- Borax
Borax (Natriumborat, Natriumtetraborat, borsaures Natron) Na2B4O7+10H2O findet sich an der Grenze der Natronsalpeterfelder in Peru und Bolivia, gelöst in Seen Chinas, Tibets (Teschu-Lumbu), der südlichen Tatarei, Nepals, Persiens, Ceylons, in unerschöpflicher Masse im Clear oder B. Lake in Kalifornien und im Pyramid Lake in Nevada. Das Wasser des Boraxsees enthält im Liter 3,96 g B., und auf dem Boden des Sees ruht ein Lager von kristallisiertem B. Aus den Seen in Asien gewonnener B. kommt, mit einer fettigen Masse überzogen, als roher B. od. Tinkal (Tinkana, Swaga, Pounxa) in den Handel. Dieser B. wurde früher in Europa raffiniert, und zwar zuerst in Venedig (venezianischer B.). Man löst ihn unter Zusatz von etwas Ätzkalk, um das Fett abzuscheiden, in heißem Wasser, fügt etwas Chlorcalcium zu, filtriert abermals und bringt die Lösung zur Kristallisation. In Kalifornien wird der durch Baggern gewonnene boraxhaltige Schlamm getrocknet, ausgelaugt und die Lösung zur Kristallisation gebracht (Nevadaborax). Gegenwärtig gewinnt man den meisten B. aus toskanischer Borsäure und aus Boronatrocalcit. Man trägt die Borsäure in siedende Sodalösung bis zur Neutralisation, klärt und läßt kristallisieren. Der gewonnene B. wird unter bestimmten Bedingungen umkristallisiert, um große Kristalle zu erhalten. Der in Deutschland verbrauchte B. wird größtenteils in Hamburg aus Boronatrocalcit NaCaB5O9 + 8H2O dargestellt. Das gemahlene Mineral wird mit kalzinierter Soda und doppeltkohlensaurem Natron gekocht, die Lange durch Filterpressen gezogen und zur Kristallisation gebracht. Der Rohborax wird umkristallisiert. Aus den Mutterlaugen wird schwefelsaures Natron gewonnen.
Prismatischer B. Na2B4O7+10H2O enthält 36,6 Proz. Borsäure, 16,2 Proz. Natron und 47,2 Proz. Kristallwasser, bildet farblose, durchsichtige Kristalle von 1,75 spez. Gew., verwittert an der Luft nur oberflächlich, bleibt in Wasser und feuchter Luft durchsichtig und zerspringt schon bei gelindem Erwärmen. 100 Teile Wasser lösen Teile B. bei
In Alkohol ist B. fast unlöslich; die wässerige Lösung schmeckt süßlich alkalisch, reagiert alkalisch, verhält sich bei starker Verdünnung wie eine Lösung von Ätznatron, fällt Metallhydroxyde und entwickelt aus Salmiak Ammoniak. Beim Erhitzen schmilzt B. unter starkem Aufblähen und gibt schwammigen, lockern, wasserfreien gebrannten (kalzinierten) B., der in höherer Temperatur zu zähflüssigem, farblosem, nach dem Erkalten sprödem Boraxglas schmilzt. Dieses löst Metalloxyde und wird dabei eigentümlich gefärbt, so daß dadurch sehr kleine Mengen der Metalle zu erkennen sind. An der Luft wird Boraxglas durch Anziehen von Wasser undurchsichtig.
Oktaedrischen B. mit 5 Mol. Wasser (Rindenborax, Juwelierborax, kalzinierten B.) erhält man aus sehr konzentrierter Boraxlösung, die zwischen 70 und 56° zur Kristallisation gebracht wird. Die Kristalle wachsen ungemein fest zusammen und bilden harte, klingende Platten. Er enthält 30,64 Proz. Kristallwasser, bildet härtere Kristalle als der prismatische B., vom spez. Gew. 1,81, zerspringt nicht beim Erhitzen, wird in Wasser und feuchter Luft undurchsichtig, wobei er sich in prismatischen B. verwandelt, und bläht sich beim Schmelzen weniger auf als letzterer.
B. dient als Lötrohrreagens, zum Löten, indem er die an der Oberfläche der zu tötenden Metalle sich bildenden Oxyde löst und die metallische Oberfläche gegen Sauerstoffzutritt schützt; zur Herstellung von Flintglas, Spiegelglas, Straß, Email, Glas- und Porzellanfarben, Glasur seiner Tonwaren, auch als Zusatz zur Masse der letztern. Beim Schmelzen des Goldes gibt er letzterm eine hellere Farbe. Deshalb und wegen seiner Anwendung beim Löten des Goldes nannte man ihn früher Chrysokolla. Ein geschmolzenes Gemisch von Borsäure mit Kali- oder Natronsalpeter ist ein noch besseres Flußmittel als B. Man benutzt B. ferner beim Kupferschmelzen in Südamerika (Quemason), zum Entschälen der Seide, in der Färberei und Zeugdruckerei zur Befestigung mineralischer Beizen, zum Lösen gewisser in Wasser unlöslicher Farbstoffe, als Surrogat des Kuhkotbades, in der Appretur und zur Reinigung schmutziger Wäsche. Schellack gibt mit B. einen in Wasser löslichen Firnis und mit Käsestoff eine Flüssigkeit von dicklicher Konsistenz und bedeutender Klebkraft. Man benutzt B. auch beim Zusammensetzen von Öfen, um dem Lehm größere Haltbarkeit zu geben, zur Vertilgung der Schaben (Blatta orientalis), als fäulniswidriges Mittel (vgl. Borsäure), zu kosmetischen Zwecken, zum Reinigen der Haare und mit Rosenhonig als Mittel gegen Schwämmchen.
Boraxweinstein C4H4O6BOK, durch Verdampfen einer Lösung von 2 Teilen B. und 5 Teilen Weinstein in 15 Teilen Wasser als weißes, hygroskopisches, leicht lösliches Pulver erhalten, wird als abführendes Mittel benutzt.
Der Name B. kommt bei den Alchimisten vor, doch wandten sie denselben lange auf verschiedene Salze und Zubereitungen an, die beim Löten des Goldes benutzt wurden. Basilius Valentinus im 15. Jahrh. erwähnt den venezianischen Boras und Libavius 1595 seine Gewinnung aus Tinkal. 1702 entdeckte Homberg die Borsäure, 1747 zeigte Baron, daß B. aus Borsäure und Natron besteht. 1818 begann in Frankreich die Darstellung von B. aus Borsäure.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.