Elektrometallurgie

Elektrometallurgie

Elektrometallurgie (griech.), die Benutzung der Elektrizität bei der Gewinnung der Metalle aus ihren Erzen, beginnt mit der Aufbereitung, bei der es gelungen ist, mit Hilfe starker Elektromagnete gewisse Erze durch Aussonderung wertloser oder schädlicher Bestandteile anzureichern (s. Elektromagnetische Aufbereitung).

Für Schmelzprozesse wird die Wärmewirkung des elektrischen Lichtbogens benutzt, mit dem man bedeutend höhere Temperaturen (bis 4000°) als in Schmelzöfen erzielt. Staite benutzte 1849 den elektrischen Lichtbogen zum Schmelzen schwerflüssiger Metalle, aber erst der 1878 von Werner Siemens konstruierte elektrische Schmelzofen ist für diese Schmelzungen von fundamentaler Bedeutung geworden. Es ist möglich, jedes Oxyd durch Kohle elektrothermisch zu reduzieren, und Cowles hat ein Verfahren zur Darstellung von Aluminium (oder wenigstens Aluminiumbronze) angegeben, bei dem Tonerde lediglich durch die Wirkung von Kohle bei sehr haher Temperatur reduziert wurde. In einer Reihe von Fällen ist es erst auf diesem Wege gelungen, reine Metalle (Chrom, Wolfram, Molybdän, Uran, Titan) zu gewinnen. Im elektrischen Ofen kommt aber sehr oft auch die zerlegende Wirkung des elektrischen Stromes zur Geltung. Bunsen stellte 1851 Magnesium aus geschmolzenem Chlormagnesium durch Elektrolyse dar und 1854 ebenso Aluminium aus geschmolzenem Natriumaluminiumchlorid, aber erst nachdem es gelungen war, Dampf- oder Wasserkraft zur Stromerzeugung mittels der Dynamomaschine zu benutzen, wurde die Verwendung des Stromes für metallurgische Zwecke bedeutungsvoll. Gegenwärtig werden Magnesium, Kalium, Natrium und vor allem Aluminium unter Anwendung der thermischen und elektrolytischen Wirkung des Stromes dargestellt. Die ersten Versuche, Metalle aus Lösungen durch Elektrolyse zu gewinnen, machte Becquerel 1838. Seine bis 1869 fortgesetzten Arbeiten führten aber, wie auch die von Holf und Pioche in Kalifornien, nicht zu praktischen Ergebnissen. Keßler in Straßburg und Patera in Schmöllnitz versuchten natürliche Zementwässer elektrolytisch zu entkupfern, Leuchtenberg suchte Rohkupfer elektrolytisch zu raffinieren, und Elkington brachte eine Kupferraffinerie mit leidlichem Erfolg in Betrieb. Größere Erfolge wurden auf diesem Gebiet aber erst erzielt, als Siemens 1878 in Okar die erste Dynamomaschine aufstellte und eine Kupferraffinerie einrichtete, bei der Rohkupfer als Anode dient und reinstes Kupfer sich an der Kathode ausscheidet. Eisen, Kupfer, Nickel, Kobalt, Zink gehen als Sulfate in Lösung, und das Silber sammelt sich quantitativ in dem Schlamm, der von der Anode abfällt. Man kann annehmen, daß gegenwärtig drei Viertel alles Kupfers elektrolytisch raffiniert werden. Versuche von Marchese, statt des Rohkupfers Kupferstein anzuwenden, scheiterten, auch Höpfners Verfahren, Kupfererze mit Kupferchloridlösung auszulaugen und die Chlornatrium enthaltende Kupferchlorürlösung zu elektrolysieren, wobei Kupfer- und Kupferchloridlösung gewonnen werden, hat sich in der Praxis nicht bewährt. Dagegen gewährt das Verfahren von Möbius, das Gold aus dem Rohsilber elektrolytisch abzuscheiden, gute Resultate. Das Rohsilber bildet die Anode, die sich löst und das Gold zurückläßt, während reines Silber an der Kathode abgeschieden wird. Bei der Zinkentsilberung (Parkesscher Prozeß) erzielt man nahezu chemisch reines Zink und einen Anodenschlamm, der 40 Proz. Silber, 50 Proz. Kupfer und 5–6 Proz. Blei enthält. Auch die elektrolytische Raffination des Rohgoldes ist von hoher Bedeutung, man gewinnt reines Gold, Platin und Palladium gehen in Lösung, aus der ersteres leicht gefällt werden kann, Iridium und die andern Platinmetalle sammeln sich in dem Schlamm. In Transvaal gewinnt man eine schwache Goldsalzlösung (0,8 g Gold in 1000 Lit.), die mit Anoden aus Eisenblech (in Segeltuch eingehüllt) und Kathoden aus Bleischnitzeln elektrolysiert wird. Das Gold schlägt sich auf das Blei nieder und ist dann leicht durch Abtreiben zu gewinnen. Auch auf andre Metalle, Blei, Zinn, Zink, Nickel, hat man das elektrolytische Verfahren angewendet, doch sind praktisch verwertbare Resultate noch nicht erzielt worden.

Eine weitere und schnellere Verbreitung der E. in der Praxis wird durch den Umstand gehindert, daß die Verwendung von elektrischer Energie gegenwärtig der Kosten halber nur in solchen Fällen gerechtfertigt erscheint, wo andre Hilfsmittel der Technik versagen. Die Dynamomaschinen verwandeln zwar bis 95 Proz. der mechanischen Arbeit in Elektrizität, wo aber zu ihrem Betrieb Dampfmaschinen benutzt werden müssen, werden bekanntlich nur bis 10 Proz. der zum Betrieb derselben verbrauchten Wärme in mechanische Arbeit umgesetzt. Werden nun von dieser mechanischen Arbeit durchschnittlich 90 Proz. in elektrische Energie übergeführt, so kommen also nur 9 Proz. der unter dem Dampfkessel entwickelten Wärme als elektrische Energie zur Verwendung. In metallurgischen Ofen werden dagegen 80 Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme ausgenutzt. Ein bedeutender Fortschritt in der E. würde sofort zustande kommen, wenn die direkte Überführung von Wärme in Elektrizität in befriedigender Weise gelänge. Hierzu sind verschiedene Anläufe gemacht worden. Die Thermosäulen gestatten in ihrer noch primitiven Form die Überführung von 5,5 Proz. der zu ihrem Betrieb verwendeten Wärme in Elektrizität, auch werden vielleicht die Versuche über Elektrizitätserzeugung in feuerflüssigen Elektrolyten ermöglichen, der Lösung des genannten Problems näher zu treten. Vgl. Balling, Grundriß der E. (Stuttg. 1888); Macmillan, Electrometallurgy (2. Aufl., Lond. 1899); Borchers, Elektrometallurgie (3. Aufl., Braunschw. 1903); Vogel und Rössing, Handbuch der Elektrochemie und E. (Stuttg. 1891); Dürre, Ziele und Grenzen der E. (Leipz. 1896); Peters, E. und Galvanotechnik (Wien 1900, 4 Bde.).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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