Pfeiffer

Pfeiffer

Pfeiffer, 1) Ida, geborne Reyer, Reisende, geb. 14. Okt. 1797 in Wien, gest. daselbst 27. Okt. 1858, verheiratete sich 1820 mit dem Advokaten P., von dem sie sich jedoch bald trennte, und machte seit 1842 ausgedehnte Reisen in fremde Länder, darunter zwei Weltfahrten, 1846–48 und 1851–55. Auf ihrer letzten Reise nach Madagaskar 1856 wurde sie anfangs von der Königin gut aufgenommen, dann aber, in die abenteuerlichen Pläne des Franzosen Lambert verwickelt, längere Zeit gefangen gehalten und schließlich aus dem Lande gewiesen. Mit zerrütteter Gesundheit kehrte sie nach Wien zurück. Auf ihren Reisen legte sie über 240,000 km zur See und gegen 32,000 km zu Lande zurück und drang in Gegenden vor, die vor ihr noch kein Europäer betreten hatte. Die geographischen Gesellschaften in Wien und Berlin ernannten sie zum Ehrenmitglied. Doch sind ihre Reiseberichte, da sie keine geeignete Vorbildung besaß, nur von geringem wissenschaftlichen Wert. Sie schrieb: »Reise einer Wienerin in das Heilige Land« (Wien 1843, 2 Bde.; 4 Aufl. 1856); »Reise nach dem skandinavischen Norden und der Insel Island« (Pest 1846, 2 Bde.); »Eine Frauenfahrt um die Welt« (Wien 1850, 3 Bde.); »Meine zweite Weltreise« (das. 1856, 4 Bde.) und »Reise nach Madagaskar« (hrsg. von ihrem Sohne, mit der Biographie der Verfasserin, das. 1861, 2 Bde.).

2) Ludwig Georg Karl, Naturforscher, geb. 4. Juli 1805 in Kassel, gest. daselbst 2. Okt. 1877, studierte seit 1821 in Göttingen und Marburg Medizin und lief; sich 1826 in seiner Vaterstadt als Arzt nieder. 1831 wirkte er in Polen als Stabsarzt, und den Winter 1838´39 verlebte er auf Cuba. Er schrieb: »Enumeratio diagnostica Caetearum« (Berl. 1837); »Beschreibung und Synonymik der in deutschen Gärten lebend vorkommenden Kakteen« (das. 1837); »Abbildungen und Beschreibungen blühender Kakteen« (Kaff. 1838–50, 2 Bde.); »Synonymia botanica« (das. 1870, Suppl. 1874); »Nomenclator botanicus« (das. 1871–75, 2 Bde.); »Symbola ad historiam Heliceorum« (das. 1841–46, 3 Bde.); »Monographia Heliceorum viventium« (mit Philippi, Leipz. 1848–81, Bd. 1–8); »Monographia Pneumonopomorum viventium« (Kaff. 1852–76, 3 Bde. und 3 Suppl.); »Monographia Auriculaceorum viventium« (das. 1856); »Novitates conchologicae« (das. 1854–79, 5 Bde.); »Nomenclator Heliceorum viventium« (das. 1879–81). Mit Menke gab er seit 1846 die »Zeitschrift für Malakozoologie«, seit 1854 fortgesetzt als »Malakozoologische Blätter«, heraus.

3) Franz, Germanist, geb. 27. Febr. 1815 in Bettlach bei Solothurn, gest. 29. Mai 1868 in Wien, studierte 1834–40 in München erst Medizin. dann germanische Sprachen, wurde 1846 königlicher Bibliothekar in Stuttgart und folgte 1857 einem Ruf als Professor der deutschen Literatur an die Universität in Wien, wo er 1860 zum Mitgliede der Akademie der Wissenschaften ernannt wurde. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Zur deutschen Literaturgeschichte« (Stuttg. 1855); »Über Wesen und Bildung der höfischen Sprache in mittelhochdeutscher Zeit« (Wien 1861); »Der Dichter des Nibelungenlieds« (das. 1862), worin er den Minnesinger von Kürenberg als den Verfasser des Gedichts nachzuweisen suchte (s. Kürenberg und Nibelungenlied, S. 615); ferner: »Forschung und Kritik auf dem Gebiet des deutschen Altertums« (das. 1863) und »Freie Forschung; kleine Schriften zur Geschichte der deutschen Literatur und Sprache« (das. 1867). Auch gab er zahlreiche Werke der altdeutschen Literatur heraus, wie: »Barlaam und Josaphat« von Rudolf von Ems (Leipz. 1843); »Die Weingartner und Heidelberger Liederhandschrift« (Stuttg. 1843, 2 Bde.); Ulrich Boners »Edelstein« (Leipz. 1844); »Die deutschen Mystiker des 14. Jahrhunderts« (das. 1845–57, 2 Bde.); »Marienlegenden« (Stuttg. 1846; neue Ausg., Wien 1863); »Wigalois« von Wirnt von Gravenberg (Leipz. 1847); die »Deutsche Ordenschronik« des Nik. v. Jeroschin (Stuttg. 1854); die Predigten des Bertold von Regensburg (Wien 1862) u.a. P. redigierte die von ihm gegründete »Germania«, eine Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde (Stuttg. 1856 ff., seit 1859 Wien; nach seinem Tode von K. Bartsch, dann 1888–92 von O. Behaghel fortgesetzt), und rief die Sammlung »Deutsche Klassiker des Mittelalters« ins Leben, für die er selbst als 1. Band »Walter von der Vogelweide« (6. Aufl. von Bartsch, Leipz. 1880) bearbeitete.

4) Ludwig, Mediziner, geb. 31. März 1842 in Eisenach, studierte in Jena, Würzburg, Berlin, Prag und Wien, wurde Assistent der chirurgischen Klinik in Wien, ließ sich 1867 in Weimar als Arzt nieder und wurde 1885 Bezirksarzt. Er schrieb: »Die Choleraverhältnisse Thüringens« (Münch. 1867); »Die Cholera in Thüringen und Sachsen« (Jena 1871); »Beiträge zur medizinischen Topographie von Thüringen« (das. 1873); »Thüringens Bade- und Kurorte« (Wien 1875); »Taschenbuch für die Krankenpflege« (Weim. 1883, 3. Aufl. 1900); »Regeln für die Wochenstube und Kinderpflege« (4. Aufl., das. 1901); »Pestilentia in nummis« (mit Ruland, Tübing. 1882); »Die Vaccination und ihre Technik« (das. 1884); »Die Schutzpockenimpfung« (das. 1888); »Die Protozoen als Krankheitserreger« (Jena 1890, 2. Aufl. 1891, Nachträge 1895); »Untersuchungen über den Krebs« (das. 1891); »Handbuch der angewandten Anatomie« (Leipz. 1899); »Die Impfklauseln in den Weltpolicen der Lebensversicherungsgesellschaften« (Berl. 1905). Für Gerhards »Handbuch der Kinderkrankheiten« schrieb er über Kindersterblichkeit und Impfung, für Penzoldt Stintzings »Handbuch der Therapie« über Variola, auch redigiert er seit 1872 die »Korrespondenzblätter des Allgemeinen ärztlichen Vereins von Thüringen«.

5) Richard, Mediziner, geb. 27. März 1858 zu Zduny in Posen, studierte 1875–80 auf dem Friedrich Wilhelms-Institut in Berlin, wurde 1880 Militärassistenzarzt, 1887 Stabsarzt und 1888 Assistent von Koch am Hygienischen Institut. Hier studierte er die Coccidienkrankheit der Kaninchen und entdeckte eine bisher nicht bekannte Art der Vermehrung von Coccidium oviforme und einen neuen Kapselbazillus. 1891 habilitierte er sich als Privatdozent an der Universität und wurde Vorsteher der wissenschaftlichen Abteilung des Instituts für Infektionskrankheiten. 1892 entdeckte er den Influenzabazillus. Seine Forschungen über den Choleraerreger und die formverwandten kommaförmigen Bakterien führten ihn zu Studien, durch welche die wissenschaftliche Erkenntnis des Wesens der Immunität wesentlich gefördert wurde und praktisch wichtige Fingerzeige für die Abgrenzung der Cholera und des Typhus von andern ansteckenden Krankheiten sich ergaben. Es gelang ihm, den Nachweis zu führen von der sogen. spezifischen Wirkungsweise des Choleragifts, und daß Immunität gegen Cholera ausschließlich durch Choleraerreger zu erlangen ist. P. entdeckte auch die spezifischen bakterienlösenden Immunsera und kam zu Aufschlüssen über die Antikörper und die Vorgänge bei der Schutzimpfung gegen Cholera und Typhus. Während der Choleraepidemie von 1892–95 wirkte P. bei dem Stromüberwachungsdienst mit, 1897 ging er mit der deutschen Pestexpedition nach Indien, 1898 studierte er mit Koch die Malaria in Italien und 1899 wurde er Professor der Hygiene in Königsberg. Mit Fränkel gab er den »Mikrophotographischen Atlas der Bakterienkunde« (2. Aufl., Berl. 1895) heraus, mit Gassky, Sticker und Dieudonné den »Bericht über die Tätigkeit der zur Erforschung der Pest 1897 nach Indien entsandten Kommission« (Berl. 1899) und mit Proskauer eine »Enzyklopädie der Hygiene« (Leipz. 1902 ff.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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