- Arrest [1]
Arrest (v. mittellat. arrestum, entstanden aus dem lat. ad, zu, an, und restare, bleiben, zurückbleiben) bezeichnet im allgemeinen eine gerichtliche hemmende, beschränkende Maßregel.
1) Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 916–945) dient der gemeinsam mit den »einstweiligen Verfügungen« (s. d.) geregelte A. zur Sicherung der Zwangsvollstreckung in das bewegliche oder unbewegliche Vermögen eines Schuldners wegen einer Geld forderung oder eines Anspruchs, der in eine Geldforderung übergehen kann. Das Verfahren, in dem ein solcher A. ausgewirkt werden kann, wird Arrestverfahren oder Arrestprozeß genannt. Der A. findet statt, wenn die Zwangsvollstreckung noch nicht möglich, aber zu besorgen ist, daß ohne seine Verhängung die künftige Zwangsvollstreckung vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Für seine Anordnung ist sowohl das Gericht der Hauptsache als das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der mit A. zu belegende Gegenstand sich befindet. Der Antragsteller muß in dem Arrestgesuch den Anspruch und seine Gefährdung, den Arrestgrund, glaubhaft machen und, falls das Gericht dies für nötig erachtet, Sicherheit wegen der dem Gegner aus der Arrestanordnung drohenden Nachteile leisten. Die Entscheidung über das Gesuch kann ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß (Arrestbefehl) oder nach solcher durch Urteil erfolgen. Wird gegen den Beschluß Widerspruch erhoben, so ist darüber durch Endurteil zu entscheiden, ohne daß dadurch die Vollziehung des Arrestes gehemmt wird. In dringenden Fällen darf auch der Vorsitzende des Gerichts über das Gesuch entscheiden. Der Schuldner kann durch Hinterlegung eines im Arrestbefehl festzustellenden Geldbetrags den A. beseitigen. Die Erhebung der Hauptklage kann dem Arrestantrag nachfolgen, sie muß aber binnen gerichtlicher Frist erfolgen, wenn der Schuldner dies beim Arrestgericht beantragt. Einen besondern Gerichtsstand des Arrestes kennt die Zivilprozeßordnung nicht. Arrestsachen sind Feriensachen. Ungerechtfertigte Erwirkung eines Arrestes verpflichtet nach (dem neuen) § 945 zu Schadenersatz. Die Vollziehung des Arrestes in bewegliches Vermögen wird durch Pfändung bewirkt, die ein Pfandrecht (Arrestpfandrecht) begründet. Versteigerung der Pfänder ist nur bei Kostspieligkeit der Aufbewahrung oder bei Gefahr des Verderbens gestattet. Die Vollziehung des Arrestes in Grundstücke oder ihnen gleichgestellte Berechtigungen erfolgt nach § 932 durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung (Arresthypothek). Außer in das Vermögen des Schuldners zu vollziehenden dinglichen Arrestes findet auch, ein persönlicher Sicherheitsarrest statt, wenn er erforderlich ist, um die gefährdete Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Schuldners zu sichern, z. B. um zu verhindern, daß der Schuldner sich durch Flucht dem Offenbarungseid entziehe oder sein Vermögen verschleppe. Die Vollziehung des persönlichen Arrestes geschieht entweder mittels Hast oder durch sonstige vom Arrestgericht zu treffende Maßregeln, wie Beschlagnahme von Ausweispapieren, Beigeben einer Wache, Hausarrest. Der Gläubiger hat die Kosten vorzuschießen. Personalarrest als Vollstreckungsmittel findet nicht mehr statt (s. Haft). Vgl. Merkel, A. und einstweilige Verfügungen (Halle 1880); Dorendorf unter dem gleichen Titel (Berl. 1884); Werner, Das Recht des Arrestes im Zivilprozeß (Erlang. 1884).
2) Offener A. nach der deutschen Konkursordnung (§ 110, 111, 118), die bei der Eröffnung des Konkurses vom Gericht zu verfügende und öffentlich bekannt zu machende Anordnung, durch welche allen Personen, die eine zur Konkursmasse gehörige Sache im Besitz haben oder zur Konkursmasse etwas schuldig sind, aufgegeben wird, nichts an den Gemeinschuldner zu verabfolgen oder zu leisten. Dadurch wird ihnen zugleich die Verpflichtung auferlegt, von dem Besitz der Sache und von den Forderungen, wegen deren sie aus der Sache abgesonderte Befriedigung in Anspruch nehmen, dem Konkursverwalter innerhalb bestimmter Frist Anzeige zu machen. Übrigens ist der offene A. nur eine Warnung; die trotzdem an den Gemeinschuldner bewirkten Leistungen sind nach § 8 nicht ohne weiteres ungültig.
3) Im Strafverfahren wird der Ausdruck A. vielfach gleichbedeutend mit Hast gebraucht (s. Freiheitsstrafe). Im Militärstrafrecht insbes. ist A. nach dem Strafensystem des deutschen Militärstrafgesetzbuches (§ 16–28, 44, 52, 54) die militärische Freiheitsstrafe bis zur Dauer von 6 Wochen (darüber hinaus: Gefängnis oder Festungshaft). Sie zerfällt in Stubenarrest (gegen Offiziere und obere Militärbeamte), Verbot des Verlassens der Wohnung und der Annahme von Besuchen; als geschärfter Stubenarrest (gegen Hauptleute, Rittmeister und Subalternoffiziere) in einem besondern Offizierarrestzimmer zu verbüßen. Gelinder A. (gegen Unteroffiziere, untere Militärbeamte und Gemeine), Einzelhaft. Mittlerer A. (gegen Unteroffiziere ohne Portepee und Gemeine), Einzelhaft mit harter Lagerstätte bei Wasser und Brot. Die Schärfung fällt am 4., 8., 12. und demnächst an jedem 3. Tage hinweg. Strenger A. (nur gegen Gemeine), nicht über 4 Wochen, zu verbüßen wie der mittlere, jedoch in einer dunkeln Arrestzelle. Die Schärfungen fallen am 4., 8. und demnächst an jedem 3. Tage hinweg. Der strenge A. ist mit wenigen Ausnahmen nur gegen den zulässig, der wegen militärischer Verbrechen oder Vergehen bereits eine Freiheitsstrafe erlitten hat. Ist eine in dem Gesetz angedrohte bestimmte Arrestart gegen den Täter nach seinem Militärrang nicht statthaft, so wird auf die nächstfolgende nach seinem Range statthafte Arrestart erkannt. Nach § 457 der Militärstrafgerichtsordnung kann die Vollstreckung des Arrestes im Interesse des Dienstes auf Anordnung des kommandierenden Generals (Admirals) aufgeschoben werden. – In Österreich kommt der A. auch als Strafmittel im Zivilstrafrecht vor, und zwar bei Vergehen und Übertretungen. Man unterscheidet einfachen A., wobei dem Gefangenen, wenn er sich selbst verpflegen kann, die Wahl der Beschäftigung überlassen bleibt, und strengen A., wobei der Arrestant in Beziehung auf Verpflegung und Arbeit so gehalten wird, wie es die Einrichtung der Strafanstalt mit sich bringt, und ihm keinerlei Unterredung ohne Gegenwart des Gefangenenwärters gestattet wird. Die Dauer des Arrestes schwankt zwischen 24 Stunden und 6 Monaten (doch auch 1 Jahr, § 335). Auch den Hausarrest kennt das österreichische Strafgesetzbuch (§ 246).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.