Waldverderber

Waldverderber

Waldverderber, Tiere und Pflanzen, welche die Forstkulturpflanzen schädigen und durch die Maßregeln des Forstschutzes bekämpft werden. Hervorragend waldschädlich sind: das auf einen kleinen Winkel im nordöstlichen Deutschland zurückgedrängte Elchwild durch Verbeißen der Triebe und Knospen, durch Abbrechen der Wipfel jüngerer Bäume, durch Schälen der noch nicht borkigen Rinde und Fegen an schlanken Stämmen; das Rotwild, mit Ausnahme der Wipfelbrechung ähnlich wie das Elch; das Reh durch starkes Verbeißen junger Pflanzen sowie durch Fegen an jungen Stämmen; Damwild ist weit weniger schädlich als Rotwild; alle genannten Wildarten durch Zertreten junger Pflanzen auf ihren Wechseln, bez. Brunstblätzen; das Wildschwein durch Verzehren der Mast und Abreiben der Rinde einzelner Stämme (Malbäume); das Eichhörnchen durch Verzehren von Baumsämereien, Abbeißen von Knospen und Trieben, besonders der Tannen und Fichten, Schälen der saftigen Rinde; die Mollmaus (Arvicola amphibius) durch unterirdisches Abschneiden junger Holzpflanzen, besonders Eichen, und zwar am empfindlichsten in Streifenkulturen; die Acker- und Feldmaus (A. agrestis und A. arvalis) durch Verzehren der Mast, vorzüglich aber durch Schälen der Rinde, besonders an jungen Buchen u. Hainbuchen; die Rötelmaus (A. glareolus) desgleichen an jungen Lärchen, auch Fichten; die Waldmaus durch Verzehren der Mast; der Hase durch das Abschneiden junger Pflanzen, namentlich Buchen, und Schälen junger Stämme, besonders Obstbaum, Akazie; das wilde Kaninchen durch starkes Schälen schwächerer Holzwüchse und Unterwühlen des Bodens. Von den Vögeln können lokal sehr arg schaden: der Bergfink an Buchenmastorten, der Buchfink und die Wildtauben auf den Saatbeeten, das Auerhuhn durch Verbeißen junger Nadelholzpflanzen in den Kämpen.

Im großen Forsthaushalt durchführbare Vorbeugungs- und Abwehrmittel gegen die durch alle diese W. herbeigeführten Schäden sind verhältnismäßig wenige bekannt. Gegen Wildschaden hilft radikal nur der Abschuß des Wildes. Gegen das Schälen des Wildes in Stangenorten glauben manche durch Anlage von Salzlecken Abhilfe schaffen zu können, doch ist der Erfolg mindestens zweifelhaft. Gegen den Mäuseschaden tut man gut, Füchse, Marder, Iltisse, Wiesel, als die natürlichen Feinde der Mäuse, zu schonen, auch werden mit Erfolg ihre Schlupfwinkel (wirres Gestrüpp, hoher Graswuchs) zerstört, sie selbst durch künstliche Verstecke (Reiserhaufen) an bestimmte Stellen gelockt und dort durch steilwandige Gräben isoliert, bez. vergiftet oder durch Reiservorwurf von den Jungwüchsen abgelenkt. Eichhörnchen sind, wo sie schädlich werden, abzuschießen; desgleichen die vorhin genannten schädlichen Vögel. Berg- und Buchfinken und Auerwild lassen sich durch Wachen verscheuchen. Auch schützt man die Saaten erfolgreich dadurch, daß man die Körner vor der Aussaat mit Mennige färbt. Weitaus eingreifender sind die Insektenschäden in den Waldungen, wenngleich die Zahl der im großen schädlichen Insektenarten nur gering ist. Diese Schäden haben im vorigen Jahrhundert sich offenbar vermehrt, wahrscheinlich infolge des schlagweisen Forstbetriebs, des Anbaues sehr großer Flächen mit gleichalterigen Beständen derselben Holzart und des Überhandnehmens des Nadelholzanbaues. Vgl. Forstinsekten.

Die W. aus dem Pflanzenreich gehören fast sämtlich der Klasse der Pilze an. Unter ihnen stehen in erster Linie: 1) Der Hallimasch (Agaricus [Armillaria] melleus L.), der Erzeuger des Harzstickens, der Harzüberfülle, Wurzelfäule oder des Erdkrebses der Nadelhölzer. 2) Der Kiefernbaumschwamm (Trametes pini Fr.), der Erzeuger der Rotfäule, Rind-, Ring- oder Kernschäle der Kiefer. 3) Trametes radiciperda R. Hrtg. (Polyporus annosus Fr.), dessen Mycelium die Wurzeln junger und älterer Kiefern, auch der Laubhölzer, zerstört (Wurzelfäule). 4) Peridermium pini Willd. (Kiefernblasenrost), Erzeuger des Kiefernnadelrostes, des Krebses, Brandes oder der Räude der Kiefer und des Kienzopfes. 5) Caeoma pinitorquum A. Br. (Kieferndreher), ebenfalls ein Rostpilz. 6) Caeoma laricis R. Hrtg., Lärchennadelrost. 7) Peziza Willkommii R. Hrtg., Lärchenrindenpilz. 8) Hysterium (Lophodermium) macrosporum R. Hrtg. (Fichtenritzenschorf), der Erzeuger der Fichtennadelbräune, der Nadelröte und Nadelschütte. 9) Hysterium (Lophodermium) nervisequium DC (Weißtannenritzenschorf), der Erzeuger der Weißtannennadelbräune und Nadelschütte. 10) Melampsora Hartigii Thüm. (Weidenrost). Die verheerende Wirkung einiger dieser und andrer Pilze zeigt unsre Tafel »Pflanzenkrankheiten II«, Fig. 4–9. S. auch Rostpilze. Vgl. Judeich und Nitsche, Lehrbuch der mitteleuropäischen Forstinsektenkunde (8. Aufl. von Ratzeburgs »W. und ihre Feinde«, Wien 1885–95); Hartig, Lehrbuch der Pflanzenkrankheiten (3. Aufl., Berl. 1900); Altum, Waldbeschädigungen durch Tiere und Gegenmittel (das. 1889); Heß, Forstschutz (3. Aufl., Leipz. 1896–99, 2 Bde.); Kauschinger, Lehre vom Waldschutz (6. Aufl. von Fürst, Berl. 1902).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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