichen Molekulargewichtsdifferenzen vielfach gleiche Eigenschaftsunterschiede zeigen, wie bei ihnen die Existenz der homologen und heterologen Reihen durch eine bestimmte Zusammensetzung bedingt wird, wie namentlich die sogen. Radikale oder Atomgruppen in ihrer Wertigkeit von gewissen Zahlendifferenzen abhängig sind, wie besonders deutlich bei den sogen. metallorganischen Verbindungen die negativen Radikale oder E. durch sukzessive Addition von Alkylen allmählich einen positiv alkalischen Charakter gewinnen: in ganz analoger Weise finden sich diese Beziehungen auch bei den chemischen Elementen und Elementaratomen, so daß die Annahme einer gleichen Ursache sehr wahrscheinlich erscheint. Nimmt man hinzu, daß manche Erscheinungen der Spektralanalyse auf die Zerlegbarkeit der E. hindeuten, so gelangt man zu der Annahme, daß die E., die bisher nicht weiter zerlegt werden konnten, keineswegs wirklich unzerlegbar sind, sondern aus Einheiten höhern Grades bestehen. Diese Annahme wird auch durch manche Experimentaluntersuchungen wesentlich unterstützt, welche die elementare Natur mancher E. stark in Zweifel stellen. Man muß annehmen, daß den verschiedenen chemischen Elementen ein und dieselbe Ursubstanz zugrunde liegt, daß sie Kondensationen oder Aggregate, auf bestimmte Gesetzmäßigkeiten zurückzuführende Gruppierungen derselben darstellen. In jedem Fall steht fest, daß die Qualitäten der E. auf Quantitäten zurückführbar sind, ähnlich wie die Farben auf Schwingungszahlen, und daß diese Aufgabe aller wissenschaftlichen Naturerklärung auch in betreff der chemischen E. erreichbar ist. Vgl. Lothar Meyer, Die modernen Theorien der Chemie (6. Aufl., Bresl. 1896).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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