Merw

Merw

Merw (Merv), Oase der Transkaspischen Provinz im russisch-zentralasiat. Generalgouvernement Turkistan (s. Karte »Zentralasien«), am Südrande der Sandwüste Karakum, gebildet durch vielfache Verzweigungen des sich hier im Sande verlierenden Murghab, 4900 qkm groß, wovon etwa 900 qkm Sumpf und Sand sind, der Rest durch ein mit vielem Fleiß angelegtes System von Kanälen bewässert ist. Das Klima ist heiß und trocken; im Sommer steigt die Temperatur bis 36°, fällt im Winter bis -7°. Die Sümpfe des Murghab sind Brutstätten gefährlicher Fieber. Die sehr verschieden (110–240,000) geschätzte Bevölkerung besteht meist aus jetzt verarmten Tekke-Turkmenen (s. d.). Hauptbeschäftigung ist Ackerbau (Weizen, Sorghum, Melonen, dann Gerste, Reis, Baumwolle) und Viehzucht; 1886 zählte man 17,000 Pferde, 22,000 Esel und Maulesel, 44,000 Rinder, 700,000 Schafe und 150,000 Kamele; Seidenkultur wird getrieben. Die Oase bildet den Kreis M. (125,862 qkm mit [1897] 119,332 Einw.) der Transkaspischen Provinz. Ihr Hauptort M., an einem Hauptarm des Murghab, an der zentralasiatischen Bahn und Ausgangspunkt einer Zweigbahn nach Kuschk, von 4 km langen Wällen umgeben, die Felder und Gemüsegärten einschließen, besteht meist aus verstreuten Hütten und Kibitken, hat einen schlechten Basar und (1807) 8727 Einw. Neben Ackerbau wird auch einige Hausindustrie (Teppiche, grobe Seidenzeuge, Silberarbeiten) und Handel, meist durch Armenier, betrieben. Ehemals war diese Gegend viel dichter bevölkert. Überreste von Türmen, Bädern, Palästen und Grabmälern in der Umgebung zeugen von der ehemaligen Pracht dieser Residenz früherer Herrscher. Von M. gehen außer den erwähnten Eisenbahnen Wege gegen N. nach Chiwa, gegen NO. nach Bochara, Tschardschui und Narasim am Amu Darja, gegen W. nach Achal Tekke und gegen S. über Kuschk nach Persien und Herat. Der letzte ist von besonderer politischer Wichtigkeit. Bereits Alexander d. Gr. soll in der Oase eine prächtige Stadt erbaut haben: die Turkmenen nennen daher ein verfallenes Erdwerk noch heute Fort Iskanders; doch ist der große Mazedonier nie hier gewesen. Antiochos Nikator machte die Oase durch eine Umwallung zu einem Bollwerk gegen nördliche Barbaren und nannte sie Antiochia Margiana. Zur Zeit der Ausbreitung des Islams fiel M. in die Hände der Araber, bei denen es blieb, bis es im 11. Jahrh. den Seldschuken unterlag. Dann wurde M. eine Beute der Mongolen, der Uzbeken und der Perser, aus deren Händen es 1834 wieder in die der heutigen Tekke-Turkmenen überging. Ein Feldzug, den Persien unternahm, um den wiederholten Räubereien ein Ende zu machen, schloß mit einer vollkommenen Niederlage. Seitdem waren die Tekke-Turkmenen der Schrecken ihrer Nachbarn. Nachdem aber Gök-Tepe von den Russen genommen war, beschlossen die Chane von M., sich Rußland zu unterwerfen; diese Unterwerfung wurde 31. Jan. 1883 angenommen. Von M. aus bauten die Russen am Murghabfluß nach Kushkinski an der afghanischen Grenze eine strategische Bahn, die Ende 1898 eröffnet ward. Vgl. O'Donovan, The Merv Oasis (Lond. 1882, 2 Bde.); Marvin, Die russische Annexion von M. (deutsch, Odessa 1885).


http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.

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