Tierhandel

Tierhandel

Tierhandel, der Handel mit lebenden Tieren für die Tierliebhaberei läßt sich bis in die ältesten Zeiten verfolgen; überall trifft man Tiere, die nur aus Freude an ihrer Schönheit oder ihrem Wesen gezüchtet wurden. Vor vielen Jahrhunderten gelangten Papageien nach Europa, und die Spanier fanden Schmuckvögel schon bei den Urbewohnern Amerikas. Bis zur neuern Zeit herauf war aber der Handel, bez. die Einfuhr fremdländischer Tiere nach Europa lediglich dem Zufall preisgegeben. Im 15. Jahrh. wird ein Vogelhändler Paumgartner in Nürnberg erwähnt, aber erst mit dem Anfang des 18. Jahrh. begann ein festerer Tier-, namentlich aber Vogelhandel sich zu entwickeln. Fürsten, große Handelsherren u. a., späterhin die Besitzer um herwandernder Menagerien und wiederum später die Vorsteher der Zoologischen Gärten waren die hauptsächlichsten Abnehmer. Als die Erleichterung des Verkehrs auch diesen T. begünstigte, entstanden immer zahlreicher Zoologische Gärten, und die Liebhaberei für die Luxustiere, besonders für die Stubenvögel, gewann außerordentlich an Umfang. Seefahrer fanden es lohnend, für große Händler, namentlich in London (Charles Jamrach) und Hamburg (Karl Hagenbeck), Tiere mitzubringen, und als die Direktionen der großartigen Naturanstalten, die Besitzer von Vogelstuben u. a. große Anforderungen stellten, begannen Großhändler eigens für den Zweck des Tierfanges Expeditionen auszurüsten, die nach allen Weltteilen, vorzugsweise aber nach Afrika, ausziehen. Hagenbeck sammelt in allen Weltgegenden, besonders in Mittelasien, Menges aus Limburg bereist jährlich Abessinien und Nubien, Reiche in Alfeld schickt Expeditionen nach Südafrika und Australien, Fockelmann in Hamburg läßt in Südamerika und Indien fangen, Jamrach ebenfalls in Indien. Die Großhändler kaufen auch die Tiere von den Schiffen und besitzen meist Handelstiergärten, Tierparke oder andre derartige Anlagen. In den Binnenstädten sitzen Händler zweiter Hand mit offenen Läden, doch führen sie meist nur fremdländische und einheimische Sing- und Schmuckvögel, Aquarien- und Terrarientiere, allenfalls auch einige Affen. Mehrere haben auch Handelstiergärten eingerichtet. Kleinhändler ziehen mit Kanarien-, seltener mit kleinen fremdländischen Vögeln hausierend von Stadt zu Stadt, ausschließliche Kanarienvogelhändler sind größtenteils zugleich Selbstzüchter. Geflügelhändler handeln vorzugsweise mit Luxusgeflügel. Die Verwaltungen der Zoologischen Gärten geben meist, wenigstens an Freunde und Bekannte, teils selbstgezüchtete, teils gekaufte und bereits eingewöhnte Tiere ab. Endlich hat auch die große Zahl der Liebhaber, namentlich der Stubenvögelzüchter, einen überaus regsamen Kauf- und Tauschverkehr entwickelt. Deutschland führt sehr viele selbstgezüchtete Kanarienvögel, außerdem auch Stieglitze, Dompfaffen (wilde und abgerichtete), Hänflinge, Zeisige, weniger Nachtigallen, Mönche, Rotkehlchen, Grasmücken, Drosseln und Lerchen aus. Von großer Bedeutung für den T. sind die alljährlich stattfindenden Tierversteigerungen der Akklimatisationsgesellschaft von Antwerpen und für Frankreich die Tätigkeit des Akklimatisationsgartens in Paris.


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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