Kolmar

Kolmar

Kolmar (Colmar), 1) Hauptstadt des deutschen Bezirks Oberelsaß, an der Lauch und dem Logelbach (einem aus der Fecht abgeleiteten Kanal) und unweit der Ill, die mit dem Rhein-Rhonekanal durch einen Zweigkanal, der in ein Hafenbecken einmündet, in Verbindung steht, 193 m ü. M., ist eine alte Stadt mit engen, winkligen Straßen.

Wappen von Kolmar (Elsaß).
Wappen von Kolmar (Elsaß).

Die ehemaligen Festungswerke bilden jetzt zum Teil schöne Promenaden. Ein neuer Stadtteil hat sich am Bahnhof entwickelt; dort befindet sich auch das schöne Gebäude des Bezirkspräsidiums (ehemalige Präfektur) und das Marsfeld mit Anlagen. Sonst sind zu nennen: das Münster oder die kath. Pfarrkirche zu St. Martin (aus dem 13. und 14. Jahrh.) mit zwei Türmen, von denen einer unvollendet ist, einem schönen Portal und dem berühmten Bild: Maria im Rosenhag, von M. Schongauer, der in K. gelebt hat; die evang. Pfarrkirche (Barfüßerkirche aus dem 15. Jahrh.), das ehemalige Dominikanerkloster (»Unterlinden«, 1232–89 erbaut) mit Sammlungen, die ehemalige Dominikanerkirche, das Kaufhaus aus dem 15. Jahrh., die Synagoge etc. K. besitzt Denkmäler des Generals Rapp, des Admirals Bruat, des Dichters Pfeffel und des Physikers Hirn (sämtlich in K. geboren), Schongauers, des Stadtschultheißen Rösselmann und Lazarus Schwendis sowie ein Winzerdenkmal. Die Bevölkerung beläuft sich (1900) mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 171, ein Jägerbataillon Nr. 84, eine Maschinengewehrabteilung Nr. 14, ein Dragonerregiment Nr. 14 und eine Eskadron Jäger zu Pferde Nr. 14) auf 36,844 Seelen, davon 10,861 Evangelische und 1204 Juden. Die Industrie ist bedeutend. K. hat Woll- und Baumwollspinnerei und-Weberei, Seidenspinnerei, Jute-, Tuch-, Packtuch-, Nähfaden-, Stärkemehl-, Kartoffelzucker-, Teigwaren-, Wagen- und Maschinenfabrikation, Gießerei, Bleicherei, Bierbrauerei, Weinbau etc. Den Handel unterstützen eine Handelskammer und eine Reichsbanknebenstelle. Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Linien Straßburg-Basel, K.-Metzeral, K.-Breisach u. a. An öffentlichen Anstalten befinden sich dort: ein Lyzeum (Gymnasium) mit Realschule, eine Präparandenanstalt, Rabbinerschule, landwirtschaftliche Winterschule, landwirtschaftliche Versuchsstation, Weinbauschule, Hebammenlehranstalt, Waisenhaus, Mädchenrettungshaus etc. K. ist Sitz eines Bezirkspräsidiums, einer Kreisdirektion, eines Oberlandesgerichts für Elsaß-Lothringen, eines Landgerichts, einer Forstdirektion mit zwei Oberförstereien sowie des Kommandos der 39. Division und der 82. Infanteriebrigade. Die städtischen Behörden zählen 3 Magistratsmitglieder und 24 Stadtverordnete. Zu K. gehört der 3 km westlich gelegene Fabrikort Logelbach mit Baumwollspinnerei, -Zwirnerei und-Weberei. Der Landgerichtsbezirk K. umfaßt die 15 Amtsgerichte zu Barr, Ensisheim, Gebweiler, Kaysersberg, K., Markirch, Markolsheim, Münster i. E., Neubreisach, Rappoltsweiler, Rufach, Schlettstadt, Schnierlach, Sulz i. Oberelsaß und Weiler. – K. ist wahrscheinlich das Columbarium der Römer. Es wird zuerst in einer Schenkungsurkunde des Kaisers Ludwig des Frommen von 823 genannt. 833 lagerten die Söhne Ludwigs des Frommen in der Ebene zwischen K., Türkheim und Sigolsheim und verführten das Heer des Vaters (Lügenfeld). Karl III. hielt in K. 884 einen Reichstag ab. 1220 erhielt K. durch den Landvogt Wölflin Stadtrechte und Mauern, und 1226 ward es Reichsstadt. Das Stadtrecht, das Rudolf von Habsburg 1278 K. erteilte, wurde dann Muster für viele andre Städte. Seit 1347 fanden die Zünfte im Rate Vertretung und verdrängten im 17. Jahrh. die adligen Geschlechter völlig daraus. 1255 trat K. in den rheinischen Städtebund und nahm an der Verteidigung des Elsaß gegen fremde Einfälle sowie 1476 und 1477 an den Schlachten gegen Karl den Kühnen tapfern Anteil Die Protestanten erhielten 1575 freie Religionsübung, die ihnen Kaiser Ferdinand II. 1629 wieder zu nehmen suchte. 1632 fiel K. in die Hände der Schweden, 1635 in die der Franzosen, die es 1649 nach dem Westfälischen Frieden räumten, 1673 aber aufs neue besetzten, die Festungswerke schleifen ließen und K. 1680 durch die Réunionskammern mit Frankreich vereinigten, bei dem es fortan bis 1871 verblieb. Seit 1698 ist K. der Gerichtshauptort für das Elsaß. Vgl. »Annalen und Chronik von K.« (deutsch von Pabst-Wattenbach, in den »Geschichtsschreibern der deutschen Vorzeit«, 2. Aufl., Leipz. 1897); Hunkler, Geschichte der Stadt K. (Kolm. 1838); Sand, Geschichte der Stadt K. (das. 1854); Rathgeber, K. und Ludwig XIV. (Stuttg. 1873) und K. und die Schreckenszeit (das. 1873); Rocholl, Die Einführung der Reformation in K. (Kolm. 1875); Billing, Kleine Chronik der Stadt K. (das. 1891); Hund, K. vor und während seiner Entwickelung zur Reichsstadt (Straßb. 1899); »K. und die Hochvogesen« (Kolm. 1900); Waltz, Bibliographie de la ville de Colmar (Mülhausen 1902).

2) (K. in Posen, bis 1877 Chodziesen) Kreisstadt im preuß. Regbez. Bromberg, an 3 Seen und an der Staatsbahnlinie Posen-Neustettin, 63 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Synagoge, Amtsgericht, Porzellan- und Steingutfabrikation, Wagenbau, Maschinenfabrikation, Ziegeleien und (1900) 5025 meist kath. Einwohner. K. ist 1434 gegründet.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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