- Gibbon [1]
Gibbon (von Buffon nach dem englischen Historiker G. benannt, Hylobates Ill.), Gattung der Anthropomorphen, ziemlich große Affen in Ostindien, Hinterindien und auf den Inseln, mit schlankem Körper, ohne Schwanz, kleinem, rundem Schädel, stark gewölbter Brust, Armen von Körperlänge, aber bedeutend kürzern Hintergliedern. Im Bau des Schädels und des Gebisses wie auch in der Gesichtsbildung hat der G. am meisten Ähnlichkeit mit dem Menschen, der Pelz ist gleichmäßig dicht, oft seidenweich. Von den etwa 5 oder 8 Arten ist der schwarze Siamang [»der Amang«] (H. syndactylus Wagn.) der größte und plumpste, 1 m lang, mit einem die Stimme sehr verstärkenden Kehlsack, verkümmerter Stirn, breiter, platter Nase, großem Maul und gekrümmten, einwärts gekehrten Gliedmaßen; er lebt auf Sumatra. Der Hulock (H. Hulok Harlan), 90 cm hoch, schwarz, mit weißer Stirnbinde, bewohnt Hinterindien und Bengalen. Der Lar (H. Lar Kuhl, s. Tafel »Affen II«, Fig. 2), 90 cm hoch, schwarzgrau, auf dem von weißen Haaren umgebenen Gefäß braun, an Händen und Füßen weißgrau, findet sich in Malakka und Siam. Die Gibbons bewegen sich auf Bäumen mit größter Geschicklichkeit, machen Sprünge von 12–13 m, während sie auf dem Boden langsam und ungeschickt erscheinen. Sie gehen aufrecht und halten sich mit Hilfe der Arme im Gleichgewicht; sobald man sie zur Eile treibt, benutzen sie auch die Hände zum Laufen. Die Gibbons sind scheu und furchtsam und suchen stets den dichtesten Wald auf. Sie nähren sich von Früchten, Laub, Schößlingen, fressen aber auch Kerbtiere, Baumfrösche, Eidechsen, Vogeleier und Vögel. Der Siamang lebt in zahlreichen Herden, flieht aber stets beim Angriff, und nur die Mutter verteidigt ihr Junges. Der Hulock ist dagegen sehr mutig und soll den Menschen angreifen. Bei Sonnenauf-und-Untergang erheben sie ihre laut schallende Stimme, so daß sie als die Brüllaffen der Alten Welt gelten können. In der Gefangenschaft werden sie bald zahm, zeigen aber bei weitem nicht die Begabung der übrigen Anthropomorphen und gehen stets bald ein.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.