Viktor Emanuel

Viktor Emanuel

Viktor Emanuel, 1) V. E. I., König von Sardinien, zweiter Sohn des Königs Viktor Amadeus III., geb. 24. Juli 1759, gest. 10. Jan. 1824, führte als Prinz den Titel »Herzog von Aosta« und vermählte sich 1789 mit der Prinzessin Therese, Tochter des Erzherzogs Ferdinand von Österreich. Im Feldzuge von 1792 vermochte er keine dauernden Erfolge gegen die Franzosen zu erzielen. Als der Turiner Hof 1796 mit Bonaparte Unterhandlungen anknüpfte, zog er sich nach Süditalien zurück. Durch die Abdankung seines ältern Bruders, Karl Emanuels II. (4. Juni 1802), wurde er König über den Rest der Monarchie, die Insel Sardinien. Der Pariser Friede von 1814 gab ihm Piemont, Nizza und halb Savoyen, der von 1815 den übrigen Teil Savoyens zurück, und der Wiener Kongreß vereinigte Genua mit der sardinischen Monarchie. Persönlich ehrenhaft und wohlmeinend, aber beschränkt und bigott, führte er eine durchaus reaktionäre Regierung und legte nach dem Ausbruch der Revolution vom März 1821, da er sich nicht entschließen konnte, seinem Land eine Verfassung zu verleihen, 13. März die Krone nieder, die auf seinen Bruder Karl Felix (s. Karl 57) überging.

2) V. E. II., König von Italien, Sohn des Königs Karl Albert von Sardinien, geb. 14. März 1820, gest. 9. Jan. 1878, machte an seines Vaters Seite die Feldzüge gegen Österreich mit, in denen er bei Goito eine Kugel in den Schenkel erhielt, und ward durch die Abdankung Karl Albrechts nach der Niederlage bei Novara 23. März 1849 unter den schwierigsten Verhältnissen König von Sardinien. Er schloß mit Österreich Frieden und suchte mit Hilfe tüchtiger Minister, wie d'Azeglio und Cavour, die durch den Krieg dem Lande geschlagenen Wunden zu heilen. Diese führten eine Reihe wichtiger Reformen durch, und in Sardinien erblühte ein reges Verfassungsleben auf dem Grunde geordneter Freiheit, daher Viktor Emanuels Name der populärste in Italien wurde. Durch den Vertrag vom 10. April 1855 schloß er sich während des Krimkrieges an die Westmächte an, besuchte später die Höfe von Paris und London und knüpfte durch die Heirat seiner Tochter Klothilde mit dem Prinzen Napoleon eine Familienverbindung mit dem kaiserlichen Hause von Frankreich an. Er sicherte sich dadurch die Waffenhilfe Frankreichs und die wohlwollende Neutralität Englands im Kriege gegen Österreich 1859, in dem er selbst Beweise großer Tapferkeit gab. Der Einigung Italiens brachte er sein Stammland Savoyen zum Opfer und scheute sich nicht, während der Einheitsbewegung 1860–61, welche die Annexion Mittel- und Unteritaliens zur Folge hatte, in den Augen der Monarchen Europas als Verbündeter der Revolution, in denen mancher ungeduldigen Landsleute als Reaktionär zu erscheinen, während er zugleich seine Pflichten als konstitutioneller Monarch mit gewissenhafter Strenge beobachtete. Am 17. März 1861 nahm er den Titel eines Königs von Italien an, und durch den Krieg von 1866 erlangte er Venedig. 1870 glaubte er durch die Pflicht der Dankbarkeit verbunden zu sein, Napoleon gegen Deutschland Hilfe zu leisten; doch fügte er sich der entgegengesetzten Ansicht seiner Minister, als Frankreichs vermeintliche kriegerische Überlegenheit sich als Täuschung erwies. Auch zur Ockupation Roms und des Restes vom Kirchenstaat schritter nur auf Andrängen der Minister, wie er denn persönlich stets ein gutes Verhältnis zu Pius IX. aufrecht zu erhalten suchte, obwohl er im Banne war. Zur Sicherung seines Landes gegen die ultramontanen Umtriebe und gegen französische Übergriffe schloß er sich an den Dreikaiserbund an und unternahm im September 1873 zu diesem Zweck eine Reise an die Höfe der Kaiser von Österreich und Deutschland, deren Gegenbesuche er 1874 in Venedig und 1875 in Mailand empfing. Der König, dessen Leichnam 17. Jan. 1878 im Pantheon zu Rom beigesetzt wurde, und dem hier wie überall in den größern Städten des von ihm befreiten und geeinigten Landes Denkmäler errichtet wurden, war seit 12. April 1842 mit Adelheid, der Tochter des Erzherzogs Rainer von Österreich, vermählt, die am 20. Jan. 1855 starb. Aus dieser Ehe entsprangen: Klothilde, geb. 2. März 1843, vermählt 30. Jan. 1859 mit dem Prinzen Jérôme Napoléon, Witwe seit 18. März 1891; Humbert (s. d. 2), der zweite König von Italien; Amadeus, Herzog von Aosta (s. Amadeus 6); Otto Eugen, Herzog von Montserrat, geb. 11. Juni 1846, gest. im Januar 1864; Maria Pia, geb. 16. Okt. 1847, seit 6. Okt. 1862 Gemahlin und seit 19. Okt. 1889 Witwe des Königs Ludwig von Portugal. In zweiter Ehe war V. vermählt mit Rosa Vercellone, Gräfin von Mirafiori, deren Söhne ihm viel Verdruß bereiteten. Er war von untersetzter, kräftiger Gestalt und ausdrucksvollen Gesichtszügen in dem mit einem großen Schnurbart gezierten, mächtigen Haupte. In seinen Gewohnheiten war er außerordentlich einfach, von Charakter gerade, bescheiden und bieder, dabei klug und liebenswürdig im Verkehr. Sein liebstes Vergnügen war die Jagd. Vgl. Rüffer, König V. (Wien 1878); Massari, La vita ed il regno di Vittorio Emanuele II. (Mail. 1878, 2 Bde.; 4. Aufl. 1896; illustrierte Ausg. 1901); Bersezio, Il regno di Vittorio Emanuele II (Tur. 1878–95, 8 Bde.); Cappelletti, Storia di Vittorio Emanuele II (Rom 1893, 3 Bde.).

3) V. E. III., König von Italien, geb. 11. Nov. 1869 in Neapel als einziger Sohn des Königs, damaligen Kronprinzen, Humbert und der Prinzessin Margarete von Genua, führte vor seiner Thronbesteigung (29. Juli 1900) den Titel »Prinz von Neapel« und war in der Armee bis zum Generalleutnant und Kommandeur des 10. Armeekorps aufgerückt. Seine Muße widmete er numismatischen Studien, in denen er ausgezeichnete Kenntnisse erwarb. Er ist seit 24. Okt. 1896 mit der Prinzessin Helene von Montenegro (geb. 8. Jan. 1873) vermählt; Kinder dieser Ehe sind die Prinzessinen Jolande, geb. 1. Juni 1901, Mafalda, geb. 19. Nov. 1902, und Giovanna, geb. 13. Nov. 1907, und der Kronprinz Humbert, Prinz von Piemont, geb. 15. Sept. 1904. Vgl. Graf Caracciolo, V. E. III intime (Par. 1904).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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