- Pfau [2]
Pfau (Pavo L.), Gattung der Scharrvögel aus der Familie der Fasanen (Phasianidae), kräftig gebaute Vögel mit ziemlich langem Hals, kleinem, mit einem Federbusch geziertem Kopf, etwas dickem, an der Spitze hakig gekrümmtem Schnabel, kurzen Flügeln, beim Männchen gesporntem Fuß und abgerundetem Schwanz, dessen obere Deckfedern aber außerordentlich verlängert, mit Spiegelflecken geschmückt und aufrichtbar sind. Der Stammvater unsers Haustiers, P. cristatus L., bis 1,25 m lang, mit fast noch längerer Schleppe, auf Kopf, Hals und Vorderbrust purpurblau, goldig und grün schimmernd, auf dem Rücken grün, jede Feder kupferfarbig gerändert und muschelartig gezeichnet, auf der Rückenmitte tief blau, auf der Unterseite schwarz, an den Schwingen und Schwanzfedern nußbraun; die Federn, welche die Schleppe bilden, sind grün mit Augenflecken, die Federn der Haube nur an der Spitze gebartet. Die kleinere Henne ist einfacher gefärbt. Die Stimme ist ein garstiges Geschrei, seine Begabung sehr gering. Der P. bewohnt Ostindien und Ceylon, besonders Gebirgswälder, fehlt aber im Himalaja. Große Herden halbwilder Pfauen sammeln sich bei den Hindutempeln, wo sie von den Priestern gepflegt werden; auch auf Ceylon erscheint der P. in Gesellschaften von Hunderten. Gewöhnlich lebt er in Trupps von 30 bis 40 Stück; er hält sich meist am Boden auf, läuft sehr schnell, fliegt schwerfällig und rauschend und selten weit, frißt Sämereien und Gewürm, aber auch Reptilien und selbst größere Schlangen, nistet unter einem Busch und legt 4–9 (15) Eier, die von der Henne nur im äußersten Notfall verlassen werden. Wo er nicht als heilig gilt, werden halberwachsene Vögel des wohlschmeckenden Fleisches halber gejagt. – Der gezähmte P. ist minder prächtig gefärbt als der wilde; es gibt mehrere Varietäten, auch prachtvolle weiße, welche die Augen im Schweif deutlich erkennen lassen, obwohl sie ebenfalls ungefärbt sind. Die weißen werden von Europa nach Ostindien ausgeführt und dort zu hohen Preisen verkauft. Man erhält den P. mit Körnerfutter (Gerste), doch geht er zuzeiten allen möglichen andern Nahrungsmitteln nach und beschädigt dann Saaten und Pflanzungen. Das kältere Klima verträgt er sehr gut, er läßt sich im Winter ohne Schaden einschneien und sucht kaum den Stall auf. Man hält auf einen Hahn vier Hennen, die um so eifriger brüten, je ungestörter sie sich wissen. Das Gelege besteht meist aus 5–6 strohfarbenen, dunkelgefleckten Eiern, die 30 Tage bebrütet werden. Die Jungen sind ungemein zart und erliegen leicht der Nässe und Kälte. Man füttert sie mit Quark, Ameisenpuppen, Mehlwürmern und Eigelb, später mit gekochter Gerste etc. Sie wachsen recht schnell, erhalten ihre volle Schönheit aber erst im dritten Jahr und erreichen ein Alter von 20 Jahren. Der P. ist seit dem Altertum bekannt. König Salomos Schiffe brachten aus Ophir auch Pfauen mit; aber die Vögel verbreiteten sich sehr langsam weiter nach Westen, und zuerst scheinen sie aus dem semitischen Vorderasien nach dem Heiligtum der Juno auf Samos gelangt zu sein. Der P. wurde wegen des Augenglanzes seines Gefieders, der an die Sterne erinnerte, der Vogel der Juno als Himmelskönigin, und nach der Sage wurde der allschauende Argos nach seinem Tod in einen P. verwandelt. Nach der Mitte des 5. Jahrh. kam er nach Athen, wo ein Hahn mit 1400 Mk. unsers Geldes bezahlt wurde. Alexander d. Gr. lernte den P. in Indien kennen, und mit der griechischen Herrschaft breitete sich der Vogel weiter in Asien aus. Nach Italien gelangte er vielleicht direkt aus phönikisch-karthagischen Händen, und zur Zeit der Republik tritt Pavus, Pavo schon als Zuname auf. Später diente der Vogel römischer Üppigkeit, zu Ciceros Zeiten kam er zuerst auf die Tafel, und Pfauenschweife benutzte man als Fliegenwedel. Nun begann man auch die Zucht in großem Maßstab auf Pfaueninseln und in Pfauenparken, und gegen Ende des 2. Jahrh. waren die Pfauen in Rom sehr gemein, zumal man auch beständig noch Pfauen aus Indien einführte. Aus Italien gelangte der P. ins westliche Europa; das Christentum nahm ihn als Bild der Auferstehung oder der himmlischen Herrlichkeit in seine Symbolik auf; man findet ihn zu seiten des Christusmonogramms, auf Sarkophagen und in Mosaiken, oft am Lebensborn nippend. Später wurde er dann das Bild der Eitelkeit und des Hochmuts. Karl d. Gr. befahl, Pfauen auf seinen Gütern zu züchten. Pfauenfedern wurden ein beliebter Schmuck für Ritter und Frauen; später kamen Pfauenhüte aus England, und bis ins 16. Jahrh. erhielt sich die Sitte des Altertums, Pfauen im Schmuck ihrer Federn auf die Tafel zu setzen. Auf solche gebratene Pfauen legten die altfranzösischen Ritter ihre halb wahnsinnigen Gelübde (vœux du paon) ab. Erst die Zeit der Renaissance drängte den P. in die Stellung zurück, die er jetzt einnimmt. In China gelten Pfauenfedern noch heute als Rangabzeichen der Mandarinen. Vgl. Sabel, Naturgeschichte und Anweisung zur Züchtung von Perlhuhn, Truthuhn und P. (2. Aufl., Leipz. 1896).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.