- Luft
Luft, im allgemeinen jeder gasförmige Körper, weshalb man auch von Luftarten spricht (s. Gase); im engern Sinne die atmosphärische L., das Gasgemenge, das die Atmosphäre der Erde bildet. Die L. ist ein farbloses Gas; 1 cbm L. wiegt bei 0° und Normaldruck 1,2932 kg. Diesen Wert setzt man = 1, er stellt das spezifische Gewicht der L. dar, auf das man allgemein das spezifische Gewicht der Gase bezieht. Auf Wasser von 4° bezogen, ist das spezifische Gewicht der L. 0,0012932. Die spezifische Wärme der trocknen L. bei konstantem Druck ist 0,23741 von der des Wassers, der Ausdehnungskoeffizient für 1° ist 0,003665 = 1/273, als Mittelwert. Zur Erwärmung von 1 cbm L. von 0° bei Normaldruck um 1° sind erforderlich 1,2932. 0,2375 = 0,806 Wärmeeinheiten, wofür man als praktischen Mittelwert 0,81 Wärmeeinheiten zu setzen pflegt. Über flüssige L. s. den folgenden Artikel.
Die L. besteht aus
In sehr geringer Menge enthält die L. auch Helium, Krypton, Neon und Xenon. Dies Gasgemenge enthält stets auch Wasserdampf, ferner Ammoniak, Salpetrige Säure, Salpetersäure, Ozon, Wasserstoffsuperoxyd u. häufig als Verunreinigungen Schweflige Säure, Schwefelsäure, Schwefelwasserstoff, Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoffe etc. (vgl. Atmosphäre, S. 51). Abgesehen von diesen Verunreinigungen unterliegt die Zusammensetzung der freien L. sehr geringen Schwankungen, die für die Gesundheit ohne alle Bedeutung sind. Die Beschaffenheit der guten L., die man allgemein schätzt, hat mit diesen Schwankungen nichts zu tun, sie wird bedingt durch große Reinheit, durch gedeihlichen Feuchtigkeitsgehalt und andre klimatische Faktoren (vgl. Klimatische Kurorte), auch wohl durch Wiesen- und Waldduft (im Volksmund oft »Ozon« genannt), vielleicht auch durch Verhältnisse, die wir noch nicht kennen (Radioaktivität?). In abgeschlossenen Räumen (in Höhlen, Schachten, Kellern, dicht bewohnten Zimmern) kann der Sauerstoffgehalt der L. sehr beträchtlich sinken (auf 15, selbst 13 Proz.) und der Kohlensäuregehalt noch viel stärker steigen. Ein Mensch verbraucht in 24 Stunden 600 Lit. oder 894 g Sauerstoff und produziert etwa 542 Lit. Kohlensäure. In ähnlicher Weise verbrauchen alle Tiere Sauerstoff und bilden Kohlensäure, alle Verbrennungsprozesse und die Verwesung wirken in gleicher Weise auf die Zusammensetzung der L., auch entströmen der Erde große Mengen Kohlensäure. Dagegen nehmen die Pflanzen Kohlensäure auf und geben Sauerstoff ab, und diese Verhältnisse, verbunden mit der Diffusion und der Wirkung der Luftströmungen, bewirken das überall beobachtete Gleichgewicht im Luftmeer. Das Ammoniak der L. entstammt wohl hauptsächlich den Zersetzungsprozessen stickstoffhaltiger Pflanzen- und Tierstoffe (Fäulnis etc.), es ist an Kohlensäure und Salpetrige Säure gebunden und wird durch die atmosphärischen Niederschläge der L. entzogen. Salpetrige Säure findet sich regelmäßig aber nur in Spuren in der L.; sie entsteht durch Einwirkung von Ozon auf Ammoniak und durch direkte Vereinigung von Sauerstoff und Stickstoff beim Gewitter. Durch Oxydation der Salpetrigen Säure entsteht Salpetersäure. Über das Ozon s. d. Wasserstoffsuperoxyd findet sich in Spuren häufig in der L., es hat mit Ozon in seiner Entstehung und seiner Reaktion eine gewisse Ähnlichkeit und würde wie Ozon durch seine starke oxydierende Kraft lustreinigend wirken, wenn es nicht wie dieses in viel zu geringer Menge vorhanden wäre. Ozongehalt der L. bedeutet aber stets das Fehlen oxydierbarer Substanzen in der L. Ozonreiche L. galt früher für besonders gesund, seitdem man aber weiß, daß es sich bei Epidemien nicht um schädliche Gase, Miasmen, die das Ozon zerstören könnte, sondern um Mikroorganismen handelt, legt man dem Ozon diese Bedeutung nicht mehr bei. Zur Zeit des Herrschens von Epidemien hat man in der L. nicht weniger Ozon gefunden als in epidemiefreien Zeiten. Die genannten Verunreinigungen der L. entstammen zum größten Teil der menschlichen Tätigkeit, und es ist Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege, besonders auch der Gewerbehygiene, Maßregeln zu treffen, um die Verunreinigung der L. möglichst zu beschränken. In stark bewohnten Räumen bemerkt man bald durch den Geruch die Anwesenheit von Gasen, über deren chemische Natur sehr wenig bekannt ist. Sie sind meist stickstoffhaltig, ziehen energisch Sauerstoff an und wirken reduzierend auf übermangansaures Kali. In Räumen, die derartige Gase reichlicher enthalten, stellt sich bald allgemeines Unbehagen ein (man hat von einem ausgeatmeten Anthropotoxin gesprochen), und die Bewohner solcher Räume gedeihen mangelhaft. Man kann den Gasen wohl nicht einen direkt begünstigenden Einfluß auf die Entstehung und Verbreitung von Infektionskrankheiten zuschreiben, ihre Beseitigung bleibt aber eine für das Gedeihen der Menschen notwendige Aufgabe der Gesundheitspflege. Über den Staub als Verunreinigung der L. s. Staub und Atmosphäre, S. 51. – Alkalische L., soviel wie Ammoniak; brennbare L., soviel wie Wasserstoff; fixe L., soviel wie Kohlensäure; hepatische L., soviel wie Schwefelwasserstoff. Vgl. Mertens, Die Eigenschaften und physikalischen Gesetze der L. und des Dampfes (Leipz. 1904); Renk, Die L. (in Ziemssens »Handbuch der Hygiene«, das. 1886); Blücher, Die L., ihre Zusammensetzung etc. (das. 1899).
http://www.zeno.org/Meyers-1905. 1905–1909.