Hesiŏdos

Hesiŏdos

Hesiŏdos (Hesiod), nächst Homer der älteste griech. Dichter, von dem Werke erhalten sind, nach dem Urteil der Alten Vater und Hauptvertreter des didaktischen, wie jener des heroischen Epos, lebte um 770 v. Chr. und stammte aus Askra in Böotien, wohin seine Eltern aus Kyme in Asien eingewandert waren. Nach dem Tode seines Vaters geriet er wegen des Erbes mit seinem Bruder Perses in Streit, der durch einen ungerechten Spruch der bestochenen Richter zu seinen Ungunsten entschieden wurde. Aus Unwillen verließ er die Heimat und siedelte sich, wie es scheint, in Naupaktos an. Er soll zu Öneon in Lokris ermordet, seine Gebeine aber auf Geheiß des delphischen Orakels nach dem böotischen Orchomenos gebracht worden sein. Wie auf Homer, so sind auf ihn als Repräsentanten einer im Gegensatz zu der ionischhomerischen stehenden böotisch-lokrischen Sängerschule im Altertum eine Reihe Dichtungen übertragen worden, und auch seine echten Werke haben schon früh Umgestaltungen und Erweiterungen erfahren. Von den drei auf uns gekommenen sind unstreitig echt, wenigstens in ihrem Grundbestand, die »Werke und Tage«, mit Mythen, Fabeln und Sentenzen durchwebte Ermahnungen an den nach Vergeudung seines Erbes mit einem neuen Prozeß drohenden Bruder, sich durch ehrliche Arbeit neues Vermögen zu erwerben, und Anweisungen über Ackerbau, Viehzucht, Schiffahrt u. a. und die für die einzelnen Verrichtungen geeigneten Tage. Obwohl eigentlich künstlerischer Komposition entbehrend, wurde das Gedicht von den Alten seines moralischen Inhalts wegen hoch geschätzt (Ausg. von Lennep, Amsterd. 1847). Vgl. Ranke, De Hesiodi operibus et diebus (Götting. 1838); Steitz, Die Werke und Tage des H. (Leipz. 1869); Kirchhoff, Hesiods Mahnlieder an Perses (Berl. 1889). Ebenfalls in ihrem ursprünglichen Bestand wohl echt, aber stark zerrüttet ist die »Theogonie«, ein Versuch, die vorhandenen verschiedenen Vorstellungen von der Weltschöpfung, der Herkunft und dem Kampfe der allen und neuen Götter in eine Art System zu bringen, ein halb poetisches, halb philosophisches Lehrgedicht, neben den Homerischen Gedichten die wichtigste Quelle für die älteste griechische Welt- und Götteranschauung (hrsg. von Lennep, Amsterdam 1843; Welcker, Elberf. 1865, und Schömann, Berl. 1868). Vgl. Gruppe, Über die Theogonie des H. (Leipz. 1841); Gerhard, Über die Hesiodische Theogonie (das. 1856); Schömann, Die Hesiodische Theogonie (Berl. 1868); Flach, Das System der Hesiodischen Kosmogonie (Leipz. 1874) u. Glossen und Scholien zur Hesiodischen Theogonie (das. 1876); A. Meyer, De compositione Theogoniae (Berl. 1887). Das dritte Gedicht: »Schild des Herakles« (hrsg. von Ranke, Quedlinb. 1840; Lennep-Hullemann, Amsterd. 1854), sprechen schon die alten griechischen Kritiker dem Dichter ab. Es enthält eine Schilderung des Heraklesschildes, eine Nachahmung der Homerischen Beschreibung des Achillesschildes, der als Rahmen der Kampf des Helden mit Kyknos dient; die Einleitung bilden eine Anzahl Verse aus einem verlornen Hesiodischen Gedicht mythisch genealogischen Inhalts, einem Verzeichnis (Katalogos) der Heroinen, die von Göttern Ahnmütter fürstlicher Geschlechter waren. Eine Sammlung der Fragmente dieses wie andrer dem H. beigelegten Gedichte gab Markscheffel (Leipz. 1840). Müssen wir bei Homer die Dichtung an sich bewundern, so tritt bei H. die Darstellung zurück vor dem Gedanken, der didaktischen Idee des Ganzen, daher auch seine Dichtung der Le bensfrische, Phantasie, Naivität der Homerischen meist ermangelt. Gesamtausgaben besorgten Lehrs (neue Ausg., Par. 1868), Göttling (3. Aufl. von Flach, Leipz. 1878), Schömann (Berl. 1869), Köchly und Kinkel (Leipz. 1870), Rzach (das. 1884 u. 1902), Fick (Götting. 1887), Sittl (Athen 1890). Deutsche Über setzungen von J. H. Voß (Heidelb. 1806), Peppmüller (Halle 1896), Uschner (Berl. 1865). Vgl. Creuzer und Hermann, Briefe über H. (Leipz. 1818); Schömann, Opuscula, Bd. 2 (Berl. 1857); Rzach, Der Dialekt des H. (Leipz. 1876); Friedel, Die Sage vom Tode Hesiods (das. 1879).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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