Auerhuhn

Auerhuhn

Auerhuhn (Tetrao Urogallus L., altdeutsch Urhuhn, s. Tafel »Hühnervögel I«, Fig. 2), Scharrvogel aus der Familie der Waldhühner (Tetraonidae), 1 m lang, 1,4 m breit und in der Feistzeit 6–7,5 kg schwer, ist sehr kräftig gebaut, mit kurzem, stark gewölbtem Schnabel, mittellangen, abgerundeten Flügeln, breitem Schwanz, niedrigen starten Füßen mit befiedertem Lauf und langen Zehen, die am Rande mit Federrudimenten gefranst sind. Er ist auf dem Rücken schwärzlich, am Oberflügel schwarzbraun, rostbraun gewässert, die Schwanzfedern sind schwarz, mit weißen Flecken; die Brust glänzend stahlgrün, der Unterkörper schwarz und weiß gefleckt. Das Auge ist braun, die nackte Braue und eine nackte Stelle um das Auge lackrot, der Schnabel hornweiß. Die Auerhenne ist um ein Drittel kleiner, ohne Augenfleck, oberseits schwarzbraun und rostgelb gemischt; die Steuerfedern sind rostrot, schwarz gebändert, Oberbrust rostrot, liauch rostgelblich, schwar; und weit; gebändert. Das A. lebt polygamisch als Standvogel einzeln und nirgends häufig in mit Laubholz gemischten Fichtenwäldern Europas südlich bis zu den Alpen und Pyrenäen, in Nord- und Mittelasien bis zum Baikalsee, in Turkistan und im Allai, nährt sich von Nadelholzsamen, Bucheckern, Beeren, Insekten, Würmern, Schnecken, auch von Knospen und Blättern. Die in seinem Magen gefundenen »Perlen« sind abgerundete Quarzkörner.

Die Begattungszeit (Balz) des Auerwildes fällt in den April. Die Hähne, die bis dahin vereinzelt im Walde stehen, suchen dann gegen Abend gewisse Orte (Balzplätze) auf und übernachten auf Bäumen. Sobald der Morgen dämmert, stimmt der Hahn seinen Balzgesang an, der mit einem erst langsamen, dann sich schnell wiederholen den Knappen (Triller) beginnt. Hierauf folgt ein Ton, der wie Klock klingt (der Hauptschlag), und der sich mit dem Laut beim Aufkorken einer Flasche vergleichen läßt. Den Schluß bildet das Schleifen, ähnlich dem leichten Wetzen einer Sense. Während dieses Baltgesanges läßt der Hahn die Flügel hängen, schlagt mit dem Schwanz (dem Stoß) ein Rad, sträubt die Federn und trippelt umher. Sobald es Tag geworden, reitet oder steht der Hahn ab, d. h. er streicht von dem Baum auf die Erde, um dort die Hühner, die ihn mit ihrem Lockruf »kack kack« begrüßen, zu treten. Bisweilen balzt auch der Hahn auf dem Boden. Finden sich mehrere Hähne auf dem Balzplatz, so kämpft der stärkere die schwächern ab. Da der Hahn während des Schleifens taub zu sein scheint, weil beim Aufsperren des Schnabels zur Hervorbringung des Schleifens der Fortsatz des Unterkiefers eine durch Blutstauung aufgetriebene Hautfalte vor den Gehörgang schiebt, und da er dabei mit hoch gehobenem Kopf nicht nach unten äugt, so benutzt der Jäger den kurzen Zeitraum des Schleifens, um den Auerhahn anzuspringen, d. h. sich ihm mit 2–3 weiten Schritten möglichst gedeckt zu nähern. Bis zum nächsten Schleifen muß der Schütze völlig bewegungslos verharren, da der Auerhahn dann sehr scharf äugt und hört. Hat sich der Jäger durch wiederholtes Anspringen bis auf Schußweite genähert, so gibt er seinen Schuß mit Hasenschrot, auch wohl Kugel, während des Sch leisens ab, weil der Hahn in diesem Liebestaumel oft selbst einen Fehlschuß nicht beachtet und ruhig stehen bleibt. Der Auerhahn wird zur hohen Jagd gerechnet. Die Schießzeit für die Auerhähne dauert nach dem Wildschongesetz für Preußen von Anfang September bis Ende Mai, für Hennen von Anfang September bis Ende Januar. In der dritten oder vierten Woche der Balz streichen die Hähne nach ihren gewohnten, oft weit entfernten Standorten zurück, und die Hennen schreiten zum Nestbau. Die Henne legt 10–12 gelbe, braun gefleckte Eier (s. Tafel »Eier II«, Fig. 3), die sie 4 Wochen in einer flachen, wenig versteckten, oft an Wegen liegenden Grube bebrütet, ohne sich dabei durch die Annäherung von Menschen stören zu lassen. Sie gestattet, daß man sie aufhebt und zu ihrem Schutz das Nest mit einer Einfriedigung versieht. Das Fleisch der alten Hähne ist hart und zäh, das der Hennen und jungen Hähne sehr schmackhaft. In der Gefangenschaft halten sich Auerhühner sehr schlecht; man kann die Eier von einer Truthenne ausbrüten lassen, die Hühnchen aber sind sehr schwer aufzuziehen und sterben in der Regel bei der zweiten Mauser. Über einen Bastard zwischen Auerhenne und Birkhahn, das Rackelhuhn, s. Birkhuhn. Vgl. Wurm, Das Auerwild, dessen Naturgeschichte, Hege und Jagd (2. Aufl., Wien 1885); Derselbe, Der Auerhahn jäger (das. 1888); A. B Meyer, Unser Auer-, Rackel- und Birkwild (das. 1887); Czynk, Das Auerwild, seine Jagd, Hege und Pflege (Neudamm 1897).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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