- Pelzwaren
Pelzwaren (Rauchwaren), mit langen, dichten und weichen Haaren oder Daunen bedeckte Tierhäute, die, leicht gegerbt, zur Kleidung, zu Teppichen etc. benutzt werden. Die P. stammen mit wenigen Ausnahmen von Säugetieren, besonders von Raub-, Nagetieren und Robben. Die wichtigsten P. sind: Edelmarder, Steinmarder, sibirischer und amerikanischer Zobel, Nörz, Iltis, Perwitzki, Kolinski, Hermelin, Skunks, Bandiltis (Civette), Vielfraß, Dachs, Fischotter, Seeotter, Bär, Waschbär, Waschbärhund, Fuchs, Wolf, Katze, Luchs, Löwe, Tiger, Leopard, Irbis, Eichhörnchen, Hamster, Murmeltier, Chinchilla, Bisam, Biber, Koipu, Hase, Kaninchen, Opossum, Schaf, Reh, Seehund, Robben, Affe, Guanaco, Ziege, Maulwurf, Beutelmarder, Ziesel, Känguruh, auch Federpelzwerk (s. Federn, S. 376). Die Häute werden in verschiedener Weise einer leichten Gerbung unterworfen. Man durchfeuchtet sie z. B. mit Salzwasser, schabt sie auf dem Fleischeisen, bestreicht sie mit Fett, streut etwas Mehl darauf und bearbeitet sie, halb abgetrocknet, mit einem zweiten, weniger scharfen Messer. Hierauf dreht man die Pelze mit warmem Sand und Sägespänen mehrere Stunden lang in einer Tonne herum, klopft sie mit Stöcken und schabt sie schließlich mit einem scharfen Messer. Häufig werden die P. im ganzen gefärbt, wobei man sie teils in Farbebrühe taucht, teils die Farbebrühe mit einer Bürste auf die Haare streicht (Blenden) oder es wird ihnen nur ein Grotzen (Krotzen) aufgefärbt. Schaffelle spannt man auf ein Brett, das in horizontaler Lage durch Schnüre leicht gehoben und gesenkt werden kann, und taucht sie so tief in die heiße Farbebrühe, daß die Haare, aber nicht die Häute, benetzt werden. Das Fell wird dann ausgewaschen und getrocknet. Weiße Felle kann man mit kohlensaurem Ammoniak oder Schwefliger Säure bleichen. Für viele Zwecke werden die Grannenhaare durch Scheren oder Rupfen entfernt. Zur Konservierung hebt man die P. an schattigen, trocknen und luftigen Orten auf, klopft und kämmt sie wiederholt, damit sich keine Insekten darin festsetzen. Neuerdings bringt man die P. über Sommer in Kältehäuser, deren Temperatur die Entwickelung der Insekten verhindert. Terpentinöl vertreibt die Schwaben, aber nicht den Pelzkäfer; wirksam gegen allerlei Ungeziefer ist Naphthalin. Das wirksamste Mittel ist häufiges Klopfen.
Teure P. werden nicht selten durch minderwertiges, ganz andern Tierarten entnommenes, oft auf künstlichem Wege verändertes Pelzwerk ersetzt (imitiert) oder gar durch Wollstoffe gefälscht; häufig werden auch helle P. dunkler gefärbt (geblendet), um sie schöner und teurer zu machen. Zur Erkennung solcher Unterschiebung, die bisweilen selbst dem Fachmann Schwierigkeiten bereitet, dient in den meisten Fällen das Mikroskop. Affenfelle werden durch langhaarige schwarze Ziegenfelle imitiert, die aber geringern Glanz und eine Grundwolle besitzen. Auch für schwarze Bärenfelle müssen langhaarige russische Ziegenfelle eintreten, die aber weniger seine und künstlich schwarz gefärbte Behaarung haben. Biber wird durch Schuppen, Nutria und australischen Opossum imitiert, auch durch Plüsch gefälscht. Hellere Bisamfelle werden geblendet, und häufig mit einem künstlichen Grotzen versehen. Echte Ware zeigt allmähliches Übergehen von den hellern zu den dunklern Stellen. Blaufüchse werden durch Weißfüchse, australische Opossums und Hafen imitiert. Echte rauhe Chinchillas werden durch Bastardchinchillas ersetzt, die in Farbe dem echten Fell gleichen, aber viel kürzeres Haar besitzen; auch Hase und Kanin dienen zur Imitation. Fehwamme wird durch in Streifen geschnittene und passend zusammengenähte weiße und graue Kaninchenfelle imitiert, die aber rauheres, stumpferes Haar haben. Imitationen des Hermelin werden aus Kanin und weißen Fehwammenstreifen hergestellt; zur größern Täuschung werden der Imitation oft echte Schweife aufgenäht. Iltisfelle werden durch gefärbte amerikanische Opossums, Skunks, Wallobys ersetzt, doch fehlt diesen die natürliche Schattierung, und die Haare sind auffallend gröber. Lammfelle, Astrachan, Breitschwanz, Persianer, Krimmer etc. werden meist gefärbt, ganz allgemein durch Plüsch surrogiert. Imitationen von Luchs werden aus Kanin und Hase hergestellt. Für Seal gibt es viele Imitationen (Kanin, Nutria, Bisam, Otter). Für den teuren Silberfuchs muß Rotfuchs, Weißfuchs, japanischer Fuchs, australischer Opossum und Hase, für Zobel Marder, Kolinski, Fehrücken, Bisam, Walloby, Murmel, Hase eintreten. Rötliche Skunks und solche mit breiten Gabeln werden schwarz gefärbt, geblendet. Imitationen gibt es aus Seefuchs, Schuppen, Walloby, amerikanischen Opossum. Hellere Marder werden geblendet und durch amerikanischen Opossum und Skunks ersetzt. Ebenso wird Nörz geblendet und aus Walloby, Bisam und Murmel imitiert. Otter wird durch geeignet gefärbten Bisam ersetzt.
Der Rauchwarenhandel nimmt besonders in den nördlichen Gegenden eigentümliche Formen an. In den Hudsonbailändern hat die Hudsonbaikompanie den Geschäftsbetrieb in ursprünglicher Art beibehalten. Die von den Indianern eingetauschten Felle sind Biber, Bisam, Bären, Zobel, Silber- und Kreuzfüchse, rote Füchse, Weißfüchse, Luchse, Nörze, Ottern, Wölfe, Vielfraße und Büffel. In Kanada und den Vereinigten Staaten jagen neben den Indianern auch Europäer und Amerikaner; der Handel ist frei, und Geld gilt als Tauschmittel. Es existieren mehrere Kompanien, und New Yorker Handelshäuser haben an den nördlichen Seen permanente Agenturen. Die Großhändler senden die Waren nach London, Leipzig und New York. Zum eignen Gebrauch führt Amerika große Mengen europäischer Felle ein. Die russische Regierung erhält als Tribut von den sibirischen Gouvernements Tobolsk, Tomsk, Jenisseisk, Irkutsk, Jakutsk, Ochotsk und Kamtschatka jährlich Zobel, Kolinskis und Eichhörnchen, die zum Teil verauktioniert werden. Kiachta ist der Vermittelungspunkt für den russischen Handel nach China. Russische Kaufleute bringen dorthin Eichhörnchen, Ottern, Biber, Seeottern, Pelzseehunde, Füchse, Luchse, Fuchs- und Luchspfoten, Katzen und Lammfelle und tauschen dagegen Tee ein. Von größerer Bedeutung ist der Februarmarkt zu Irbit in Sibirien, auf den die Siberiaken und andre Tataren Eichhörnchen, Hermeline, Kolinskis, weiße Füchse und Zobel bringen. Russische und deutsche Kaufleute bringen dagegen Otter- und Biberfelle, die sie nach China und der Tatarei verkaufen. Als Mittelpunkt des russischen Pelzwarenhandels ist aber Nishnij Nowgorod zu betrachten, wo alljährlich die russischen Pelzvorräte zusammenströmen. Der eine Teil geht von da nach Europa und wird zu 75 Proz. nach Leipzig gebracht, während der andre nach Persien, der asiatischen Türkei und Chiwa ausgeführt wird. Ständige Plätze für den russischen Rauchwarenhandel sind Petersburg und Moskau. Skandinavien liefert Füchse, Marder, Iltisse, Dachse, Ottern, Katzen, Luchse, Vielfraße, Silber- und Kreuzfüchse; auch Jütland und Seeland liefern von den meisten Gattungen gute Qualitäten. Die königlich Dänisch-Grönländische Kompanie hält in Westgrönland zwei Inspektorate und verkauft die Produkte in Kopenhagen in zwei Auktionen im November und Mai; sie liefert etwa die Hälfte der von Grönland nach Kopenhagen eingeführten Waren. In Deutschland treiben Hamburg und Lübeck Speditionshandel mit russischen und amerikanischen Waren und Handel mit grönländischen Seehundsfellen. Die jährliche Gesamtproduktion der wichtigsten P. beträgt nach einer ältern, aber sehr zuverlässigen Statistik von:
Diese Zahlen schwanken in den verschiedenen Jahrgängen außerordentlich. Ebenso schwanken die Preise, die durch die Mode, durch Krieg und Geldkrisen oft um das Doppelte und Dreifache fallen; in den letzten Jahren sind aber fast sämtliche Preise bedeutend gestiegen. Der Handel in den großen Städten richtet sich nach den Nationaltrachten und ist in Wien. Budapest, Berlin und Breslau sehr bedeutend. Der Hauptweltmarkt für P. aber ist seit Anfang des 19. Jahrh. Leipzig, dessen jährliche Zufuhr an P. auf 40 Mill. Mk. geschätzt wird, wovon höchstens 35 Proz. in Deutschland bleiben. Auf der Leipziger Messe erscheinen zunächst die P., die Deutschland und die benachbarten Länder geliefert haben: Füchse, Marder, Iltisse, Ottern, Dachse, Hafen, Kaninchen, Katzen, Ziegen und Lämmer, dann die Waren aus Rußland, die sogen. nordischen Waren aus Skandinavien und Grönland, die Produkte der Hudsonbailänder und fast alle Waren Kanadas und Nordamerikas. Die russischen und sibirischen Waren, die in England und Amerika gebraucht werden, gehen zum größten Teil durch die Hände der Leipziger Kaufleute, und die amerikanischen Waren werden auch zum Teil direkt nach Leipzig gesandt. Deutschland führte 1904 ein 7853 dz im Werte von 5,815,000 Mk. und führte aus 5516 dz im Werte von 12,551,000 Mk. Vgl. Lomer, Der Rauchwarenhandel, Geschichte, Betriebsweise und Warenkunde (Leipz. 1864); Milz, Rauchwarenfärberei (das. 1874); »Für Trade Review« (New York, seit 1874); »The Furrier« (das., seit 1872); weitere Literatur im Artikel »Kürschner«.
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.