- Acton [2]
Acton (spr. äckt'n), 1) Sir John Francis Edward, Minister Ferdinands IV. von Neapel, geboren im Mai 1736 in Besançon, wo sein Vater, ein katholischer Engländer, Arzt war, gest. 12. Aug. 1811, trat in toskanischen Marinedienst und zeichnete sich 1775 als Fregattenkapitän bei der Expedition gegen Algier aus. 1779 in neapolitanische Dienste berufen, gewann er die Gunst der Königin Karoline, wurde Marine-, dann Kriegs-, Finanz- und endlich Premierminister. Ehrgeizig und ränkesüchtig, beeiferte er sich der Königin zuliebe, Neapel in den Krieg gegen die französische Revolution zu verwickeln. Nachdem 18. Dez. 1792 der französische Admiral La Touche die Anerkennung der Republik und die Neutralität Neapels erzwungen hatte, schlossen A. und die Königin 12. Juli 1793 ein Bündnis mit England, und A. suchte nun die italienischen Staaten zu einem Bunde gegen Frankreich zu vereinigen, indem er alle Kräfte des Staats auf die Verstärkung der Flotte und des Landheeres wandte. Die Regierung führte er namentlich seit 1794 in streng absolutistischem Sinne. Durch Bonapartes Siege bedroht, ging A. zu Brescia (5. Juni 1796) einen Waffenstillstand ein, dem der Friede zu Paris (10. Okt. 1796) folgte. Aber schon 1798 schloß sich Neapel dem Bündnis gegen die französische Republik wieder an, und auf Nelsons Rat griff das neapolitanische Heer das französische im Kirchenstaat an. Nach dem unglücklichen Ausgange des Krieges floh A. mit dem König nach Palermo (Dezember 1798). Als die Parthenopeische Republik 1799 durch den Kardinal Ruffo gestürzt wurde, brach der König auf Actons Nat die abgeschlossene Kapitulation, und A. errichtete nun ein blutiges Schreckens regiment in Neapel. Der Friede zu Florenz (28. März 1801) löste Neapels Verbindung mit England und beraubte A. des offenen Einflusses. 1804 auf Verlangen Frankreichs vom Hof entfernt, begab er sich nach Sizilien, intrigierte aber im geheimen fort; auf seinen Rat verletzte Ferdinand IV. den mit Napoleon geschlossenen Neutralitätsvertrag, indem er im November 1805 ein russisch-englisches Heer landen ließ und dem Russen Lacy den Oberbefehl über seine Truppen gab. A. wurde hierauf zurückgerufen und von neuem an die Spitze der Verwaltung gestellt, doch durch den Einmarsch der Franzosen im Februar 1806 abermals gestürzt.
2) John Emerich Edward Dalberg-A., Lord A., geb. 10. Jan. 1834 in Neapel, gest. 19. Juni 1902 in Tegernsee, Enkel des vorigen, dessen Vater nach seiner Ehe mit einer Tochter des Herzogs Emmerich Joseph von Dalberg (s. d.) den Namen Dalberg-A. angenommen hatte, war 1859–66 Mitglied des englischen Unterhauses und zählte zu den hervorragendsten Gegnern der ultramontanen Partei unter den englischen Katholiken. In diesem Sinne begründete er 1861 die »Home and Foreign Review«, in der er 1863 mit dem unglücklichen Versuch auftrat, die von ihm wieder an das Licht gezogenen »Matinées royales« als ein Werk Friedrichs II. von Preußen zu erweisen. Während des Vatikanischen Konzils verweilte A. in Rom; Früchte seines dortigen Aufenthalts sind seine Schriften »Sendschreiben an einen deutschen Bischof des vatikanischen Konzils« (Münch. 1870) und »Zur Geschichte des vatikanischen Konzils« (das. 1871). Im J. 1869 wurde er zum Peer mit dem Titel Baron A. of Aldenham erhoben; 1872 erhielt er von der Münchener philosophischen Fakultät honoris causa die Doktorwürde; 1876 wurde er zum auswärtigen Mitgliede der Münchener Akademie erwählt. Gladstones Schrift über die vatikanischen Dekrete beleuchtete Lord A. 1874 in einer Reihe von Briefen, die in den »Times« abgedruckt wurden. 1892–95 war er Kammerherr der Königin; 1895 wurde er zum Professor der neuern Geschichte an der Universität Oxford ernannt. Mehrere seiner Schriften sind von Imelmann ins Deutsche übersetzt, so die biographische Skizze »George Eliot« (Berl. 1886) sowie die Studien: »Über die neuere deutsche Geschichtswissenschaft« (das. 1887) und »Über das Studium der Geschichte« (das. 1896).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.